Sometimes German, sometimes English. • The title of this blog used to change from time to time. • Interested in me reviewing your music? Please read this! • I'm also a writer for VeilOfSound.com. • Please like and follow Audiovisual Ohlsen Overkill on Facebook!

2013-04-07

La Sardina - Der eierlegende Wollmilchfisch

"Ich bin ein Lomograph."
(Stephan Ohlsen, "Sätze, die ich wohl niemals sagen werde"; noch kein Verleger gefunden)

Nicht dass die Aussage inhaltlich vollkommen abwegig wäre, aber ich mag den Begriff nicht wirklich, zumal er ja auch schon mit allerhand Klischees aufgeladen ist. Da schwingt so eine urbane, Partypeople knipsende, "aus der Hüfte schießende", photophilosophische Lifestylekomponente mit, in der ich mich nur selten wiederfinde...

Dennoch stammen meine neuesten vier Kameras aus der Kreativschmiede der "Lomographischen Gesellschaft" und sind allesamt sehr interessante Spielzeug, die es wert sind, hier im Blog mit ein paar Worten vorgestellt zu werden.

Den Anfang machen zwei bis auf Äußerlichkeiten eigentlich identische Kameras der Familie "La Sardina".

Das Design basiert auf Billigkameras der "Irwin Corporation", welche in den 1930er und 1940er Jahren tatsächlich mit einer Sardinenbüchse als Body hergestellt wurden.

Echte Fischdosen sind es natürlich nicht mehr, dennoch wurden Form und Größe des Originals beim Relaunch sehr detailverliebt übernommen. Von Anfang an wurde dabei auf viele unterschiedliche Designs gesetzt, von denen sich die meisten zunächst auch an echten Dosenfischvorlagen orientierten. Mittlerweilse gibt es aber auch sehr hübsche Varianten aus Metall statt Kunststoff, eine Blankovariante zum Selbstgestalten oder die zwar schuppige, aber weniger aus dem Wasser kommende "Reptilia"-Reihe.

Viele Editionen kommen zusammen mit dem zuerst mit der "Fischers Fritze" eingeführten, speziell für diese Kamera entwickelten "Fritz the Blitz". Ich musste ihn mir zwar separat besorgen, dafür enthält er einzeln aber auch ein Adapterkabel, um ihn an Kameras mit normalem Standardanschluss zu verwenden.


Ähnlich wie bei der Neuauflage der Diana wurde die La Sardina den Spielbedürfnissen moderner *örgs* Lomographen angepasst und enthält eine Reihe zusätzlicher Austattungsmerkmale. Von denen ist an sich zwar keines revolutionär, doch die meisten anderen 35mm-Plastik-Toycams besitzen - wenn überhaupt - meist nur ein oder zwei davon und eben nicht alle.
So gibt es den Normal/Bulb-Schalter für unterschiedliche Belichtungszeiten, der Fokus ist von nah bis ganz nah einstellbar, Doppelbelichtungen sind möglich, der Film ist frei zurückspulbar, es gibt einen Bildzähler, Kabelauslöseranschluss und ein Stativgewinde. Und dann natürlich noch der erwähnte Blitz-Fritz.

Das klingt doch nach einer Menge Spaß, oder?

La Sardina "SEA PRIDE"
Mit meiner ersten Sardine, der "Sea Pride", hielt sich der Spaß am Anfang zugegebenermaßen in Grenzen.

Da ich sie gebraucht hatte - ich war mal wieder zur richtigen Zeit auf facebook eingeloggt - und mir so das Poster mit der Bedienungsanleitung auf der Rückseite fehlte, fiel ich nämlich auf das fieseste Feature dieser Kamera herein, welches mir erst nach drei Filmen (von denen ich zwei auch noch entwickeln ließ) bewusst wurde:

Auf dem Objektiv steht nämlich die Warnung "ONLY SHOOT IF YOU CAN READ ME!"
Sinnigerweise kann man diesen Satz aber nur lesen, wenn das Objektiv schon herausgezogen ist. Und das war's natürlich nicht...

