Sometimes German, sometimes English. • The title of this blog used to change from time to time. • Interested in me reviewing your music? Please read this! • I'm also a writer for VeilOfSound.com. • Please like and follow Audiovisual Ohlsen Overkill on Facebook!

2020-09-27

BELL WITCH & AERIAL RUIN - Stygian Bough Vol. 1

Bei den den Funeral Doomern Bell Witch dauert bekanntlich vieles etwas länger. Deswegen habe ich wohl auch ohne Not sechs Wochen länger als nötig auf die Lieferung dieser LP warten müssen. Oder war dies ein subtiles Zeichen, dass das neue Album keine ganz so runde Sache sein würde?




BELL WITCH & AERIAL RUIN - Stygian Bough Vol. 1 (2LP) (2020)


Nach drei Alben mit immer weniger, dafür aber immer längeren Songs, kulminierend im über dreiundachtzig Minuten stolzen Ein-Track-Mammuth "Mirror Reaper", fragte man sich natürlich schon, was der nächste Schritt sein würde, da in dieser Richtung ja nun ein metalhistorischer Rekord erreicht worden war.

Der Titel/Projektname sagt es schon: "Stygian Bough" ist gar kein reguläres Bell Witch-Album, sondern eine Kooperation mit Aerial Ruin. Doch Moment! Erik Moggridge, der sich hinter jenem Ein-mann-Projekt verbirgt, hat doch bisher sowieso auf allen drei Studioalben auf einem Song als Gast gesungen und war auch bei der atemberaubenden Live-Darbietung von "Mirror Reaper" dabei.
Ist dies also nicht mehr als eine reine Umetikettierung?

Nein, hier hat seine Präsenz tatsächlich größeres Gewicht, da er neben Dylan Desmond (Bass) und Jesse Shreibman (Drums, Orgel, Klavier, Synth.) als gleichberechtigter Songschreiber auftritt, über das komplette Album den Leadgesang übernimmt und auch instrumental Gitarren beisteuert.

Ein Problem von "Stygian Bough" ist es, dass dies alles gleich im ersten der fünf Tracks des Doppelalbums, dem neunzehnminütigen "The Bastard Wind" auf perfekte Weise zusammenkommt.
Ein paar Minuten lang ist Moggridges unverkennbare, hohe Stimme mit seiner Akustikgitarre und einigen atmosphärischen Hintergrundsounds alleine, ehe er vom Bell Witch-Duo abgelöst wird, welches bald seine tonnenschweren und doch höchst melodischen Trademarks ausspielt, wenn Desmond seinen eigenen mariannengrabentiefen Donner mit feinen Leads auf den höheren Saiten begleitet.
Diesmal steigert es sich allerdings zu noch größerer Majestät als gewohnt, da auch Moggridge mit einer Leadgitarre dazustößt.
"The Bastard Wind" enthält auch noch kleine Gesangspassagen von Desmond und Shreibman und entfaltet sich insgesamt als idealer Opener, der alle Qualitäten dieses Trios in einer großartigen Komposition zusammenfasst.

Und was ist das Problem daran? Das Problem ist, dass das Album danach zwar durchaus hier und da an diese Marke heranreicht, sie jedoch nicht mehr übertrumpfen kann.

Auf der zweiten Plattenseite fällt das Album sogar deutlich ab. An sich ist "Heaven Torn Low I (the passage)" dabei ein wunderbares Stück, welches sich voll auf die ruhigeren, zumeist akustischen Töne konzentriert. Der Gesang ist wunderbar ätherisch traurig, und ich bewundere, wie viele geschickte Stab- und Endreime - nicht nur hier, sondern auf dem gesamten Album - in den kurzen, langsam vorgetragenen Texten untergebracht worden sind.
Dreizehn Minuten sind hierfür jedoch ein bisschen zu viel, zumal sich der ganze Track ohnehin teilweise wie ein Rehash der zweiten Hälfte von "Mirror Reaper" anfühlt.
(Und vielleicht bin auch etwas genervt, weil wie schon beim Vorgängeralbum ausgerechnet diese stillste Schallplattenseite sich bei meinem Exemplar als Knisterpressung herausstellen musste.) 

Zwar folgt mit "Heaven Torn Low II (the toll)" auch noch eine machtvolle Doom-Metal-Auflösung des Themas, die nach achteinhalb Minuten jedoch auch irgendwie etwas unbefriedigend abtritt und insgesamt im Verhältnis zum ersten Teil einen größeren Anteil haben müsste.

Sowohl über das kleine selbsterklärend "Prelude" getaufte instrumentale Zwischenspiel als auch das Finale mit dem wieder über neunzehnminütigen Brocken "The Unbodied Air" kann ich dann eigentlich wieder nur Lob ausschütten, schließen Bell Witch & Aerial Ruin hier doch wieder vollkommen an das Niveau des Openers an und untermauern, warum das Duo (ob mit oder ohne das langjährige dritte Mitglied) für mich zu den absolut wichtigsten Doombands des Planeten gehört.
Auch hier bereichern die Sounds und Melodien aus Moggridges Gitarre den heavy Begräbnissound wieder exzellent. Nur ganz am Ende fehlt mir bei diesem Track wieder ein größerer, nicht ganz so unvermittelt unspektakulär abbrechender Abgang. 

Letztendlich bleibt zum Großteil immer noch ein sehr gutes bis fantastische Bell Witch PLUS-Album, also schwermütiger Funeral Doom vom Feinsten. Nicht ganz so heavy wie mein Liebling "Four Phantoms", aber dafür mit einer noch vielfältigeren Klangpalette.

Dass "Stygian Bough" im Mittelteil allerdings etwas durchhängt, lässt sich einfach nicht leugnen. Zwar ist es bei dieser Musik ohnehin Grundvoraussetzung, in richtiger empfänglicher und geduldiger Stimmung zu sein, doch hier wird von mir manchmal etwas zu viel davon verlangt.

Als kürzeres Album mit drei Tracks auf einer LP hätte das Ding vielleicht noch besser funktioniert. Zumal das angehängte "Vol. 1" im Titel ja ohnehin impliziert, dass wir von dieser kreativen Zusammenkunft zukünftig wohl noch mehr bekommen werden.

