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2020-05-31

CIRITH UNGOL - Forever Black

Manchmal ist es nur ein Satz oder ein Wort, welches mir im Kopf herumschwirrt, welches darüber entscheidet, ob ich eine Plattenkritik auf deutsch oder englisch verfasse.

So ist über Cirith Ungol zu schreiben, wahrscheinlich generell auf englisch immer ein bisschen einfacher, schon weil es für die Vokabel "unapologetic" einfach keine alltäglich geläufige deutsche Entsprechung gibt, die wirklich genau trifft, was damit gemeint ist.

Gegründet bereits Neunzehnhundertfuckingzweiundsiebzig, kann man die kalifornischen Heavy-Metal-Pioniere zum Zeitpunkt ihres Debütalbums "Frost And Fire" (1981) in eine Reihe mit NWoBHM-Bands wie Satan oder Angel Witch stellen, jenen Bands, also, die es ein bisschen böser und verschrobener als der Rest ihrer Genregenossen mochten - und immer noch sehr überzeugend mögen.

Spätestens nach ihrer Auflösung 1992 wurden Cirith Ungol dann zu einer jener mythischen Gruppen, deren Einfluss auf Legionen anderer Bands den eigenen kommerziellen Erfolg weit überragt.
Dass sie den Namen von Celtic Frost inspiriert hatten, war für mich persönlich viele Jahre lang im Grunde das einzige, was ich über die Gruppe wusste. Noch wichtiger ist natürlich das Riffing und der Gitarrensound, beides räudiger und roher als beim Vorbild Black Sabbath, deren Kombination weiterentwickelt von Celtic FrostObituary  u.v.a. zu einem Death-Metal-Standard wurde.

Neben dem US-Epicmetal, über den ich ungefähr null Fachkenntnis mein eigen nenne, gehören insbesondere alle fieseren Doomspielarten inklusive Doomdeath wie Paradise Lost (tatsächlich zufälligerweise auch der Titel des letzten Prä-Reunionsalbums) zu den Stilen, für die Cirith Ungol als frühe Blaupause gelten müssen.
Sowohl im primitiven Höhlenmenschendoom von Conan, als auch im melodisch wie spielerisch anspruchsvolleren Sound von Khemmis lässt sich heute ohne Mühe - und sogar inklusive der Fantasy-Cover mit sofortigem Wiedererkennungseffekt -, ganz direkt das Erbe der alten Ungol-Klassiker erkennen.

Die Möglichkeit, dass ihre eigene Laufbahn in auch nur halb so hohen Umlaufbahnen wie beispielsweise die der Zeitgenossen Priest oder Maiden hätte verlaufen können, war jedoch bereits aus einem ganz einfachen Grund niemals gegeben. Und dieser Grund heißt Tim Baker.
Ganz egal, ob man die Band liebt oder hasst; Darin, dass seine Gesangstimme extrem kauzig, "zu viel", zu übertrieben, also ganz klar super polarisierend ist, dürften sich wohl alle Lager einig sein.

Nicht zuletzt gibt es bei aller musikalischen Langzeitwirkung ihrer Klassiker kaum eine Band, die ausgerechnet den Gesang von Cirith Ungol emuliert. Das ist den meisten dann wohl doch zu extrem. Oder - auch nachvollziehbar - sie können's einfach nicht.


Von daher wäre jetzt vielleicht ein guter Zeitpunkt für jeden Leser, der die Band noch nie gehört hat, einfach mal in beliebiges Stück der Diskographie hineinzulauschen. Wenn Du den Gesang kacke findest, dann ist nämlich alles, was ich jetzt noch schreibe, für dich nutzlos. Cirith Ungol werden auch anno 2020 nichts für dich sein.





CIRITH UNGOL - Forever Black (light blue / red marbled vinyl) (2020)


Hier ist es nun also, das Comeback-Album.

Jahrelanges Betteln von Night Demon-Bassist und Festivalveranstalter Jarvis Leatherby, welcher letztendlich sogar als Bandmitglied hinzustieß, ging der Reunion, für die die alten Mitglieder teilweise aus dem vollkommenen musikalischen Ruhestand reanimiert und zum Wiedererlernen ihrer Instrumente motiviert werden mussten, voraus.

Es folgten eine Reihe gefeierter Shows, eine Single, sogar ein Livealbum und nun endlich "Forever Black".

Und ganz wie es sich wohl alle Beteiligten und die Fans gewünscht haben, ist dieser Longplayer ein komplett aus der Zeit gefallener Anachronismus.
Das Cover von Michael Whelan reiht sich nahtlos in die Hüllen der Achtziger ein, und gleiches gilt für alles andere.



Der Opener "Legions Arise" begrüßt uns mit dem vielleicht schlimmsten aller Metal-Klischees, der (nennen wir sie einfach mal) Fistraising Battlecry-Hymne:


"We lead not the weak, they won't answer the call
As Chaos descends, false metal will fall"

Apropos "battly cry" und apropos "chaos" (#wortbaukasten); In "Stormbringer heißt es später:

"The howling winds of Chaos sound above the battly cry
As we slay the beasts and drink their souls to keep us half alive"

"Fractus Promissum":

"Do we cover in the shadows or step into the light
Embrace the blinding fury borne of Chaos' holy might"

"Nightmare":

 "A specter in the master plan, sent here from below
Curses, Death and Chaos are the only things I know"

Und so weiter und so fort.


