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2016-01-20

LAIBACH live im Knust, Hamburg (19. Januar 2016)



Laibach sind sehr gut zu Hamburg in letzter Zeit.

Der gestrige Abend markiert mein insgesamt zehntes Laibach-Konzert seit der "Occupied Europe NATO Tour" im Jahr 1994. Die Hälfte davon habe ich in den vergangenen dreieinhalb Jahren erlebt, davon allein die letzten drei seit April 2014 alle in verschiedenen Locations der Hansestadt.

Wenn die Slowenen hier durchgehend die letzten beiden Dekaden so fleißig gewesen wären, dann könnten sie mich ja fast schon langweilen. Davon sind sie aber zum Glück noch weit entfernt, auch wenn sich in den Setlisten der letzten Jahre natürlich vieles - gerade vom "Spectre"-Album - wiederholt. Doch dazu gibt es auch ohne weitere Studioveröffentlichung immer wieder neue spannende Geschichten als Sahnehäubchen.

Die Geschichte, über die in der Öffentlichkeit mehr geredet wurde als über irgendein Laibach-Thema seit den Achtzigern ist natürlich die "Liberation Day Tour" in Nord-Korea vergangenen August. Zu diesem gleichsam skurrilen wie historischen Auftritt habe ich mich hier bereits ausführlich ausgelassen. Laibach werden dazu einen Dokumentarfilm veröffentlichen und haben ihre aktuelle Tour "The Sound Of Music" genannt; nach dem auch im Reich Kim Jong-Uns erlaubten und beim dortigen Konzert zitierten Kitsch-Musical.

Insgesamt war das Programm aber spezifisch auf die aktuelle politische Lage in Europa zugeschnitten. Schon "Spectre" war ja ein europäisches Album. Dazu sind mit "Now You Will Pay" und "The Great Divide" zwei Stücke wieder im Programm, die vor fünfzehn Jahren auf "WAT" die heutige Flüchtlingssituation und den sie begleitenden Wust an Hass und Vorurteilen thematisierten.
Der Opener "Smrt za Smrt" ("Tod für Tod") sowie "Brat Moj" können als Fingerzeig auf den brutalen repressiven Nationalismus gedeutet werden, der auf unserem Kontinent ja leider wieder im rasanten Tempo seine giftigen Wurzeln schlägt.

Und dann ist da natürlich noch die Handvoll Songs aus "The Sound Of Music", einem Musical, dessen Protagonisten aus einer Hollywood-Version Österreichs fliehen. Flüchtlinge vor den Nazis also. Das Ding hat gerade jetzt also nicht nur im Fernen Osten Relevanz.

Die Interpretationen dieser Songs folgen stilistisch dem etwas ruhigeren Tonfall von "Volk" oder "1 VIII 1944 Warszawa", offenbaren allerdings dem Ausgangsmaterial geschuldet auch ein paar ungewöhnlich fröhliche bis alberne Elemente.

In Deutschland gehört das Zeug - anders als in den USA - außerhalb von Julie Andrews-Fankreisen ja nicht unbedingt zum popkulturellen Grundwissen. Wirklich vertraut war mir nur "My Favorite Things", und dass vor allem dadurch, dass die (süd)koreanische Jazzsängerin Youn Sun Nah den Song auf ihrem Album "Same Girl" großartig interpretiert hat.
Ich ging natürlich davon aus, es in der Laibach-Version von der fabelhaften Mina Špiler gesungen zu hören, aber nein, es blieb Milan Fras vorbehalten, mit seinem kehligen Tiefsprech Zeilen wie "Cream colored ponies and crisp apple strudels / Doorbells and sleigh bells and schnitzel with noodles / Wild geese that fly with the moon on their wings / These are a few of my favorite things" zu veredeln.

Und dazu flogen dann Dosensuppen und My Little Pony über die Leinwand. Was auch sonst?


Apropos Leinwand. Als kleinen Minuspunkt muss ich werten, dass im Knust wohl nur ein einzelner Projektor betrieben werden kann, so dass man von der sonst aus zwei Projektionen bestehenden Visualisierung buchstäblich nur die Hälfte sehen konnte.

Ansonsten war höchtens das Wetter zwischen Skandinavien und Hamburg zu bemängeln, wegen dem die Band spät dran war und erst mit einer Dreiviertelstunde Verzögerung beginnen konnte.


Davon abgesehen war aber alles bestens. Die Bühne wäre für die Band eigentlich eine Nummer zu klein, wurde jedoch einen Meter nach vorne erweitert.
Der Sound war super und die Musik ja sowieso. Das Set war eine sehr gut ausgewogene Mischung sanfter und brachialer Töne, und es ist beruhigend zu wissen, dass ein Laibach-Set auch mal problemlos ohne die Gassenhauer "Alle gegen alle" und "Tanz mit Laibach" auskommen kann. So beschränkte sich das Evergreen-Finale auf "B Mashina" und ein Medley beider laibachschen "Life Is Life"-Versionen, wobei gerade "Leben heißt Leben" in der aktuellen Bestzung zu den besten Rausschmeißern gehört, die die Band im Repertoire hat.

Das Programm variiert auf der Tour übrigens in Abhängigkeit davon, ob das örtliche Publikum schon Gelegenheit hatte, den fünfundzwanzigminütigen norwegischen "Olav Tryggvason"-Epos zu genießen, was in Hamburg ja bereits vor weniger als einem Jahr im Kampnagel der Fall war.
Als Ausgleich dienten - wenn ich mir dies richtig zusammenreime - wohl "Walk With Me", "Brat Moj" und wohl noch zwei weitere Stücke, die wegen der Verspätung aus der Setlist gestrichen worden sind. Welche das waren, konnte ich allerdings nicht erkennen.

Gute zwei Stunden dauerte das Konzert inklusive viertelstündigem Intermezzo dennoch. Da kann man nicht meckern. Mal wieder ein toller Abend! Laibach ist eben Laibach.

[edit: Ich vergaß noch zu erwähnen, dass die Bude rappelvoll war. Hamburg ist eben auch gut zu Laibach.]


Setlist:
  • Smrt Za Smrt
  • Now You Will Pay
  • The Great Divide
  • Brat Moj
  • Eurovision
  • Resistance Is Futile
  • Do-Re-Mi
  • Edelweiß
  • The Sound Of Music
  • My Favorite Things
  • Walk With Me
  • The Whistleblowers
  • No History
  • Ballad Of A Thin Man
  • Bossanova
  • B Mashina
  • Opus Dei / Leben heißt Leben

Die Setlist ist ohne Gewähr; gerade die Reihenfolge der "Spectre"-Songs kann auch anders gewesen sein. Die folgenden Harinnezumi-Fotos sind aber garantiert chronologisch korrekt sortiert:
























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