Ach ja, fast hätte ich's vergessen: Das Panorama-Artwork von Adam Burke ist natürlich ein absoluter Hinkucker, der für die Anschaffung des Vinylgatefolds spricht.   






2020-09-26

LAIBACH - Bremenmarsch: Live at Schlachthof 12.10.1987

With the monolithic "Revisited" 5LP box set in January one could think that there's no further need for releases delving into Laibach's past this year.

But then it is the Slovenian group's 40th anniversary. And also if 2020 is good for anything it is nostalgia for better times. Times in which live shows where a thing.
Well, in this particular case obviously not for me, because back in 1987 my ten year old self surely wasn't yet ready to be traumatized by a bunch of bellowing uniformed barbarians on the mission of audiovisual sensory overload.




LAIBACH - Bremenmarsch: Live at Schlachthof 12.10.1987 (LP+CD) (2020)


With the release of "Opus Dei" and especially the singles of their new original versions of Opus' "Life Is Life" and Queen's "One Vision" 1987 certainly is the most referenced year whenever the topic Laibach is brought up.

The liner notes on the back cover of this record basically are a summary of how busy that year was, including their first official shows in Yugoslavia after almost five years of not being allowed to use their name. Laibach not only toured throughout Europe, but also cooperated with Peter Zadek on "Macbeth", which even brought them to the US. Also on the more obscure part of their recording history they released the rare "Baptism Under Triglov - Klangniederschrift einer Taufe".

While several live recordings of this period already exist, most of them are rather hard listens due to their bootleg quality. But what Radio Bremen has now - after only thirty-three years - officially unleashed upon the world, sounds great and for the first time gives me a fully satisfying glimpse into  the excessive raw furor of a "regular" Laibach show during this era.

Never again has Milan Fras' deep roaring voice sounded so ridicilously over the top militaristic and exaggerated. And never again has Laibach's music exuded this kind of brutality, which so heavily relies on balancing brilliantly effective arrangements with intentionally utilized dilettantism.  

If I tried to pretend to have no previous knowledge of Laibach - how would I even begin to describe their performance? I mean... the foundantion of this music already is a mix of march, rock music, industrial and classical influences. Between stomping riffs and miserably failing attempts of rock star shredding the guitars have this impetuous uncontrolled quality, which gives the best early punk and extreme metal albums their rampant ferocity.

The same goes for the horns and trumpets, which never really let you settle on whether they are actually played good or bad. They are clearly too "out there" to work in real marching music. So are they punk? Or even jazz? Or can those not sometimes even be the same? And does all this even matter?

No matter if it's the great hits like "Geburt einer Nation" or "Leben heißt Leben", the deeper "Opus Dei" cuts like "How The west Was Won" or "Trans-National", if it's tracks inspired by their theater work or older "Nova Akropola" tunes like "Krvava Gruda - Plodna Zemlja" or "Država", which is updated with the german phrase "Machen wir Deutschland wieder frei!" here - Laibach 1987 was just brutal, relentless, in your face.

And they already sounded like no other band before or after.

Even the inevitable Rammstein who based their style to eighty percent on a mixture of Die Krupps and this (historically astonishingly short) phase of Laibach (and even incorporated the Malewitsch cross into their Logo) have never come close neither to the sheer madness nor the level of subversion Laibach put on display here. (And I'm not even a "hater", so calm down, offended fans!)

"Bremenmarsch" is the culmination of Laibach during the 1980s and as such an essential live document, which I cannot recommend enough. And yes, it's also a people pleaser for all those casual fans who are stuck in the past and never really moved past "Sympathy For The Devil". Guys, you have been missing so fucking much!

The album is available on CD or on vinyl, both sporting the infamous "Die erste Bom(b)ardierung über dem Deutschland" tour poster as cover artwork.
The LP also includes the CD, which is good, because the vinyl version only contains a selection of nine tracks, while the whole concert consists of fourteen. So there you have the one thing about this release which is a pity: Why not a double vinyl album?

This shit still rules though.

Because die Liebe, die Liebe ist die größte Kraft, die alles schafft.





2020-09-24

EYVIND KANG - Ajaeng Ajaeng

Only a couple of purchases into listening to tapes (again; but in the 1990s I didn't buy much new stuff, but mainly used it to pirate and kill the music industry) I'm already feeling that exploring a "new" medium brings me to music I otherwise wouldn't have noticed.

Getting Phurpa's "Hymns Of Gyre" tape a while ago lead me to checking out other cassette releases from Stephen O'Malley's Ideologic Organ label. And before I could even think about it, this seventy+ minutes meditation music marathon was on its way to me.


EYVIND KANG - Ajaeng Ajaeng (Tape) (2020)

Eyvind Kang is a jazz / contemporary classic / experimental composer and multi-instrumentalist, who among many others has been working with the likes of Bill Frisell, John Zorn, Laurie Anderson and Mr. Bungle.
The latter's Trey Spruance even appears on this very album.

"Ajaeng Ajaeng" is a collection of five sound explorations based mainly on two traditional Asian instruments, which are partly combined with classical European instrumentation.

The first of those is the Indian tanpura, a long-necked lute, which isn't used to play melodies, but to provide a constant droning sound, which weaves other-worldy overtones in combination with other instruments. The first two duets with the self-explaining titles "Tanpura & Harpsichord" and "Tanpura Study" dive deep into this characteristic, creating a tapestry which rewards the attentive listener in a very profound way which I can hardly pin down, because this particular experience is such a rare occurance.

We're not even half through the album as the next two shorter tracks (three+ and seven+ minutes) introduce Yoon Na Geum and Han Lim on the traditional Korean court music zither called ajaeng.

While "Push Off" works as a nice little interplay, "Time Medicine" builds a rich ambient atmosphere, in which the weird ancient snarling of the ajaengs counterpoints with majestic strings and tubas.
This is the part of the album fans of the Kilimanjaro Darkjazz Ensemble and similar doom jazz explorations will probably find the easiest to get into.

As fascinating and captivating this music spreads its magic in my ears, I get that not everybody will be able to fully immerse into such primal experimental soundscapes.
This goes especially for the title track "Ajaeng Ajaeng", which solely consists of the So Ajaeng and Dae Ajaeng roaring, crawling and crackling around each other for almost half an hour!

