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2017-08-18

DEAD NEANDERTHALS - The Depths

Good New Wave of Dutch Heavy Jazz everyone!


Als ich im April 2016 Zeuge des Free Grind Jazz-Massakers wurde, welches das Cul de Sac in Tilburg heimsuchte, war mir zwar klar, dass dieses genauso irrsinnige wie schreiend komische Erlebnis für lange Zeit einen Spitzenplatz in meiner persönlichen Roadburn-Folklore einnehmen würde. Dass die Dead Neanderthals sich jedoch zu einer festen Rubrik in meinem Blog entwickeln würden, konnte ich da noch nicht ahnen.

Die "Live at Roadburn 2016"-Kassette war natürlich als Andenken Pflicht. Der Download "Dolphin" schlug zum Jahreswechsel in die selbe brutal chaotische Kerbe.
Auf "Craters" tauschte dieses Jahr dann René Aquarius die Drums weitesgehend gegen Synthesizer ein, und zu Otto Kokkes Saxophon gesellte sich noch ein Bass. Das Resultat war ein großartiger, monumental brummfurzender Dronetrack. Zwei Monate später folgte eine gemeinsame LP mit Sly & The Family Drone, und heute ist schon wieder ein Album (oder eine EP? bei einer halben Stunde Spielzeit wohl Ansichtssache) erschienen.

Nicht dass das holländische Duo überhaupt so etwas wie einen "normalen" Modus kennen würde, doch "The Depths" verfolgt einen selbst für sie ganz speziellen Ansatz.


DEAD NEANDERTHALS - The Depths (CD) (2017)

Die Idee ist simpel: Saxophon und Drums stehen sich gegenüber. Allerdings in einer alten Industrieanlage, jeweils am Ende eines hundert Meter langen Tunnels, dessen hochsensibel dröhnende Akustik zum Musizieren eigentlich ungeeignet sein sollte. So ein bisschen hat das etwas von Myrkurs "Mausoleum"-EP plus zusätzlichem Handicap.


In vier Häppchen à durchschnittlich sieben Minuten improvisieren sich Kokke und Aquarius die Bälle zu; jedes Mal zunächst ein sehr bedächtiges, ein vorsichtiges Antasten und Hineinhorchen, ist doch der Mitmusiker nur ein Punkt am anderen Ende des Raumes, die Kommunikation nur über das, was man verzögert und scheinbar von allen Seiten hört, möglich.

Und so schwelen, schweben, rauschen, grollen, poltern die Instrumente in der Tiefe des Tunnels ganz langsam umeinander. "The Depths" wird zu einem instrumental extrem minimalistischen, durch den Raumklang aber dennoch sehr vollen Werk.

Das Resultat dieser spielerisch kaum weiter reduzierbaren Free Jazz-Session kann man wohl am ehesten als Dark Ambient labeln. Insbesondere die ersten drei Stücke kann ich mir vor allem als Soundtrack eines Horrorfilms vorstellen. Schon der paukenartige Sound der Trommeln legt den Gedanken nahe, dass die Dead Neanderthals hier übernehmen, wozu man sonst ein Orchester antreten lassen würde. Oder einen Komponisten/Soundbastler der Marke John Carpenter.

Das letzte Stück ist einerseits am melodischsten, hat aber auch diesen gewissen Industrial-Touch, der es mir leicht macht, mir die Stimme von Milan Fras darüber vorzustellen. Das würde sich dann tatsächlich ohne Probleme auf Laibachs "Also Sprach Zarathustra" einfügen.


Das Experiment muss auf jeden Fall als gelungen gelten. Die Dead Neanderthals schaffen es auch unter ungewöhnlichen Bedingungen, Musik zu machen. Und diese ist sogar sehr gut hörbar. Auch die Länge von "The Depths" ist genau richtig, um einen für diese Art der Beschallung problemlos bei der Stange zu halten.



Zu Haben und zu Hören ist das Album wie immer über bandcamp.

Die Entstehung von "The Depths" wurde im Kurzfilm "Airhead" dokumentiert:





Highlights: Descent, Decompression


 

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