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2018-08-21

MOURNFUL CONGREGATION - The Incubus Of Karma

"A Picture Of The Devouring Gloom Devouring The Spheres Of Being"

With a song title like this on it an album has already won. End of review.




No? Ok, let's do this.


MOURNFUL CONGREGATION - The Incubus Of Karma (CD) (2018)

Whenever you are getting into a new music genre, my personal advice would always be: Pace yourself! Don't overwhelm your capacity to absorb with all important artists and classics at once, but take the time to actually enjoy and explore each invidual work of art on its own.

And if there is one subgenre in particular, which makes it extremely easy to be discovered slowly, then it has to be funeral doom. I've been aware of this especially slow, solemn and sorrowful brand of doom for a couple of years now, but when you're discovering the most important players mainly by their recent releases, it can take quite a while to get them all together.
The reason is simple: apart from the music often being emotionally demanding, composing long crawling songs just takes fucking time. Even without even considering the creative process: How many playthroughs through one epic are possible during one rehearsal?

So funeral doom bands tend to take their time between the releases of albums. Not always six years like Loss before "Horizonless" - or even seven like Skepticism before "Ordeal", but you can see the tendency.

This March Australia's Mournful Congregation returned after four years with "The Incubus Of Karma". And even though I'm unfamiliar with the previous output of their career, which already spans a respectable quarter-century, all I can say is: Boy, did they use this time good!

The album consists of six tracks. The four "full" songs are each between fifteen and twenty-two minutes long. Only the two instrumentals, one of them being the intro "The Indwelling Ascend" and the other the title track come significantly shorter with three resp. six minutes length.

The overall tone and atmosphere is very similar to the herein before mentioned groups, yet apart from the sheer songwriting craft there a a couple of specifics which have to be mentioned:

The sparse and precise drumming. On the whole album Tim Call doesn't play one single hit too much, demonstrating an absolute mastery of musical economics. You simply cannot play the drums more on point. The rhythm work of Mournful Congregation is on par with the greatest slow motion players out there.

The vocals. The guttural ultra-deep growling is quite typical for the genre and nothing overly special in itself, but the way the production handles it is just perfect. In the spirit of classic death metal production fails like Possessed's "Seven Churches" the grunts are drained in reverb and technically way too loud. They seem to muffle and push the music away under them. However this is done with intent and in exactly the right extent, which makes it a brilliant effect.

And last but not at all least the element which elevates this album above almost everything else you'll hear this year - and I'm not only restricting this to doom or metal: Lead guitars.
The lead guitar harmonies of Damon Good and Justin Hartwig are just sonic gold.The title track "The Incubus Of Karma" for example sounds like Chuck Schuldiner interpreting an Omar Rodriguez Lopez tune.
But there are magnificent melodic crescendos all over the album and when those are ascending out of the hopeless existential void, they carry so much beauty, bliss and majesty, it's almost an overload of pure emotion.

And before you ask: The most amazing leads can of course be found in the longest song, which is also the grand finale and highlight of the whole album. And of course that is "A Picture Of The Devouring Gloom Devouring The Spheres Of Being".


Mournful Congregation have created a masterpiece here. This album will surely find its way to the top of many best-of-the-year lists. And it deserves it.

Funeral doom perfection.




Highlights: A Picture Of The Devouring Gloom Devouring The Spheres Of Being, Scripture Of Exaltation And Punishment, The Rubaiyat



SWANS - Die Tür Ist Zu (Reissue)

Das extrem ähnliche Coverartwork verrät bereits, dass "Die Tür Ist Zu" einen Bezug zu "Soundtracks For The Blind", dem wohl sperrigsten und düsterstem Swans-Album - und letztem Studiowerk vor der Neuformierung viele Jahre später -, haben muss.
Tatsächlich war die "EP" (55 Minuten Spielzeit!) ein 1996 exklusiv nur in Deutschland auf CD erschienener Vorgeschmack auf das Album.

Die "Soundtracks" sind gerade erstmals überhaupt als Schallplatte veröffentlicht worden. Bei der ziemlich kostspieligen 4-LP-Box (plus happiger Übersee-Versand) passe ich aber mal. Da muss die originale Doppel-CD doch weiterhin reichen.
Die parallele erstmalige Vinylausgabe von "Die Tür Ist Zu" allerdings mochte ich mir nicht verkneifen.