There's no way around it: You can easily describe this track as being caught in the middle of a concrete pipe, with one guy electrically shaving a giant panda bear on one end and a Sunday morning leaf blower maniac on the other.
This is something that requires the right receptive mood and ability to just lose yourself in the hypnotic dance of frequencies. Otherwise you will be left standing on the sidelines in baffled confusion.

But once you're in the "zone" (which might just happen "accidentily" while it is playing), these sounds are truly and deeply rewarding.

After Senyawa & Stephen O'Malley's "Bima Sakti", I've fallen in love with yet another drone masterpiece utilizing authentic traditional Eastern sound sources.


The tape of "Ajaeng Ajaeng" is limited to a hundred copies, but besides the digital version there's also a double vinyl available now.





2020-09-23

SARKH - Kaskade

Ok, this is rather a quick shout-out than a proper in-depth review.

A while ago Komet Lulu (Electric Moon) appearantly felt so insulted by someone calling her Germany's worst bassist, that she started her own label Worst Bassist Records. Among the first handful of releases is this one, of which she handed out some digital freebies.

And it's a good one.

SARKH - Kaskade (download) (2020)


If you are into instrumental post rock/metal with german song titles and need someone to scratch that itch after the demise of Moewn, this band will definitely be the right choice for you.

Sarkh take the epic elements of groups like Mono or Explosions In the Sky, but seldom show the patience for those typical post rock slow burning builds, which is not a bad, but a distinctive element of their sound, given that instead they power through their songs with the urgency of faster Russian Circles tracks or like in "Derbholz" even show some steamrolling motorpsychic tendencies.

Great stuff with a lot of exciting shit happening, especially given the often repetitious nature of the genre.

"Kaskade" is available digitally, on CD and clear vinyl from - I already said it - Worst Bassist Records.

If someone had played guess the label with me, I would probably have thought this would be either a Pelagic or Pink Tank Records release. The bass playing by the way is absolutely fine.




2020-09-21

HEDVIG MOLLESTAD - Ekhidna

With my mouth still permanently open due to the awesomeness of the latest Motorpsycho release, what better to review next than an album from another musician, who not only also hails from Norway and shares a lot of influences with the Trondheim boys, but also truly plays in an equal - and in some aspect probably even superior - artistic league?




HEDVIG MOLLESTAD - Ekhidna (white vinyl LP) (2020)


If you've ever had the pleasure of experiencing the Hedvig Mollestad Trio live, you already know that I I'm not exagerrating the immense talent of its eponymous fusion guitar heroine.
The virtuosity and joyful ease in which the trio flows between creamy and hendrixian power rock, heavy prog, funk, jazz, psych and whatnot is an absolutely irresistable rush.

This new album however is explicitly not a work with her regular band, but a commissioned cooperation with five other musicians for the Vossajazz Festival 2019.

On "Ekhidna" Mollestad definitely doesn't try to hide the trademarks established with her trio, so especially the faster paced rocking stuff with riffs and licks not too far from the aforementioned Motorpsycho or the Danish krautmeisters Causa Sui could very well be performed by her trio.
But apart from the fact that this record's line-up has no accounted bass player, there's a whole lot of other stuff going on which even her phenomenal superhuman trio couldn't possibly pull off.

Backed up by a mostly extermely busy drummer plus percussionist rhythm section, we can hear two vintage keyboardists on electronic piano, Rhodes, Moog etc., Marte Eberson and Erlend Slettevoll, both strictly assigned to the right and left stereo channel, a production choice typically more common for saxophone duos. (Check out every John Coltrane record, where he is sharing duty with other players like Pharoah Sanders!) 
It's however a relatively subtle thing here.

Speaking of wind instruments, the most significant voice besides the guitar is Susana Santos  Silva's very expressive trumpet.

In general Mollestad, who could easily shred and conjure front and center any given time, leaves her collaborators and the unity of the band a lot of space to shine. "Ekhidna" clearly doesn't focus on her mastery of the six strings (which of course is present in a mostly rather casual way), but on her abilities as a composer and band leader.

And as such it is pretty obvious that what she has written with these six tracks is above everything else a love letter to the jazz fusion masters of the Seventies:
Weather Report, Mahavishnu Orchestra, Santana, Miles Davis are all dancing within the DNA of this record.

So of course no wheel is being re-invented here. This has all been done before.

But Hedvig Mollestad does it with such an overwhelming class, authenticity and freshness that it just blows you away.

Could this even be improved? I don't feel a strong overarching story here, so maybe with a more connected concept behind it, there might have been room for possibilities? But then on the hand: Why should an album not just be a collection of some damn fine instrumental tunes?
 



"Ekhidna" comes on limited white vinyl which should not only find a loving home at fans of recent releases like most stuff from the El Paraiso roster (like Brian Ellis or - hey, Norwegians again! - Kanaan) or the spiritual and contemporary jazz of Kamasi Washington or Yazz Ahmed.

No, I promise you can also put this record next to any work of the great genre elders it is honouring and it will never make a bad figure. If "Ekhidna" is not a premium level fusion masterpiece, then such doesn't exist. 





2020-09-18

MOTORPSYCHO - The All Is One

Ach komm, fuck you, Motorpsycho!

Was soll man zur hardest working band Norwegens noch groß sagen? Es läuft doch bei jedem Review auf dieselbe Scheiße hinaus: Ungläubiges Staunen, wie man mit solcher Regelmäßigkeit so verlässlich ein sensationelles Hammeralbum nach dem nächsten raushauen kann, ein paar Sätze darüber, was ähnlich wie bei den vorigen Alben ist und was neu, vielleicht ein verzweifelter Versuch, mir negative Kritikpunkte aus den Fingern zu sauen, dann aber doch eine dringende Kaufempfehlung und am Ende landet das Ding dann irgendwo oben in der album of the year-Liste.

Sorry [und Spoileralarm!], was anderes habe ich diesmal auch nicht zu bieten. Bedankt euch bei den unverschämt fleißigen und kreativen drei Typen aus Trondheim!