Danach ging der Spaß aber zum Glück doch noch los. Die Sardine erwies sich als tatsächlich sehr vielseitiges Spielzeug mit dem Potential einer Immer-dabei-Kamera.
Haptisch fühlt sie sich gut an, nur den etwas mickrig geratenen kombinierten Normal/Bulb/Doppelbelichtungs-Schalter habe ich zu bemängeln.


Aber das wichtigste sind natürlich die Bilder.

Die La Sardina bietet wie erwartet eine zum Rand hin verzogene und manchmal leicht vignettierende Plastikknipsenanmutung. Knackscharf bis Indien werden die Bilder natürlich auch nicht, in dieser Hinsicht gibt es andere Billigstknipsen, die ein bei richtiger Filmwahl und passendem Licht viel mehr überraschen können.
Der Aufnahmewinkel ist allerdings überdurchschnittlich weit und vor allem die Naheinstellgrenze sehr kurz. So dicht kann ich sonst mit keiner meiner 35mm-Freundinnen ans Motiv herangehen.

Ein Nebeneffekt der schon fast fisheye-artigen Linse ist, dass bei Gegenlicht innerhalb der Kuppel die unglaublichsten Dinge passieren können - will sagen: was Lensflares und seltsame Gegenlichteffekte angeht, ist die La Sardina ganz vorne mit dabei!


Das einzige, was mich an der "Sea Pride" ein bisschen wurmt ist eine häufig auftauchende starke Unschärfe in der rechten unteren Ecke, die zwar als Effekt durchaus charmant ist, die ich aber nicht unbedingt auf jedem zweiten Foto haben muss. Ob es sich hier einfach um eine individuelle Marotte der Kamera handelt oder ob meine anfängliche konsequente Fehlbenutzung ihren Teil dazu beigetragen hat, kann ich nicht sagen. Wie auch immer, ich habe mir bei einer Preisaktion noch ein zweites Modell zugelegt, die La Sardina Reptilia "Sapphire Serpent".

La Sardina Reptilia "SAPPHIRE SERPENT"
Sieht sie nicht schön aus?

Durch das *räusper* Schlangenleder fasst sie sich auch noch besser an als das andere Modell. Nur das i-Tüpfelchen des Designs, die Schlangenaugen-Objektivkappe habe ich Idiot leider schon verloren. :(
Beim Lomography Shop wird Servive groß geschrieben und man hat mir sogar eine andere Kappe als Ersatz angeboten, aber gerade diese ist leider nicht mehr erhältlich. Grmpf... zumindest habe ich noch rechtzeitig ein Kameraportrait geschossen.

"Fritz the Blitz"

Nun kann ich mir also aussuchen, ob ich Sardinenbilder mit oder ohne spezieller Individualunschärfe haben möchte. Nutzen werde ich wohl beides.

Außerdem wird 2013 wohl als das Jahr in meine fotografische Entwicklung eingehen, in dem ich Fritz sei Dank das hemmungslose Geblitze für mich entdeckt habe.

Ob an der La Sardina oder mit Adapter an anderen Kameras, dieser Blitz mit seinen Farbfiltern ist ein durchaus unterhaltsamer Kerl. Er hat drei Stufen, von denen die oberste schon ganz schön reinhaut. Als ich damit neulich beim Konzert der Band Die Void geflasht habe (jaaa, macht man live eigentlich nicht...), war jedenfalls nicht nur ich erschrocken. *g*



Fazit: Mit ihrer großzügigen Ausstattung ist die La Sardina durchaus so etwas wie die Königin der 35mm-Spielzeugkameras.

Macht sie meine anderen Knipsen dieser Art wie Holga 135BC, Chupa Chups Photo Pop usw. überflüssig?
Nein, denn in einzelnen Eigenarten können die meisten doch mit ihr mithalten oder übertreffen sie sogar. In der Summe jedoch ist die Sardinenbüchse schon eine ziemliche Macht und wird sich sicherlich als eines meiner meistgenutzten lomographischen Filmbelichtungsinstrumente etablieren.


Jetzt fehlen nur noch ein paar Beispielfotos, oder?














Mehr davon? ===> HIER entlang!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen