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2025-11-22

MONO und CORECASS live im Knust, Hamburg (16. November 2025)


Willkommen in der Komfortzone! Dieser Konzertbericht enthält keine Überraschungen... ok, eine kleine vielleicht... Wenn man zu Mono fährt, weiß man halt, was einen erwartet. Es sei denn, von der einen kleinen Überraschung hat man nicht wie ich schon vorher gehört...

Doch zunächst zum Opening Act, der mir auch bereits bekannt war und sich tatsächlich zu so einer Art jährlichen Tradition zu entwickeln scheint.





CORECASS
November 2023 als Support von Jo Quail. Oktober 2024 alleine im Hafenklang. Und nun stand Elinor Lüddes elekroakustisches Dark Ambient Neoclassical Post Gothic Drone-Projekt Corecass also wieder auf der Bühne, um Songs ihres Albums "Tar" zu spielen.

Im Vergleich zu den Studioversionen schlägt das Pendel zwischen Licht und Schatten live schon häufiger in die Dunkelheit. Das liegt nicht nur an dem gegenüber Piano, Harfe und Feengesang in der Wirkung doch dominanteren Dröhnelementen wie Orgel und Gitarre, sondern auch daran, dass das Duo fast immer von einem Teil der Musik als Backingtrack begleitet wird, der irgendwie eine seltsam unterkühlte Distanz schafft - insbesondere, wenn weit entfernt eine komplette post-schwarzmetallische Band zu spielen scheint.

Und so ist Corecass zwar musikalisch interessant und faszinierend, hat es aber trotz aller vorhandenen und auch angewendeten Mittel schwer, darüber hinaus Momente wirklich tiefer emotionaler Verbindung mit dem Publikum zu generieren. Ich mag es also an sich, würde mir aber zukünftig irgendwie schon - entweder minimalistischer oder unter Hinzunahme eines weiteren Musikers - eine direktere, klanglich nähere, mehr auf die tatsächlich live gespielten Anteile fokussierte Darbietung wünschen.  







MONO
Danach standen bald Mono auf der Bühne. Ja, standen, denn neuerdings gibt es tatsächlich keine Hocker mehr auf den beiden Gitarristenplätzen. Wenn Takaakira oder Yoda also nicht auf dem Boden über ihren Effektboards knien, stehen sie nun während der gesamten Show. Na und? Das erscheint natürlich im rockmusikalischen Gesamtzusammenhang unbedeutend, doch wenn eine Post Rock-Institution wie das japanische Quartet nach Jahrzehnten seine schon zum Markenzeichen gewordenen Gewohnheiten ändert, hat das aus Sicht eines Fans schon eine psychologische Wirkung. Da vermeint man schon, eine zwingendere Energie zu spüren - als ob das bei der Lautstärke und den unendlich emotionsgeladenen Instrumentalkompositionen der Band überhaupt nötig sein könnte. Trotzdem natürlich ein Plus für die Performance.

Abgesehen vom Stehen war die Auftellung natürlich wie gewohnt: zwei Gitarren, Tamaki am Bass und Dahm am Schlagzeug, dazu für den Einsatz in jeweils einem Song Klavier und Glockenspiele.
Das reguläre Set bestand zur Hälfte aus Stücken das aktuellen Albums "Oath", die die Show auch einrahmten. Dazu waren noch die beiden vorigen Alben vertreten, wobei gerade der lange, mit seinem ungeraden Takt Spannung zurückhaltende Auftakt von "Innocence" einen Gegenpol zum sofort intuitiv verständlichen Großteil des Programms darstellte.

Insgesamt war es wieder ein dynamischer Rausch vom sanften Säuseln der Blüten im Windhauch bis zur reinigenden Apokalypse in Erdbeben und Vulkaneruption. Zwischen Stücken wie "Sorrow" oder "Time Goes By" wäre es hier im Grunde unmöglich, einzelne Highlights hervorzuheben - ja, wenn zu diesem Zweck nicht schon zwei Plätze in der Setlist für das Klassikeralbum "Hymn To The Wind" reserviert gewesen wären. Denn "Pure As Snow" und "Ashes In The Snow" sind einfach immer wieder Ereignisse, welche einem den Film eines gesamten Lebens vor dem inneren Auge abspielen. Das war an diesem Abend im Knust natürlich nicht anders.

Epochal vom Licht in die Düsternis eintauchend verabschiedeten Mono das Publikum mit "Recoil, Ignite" von "Rays Of Darkness" - und ich staune gerade, dass ich die Band erst seit Veröffentlichung dieses Albums vor elf Jahren kenne. Aber wer will einem angesichts derart gewaltiger Post-Rock-Macht verdenken, dass man sein Zeitgefühl verliert?