MOTORPSYCHO - The All Is One (2LP) (2020)


"The All Is One" versteht die Band als Abschluss ihrer inoffiziell so betitelten "Gullvåg-Trilogie", benannt nach dem Maler Håkon Gullvåg, der für die Albumcover seit dem Einstieg von Zu-Drummer Tomas Järmyr verantwortlich ist.

Waren Järmyrmotorpsychotisches Debüt "The Tower" ein Doppelalbum und "The Crucible" eine "normale", allerdings aus drei epochalen Longtracks bestehende Einzel-LP gewesen, so liegt "The All Is One" nun irgendwo dazwischen, da es sich hier im Grunde um zwei verschiedene Alben in einem handelt.

Doch bevor man dies erfährt, muss man natürlich die Schallplatten aus der "Hülle" bekommen, die wie schon bei den Vorgängern eigentlich kein richtiger, geschlossener Umschlag ist, sondern ein aufklappbares Poster. Diesmal zeigt es allerdings nicht das Covermotiv in extra groß, sondern bildet ein Kreuz aus gleich fünf Gemälden. Das sieht auch sehr sehr gut aus...

...ist allerdings schon durchaus ziemlich unhandlich.



Das herkömmlichere der beiden Alben im Album verteilt sich auf die Seiten A und D und wurde gemeinsam mit dem Fans bereits als eines der wechselnden Livemitglieder von Motorpsycho und von "Still Life With Eggplant" (2013) und "Behind The Sun" (2014) bekannten Reine Fiske eingespielt.
Die Songs hier schließen nahtlos an die Vorgängerwerke an, es ist also wieder ein locker aus den letzten sechzig Jahren Rockmusik schöpfender Rundumschlag. Wobei "Schlag" vielleicht das falsche Wort ist. Denn auch wenn es dem Monsterbass von Bent Sæther sei Dank kaum eine andere Band gibt, bei dem schon die "ganz normalen" Rockriffs auf derart mächtige Art walzen, sind sanftere Zwischenspiele und balladeske Töne in diesen acht Tracks ziemlich gut vertreten.

Unterm Strich ist aber alles zu finden, was die Band in diesem Jahrtausend ausmacht. Mit nur zwei neunminütigen Longtracks wurde der kingcrimsoneske Prog-Anteil zugunsten von leichter verdaulichen, eingängigen Häppchen zurückgefahren. Nach zwei, dreimaligem Hören ist man schon überrascht, wie viele Ohrwürmer sich festgesetzt haben. Auch lyrisch wissen Motorpscho mit Texten, die sich mit dem radikalisierten, immer weiter ins Postfaktische abdriftenden Zeitgeist auseinander setzen, zu überzeugen.

Mitten in dieses für sich schon gewohnt unverschämt gute Album, dessen erste drei Stücke (Titeltrack, "The Same Old Rock" und "The Magpie") alleine schon neunundneunzig Prozent dessen, was sich irgendwie Rock nennt, pulverisieren, pflanzen die Norweger auf die Seiten B und C aber noch den fünfteiligen Epochalbrocken "N.O.X.", auf dem sie den experimentellen Modus auf Anschlag stellen, dabei jedoch maximal treibend und mitreißend bleiben.

"Laufen hier Magma?" frug mich mein Bruder neulich während Teil IV ("Night Of Pan"), und diese Frage war bei Motorpsycho wohl noch nie so berechtigt wie hier, könnte man diesen hypnotischen Part doch tatsächlich für reinen Zeuhl, für eine rockigere Interpretation von Magmas "Zëss" halten.

Statt von Fiske wurde das Kern-Trio Ryan/Sæther/Järmyr hier durch Lars Horntveth (Jaga Jazzist) und den Jazzgeiger Ola Kvernberg (auch schon 2012 auf "The Death Defying Unicorn" dabei) unterstützt.

Dass die Avantgarde, das Verfremdete (sehr exzessive Gesangseffekte), das Abstrakte in "N.O.X." groß geschrieben werden, kommt wohl nicht von ungefähr, wurde eine frühere Version dieser Suite doch als Soundtrack zu einem Ballett im Rahmen einer Gullvåg-Ausstellung dargeboten und ist auch direkt von Werken des Malers inspiriert. Inhaltlich insgesamt schwer zu greifen, bringt es in seinem Finale "Cities Around The Sound, Pt. 2" auf jeden Fall "The Tower", "The Crucible" und "The All Is One" konzeptionell ganz on the nose zusammen. Der Kreis - auch im Titel "Ourobouros (Strange Loop)" präsent - schließt sich auf perfekte Weise.

Genau wie die andere, es umschließende Albumhälfte sind die vierzig Minuten von "N.O.X." den Kauf schon wert. Was Motorpsycho anfassen, wird scheinbar immer zu Gold. Und mit fortschreitendem Alter scheinen die Herren nur immer noch kreativer und besser zu werden.

Kein Zweifel: Ihren Status als eine der verlässlich großartigsten Bands der Gegenwart haben Motorpsycho einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt.




2020-09-14

PLAGUE ORGAN - Orphan

Wow. I think this is already my third review this month in which I have to use Phurpa of all bands as a reference. But then - what about the following mind-melting, absolutely bonkers album could I have anticipated?


PLAGUE ORGAN - Orphan (Tape) (2020)


Well, of course it was clear from the start that this would not be dream pop. No, this has to be mean stuff. Indeed the creepy yet majestic cover artwork, the name of the band and its sound form a paramount example of a perfect artistic synergy.

Plague Organ is a project by producer Marlon Wolterink and the always occupied René Aquarius of Dead Neanderthals and uncountable other more or less musical endeavors.

Given the Neanderthals' reputation of stretching minimalistic ideas to extreme lengths one enters this album, which is made of just one track of forty minutes, with a healthy dose of respect. Will anything "real" happen during all this time?

The answer is: Yes, a lot happens. And it does happen in a way you probably won't have heard before.
The other answer is: No, because while there is tension building all the way, in the end nothing really gets resolved or concluded

If we're speaking in terms minimalism and maximalism, I would say it's fair to attribute both to "Orphan", because this track contains lots of different layers, which on their own can be very simplistic,  but stacked on top of each other grow to a cacophonous, almost trance-inducing effect.