SWANS - Die Tür Ist Zu (2LP) (1996/2018)

Warum diese Veröffentlichung als EP firmiert, wird schnell klar, ist es doch die zunächst einmal leicht nach Resterampe riechende Mischung aus neuen Tracks, Outtakes und Liveaufnahmen bekannter Stücke, die halt typischen Minialbumcharakter hat.

Das Kernstück ist ganz klar "Hilflos Kind", eine frühere, deutschsprachige Version des späteren Albumtracks "Helpless Child", welche mit dem vorangestellten langen Drone-Intro "Ligeti's Breath" zu einem zweiundzwanzigminütigem Monstrum anwächst.
Und wie mächtig geil das auf Platte klingt! Nein, man kann bei den Swans nicht abstreiten, dass das Medium Schallplatte das Hörerlebnis stets verbessert.

"Ich sehe die alle in einer Reihe", die hölzern betitelte Vorschau auf "All Lined Up" ist da mit knapp fünf Minuten schon kompakter. Michael Giras Akzent ist irgendwie putzig, irgendwie verstörend. Beide deutschsprachigen Songs sind schon seltsam. Aber das gute seltsam.

Danach geht es englisch und zum Teil auch mit Jarboe am Mikrofon weiter. Spätere Versionen von "Surrogate Drones" und "YRP" haben es dann auch unter die sechsundzwanzig Tracks auf "Soundtracks For The Blind" geschafft. Vielleicht wusste Gira hier noch gar nicht, was für eine wilde, aus allen möglichen Quellen zusammengeflickte Collage jenes monolithische Album werden würde.

Für mich ist es natürlich schön, zumindest diese Tracks nun auch auf Vinyl hören zu können. Und dann sind da ja auch noch die Livetracks, von denen vor allem die Unplugged-Version von "M/F" (Studioversion auf "Great Annihilator", welches ja auch vor einiger Zeit in remasterter Form wiederveröffentlicht wurde) bemerkenswert ist.

Für ganze vier LP-Seiten reicht der Inhalt von "Die Tür Ist Zu" nicht. Deswegen gibt es auf Seite D stattdessen ein vom Meister selbst gestaltetes Spiral-Edging.




Insgesamt ein super Ding, das man sich vor allem als deutscher Swans-Fan gönnen sollte. Es sei denn, man braucht das Geld stattdessen für "Soundtracks" natürlich.


Highlights: Ligeti's Breath / Hilflos Kind, Soundsection, M/F



2018-08-20

FUTUROPACO - Futuropaco

Wenn es eine Plattenfirma auf der Welt gibt, welche leichtes Spiel dabei hat, mir Neben- oder Soloprojekte von Musikern, die ich vorher noch gar nicht kannte, zu verkaufen, dann ist es wohl El Paraiso Records. Förderlich ist dabei natürlich, dass man die im Stile klassischer Jazz-Labels von Jakob Skøtt ästhetisch stringent gestalteten Alben des Causa Sui-Labels eigentlich alle gerne im Regal stehen hätte.

Futuropacos selbstbetiteltes Debüt war wieder so ein Fall, wo ich sofort in der Hoffnung, dass die Musik des Covers würdig sein möge, in den Promotrack reinhören musste. Und bald darauf war das Ding dann natürlich auch bestellt.




FUTUROPACO - Futuropaco (3 color striped vinyl) (2018)

Futuropaco ist das Soloprojekt von Justin Pinkerton, der mir theoretisch über ein paar Brücken auch schon hätte bekannt sein können. Nicht für seine hauptberufliche Komponistentätigkeit; der Kalifornier produziert in erster Linie library music, die für die Verwendung in Film, Fernsehen, Radio, Werbung vorgesehen ist.
Allerdings bin ich ja Roadburn-Gänger, habe dort Earthless kennengelernt und hätte mich ja auch mit der zweiten Band von Gitarrist Isaiah Mitchell beschäftigen können. In jener Psychedelic Rock-Gruppe Golden Void nämlich ist Pinkerton der Schlagzeuger.

Beides - der Beruf, sowie die eigentliche musikalische Heimat hinterm Drumkit - ist in Futuropaco deutlich zu erkennen.

Acht von neun Tracks werden von flotten Grooves vorangetrieben, in denen der Multiinstrumentalist zwischen "Funky Drummer" und Krautrock-Robotik eskaliert.

Der filmmusikalische Anteil tanzt in oft einfachen, aber effektiven Melodien aus Analogsynthesizern oder Glockenspiel darüber. Das Hauptmerkmal jener Melodien ist allerdings - nach Ansicht der Songtitel keine große Überraschung - ihr unzweifelhaft italienischer Charakter. Zwar mit Spaß am Klischee, aber dabei stets stilvoll präsentiert, decken sie quasi alle südlich der Alpen erfahrbaren Stimmungen vom Picknick in der Toscana bis zum Morricone-Showdown ab.

