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2016-10-09

BOHREN & DER CLUB OF GORE live im Kampnagel, Hamburg (08.10.2016)

Bohren & Der Club Of Gore

Das Wissen um die Macht der musikalischen Entschleunigung ist für mich als Fan von Sunn O))), Bell Witch und Roadburn an sich ja nichts neues, doch im Detail gibt es noch einige Lücken zu schließen und Liveshows zu sehen.

Zu den magischen Konzerthighlights dieses Jahres gehörten ganz klar die Doomjazzer Radare, welche ich im März als Support von Toby Driver an Bord der MS Stubnitz gesehen hatte. Und da jene Gruppe ganz klar zu einem sehr großen Anteil von Bohren und der Club of Gore beeinflusst sind, war es nur folgerichtig nun auch einmal den Gottvätern dieses speziellen Genres mein Ohr zu schenken.

Der K2-Saal im Kampnagel war mit Vorhängen so weit verkleinert worden, dass die Band auf Bodenhähe direkt vor den Sitzrängen spielte. Obwohl ich vor Einlass nicht direkt an der Tür herumgelungert hatte und sicherlich dreißig, vierzig Besucher vor mir hereinkamen, konnte ich mich tatsächlich noch locker in die erste Reihe pflanzen. Gerade für Gruppen von mehreren Leuten wurde es schnell schwierig, im vollbesetzten Raum noch Platz zu finden. Ein paar Nachzügler, die erst während des Konzerts kamen, setzten sich dann auch einfach auf den Boden in die nullte Reihe.

Die Bühne war mit wenigen Leuchten direkt über den Musikern oder Instrumenten extrem spärlich ausgeleuchtet. Die drei Bandmitglieder spielen E-Kontrabass, Mellotron / Rhodes, Saxophon / Vibraphon. Da die seit über fünfundzwanzig Jahren aktive Gruppe mittlerweile ohne Schlagzeuger auskommt, wurden die Drums einfach gerecht verteilt. So wird hier ein Becken mit dem Fuß bedient, gegenüber eine Bassdrum und anderswo eine Hi-Hat.
Der größte Star allerdings ist eine sich während der meisten Songs unermüdlich selbst drehende Snaredrum, auf deren Fell ein Jazzbesen aufliegt, so dass sie ein beständiges entspannendes Rauschen von sich gibt. Und nebenbei ist die discokugelhafte Lichtreflexion auch der Höhepunkt visueller Stimulanz.

Die Musik war fabelhaft. Soundtrack für mysteriöse Begegnungen in verqualmten Kneipen oder auf nebelverhangenen Landstraßen. Lynch-Musik. Jazz und Ambient, ultraverlangsamt. Überall und über allem klingend das Vibraphon, kein Ton zu viel, jede Note sorgsam ausgewählt. Und wenn das Saxophon sich erhebt, traumschwebt man ganz weit über den Dächern der stinkenden Stadt.

Dass Zeit bei Bohren und der Club auf Gore nur eine untergeordnete Rolle spielt, zeigten einem neben der Musik auch die trägen, jedoch sehr pointierten Ansagen. Nein, zu ernst nehmen sich die Herren nicht. Und überall, wo Witze gemacht werden, sitzt man grundsätzlich neben dem Typen mit der irrsten Lache. Das ist eine umumstößliche Regel, so wie die mit der Länge der eigenen Schlange im Supermarkt.

Am Ende waren es um die neunzig Minuten Seelendowntempo. Anderthalb Stunden, die mich langsam aber beständig komplett eingelullt haben. Und im Kopf vibriert das Konzert noch immer ganz smooth nach. Ein perfekter Abend!
Ich kann es also auf ganzer Linie bestätigen:
Der Doomjazz von Bohren und der Club of Gore ist zurecht Kult.


Im Bereich der Zwischen-zwei-Noten-mal-schnell-ein-Haus-bauen-Musik wären jetzt nur noch Earth live dringend auf meiner To-Do-Liste abzuhaken.

Der nächste Besuch im Kampnagel indes dürfte etwas weniger entspannend ausfallen. In einer Woche nämlich legen die Swans das Kulturzentrum wieder in Schutt und Asche.








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