Imagine a slowly-moving dark ambience, in which the strings of Sunn O))) mix with various ominous  sounds of unknown origin, floating seemless between creepiness and meditation.
Imagine shamanistic throat singing vocals (insert half sentence mentioning Phurpa here) adding yet another droning, spiritual layer and mixing with super guttural death metal grunts.
Imagine all this growing and evolving at slow pace, filled with details you might only catch listening over headphones.

And yeah, of course don't forget the rhythmic backbone of all this, which is Aquarius in ridiculous furor relentlessly blasting a fast thrash beat over this whole fucking thing!

The drums are accompanied by a weird, potentially annoying string sound which raises the challenge of listening to the piece, yet also adds a lot to its ritualistic character.

In a way the concept of "Orphan" reminds me a lot of "Bloom", the opening track of The Necks' recent album "Three", where you also have to overcome the obstacle of a permanent, extremely busy and demanding percussion inferno of a beat, but as soon as you manage to filter it, so you perceive it only as a backdrop noise, the full hypnotic effect of the track sets in.
Plague Organ just operate with darker ingredients, transfering a similar idea into the context of black metal aesthetics. 

Lulling abrasiveness. Brutal hypnosis. Transcendent lunacy.

Avantgarde drone metal in perfection.


So far Plague Organ's debut has been released digitally and on beautifully designed tape.

Sentient Ruin Laboratories are also working on a vinyl release right now.




2020-09-13

ZOMBI - 2020

Und der Preis für den unglücklichsten Albumtitel des Jahres 2020 geht an Steve Moore und Anthony Pattera für den neuen Longplayer ihrer Band Zombi: "2020".

Dass das Ding so heißen würde, war natürlich schon beschlossen, bevor sich 2020 in seiner ganzen dystopischen Pracht entfaltete, doch hätte man nach der globalen Entwicklung in den letzten (mindestens) fünf Jahren nicht ahnen können, dass aktuelle Jahreszahlen im Grunde als Titel für gar nichts zu gebrauchen sind, was man auch verkaufen möchte?

Wären mir Zombi nicht schon bekannt, dann würde mich die doppelte Zwanzig jedenfalls kaum motivieren, mich mit ihnen vertraut zu machen. Was für schlimme, schwer verdauliche Scheiße muss hier auf Tonträger gebannt worden sein, damit der Titel passt?

Die gute Nachricht in diesem Kontext: Der Titel passt nicht.





ZOMBI - 2020 (LP) (2020)


Es ist schon wieder fünf Jahre her, dass wir mit dem letzten Album "Shape Shift" beglückt wurden. Was hat sich also in der Zeit am Sound geändert?

Zombi, die sich zur Zeit jenes Albums als mit den Mitteln von 70er- und 80erJahre-Soundtracks arbeitende Postrockband verstanden, fallen nach wie vor natürlich irgendwo unter das Label "Synthwave", sind dabei allerdings weniger partyorientiert als z.B. Carpenter Brut, und setzen sich zudem durch das proggige Drumming Patteras stilistisch sofort ab.
Und dadurch, dass Moore ja auch live Synthesizer und Bass zusammen benutzt, gibt es immer wieder Tracks, in denen der Viersaiter mehr im Vordergrund steht als die elektronischen Klänge. 

Bisher also keine nennenswerten Abweichungen vom bereits Bekannten. Auch an der musikalischen Virtuosität des Ganzen ist trotz zumeist übersichtlicher Strukturen auch auf "2020" nichts zu rütteln.

Neu sind allerdings die Gitarren. Zwar hat es jene auf dem prog-orientierteren Album "Spirit Animal" von 2009 auch schon gegeben, doch nun nehmen sie beinahe durchgehend eine Rolle ein, die zwar nicht dominant, aber immerhin so wichtig ist, dass auf der Bühne wohl ein dritter Gastmusiker vonnöten wäre.

Ein großer Teil der Hörerschaft der aktuellen Synthwaveszene rekrutiert sich ja ohnehin aus Metalfans, von daher schadet es sicher nicht, dass sich Zombi hier phasenweise tatsächlich wie eine Metalband anfühlen. Ihren typischen Sound verlieren sie dabei schließlich nicht.

Die ganz großen magnetischen Hooks sind in der Instrumentalmusik des Duos von jeher eher selten zu finden, es ist primär eher die eigenwillige, exzellent eingängige Mixtur aus Spannungsaufbau und Groove, die einen packt und durch die Tracklist treibt.

Die neun Stücke von "2020" sind (anders als die ersten neuen Monate des wirklichen Jahres) kurzweilig und super schnell vorbei.

Ok, das hat auch ein wenig mit der Spielzeit von unter vierzig Minuten zu tun. Anders als auf dem noch kürzeren "Escape Velocity" von 2011 ist es aber diesmal nicht so, dass man das Gefühl hat, es würde noch etwas fehlen. Und anders als das echte 2020 fängt man dieses Album auch gerne wieder von vorne an.





2020-09-09

ELLIS/MUNK ENSEMBLE - San Diego Sessions

Es begab sich eines Jahres im September, dass der Däne Jonas Munk von Causa Sui und El Paraiso Records nach Kalifornien pilgerte, genauer gesagt ins Psychedelic-Rock-Epizentrum San Diego,  bzw. noch genauer gesagt in die Vorstadt Escondido, um den Multiinstrumentalisten Brian Ellis in seinem Studio zu besuchen, in welches dieser auch eine Handvoll weiterer Freunde eingeladen hatte...




ELLIS/MUNK ENSEMBLE - San Diego Sessions (LP) (2020)


Das von Track zu Track wechselnde Line-Up dieses Albums besteht insgesamt aus dreizehn Musikern. Neben Munk und dem mir u.a. durch seine nach ihm benannte Gruppe und seine Zusammenarbeit mit den Psychproghippies von Monarch bekannten Brian Ellis sind hier vor allem dessen Bandkollegen vom Jazz-Fusion-Wirbelsturm Psicomagia und die Mitglieder der mich vor zweieinhalb Jahren live überzeugenden Fuzzmeister Sacri Monti zu nennen.