Fehlen nur noch Orgeln, Bass und extrafuzzige Gitarrenriffs, alles ebenfalls von Pinkerton eingespielt - und fertig ist der in seiner Zusammenstellung höchst frisch und originell klingende Stil, für den der Herr Kritiker natürlich eine griffige Schublade finden muss. Ich sage mal:

Fuzzadelic Spaghetti Fusion




Yup, das ist es.

Die meisten Stücke auf "Futuropaco" funktionieren dabei im Prinzip ähnlich, als etwa vierminütige, einem Strophe-Refrain-Aufbau folgende Ohrwürmer.
Das macht dieses Album zu einem leicht verdaulichen Hörerlebnis, was aus meiner Feder nicht unbedingt ein positives Atrribut sein muss, ich weiß. In diesem Fall ist es das aber, dafür sorgt schon die hier trotz der teils panischen Drums ausgestrahlte Lässigkeit des Ganzen.
"Futuropaco" ist cooles, eigenwilliges Psychedelic-Album, welches mit 38 Minuten Spielzeit zwar nicht gigantisch groß ist, jedoch für das was es sein möchte, genau das richtige Format besitzt.

Was mir immer gut gefällt, ist wenn eine Platte mit ihren stärksten Tracks abschließt.
In diesem Fall ist es das Doppel aus "Re Di Menzogne" und "Ballare Sulla Tua Tomba". Der erste davon enthält als einziger Song einen Gastmusikerbeitrag. Saxophonist Phillip Greenlief sorgt hier für den jazzigsten Touch des Albums, während "Ballare" als einzige Nummer ohne treibenden Beat so etwas wie die Abspannmusik darstellt, d.h. Justin Pinkerton switcht hier vollkommen in den Soundtrackmodus.


Das Artwork lobte ich ja bereits. Und auch das Vinyl weiß klanglich und optisch wie gewohnt zu überzeugen:



Fazit: Just another day in the office at El Paraiso Records. Haha.





Highlights: Re Di Menogne, Ballare Sulla Tua, Tomba, Bambino Tiranno, Fuoco Palude




2018-08-14

CHELSEA WOLFE + PETER WOLFF live im Kampnagel, Hamburg (12.08.2018)

Chelsea Wolfe


Freitag vor dem Konzert des Sun Ra Arkestra kühlte ich mir mit einer Afri Cola den Ellbogen, nachdem mich im "Avant-Garten" des Kampnagel Kulturfabrik eine Bremse gestochen hatte.

Zwei Tage später nutze ich auf der Hinfahrt zum Konzert von Chelsea Wolfe trotz im Vergleich zu den vorigen Wochen relativ frischem Wetter die Klimaanlage im Auto, immer noch, um meinen heißen Arm zu kühlen.

Montag morgen dachte ich zunächst, der Scheiß wäre durch, da Schwellung und Rumgeeitere sich zurückgezogen hatte, doch dafür streuten nun Schmerzen bis zur Schulter und in die Finger. Nun sitze ich also hier, muss planmäßig noch neun Tage lang Antibiotika nehmen und darf meinen rechten Arm eigentlich möglichst gar nicht belasten oder benutzen. Im Grunde ist also schon böse, diesen Konzertbericht zu schreiben. Ich fasse mich also kurz.

Es gibt also leider keine Gourmetkritik des kampnagel-internen Restaurants "Peacetanbul", in dem wir bis zum Einlass noch gespeist haben. Dabei ist der Fraß wirklich gut.



Der Konzertabend, genau wie Freitag wieder im KMH, begann mit dem namentlich passenden Supportact Peter Wolff. Fehlte ja nur noch Anna von Hausswolff als Co-Headliner.

Wolff, während dessen Auftritt es für meine Spielzeugkamera komplett zu dunkel war (also keine Fotos), bestritt alleine ein hauptsächlich von elektronischem Brummgefurze und sparsamem, elegischen Klavier geprägten Auftritt. Die soundtrackartige Musik zwischen Dark Ambient, Drone und gelegentlichen Klassikeinflüssen, war nicht gerade tanzbar partytaugliche Kost, aber für Chelsea Wolfe eine durchaus passende atmosphärische Hinführung, welche von ihrem Publikum auch erwartungsgemäß unbanausig aufgenommen wurde.
Nur wann genau man am besten klatscht, ist bei solcherlei Aufführungen natürlich immer noch ein ungelöstes Rätsel. Gute Musik war es auf jeden Fall.



