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2025-08-10

4 Live-Releases von A.A.WILLIAMS, DYMNA LOTVA, ORA COGAN und SUNN O)))


Ok. Wenn ich hier gerade schon hauptsächlich Shows und Livealben zu rezensieren scheine, ist es doch passend, mal ein digitale Einkäufe der letzten Wochen zu empfehlen:




A.A. WILLIAMS - Audiotree Live (2025)

Die kleinen, aber feinen und immer höchst professionell produzierten Live-Sessions von Audiotree sind generell ja immer interessant. Und auch wenn es nicht die erste ist, kann eine weitere Performance der charismatischen Songer/Songwriterin A.A. Williams in der Sammlung auch nicht schaden.

Reduziert auf das Kerntrio aus ihr selbst an Mikro und Gitarre, plus zweitem Gitarristen/Keyboarder und Drums, werden ihre post-rockenden Überwältigungsmelancholie-Hymnen hier auch wieder einmal in einem etwas anderen Gewand präsentiert. Gespielt werden drei altvertraute Stücke plus die letztjährige Single "Splinter". Zweiundzwanzig Minuten exzellenter Weltflucht.






ORA COGAN - Audiotree Live (2025)

Diese Session hatte ich erstmals bereits im Januar oder Februar gesehen, als sie noch ganz frisch war. Und das war Grund genug, die Roadburn-Show der psychedelische Americana-Sängerin Ora Cogan dann keinesfalls verpassen zu wollen.

Wie sie mit ihrer Band mittels Gitarren, Geigen, Synthies, Bass und Schlagzeug Alternative Folk/Country, traumartig schwebende Stimmungen und ergreifende Gesangsharmonien verbindet, ist schlicht wunderbar. Mit sechs Stücken inklusive dem Karen Dalton-Cover "Katie Cruel" (siehe auch Lingua Ignota) und einer Spielzeit von zweiunddreißig Minuten gehört  dies auch zu den quantitativ großzügigeren Veröffentlichungen der Reihe.
 




DYMNA LOTVA - Live at Dark Ester Metal Meeting 2025 (2025)

Jetzt werden wir aber mal ein paar Nummern extremer mit dem fantastischen Anti-Kriegs-Post Black Metal von Dymna Lotva, die nicht einmal wussten, dass ihr Auftritt auf dem diesjährigen Dark Easter Metal Meeting in München mitgeschnitten wurde. Diese nette Überraschung haben die Exil-Weißrussen dann auch gerne digital mit dem Rest der Welt geteilt.

Die Produktion ist sicherlich nicht hundertprozentig perfekt, kann aber locker als sehr gut hörbare Bootleg-Qualität einsortiert werden und gibt einen tollen direkten Eindruck davon, mit welcher emotionalen und brutalen Wucht sich die großartigen Songs der Band um Sängerin Nokt Aeon (überwiegend natürlich vom 2023er Album "The Land Under The Black Wings: Blood") live entfalten. Ich liebe diese Band.




SUNN O))) - Oracle (2007/2025)

Zu guter letzt gibt es einen auch physisch erhältlichen Re-Release von Southern Lord Records, eine ursprünglich 2007 erschienene Peformance der Drone Metal-Großmeister Sunn O))).

Der erste schallplattenseitenlange Track "Belürol Pustit" ist eine bedrohlich düster dröhnende Dark Ambient-Phantasmagorie mit dämonischer stimmlicher Präsenz von Atila Czihar (Mayhem) und dem bei dieser Gruppe seltenen, weit entfernt polterndem Drumming von Boris-Schlagzeuger Atsuo.
Die B-Seite verfolgt eine ähnliche Atmosphäre, setzt dafür aber mehr auf Sunn O)))s klassische Superextremzeitlupenriffs.

Als digitalen Bonus gibt uns die Band dann mit "Helio)))Sophist" noch eine Collage aus Aufnahmen europäischer Shows obendrauf, die prall gefüllt mit beinahe fünfzig Minuten brachial-meditativen Brummgesumms im Grunde schon ein eigenes Album darstellt.

Insgesamt gibt es mit diesem Download also achtzig Minuten Greg Anderson, Stephen O'Malley und Co. in Bestform auf die permanent vibrierenden Ohren. So geht medizinische Standards erfüllende, akurate Gehörmassage.





2021-11-06

BANDCAMP DAY November 2021 mit CLARA ENGEL, GONÇALO ALMEIDA / YEDO GIBSON / VASCO FURTADO, NADJA und SWITCHBACK



Warum habe ich diese Rubrik eigentlich nicht Bandcamp Friday Haul o.ä. genannt? Denn eigentlich ist es ja meistens nur das erste, noch gar nicht allzu sehr mit der Musik vertraute erste Überfliegen der virtuellen Einkaufstüte. Kuck mal, was ich mir gekauft habe!