Kann man lustig finden. Könnte man sogar belächeln, wenn die Musik nicht so hammergut wäre.

Denn das ist eben das Ding: So sehr dies nach ewiger, mit Stahl in Stein gemeißelter Heavy-Metal-Tradition riechen mag, so wenig altbacken klingt es tatsächlich.

Dass sich einige Musiker in der Zwischenzeit gar nicht aktiv mit anderen Einflüssen auseinandergesetzt haben, mag sogar dabei geholfen haben, dass "Forever Black" in seiner vollkommenen Ignoranz der letzten dreißig Jahre Musikgeschichte zu keiner Minute so klingt wie eine Zwangsübung, die man als alte Wiedergängertruppe halt braucht, um zu legitimieren, dass man live dann doch letztendlich nur das alte Zeug zockt.

Nein, dieses Album wirkt frisch und ehrlich, weil es tatsächlich das musikalische Mindset der Band authentisch wiederspiegelt.
"Forever Black" hört sich nicht einmal nach einer alten Band an, die den Geist der Frühwerke erfolgreich wieder heraufbeschwört. Nein, man hat viel mehr den Eindruck, als würde hier man tatsächlich einen originalen Klassiker auflegen, auf dem jedes Stück seit Äonen ein Hit im Liverepertoire der Gruppe sein muss.

Und auch wenn es mir fern liegt, z.B. an "King of the Dead" (1984) etwas ändern zu wollen, lässt sich nicht überhören, dass Cirith Ungol inklusive der - physikalisch geradezu unmöglich - immer noch so kranken Stimme Tim Bakers nicht nur nur mindestens so geiles Zeug wie früher abliefern, sondern in Sachen Konsistenz über eine komplette Albumlänge sogar noch zugelegt haben.

Dass "Paradise Lost" eher durchwachsen war, mag kaum jemand bestreiten, doch auch die vorigen drei Alben hatten bei aller kultigen Heiligkeit doch allesamt ihre Tracks oder zumindest Passagen, die im Vergleich zum Rest nicht ganz so dolle toll waren.

"Forever Black" aber ist von vorne bis hinten durchgehend überragend.

Ich will mich damit nicht darauf festlegen, dass wir es hier mit dem besten Cirith Ungol-Album aller Zeiten zu tun haben, denn eine solche Beurteilung machen die dreißig bis vierzig Jahre zwischen den Veröffentlichungen dann doch unmöglich.
Eines jedoch steht für mich fest: Wer auf den alten Scheiß steht und hiermit nichts anfangen kann, der ist nicht mehr ganz frisch in der Birne.




Neben der Musik ist auch das Gesamtpaket mal wieder eine Eins, denn wie schon die Wiederveröffentlichen der ersten drei und des vierten Albums ist die Scheibe optisch schick aufgemacht, enthält Texte, ist in verschiedenen lustigen Vinylfarben erhältlich und kommt mit einem großformatigen Poster des Covers.

Fazit: Perfekt!


(Und das sagt ein ansonsten wahrhaftig nicht allergrößter Traditionsmetalfundamentalist.)  






2020-05-29

WANG WEN - 0.7

Wang Wen teilen sich nun schon seit einigen Jahren mit den oftmals eng verwandten, weltweit allerdings weitaus etablierteren Japanern Mono den Titel meiner persönlichen Lieblings-Postrockgruppe.

Wang Wens Sound ist ist dabei dabei im direkten Vergleich vielleicht nicht ganz so überwältigend intensiv, dafür allerdings stilistisch noch etwas breiter aufgestellt.

Die Anfänge der Band sind mir bisher noch nicht bekannt, doch so weit ich nun in die frühere, nur in China veröffentlichte Diskographie zurückgehört habe - also bis zum 2010 erschienen Album "L & R" - war das technische und kompositorische Niveau der Gruppe eigentlich  immer schon weitgehend gegen ernsthafte Kritik immun.

Dies gilt auch für das nun von Pelagic Records neu aufgelegte sechste Album.




WANG WEN - 0.7 (LP) (2012/2020)


"0.7" besteht aus sieben Titeln, beginnt mit dem Opener "2012" und erschien ursprünglich 2012. Nein, Wang Wen lassen einem wirklich keinen Spielraum für Mysterien.

Das hindert die Musik jedoch zum Glück nicht daran, einen dennoch auf ganz große Weltfluchtreise mitzunehmen. Die typisch fernöstlichen Melodieführungen sind vorhanden, aber oft noch nicht so sehr ausgeprägt wie auf späteren Werken, und die heute so prägenden Bläser finden auf "0.7" noch gar nicht statt. Beides fiel mir allerdings erst wirklich auf, als ich mich spezifisch auf diese Merkmale konzentriert habe, denn in diesen epochalen Instrumentalstücken zwischen traumhafter Schönheit, über auch mal beschwingte lateinamerikanische Einflüsse oder tragische Streicher bis zum hoch im Himmel explodierenden Wall of Sound, fällt es ungemein schwer, irgend etwas zu vermissen.