Beinahe hätten diese Sessions gar nicht stattfinden können, da es ungewöhnlicherweise tatsächlich regnete und das auf dieses meteorologische Ereignis unvorbereitete Studiodach an mehreren Stellen leckte. Doch wozu gibt es Eimer? Im feuchten, mit Instrumenten, Equipment und Menschen zugestopften Studio entstanden folgerichtig dann auch sehr fiebrig tropisch aufgeladene Jams, bis sich nach anderthalb Tagen der Strom verabschiedete und Schicht im Schacht war.

Was Munk aus diesem Happening für dieses Album extrahiert hat, eskaliert von der ersten Sekunde an und lässt auf allen sieben Tracks eigentlich niemals richtig nach.
Die "San Diego Sessions" sind ein kreatives, zumeist von mehreren Gitarren und Keyboards stetig neu angefachtes Dauerfeuer kalifornipsychedelischen Siebziger-Jahre-Space-und-Hardrocks, der vor allem den Orgeln geschuldet sehr an die improvisatorischen Spitzenleistungen des Zeitalters der großen Santana-Jams erinnert.

Wer auf klar strukturierte Songs mit definierten Anfängen und Enden steht, der wird hier naturgemäß kaum bedient. Der Liebhaber des endlosen, jederzeit kreativ in alle Richtungen züngelnden Rauschs allerdings bekommt umso mehr geboten.
Denn wilder und kompetenter kann diese Art der Freiformrockmusik wohl kaum geraten. Die Chemie aller Beteiligten geht bei diesen Sessions regelrecht durch die nasse Decke.

Kurz gesagt: Dieses Album fetzt!




Mit dem Gatefold und einem mal nicht so sehr wie zumeist der labeltypischen Jazz-Ästhetik folgenden Coverartwork fällt die LP optisch bei El Paraiso etwas aus der Reihe, muss aber durch den kürzesten, frech "Munk's Dream" betitelten Track nicht gänzlich auf eine Jazzreferenz verzichten.

Zu haben sind die "San Diego Sessions" auf wie immer zu Recht sehr gefragtem, limitierten Vinyl, sowie auf CD und als Download.






ROBIN SCHLOCHTERMEIER - Spectral

Meine letzte Lieferung von Denovali (Mansurs "Temple", sowie der Miles Davis-Klassiker "Miles In The Sky") ist wohl eine ganze Weile unabgeschickt liegen geblieben. Was soll's, es ist ja nicht so, dass es mir derzeit an neuer Musik mangeln würde. Und Fehler passieren immer. Wichtig ist, wie man mit ihnen umgeht.

So gab es in diesem Fall als Trostpflaster einen schönen Download obendrauf.


ROBIN SCHLOCHTERMEIER - Spectral (download) (2020)


Robin Schochtermeier ist ein Komponist, der in erster Linie von Arbeiten für Filme und Dokumentationen lebt.

"Spectral" ist sein erstes davon unabhängiges Soloalbum, auf welchem er versucht, die Faszination und das Mysterium nachzuempfinden, mit welcher seine kürzlich geborene Tochter die Welt erlebt.

Realisiert wird dies durch eine kleine, aber feine Palette an Klängen, in deren Zentrum ein noch mit abgenutzten Originalseiten bestücktes Klavier aus den 1950er Jahren, sowie atmosphärische Synthiesounds und Samples stehen.

Wer Ambient, Soundtrackmusik, zeitgemäße Klassik, aber auch Postrock und Drone mag, der sollte sich dieses kleine, höchst evokative Album zu einer ruhigen Stunde (oder um eine unruhige Stunde zu beruhigen) zu Gemüte führen. Es lohnt sich!

Staunend in die Welt klingende Gefühlsmusik zum Genießen.







2020-09-05

BANDCAMP DAY September 2020 mit COMA WALL, SUNN O))), OLD MAN GLOOM + ZOZOBRA und RAT ABBEY

 Oh shit, gestern war schon wieder Bandcamp Friday

Für den Fall, dass Du erst seit heute morgen Internetzugang hast und deshalb tatsächlich noch nicht weißt, was das ist: Als Reaktion auf die Pandemiekrise verzichtet Bandcamp am jeweils ersten Freitag des Monat auf seinen eigenen Anteil an allen Verkäufen, d.h. der Erlös geht zu hundert Prozent an die Künstler oder Labels bzw. kommt häufig auch einem guten Zweck zu.

Man kann auch sagen, dass es sich hier um eine der besten Marketingaktionen des Jahres handelt, da äußerst erfolgreich (auch für BC selbst durch die generelle Aufmerksamkeit) und dabei moralisch absolut einwandfrei. Niemand wird hier vom Kapitalismus ausgebeutet.

Da aber nun so viele teils exklusive Veröffentlichungen auf diesen Tag gelegt werden, muss man sich als Musikfan allerdings schon böse zusammenreißen, um nicht die Kontrolle über sein Budget zu verlieren.

Ich war gestern recht diszipliniert und habe mich auf fünf überwiegend digitale Einkäufe beschränkt:



COMA WALL - Ursa Minor EP (download) (2020)

Fünf Jahre ist es nun schon her, dass ich zu Coma Wall auf dem Roadburn Festival geträumt habe. Inzwischen haben sich die verstärkte Mutterband Undersmile und ihr akustischer Ableger Coma Wall längst aufgelöst. 2020 allerdings sollte ein Comebackjahr mit mehreren Konzerten werden. Wir wissen, was daraus geworden ist...

Immerhin gibt es nun diese Drei-Song-EP mit Songs, die eigentlich für Ursa Minor, die vorige Band der beiden Gitarristinnen/Sängerinnen Taz Corona-Brown und Hel Sterne geschrieben und schließlich im Jahr 2012 aufgenommen wurden.

Die Songs lassen sich wohl am ehesten als akustischer Grunge mit Doomeinfluss beschreiben und mit der "subdued" Version von Subrosa vergleichen. Wie immer bei Undersmile / Coma Wall ist es vor allem der durchgehend als gespenstisch schönes Duett vorgetragene Harmoniegesang, der einen hier magisch einlullt. Wunderbar!