Heute fasse ich mich mit Details auch wieder kurz, weil ich in drei meiner vier Einkäufe erst so richtig eintauchen möchte, sobald die CDs bei mir eingetroffen sind.



Zum einen wäre da "Thaumagenesis" aus der unüberschaubaren Diskographie der experimentellen Doom/Drone-Experimentalisten Nadja, ein einstündiges Single-Track-Album aus dem Jahr 2007. Solch ein Brocken atmosphärischen Gewummers, Gedröhns und Geknarzes von Aidan Baker und Leah Buckareff - da ist das Siegel für allerhöchste Qualität eigentlich schon in die Bassfrequenzen gestanzt!



Bassist Conçalo Almeida kenne ich vor allem durch seine heavy Avantgarde-Mathcore/Jazz/Metal-Band Albatre. Auf "Multiverse" einem gemeinsamen Album mit Sopransaxophonist Yedo Gibson und Schlagzeuger Vasco Furtado aus dem Jahr 2018, nimmt der Portugiese allerdings nicht den E-, sondern den Kontrabass zur Hand und huldigt ganz offen und unüberhörbar dem Giganten John Coltrane, spezifischer dem späteren, komplett ungezügelten, spirituellen Freejazzer. Gibsons Saxophonspiel verschiebt oft ganz im Sinne des Meisters die Grenzen des mit dem Instrument physikalisch Machbaren bis in alleräußerste Winkel, während der Bass diesem brillianten Tribut z.B. gleich im tief brummend unterlegten Opener "Chanty" eine zusätzliche sehr moderne Note einhaucht.



Eigentlich hatte ich vom selben polnischen Label Multikulti Project schon seit Monaten auch noch ein weiteres, eine ecke kaputter orientiertes Album Almeidas auf die Bandcamp-Wunschliste gesetzt, mich dann aber spontan doch für eine 2016 veröffentlichte Aufnahme "Live In Ukraine" des amerikanisch/polnisch/deutschen Quartetts Switchback entschieden. Einfach weil mir nach einer meisterhaft dynamischen, alle Stimmungen der klassischen Free-Jazz-Tradition auslotenden Killershow war. Großartiges Zeug!



Und zu guter Letzt habe ich mir noch eine gerade Ende Oktober erschienene, eine rein digitale Do-It-Yourself-EP gegönnt. In den "Cicada Sessions" spielt Clara Engel vier Songs (drei davon vom letzten Album "Dressed In Borrowed Light") in noch reduzierteren Interpretationen, bei offenem Fenster mit Nebengeräuschen; deswegen auch der Titel. Wie schon auf "Dressed", so musikalisch entkleidet vielleicht sogar noch mehr, transportiert die Musik der kanadischen Modern Folk-Singer/Songwriterin vor allem reine, transzendente Schönheit. Zum Genießen!







 

2020-06-06

THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE - I Foresee The Dark Ahead, If I Stay / THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION - Doomjazz Future Corpses!

Auch wenn uns Jason Köhnen nach wie vor mit seinen kleiner besetzten Projekten, allen voran The Thing With Five Eyes und Bong-Ra, beglückt, so ist es nach wie vor ein Jammer, dass das im Jahr 2000 gegründete Kilimanjaro Darkjazz Ensemble logistisch und finanziell nicht zu halten war.
Experimentelle Randgruppenmusik, die irgendwo zwischen Free Jazz, Ambient, Elektronik, advantgardistischer Klassik, Post Rock, Doom, Drone und Dub lebt und doch in keinem dieser Genres ganz zu Hause ist, macht anscheinend doch nicht super sorglos reich.

Reichtum schadet auf jeden Fall auch für den Fan nicht, sind doch die Tonträger sowohl des Kilimanjaro Darkjazz Ensembles als auch der Mount Fuji Doomjazz Corporation (Alias für die dunklere, noch improvisationslastigere Seite der Band) meist nur zu Mondpreisen zu haben, insbesondere auf Vinyl.

Es sei denn, man bekommt rechtzeitig mit, wenn eine Neupressung bei Denovali vorbestellbar ist, so wie im Fall dieser beiden Alben:






Das erste Werk ist streng genommen eine Compilation, welche 2011 ausschließlich als Download erschien und nun mit neun Jahren Verspätung erstmals auf Vinyl (und ebenso CD) erhältlich ist:



THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE - I Foresee The Dark Ahead, If I Stay (white vinyl 2LP) (2011/2020)

Das Ziel dieser Zusammenstellung, die aus Material der drei Alben und einer EP, vorher unveröffentlichten Tracks und einem in einem Stück eingebetteten Cover des Breakcore-Künstlers Venetian Snares besteht, war es, den vollen Abwechslungsreichtum des Darkjazz Ensembles abzubilden.

