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2025-05-29

KOENJI HYAKKEI live an Bord der MS Stubnitz, Hamburg (27. Mai 2025)


Dienstag zog es mich wieder einmal zur unterhalb der Elbbrücken parkenden MS Stubnitz. Auf dem Hinweg habe ich mir zwischenzeitlich mehrmals gewünscht, dass sie mir zumindest ein Stückchen entgegen kommen könnte, denn mit zwei Vollsperrungen innerhalb von vierzig Kilometern gab sich die A23 außergewöhnlich viel Mühe die rechtzeitige Ankunft in die Sterne zu schreiben.
Zum Glück kostete die Umleitung durch Itzehoe dann doch weniger Zeit als gefürchtet, und als ich vor der zweiten Sperrung die Abfahrt Pinneberg-Nord erreichte, sah ich die Umleitungspfeilsignallastwagenfahrer gerade Hütchen abbauen, um ein paar Minuten später loszufahren, und konnte mir so eine weitere innerstädtische Extratour sparen.

Nachmittags war übrigens das neue Swans-Album mit der Post gekommen. (Ich war extra früh aufgestanden, um vor der Zustellung der Zollsendung zu Hause zu sein und nicht extra einen weiteren Umweg zur Filiale fahren zu müssen.) Zwei Stunden ist das Ding lang. Dass ich es auf der Hinfahrt komplett durchhören würde, hatte ich definitiv nicht in den Karten.


Komplett durchgehört hatte ich von Koenji Hyakkei tatsächlich nur ein paar Tage zuvor das aktuelle Livealbum. Ansonsten war mir die japanische Gruppe bisher bis auf ein paar Videoschnipsel nur namentlich (also so ungefähr zumindest, haha) bekannt: doch das war genug um meine Erwartungshaltung für dieses Konzert auf eine der besten Shows des Jahres zu setzen. No pressure. Das Sextett brauchte aber nur Sekunden, um diese Einschätzung als gesund und realistisch zu bestätigen.

Koenji Hyakkei um Ruins-Schlagzeuger Tatsuya Yoshida spielen Zeuhl, jenen extrem spezifischen von Christian Vander konzipierten Mix aus hypnotischem Progrock und kultischer Verehrung von Carl Orff und John Coltrane. Es ist also komplett unmöglich, über diese Gruppe zu schreiben, ohne bei den kobaïanischen Gottvätern Magma zu starten.
Von den abenteurlichen Gesangslinien der unzweifelhaft in Oper geschulten Sängerin, den ekstatischen (in Kunstsprache oder japanisch singenden?) Chören, zu den rasend rumpelnden Basslinien, dem metrisch ständig Haken schlagenden Freejazz-Drumming, absolut synapsensprengenden Unisonoläufen zwischen Gesang und Saxofon oder auch Gitarre und Klavier (schön zu sehen, dass das Hausintrument des Schiffs mal wieder benutzt wurde)... Das war nicht nur Magma worship, sondern teilweise so außerirdisch verrückt und überragend, dass ich in einem angelsächsischen Review gewiss die Phrase out-magmaing Magma in Erwägung gezogen hätte.

Doch Koenji Hyakkei emulierten nicht nur, sondern setzten auch viele eigene Akzente. Alles was bei Magma auf die französische Herkunft deutet hat hier naturgemäß einen japanischeren Anstrich. Und vor allem kann die Band von einen Moment auf den nächsten vollkommen auf andere Modi wie Weather Report, Mahavishnu Orchestra, aber auch fröhliche Marschmusik, komplette Jazz-Breakdowns, lupenreinen Prog, wilde John Zorn-Einflüsse und metallische Heaviness umschalten, nur um danach Magma noch umso intensiver Tribut zu zeuhlen.

Ich habe ehrlich gesagt gar nicht darauf geachtet, wie lange die Band auf der Bühne stand, doch für die mit gigantischer Spielfreude dargebrachte gefühlte Menge an musikalischer Reizüberflutung müssen andere Leute ihr Leben lang ihr Instrument üben. Irrsinnig gut! Phänomenal. Da verzeiht man dann auch gerne, dass die Zugabe in Form eines im besten Sinne bekloppten Hochgeschwindigkeits-Klassik-Medleys nur zwei Minuten währte.







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