SUNN O))) - Veils It White (download) (2003)

Weiter geht es mit einem Klassiker, von dem ich bisher nichts mitbekommen hatte, nämlich der ersten EP von Sunn O))) aus dem Jahre 2003.


Ein einziger, allerdings über zwanzigminütiger Track, brummend, dröhnend, knarzend, wie wir es seither von den Meistern des Drone Metal kennen und lieben.

Und schon hier beweisen die Herren O'Malley und Anderson, dass das verbreitete Ist-ja-nur-Lärm-und-klingt-alles-gleich-Vorurteil über die Band kompletter Bullshit ist. Ich hatte jedenfalls nicht damit gerechnet, mitten im schweren Gedröhne dieser Debütveröffentlichung mit einem Klavier überrascht zu werden.



ZOZOBURN: OLD MAN GLOOM + ZOZOBRA live at Fiesta Roadburn (download) (2020)

Und wenn man schon einmal im Reich der ganz extrem Gitarrensounds herumcruist, sind Old Man Gloom ein logischer nächster Stopp.

Ich fühle mich ja immer ein bisschen schuldig, wenn es um diese schweinegeilderbe Hardcore/Sludge/Doom-Supergruppe geht, weil ich mir immer noch keine Scheibe von ihnen gegönnt habe, obwohl sie seit Jahren fett auf meiner inneren Merkliste stehen. Und dass ich sie clashbedingt am bis heute letzten Roadburn-Tag nicht sehen konnte, ist natürlich auch schade.

Zum Glück jedoch haut SIGE Records nun das komplette Old Man Gloom-Konzert inklusive des letzten Drittels als ihr Alter Ego Zozobra und einem extra albernen, aber durchaus coolen Coverartwork raus. Und das Ding knallt und groovt und brüllt und scheppert ganz fabelhaft.
Und ist zwischendrin auch mal überraschend musikalisch. (Pressluft-)Hammer!



RAT ABBEY - The Engine Of Night (Tape) (2020)

Zu guter Letzt lehnen wir uns nun wieder entspannt zurück und genießen digital, was ich demnächst dann auch als Kassette in der Hand halten sollte.

Rat Abbey ist ein instrumentales Ambient/Drone/Postrock-Projekt von Esben And The Witch-Drittel Thomas Fisher, welches im Prinzip auch nicht weit von den langsameren, atmosphärischeren Stücken jener Band entfernt ist. Man kann sich jedenfalls leicht über jedem der vier Tracks Gesang von Rachel Davies vorstellen.

Damit will ich allerdings nicht sagen, dass ihre Stimme fehlt, denn diese Musik ist schon groß und packend und sehr gut, so wie sie ist. Augen schließen und transzendieren! 



Ja, Du hast richtig gezählt, das waren nur vier Einkäufe, nicht fünf!

Über den letzten kann und möchte ich an dieser Stelle noch nicht groß schreiben, da es sich um eine Vorbestellung handelt, von der erst ein Song online ist. Die Rezension des ersten Albums von Cryptae folgt also logischerweise irgendwann später an dieser Stelle!




2020-09-04

SENYAWA & STEPHEN O'MALLEY - Bima Sakti

While I'm still enjoying the Phurpa tape I ordered last Bandcamp Day (and guess what, today is already BC Friday again) as well as the freshly arrived Mansur EP, let's stay inside this realm of spiritually ladden experimental folk fusion a little longer!

(Spoiler alert: I will even specifically mention the spike fiddle again!)




SENYAWA & STEPHEN O'MALLEY - Bima Sakti (purple vinyl LP) (2020)


Drone my god! This collaboration really sounds as good as its promise.

Senyawa are an Indonesian duo, mixing drone with folkloristic elements, noise and whatnot. I've been introduced to them at the end of 2018, when I wrote a short review of the digital version of their phenomenal album "Sujud", which has been one of my favorite drone records ever since, especially after I found it on vinyl for a reasonable price.

"Bima Sakti" now sees them joining forces with none other than Stephen O'Malley of the mighty genre giants Sunn O))).

Distilled from a probably mostly improvised live show in January 2018 the six tracks find all participants in their expected roles: O'Malley on his gnarly yet majestic drone metal guitar, Senyawa's Rully Shabara on very flexible extreme vocals and Wukir Suryadi on flutes and several selfmade electrified string instruments. I cannot clearly specify those, but I'm sure there must be some kind of Javanese spike fiddle and maybe a deeper variation of the siter in play. And whatever else is used in Gamelan music. I really have no clue about that topic, so I'm only guessing.

The result of this mixture however is a staggering gem of profound and vivid beauty. And by this I don't mean that "Bima Sakti" is sweet or kitschy.
No, the beauty evoked here is deeply earthbound and natural, not designed to please some fleeting aesthetic principle of the day.

With the flutes and manifold weird voices representing birds, wildlife and light and the droning strings standing for its eerie ancient roots and deceitful darkness, I cannot help but see the picture of a jungle painted before my inner eye. Subtly established and without resorting to too worn-out tropes tropes (which is not an accidental word doubling, but an actual term here, haha), but it is unmistakibly there.
Some passages like "Birma Dan Ular Naga, Part II" contain meaner noises, which seem alien to this habitat and could very well be manifestations of the disturbance through human civilization.

Speaking with my personal review history: "Bima Sakti" is the foreboding thicket you enter once you take a step ouside the light-flooded glades of Tengger's ambient meditation.

Maybe I am going far too Botanist with my interpretation, but it certainly speaks for the quality of the art when it can stimulate these visions.

However whether there was an outspoken intent behind it or it's just part of Senyawa's artistic DNA; that's ultimately a question which doesn't really matter at all.
No, what's important is the way these three musicians can come together and tap into the realm of visceral and pure expression, while keeping a very distinct individual style.

Anyone who has seen this performance live should count themselves lucky, because "Bima Sakti" truly is a masterpiece of excellent ethnic drone metal fusion.




So far the album is available digitally and on purple vinyl.






2020-09-03

MANSUR - Temple

Jason Köhnen appears to be one of those musicians who accumulate projects like other people are collecting stamps.

Wait. Do people still collect stamps? Are there even still stamps you don't print out yourself? I guess we'll never know.