Dies ist mehr als gelungen, spiegeln sich auf den vier unschuldig weißen LP-Seiten doch tatsächlich mindestens alle weiter oben genannten Stilrichtungen wieder.


Die innerhalb einer Zeitspanne von sechs Jahren live in den Niederlanden, Ungarn, Polen, Spanien und Slowenien aufgenommenen Titel habe alle etwas andere Schwerpunkte. So geht es hier mal zwischen Postrock und cineastischem Doomjazz schwermütelnd zu, wird dort mal geradezu leichtfüßig geswingt, oder stehen sich im Finale "The MacGuffin" Köhnens heavy verzerrter Bass, elektronisches Ambientgwaber und elegische Bläser im musikalischen Mexican Standoff gegenüber.

Auf einen spezifischen Stil "plus Gimmicks" herunterbrechen kann man das Kilimanjaro Darkjazz Ensemble dabei niemals wirklich. Die Verkittung der unterschiedlichen Elemente vollzieht sich so nahtlos und natürlich, dass man ohne Hinweis nicht einmal merken würde, dass es sich hier nicht um das Ergebnis einer einzigen zusammenhängenden Aufnahmesession handelt.

In Kombination mit der hier präsentierten enormen epochalen, sehnsuchtsvollen Wucht und der schieren Qualität des Gebotenen bewirkt das genreübergreifende Wesen von "I Foresee The Dark Ahead, If I Stay", dass ich im Grunde kaum einen Fan irgendeines Musikstils zwischen smoother Jazz Fusion, neoklassischem Soundtrack, Post- und Psychedelic Rock und experimenteller Musik als potentiellen Fan pauschal ausschließen würde.

Einsortieren unter: DeadCanBohrenSigurRósMilesDavis-Superjam.







Sucht man sich die allerlangsamsten Momente des Darkjazz Ensembles heraus, spielt sie zehnfach verlangsamt ab und lässt einen Wal dazu singen, so kommt man klanglich vielleicht in Nähe des 2007 live in Amsterdam entstandenen Debüts von The Mount Fuji Doomjazz Corporation.




THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION - Doomjazz Future Corpses! (silver vinyl 2LP) (2007/2020)

"Doomjazz Future Corpses!" stürzt sich im Zeitlupentempo mit wesentlich größerer Düsternis und Heaviness auf den Hörer.

Dass Drone Metal der Marke Sunn O))) und Free Jazz eine beachtliche Schnittmenge besitzen ist Freunden des Genres natürlich bekannt. Hier wird sie in konsequentester Form zelebriert.

Der zähflüssig brummende und erhaben trompetende Doomjazzklotz ist im beiliegenden Digitaldownload zwar in neun unbetitelte Tracks aufgeteilt, doch diese Portionierung ist im Grunde komplett unnötig und rein akademisch. In Wirklichkeit rührt die Corporation eine einzige siebzigminütige Soße an.

Auf der silbernen Doppel-LP funktioniert dies natürlich nicht. Hier wird der minutenlange Dröhnton (und mindestens einer davon ist immer da) einfach konsequent ohne abfederndes Ausfaden brutal unterbrochen, was ein bisschen fies ist - irgendwie in seiner gemeinen Unvermitteltheit aber auch gerade richtig so.



Wem "I Foresee The Dark Ahead, If I Stay" gefällt, der wird ausdrücklich nicht automatisch Gefallen an "Doomjazz Future Corpses!" finden. Dafür lotet diese Inkarnation der Band einfach zu sehr die Extreme aus.

Wer allerdings eher aus der brutalen Metal-Ecke kommt und bereits freudigen Kontakt mit ultrageduldigem Drone Doom / Drone Metal in der Vita stehen hat, der mag hier allerdings durchaus den besseren Einstieg finden und sich womöglich Hals über Kopf in ein Meisterwerk des Genres verlieben, welches auch die Tore in die Welt von Ambient und Advantgarde Jazz weit öffnen kann.


Nebeneinander bilden die beiden Doppelalbum auf jeden Fall ein monumentales Spektrum der Grandiosität des Kilimanjaro/Mount Fuji-Projekts ab.

Und sie machen auch schon ein wenig Vorfreude auf Jason Köhnens neue Band Mansur, die teilweise in ähnliche Fußstapfen tritt und deren Debüt bereits - ebenfalls bei Denovali - vorbestellbar ist.