Auch wenn dieser Zustand für Mono natürlich a day in the office ist: Diese Show war wieder einmal vollkommen überwältigend!








2025-11-19

GUTS PIE EARSHOT und KUKANGENDAI live im Hafenklang (15. November 2025)


Mittwoch, Alter! Nun wird's aber mal Zeit auf's erste Konzert des Wochenendes zurückzuschauen! Es ging am Samstag für hamburger Verhältnisse spät los, nämlich um zehn Uhr abends, um danach direkt an die Drumbule-Clubnacht anzuschließen, die ich mir allerdings nicht geben wollte, auch wenn die Bässe aus dem Haupsaal durchaus verlockend brummten. Auch gut, umgeht man auch mal die bis zwanzig Uhr anfallenden Straßenrandparkgebühren.

Das Motto der Nacht hätte im Grunde eine (natürlich irgendwie sexier formulierte) Variante von Bands, die definitiv nicht Punk spielen und trotzdem total Punk sind sein können. Besonders die mir bisher nur vom entfernten Hörensagen bekannten Headliner hätten ja kaum mehr linke Sozialisation in ihr Bandlogo (auf der Bassdrum dann auch in der "Love Music - Hate Faschism"-Variante) packen können.

Der Grund, warum mich relativ kurzfristig zum Goldenen Salon des Hafenklang aufgemacht hatte, obwohl ich ja auch schon Sonntag etwas vorhatte, war allerdings ein bereits mit zwei Alben in meiner Sammlung ansässiges, japanisches Trio, welches ich auf keinen Fall verpassen wollte.





KUKANGENDAI
Superlative sind gefährlich, ich weiß. Aber in Sachen Nonkonformismus gibt es jenseits von Kukangendai wirklich kaum noch offenen Raum nach oben. Ähnlich irre verknotet wurde mein Bregen hier vor Ort Anfang des Jahres bei Ni, die ich tatsächlich als "die unberechenbaren Polyrhythmiker Kukangendai in Metal" bezeichnet hatte. Kukangendai sind dementsprechend Metal in... tja, in was? Ich weiß es nicht.

Math/Prog/Post Rock, Funk, entspannende Khruangbin-Vibes konnte man in der auf Bass, Gitarre, Drums (plus nur jeweils ein einziges Mal Mundharmonika und Gesang) mit Hilfe von erstaunlich wenigen Effekten sehr direkt und natürlich dargebotenen Musik des Trios ausmachen. Doch Kukangendai sind ja wie ich bereits sagte Punk.

Also wurden mit über jedes vorstellbare Maß weit hinausjagender Konsequenz in ständiger radikaler Gegenläufigkeit alle Ideen von nachvollziehbarer Rhythmik, konventionellem Aufbau, musikalischer Normalität schon nach deren auch nur ansatzweisem Auftreten sofort komplett mit scheinbaren Stolperern und musikgewordenen 4D-Schachzügen sabotiert. Nachvollziehbar war das alles, genau wie auf  dem 2023er Werk "Tracks", von dem das meiste Material des Sets stammte, kaum - und dennoch machte ihre Musik nicht nur immense Freude zu hören, sondern entwickelte auch ständig eine glücklicherweise kein komplettes Taktverständnis erfordernde Tanzbarkeit.

Kukangendai sind eben eine tatsächlich im Wortsinne so radikal progressive und konsequent aberwitzig spezielle Band, dass Fragen nach dem Was und Warum einem nur unnötige Kopfschmerzen bereiten würden und man es schlicht als geilen Scheiß hinnehmen muss.

Mein x-tes Auge ist seit Samstag weit geöffnet.









GUTS PIE EARSHOT
Im Vergleich zur Vorband war das bereits 1993 - damals allerdings noch mit mehr Mitgliedern - gegründete deutsche Duo Guts Pie Earshot dann natürlich weniger überraschend. Was so ziemlich gar nichts heißt, außer dass sie halt ziemlich haargenau so klangen, wie ich mir einen rein instrumentalen Mix aus Metal, Klassik, Folk, Four-to-the-Floor-Techno, Ambient, Achtiger-Jahre-Pop und Hardcore, sehr gekonnt vorgetragen nur mit Schlagzeug und elektrischem Cello, vorgestellt hätte.

Stück wurde unmittelbar an Stück gereiht, so dass letztendlich zwei lange ungebrochene Party-Suites plus Zugabe gespielt wurden. Verdammt wild und immer wieder mit Covern und Zitaten aus Klassik und Rockmusik gespickt, von denen ich jenseits von Black Sabbath und Motörhead sicherlich vieles nicht einmal mitgeschnitten habe. Der Laden kochte auf jeden Fall verdient über, so dass mir nur ein simples Doppelfazit für diese Show bleibt:

1. Geilomat

2. Punk!