Köhnen however has just released "Temple", an EP which introduces us to Mansur, a spiritual continuation of his works with The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble and The Thing With Five Eyes, yet with a slightly different premise. 




MANSUR - Temple (clear red vinyl) (2020)


Mansur again presents a mixture of electronics and a wide array of Eurasian world music influences, but the instrumentation is much more ethnic than on Köhnen's past projects, where he mostly used Western classical and rock intstruments and also relied on samples for a global scope, like very heavily on Bong-Ra's "Antediluvian".

Köhnen is aided by ex-Phurpa member Dimitry El-Demerdashi on oud (an Arabic short-necked proto-guitar) and folkloristic singer Martina Horváth. And besides double bass he himself adds a whole Genghis Khan Mongol Empire Big Band of flutes, percussions and traditional string instruments from the Persian, Indian and Far Eastern spheres to the sound of Mansur.

The result, while elevating and transcendent, radiates a deep familiarity, which for a good part is probably rooted in the diffuse intuition that you're listening to something primal and ancient more than anything else.

If these five tracks are an indication of what's to come on the full album (to be releases in the not too far future), it doesn't make much sense to put the "doomjazz" label on Mansur, because this music much more tends to experimental, but very accessible ethnic fusion.      

Especially with all the spike fiddle, lute and flute sounds "Temple" feels like a mixture of Saba Alizadeh's "Scattered Memories" and the neofolk of The Moon And The Nightspirit in Chinese exile.

It's intriguing.

While quality EPs  always provoke the obvious critique of being too short, I must admit that Mansur doesn't give me that particular feeling, because the journey I'm taken on is so vast that it seems almost implausible that it only took a total of twenty-four minutes.




"Temple is available on red (if you can still get your hands on it, that is) and black vinyl, as well as on CD.






2020-09-01

SLIFT - Ummon

Es gibt Alben, die lassen einem eigentlich gar keine andere Wahl, als bei ihrer Besprechung mit dem Cover anzufangen.

An dem monumentalen, im schwarzweißen Comicstil gehaltenen Gatefold von Slifts "Ummon", auf dem ein titanenhafter Hybrid aus Dr. Manhattan, Thanos und Conan auf der Oberfläche eines leblosen Himmelskörpers irgendwo im All ein monströs überdimensioniertes Schwert hinter sich her zieht, lässt sich jedenfalls unmöglich vorbeischauen.

Keine Frage: Die Optik schürt hier schon eine beachtliche Erwartungshaltung an den musikalischen Inhalt. Kann die Doppel-LP diese Herausforderung meistern?



SLIFT - Ummon (2LP) (2020)


Kommen wir gleich ohne Umschweife zum Punkt: Ja, was die Herren Fossat, Fossat und  Flores hier abliefern, wird der Monumentalität der Illustration tatsächlich gerecht!

Es gibt natürlich schon eine Handvoll unterschiedlicher Genres, zu der die Verpackung passen könnte, z.B. Epic Metal, Synthwave, Doom.

Slift allerdings sind in erster Linie ein Spacerock-Trio, dessen Sound nicht nur von der genretypischen Weite, sondern vor allem durch einen stets sehr energischen Drive nach vorne bestimmt wird. Die Rhythmussektion mit ihrem drahtigen Bass groovt und powert wie Sau, während mich der Sound der gerne auch mal ein wenig zum Rockshredding neigenden Gitarre an ihre Landsmänner von Libido Fuzz erinnert.

Ebenso wie bei jener Gruppe steckt dann auch eine gehörige Portion Stoner Rock - und auch die eine oder andere Prise (Doom) Metal - in "Ummon". Am gewöhnungsbedürftigsten für meine Ohren sind noch einige Riffs und Gesänge, die man als Punk klassifizieren muss. Insbesondere der über dreizehnminütige Abschlusstrack "Lions, Tigers and Bears" ist vielleicht der riesigste Punk-Epos, der mir je untergekommen ist.

Dass eben jene von meinem nicht so hundertprozentig präferierten Genre befallenen Stücke für mich genauso super funktionieren wie der Rest des Albums, mag u.a. daran liegen, dass die Betonung und der überaus starke französische Akzent die englischen Texte sehr stark verfremden und in in eine außerirdisch wirkende Qualität überführen, die sehr gut mit dem galaktischen Setting des Albums korreliert.

Punk, der in die endlose Weite des Alls gegröhlt wird, ist halt besser als herkömmlicher Punk.





Doch um mich nicht zu sehr darauf festzubeißen, will ich ausdrücklich betonen, dass dieses Album auch feinsinnige Momente zu bieten hat und überhaupt ein breites Spektrum an Assoziationen quer durch die Welt der psychedelischen Musik zu bieten hat, und das nicht nur, wenn neben der Rocktriobesetzung noch Synthesizer oder die durch Gastmusiker beigesteuerten "heavenly vocals", Vibrafon oder Glockenspiel zum Einsatz kommen.

Slomatics, Sherpa, HawkwindKing Gizzard & The Lizard Wizard, The Heads, Kikagaku Moyo sind alles Namen, die mir punktuell mal zufliegen, ohne dass sich Slift dauerhaft an einem Einfluss abzuarbeiten scheinen.

Die scheinbare Primitivität, unter der sich in Wirklichkeit sowohl gutes Songwriting als auch eine gelungene, das gesamte Album übergreifende Dramatik verbergen, sowie diese sich wie ein roter Kometenschweif von Anfang bis Ende ziehende, explosive Energie sind es, die "Ummon" jederzeit zusammenhalten und dieses Werk - natürlich auch im Zusammenspiel mit dem Artwork - zu einem extrem stimmigen Erlebnis machen.



Ich möchte mich ja nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, doch ich kann schon ziemlich sicher sagen, dass Slift hier einen der bisher heißesten Kandidaten für meinen persönlichen Jahresliebling in der Kategorie Psychedelic Rock abgeliefert haben.

Und das wusste ich eigentlich schon bevor ich "Ummon" in seiner ganzen audiovisuellen Pracht erleben durfte nach der ersten YouTube-Hörprobe des titelgebenden Openers.

Prädikat: zukünftiger Klassiker!


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