Chelsea Wolfe


Chelsea Wolfe kam, sah und herrschte.

Dank nur seitlich und von hinten angestrahlter Bühne fast nur als Silhouette auf zehn Meter hohen Plateaus zu sehen, ließ die Königin der Dunkelheit schon mit dem Opener "Carrion Flowers" von "Abyss" keinen Zweifel über die Route des Abends aufkommen.
Dröhnend, pulsierend, ranzig, heavy - und kraft ihrer Stimme doch auch immer geisterhaft schwebend und unheilvoll betörend.

Es standen noch mehr "Abyss"-Tracks auf dem Programm, mit "Demons" und "Feral Love" auch zwei ältere Stücke, vor allem aber natürlich der schwer groovende Gothicdüstermetal des aktuellen 2017er-Albums "Hiss Spun".

Dass Wolfe - ob nun mit oder ohne ihre fabelhafte aktuelle Liveband, die mich ja auch schon auf dem letztjährigen Roadburn Festival überzeugt hatte - irgendwann wieder ins eher stillere, darkfolkloristische Fach zurückkehren wird, kann und darf man sicherlich nicht ausschließen.
Im Moment jedoch scheint sie die direkte, brutale Linie ihrer Performances noch in vollen Zügen auszukosten.

Und spätestens nachdem sie sich im schweißtreibenden Finale "Scrape" sirenenartig heulend an den Bühnenrand - und beinahe ins Publikum - geworfen hatte, war das wohl auch dem letzten Besucher klar.


"I don’t want to be dramatic but I would die for her" oder "I'd destroy nations at her command" sind unter YouTube-Videos von Chelsea Wolfe ja ganz alltägliche Gefühlsregungen.
In Hamburg hat sie sicherlich wieder neue potentielle Weltenzerstörer hinzugewonnen.

Wir hoffen besser alle, dass sie die große Macht zu ihren Füßen auch in Zukunft stets mit Verantwortung nutzt.


































2018-08-12

SUN RA ARKESTRA live im Kampnagel, Hamburg (10.08.2018)

Sun Ra Arkestra


Aus dem 1 x 1 der Clubkonzertkultur:

Ist der Saal bestuhlt, wird während des Konzerts gesessen. Gibt es keine Stühle, so steht man.

Hamburg, Freitag, weit nach zehn Uhr im Kampnagel, es ist ein sehr spätes Konzert, zu dem ich viel zu früh erschienen bin. Nach langer Wartezeit vor der Saaltür begebe ich mich direkt an die Bühne. Die anderen Erste-Reihe-Streber machen Sit-In auf dem Boden. Dann zwei Leute mit von irgendwo mitgebrachtem Stuhl. Das kann nicht gutgehen. Ich stehe schon, der Typ fragt mich, ob ich das Konzert über stehen werde. Ja, was denn sonst?

Schließlich kommt der erste Bühnenebel, die sitzenden Besucher stehen auf und hinter beginnt ein Trottel, sich darüber aufzuregen. Alter, was suchen diese Figuren auf Konzertveranstaltungen?

Jazz, ey. Das ist das Blöde an der Musik.



Ich erinnerte mich zum Glück noch einigermaßen, wie Konzerte funktionieren, obwohl mein letztes ja auch schon ewig her gewesen war. Abgesehen vom Roadburn Festival waren da eigentlich nur meine beiden eigenen Shows im Mai. Es hat mich zwischenzeitlich ein paar Mal gejuckt, aber letztendlich war dann doch immer etwas anderes. Und irgendwie verlangt man nach einer Weile auch, dass diese Pause mit einem richtigen Knaller enden muss. Wie gut, dass ich, während ich mein Kamasi Washington-Review schrieb, recht kurzfristig noch entdeckt hatte, dass das Sun Ra Arkestra ja immer noch live spielt. Und dass eine jener nicht mehr allzu zahlreichen Europashows ausgerechnet in Hamburg bevorstand. Sauber!


Sun Ra Arkestra


Der Meister selbst, mysteriöser Schöpfer des Afrofuturismus, weilt ja seit den frühen Neunzigern nicht mehr unter uns und hat die Rolle des Big-Band-Leaders somit an seinen langjährigen Saxophonisten Marshall Allan abgegeben. Der bereits vierundneunzigjährige Musiker spielt seit 1958 in der Band. Überhaupt ist in dem heute zwölfköpfigen Ensemble (es konnten wohl nicht ganz alle kommen) kaum jemand dabei, der sich nicht schon seit Jahrzehnten legendären Status erspielt hat.

