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2017-10-11

CHELSEA WOLFE - Hiss Spun

Es sind Ätherische-Düsterdamen-Wochen in meiner Musikrotation. Neben Dauerbrennern wie Subrosa, Sinistro und Lotus Thief tragen u.a. kürzlich gekaufte Alben von Emma Ruth Rundle und den leider aufgelösten Undersmile / Coma Wall dazu bei, ebenso wie die kürzlich hier rezensierten neuen Veröffentlichungen von Zola Jesus und Myrkur.

Auf dem Album der Dänin ist ja auch die amtierende Königin der Gothic/Doom-Singer/Songwriterinnen für zwei Duette zu Gast, Chelsea Wolfe, die sich hier nun mit einem Dutzend eigener Songs zurückmeldet.
Wo sortiert sich "Hiss Spun", das Nachfolgewerk des Monolithen "Abyss" in all diesem schwarzen Schallgeschwebe ein?


CHELSEA WOLFE - Hiss Spun (CD) (2017)

Haken wir zunächst mal die Äußerlichkeiten ab: Das Cover ist in seiner scheinbaren Simplizität schon ziemlich spooky, rätselhaft, toll. Und es schreit nach LP-Format. Mehr noch gilt dies für das Innencover mit seinen Polaroid-Schnappschüssen. Aber Sargent House-Platten müssen ja immer so scheiße teuer sein. Ok, da ist das Label nicht allein, aber irgendwo muss ich ja mal sparen.

Die erste musikalische Erkenntnis folgt nur unwesentlich später nach dem Einschieben der CD mit dem Hauptriff des Openers "Spun": Chelsea Wolfe bleibt weiterhin von der vor allem live gut reindrückenden Heaviness angefixt. "Hiss Spun" ist ihr Doom/Sludge Metal-Album.

Diese Kategorisierung ist natürlich eine grobe Vereinfachung, denn stilistische Festlegung war noch nie Wolfes Sache. "Hiss Spun" ist demnach etwa in dem Anteil Doom Metal wie Myrkurs "Mareridt" Black Metal ist.

Schwere, böse Riffs und ungewohnt exzessive Leadgitarren, für die vor allem der kongeniale musikalische Dauerpartner Ben Chisholm, sowie in einigen Stücken Queens Of The Stone Age-Sechsaiter Troy van Leeuwen verantwortlich sind, bestimmen den ersten Eindruck, und recht früh im Album steuert Aaron Turner (Old Man Gloom / Ex-Isis) zudem ein paar garstige Death Metal-Brüllereien bei.

Doch der Anschein, dass der Wille nach noch mehr Schwere und mehr Metal der Hauptantrieb beim Songwriting war, ist wohl dennoch eine Fehleinschätzung.
Nein, bei einer solchen Zielsetzung wäre wohl auch ein Misserfolg zu vermelden, denn so unbequem und alptraumhaft wie "Abyss" ist "Hiss Spun" nicht.

Chelsea Wolfe live auf dem Roadburn Festival 2017
Dafür ist das neue Werk vielleicht sogar etwas packender, allerdings auf eine andere Art. Der Schlüssel - den Chelsea Wolfe aktuell auch in beinahe jedem Interview betont -, ist ihre Wiedervereinigung mit Drummerin Jess Gowrie, mit der sie vor ihrer Sololaufbahn schon einmal in einer Band zusammengespielt hatte. Egal ob bei den riffbetonten Stücken oder den Songs bzw. Passagen, die eher an vergangene folkloristische oder elektronisch geprägte Phasen angelehnt sind; das Schlagzeug ist hier ein bestimmendes Element wie nie zuvor. Die Chemie zwischen Wolfe, Gowrie und Chisholm bestimmt den Fluss und die Energie des gesamten Albums.

Und klar, man darf den Kern jeder Chelsea Wolfe-Veröffentlichung selbstverständlich nicht unterschlagen: Ihre Stimme - geisterhaft, intim und weit entfernt, schmerzvoll schwebend, verstörend, betörend - ist nach wie vor unnachahmlich und natürlich weiterhin der Hauptgrund, warum die Dame rechtmäßig unser aller Gebieterin der Dunkelheit ist.
Vom zerbrechlichen Timbre von "Twin Fawn" zur sich überschlagenden Sirene im finalen "Scrape", hier gibt es keinen Augenblick, in dem Wolfe gesanglich nicht auf ganzer Linie überzeugt und fesselt.

Letztendlich sind ihre Alben ja alle Vehikel für diese Stimme und die Persönlichkeit und Vision dahinter. Chelsea Wolfe bleibt ihrer Tradition treu, ihre sehr persönlich Musik auf jedem Werk in einen neuen musikalischen Kontext zu stellen, ohne ihr Wesen dabei zu verraten.

Der Kontext von "Hiss Spun" ist der eines sehr organisch und kooperativ nach Band klingenden, furiosen Rock/Metal-Albums - auf dem sich paradoxerweise einige ihrer persönlichsten Texte finden.


Unter den zwölf Tracks von "Hiss Spun" sind vielleicht zwei, drei Stücke die ein bisschen abfallen (mit "Offering" und "Particle Flux" werde ich momentan nicht so ganz warm), doch in seiner Gesamtheit löst dieses Album - auch dank seiner gnadenlos guten Produktion -  ohne Mühe ein, was der Name der Künstlerin verspricht.


Und wo sortiert es sich nun ein?

Ich kann mich ehrlich gesagt nicht festlegen. Innerhalb ihrer eigenen Diskographie erscheint mir "Abyss" langfristig noch als das eigenwilligere und prägendere Werk. Dass "Hiss Spun" in meiner Gunst aber an "Apokalypsis" und/oder "Pain Is Beauty" vorbeiziehen könnte, mag ich nicht ausschließen. Schwer zu sagen, das ist ja alles so verdammt göttlich.

Und gegenüber anderem aktuellen Dark-Rock-Künstlerinnen?

Ich schätze mal - SPOILER ALERT! -, Chelsea und Myrkur werden in meinen Jahresendcharts ähnlich dicht aneinander liegen wie die Veröffentlichung ihrer Alben. Und beide werden sich in dieser Spezialwertung wohl (nur?) Dool geschlagen geben müssen. Anders gesagt: unbedingt reinhören!






Highlights: Twin Fawn, The Culling, Vex, 16 Psyche, Static Hum, Two Spirit

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