Was die betagten Heeren in ihren glitzernd bunten afrikanisch-interstellaren Bühnenoutfits (plus die glamourös fabulöse Tara Middleton am Mikrofon) in den brühend warmen, ausverkauften Raum gefeuert haben, war unfassbar. Fast die ganze Zeit auf Anschlag im Whiplash-Tempo, bei dem die Rolle des zweiten Perkussionisten hauptsächlich darin bestand, mit der Standtom einigermaßen die Ordung zu halten, fegte das Arkestra durch ein sicher über zweistündiges Set, voller irrer, gerne an der Harmoniegrenze tanzender Improvisationen.
Ruhepausen gab es nur wenn ein Basssolo oder Klavierzwischenspiel anstanden oder es bei einem bluesigen Thema zumindest relativ etwas gemächlicher zuging.

Es ist unmöglich, hier alles herauszustellen, was an diesem Konzert musikalisch herausstach.
Ich stand am Bühnenrand (hier auf Spiegel Online festgehalten, haha), direkt mit der Nase zum Saxophonistentrio aus Allan, James Stewart und Knoel Scott, und alleine was diese drei, die sich in der Praxis auch die Leitung der Band auf der Bühne aufzuteilen scheinen, dem hamburger Publikum boten, sprengt hier schon jeden Rahmen.

Marshall Allans schrille hohe Soli dürften sicherlich John Zorn maßgeblich beeinflusst haben. Überhaupt, wen haben diese Typen nicht beeinflusst? Ein Großteil der Musiker des Sun Ra Arkestra macht diesen Scheiß schon länger, als es die meisten Musikgenres, die ich höre, überhaupt gibt.
Und dann hat er natürlich noch dieses super skurrile elektrische Blasinstrument mit Modulationsrad, welches ihm erlaubt in Sekundenschnelle von allerhöchsten zu dröhend tiefen Frequenzen zu wechseln. Da die Position von Sun Ra selbst in der Band bewusst vakant gelassen wurde, ist dies neben der Gitarre auch die Hauptquelle für spacig abgefahrene Sounds.

Auch Urmitglied Scott ist eine Show für sich. Spielt sich auf Saxophone und Conga in Trance, singt und begibt sich in der zweiten Showhälfte irgendwann zum rechten Bühnenrand, wo er wie ein Irrwisch zum Afrobeat den Space Dance tanzt. Als er zu seinem Platz zurückkehrt und sich gleich wie ein besessener die Trommel schnappt, muss sogar Stewart schon über den Übereifer lachen.

Das ist neben dem physikalischen Wunder, wo zum Teufel diese Musiker bei dem Klima ihre Kondition herzaubern (Jupiter, Herkunftsplanet Sun Ras, ist wahrscheinlich die Antwort), überhaupt das zentrale Element der kompletten Show: dieses intergalaktische Dutzend hat einen unbändigen Spaß an der Sache, der absolut ansteckend ist.
Und wie er sich nicht nur in Polonaisen durchs Publikum, sondern auch musikalisch in den Freejazz-Eskapaden der Band manifestierte, das machte das Konzert für mich zu einer der verrücktesten, außerirdischsten Performances, die ich je gesehen habe.

Das Sun Ra Arkestra live zu erleben, das steht für mich auf derselben Augen öffnenden bucket list wie Magma, Sunn O))), Laibach, Swans. Legendär ohne Ende.


Es bleiben zwar kleine Fragen (Warum hatte Tara Middleton ihre Geige nicht dabei? Warum spielte Farid Abdul-Bari Barron im letzten Drittel nur noch sporadisch Klavier? Ich vermute, die Pedale waren defekt.), doch das ändert alles natürlich keinen Millimeter an der Höchstnote für dieses Liveerlebnis.

T-Shirts in ein, zwei Größen voluminöser wären noch nett gewesen. Ich war so verschwitzt, dass ich nicht darauf verzichten konnte, aber es ist schon eine ziemliche Wurstpelle für mich, haha.


Heute Abend geht es schon wieder Richtung Kampnagel, selbe Bühne im relativ kleinen KMH. Die Königin der Dunkelheit, Chelsea Wolffe, bittet zur Audienz. Da bin ich doch mal gespannt, wie sie mich aus meiner aktuellen Jazz mood herauskicken wird.