Nein, dass der Gipfel von Wang Wens Originalität hier noch in der Zukunft liegt, schmälert den Genuss von "0.7" in keiner Weise.

Die Chinesen lieben verspielte Details, platzieren hier mal einen Part, der - auch wenn nicht quantenmathematisch verknotet - eher an eine Progrockband denken lässt, lassen dort mal das Jazzpiano hüpfen, ordnen alle Bestandteile ihres eklektischen Postrocks jedoch immer dem Grundprinzip des Genres unter, dass die ganz große, nicht in Worte zu fassende Gefühlskaskade das oberste Maß aller Dinge ist.

Wie gewohnt wird auch der visuellen Aspekt nicht vernachlässigt. Mit einer so außergewöhnlichen Präsentationsform wie bei "Sweet Home, Go!", "Invisible City" oder gar "In Course Of The Miraculous" haben wir es hier zwar nicht zu tun, das großformatige, stimmungsvollen Gemälden gewidmete Booklet macht aber durchaus was her.




Fazit: 2012 war ein gutes Jahr. Ich will zurück!

Aber immerhin hat das Loserjahr 2020 als eines seiner raren Highlights dieses Album zurückgebracht.






2020-05-24

TRIPTYKON with the METROPOLE ORKEST - Requiem (Live At Roadburn 2019)

"Thomas Gabriel Fischer completing with Triptykon plus a complete orchestra what he had begun decades ago with Celtic Frost. Only at Roadburn. The "Requiem" certainly was a performance noone would have even considered as a possibilty, before it was announced. And it surely not only for me was one of the most anticipated sets of this weekend."




TRIPTYKON with the METROPOLE ORKEST - Requiem (Live At Roadburn 2019) (deluxe dark red LP + 7" + CD + DVD Artbook) (2020)


Anyone who can vaguely remember my review of this concert might understandably be a little surprised that I'm not just writing about the CD version, but the whole all-in maximum bonus material luxury version here, because...

"I hate to say it, especially since I had already bought the "Requiem" t-shirt the day before, but the joint performance of Triptykom and the Grammy-awarded Metropole Orkest was this year's biggest disappointment."

The reason for my chagrin however had never been the musical arrangement or performance itself,

"But - and that's a big but - the sound.

Yes, being in the front meant to be closest to drums and percussions in this case, but I've spoken to attendees who had been in the middle or back and also had similar issues. Maybe it had something to do with the album / DVD production which was obviously going on (professional film camera teams are a rare sight at Roadburn), but there's just no denying, that the whole thing - and especially the band - was just not loud enough.
It's fucking heavy Triptykon and a giant stage crammed with strings and woodwinds, brass, percussion, choir... this should have been ear and soul crushing, the most epic thing ever. But compared to Mono the night before, or compared to what would happen next on this stage [being the magical show of the amazing Anna von Hausswolff], it was a tame household noise level affair."




Ok, many fans were also fine and happy with the sound and volume. Standpoints and perceptions are so subjective.
And when I spotted myself in the concert footage I was reminded that I technically wasn't in the first row like I may have claimed here or there in internet discussions - more like row two and a half or something like that -, so admittedly memory sometimes is an unreliable bitch.

I still stand by what I've written about my general impression back then, though. But thankfully I have made my peace with the somehow spoiled experience.


"I sincerely hope the post production for the upcoming release can fix it and make it a more powerful experience. The music deserved better."

Well, the first trailer for the live album already convinced me that I would indeed hear the "Requiem" as it was meant to sound now. And as I couldn't decide between vinyl and CD - and also wanted the DVD - I just went for the version which contains everything plus extras.


And about my last bitter complaint...

"And the shirt by the way is really small for its size."

Well, let's say my encounter with diabetes took care of that. It fits great now!




But now let's get to the release itself!

"Requiem (Live At Roadburn 2019)" is available in various versions: as a standard CD, as a CD+DVD mediabook, on black, white or golden vinyl (always with two posters and the DVD) and finally as the Deluxe Artbook, at which we will now take a look:




The first obvious difference to all other versions is the alternate front cover of the media book, which contains all of the content, starting with jackets for CD, DVD, the quite heavy crimson red vinyl and a just as thick one-sided bonus 7" with a rehearsal version of "Winter", the purely orchestral final part of the "Requiem", which is also featured on the CD as a bonus track.

But before we get to the music, let's turn over the page to the middle of the book, which is an actual booklet of 24 pages with pictures from rehearsals and the show as well as credits, lyrics and the initial press release from November 2018.




After that comes another jacket, in which you can find all the rest of the stuff, including three posters: One original design for the show, a "standard" band photo with the four regular members and the full version of the Deluxe Set cover artwork.




The cover artwork of all the other "Requiem" versions is included as a 12" print, as well as a card of a band photo with guest vocalist Safa Heraghi.




All in all this artbook is a pretty impressive thing and further reinforces that Tom Warrior since the final Celtic Frost album "Monotheist" just doesn't allow any half-assery concerning his physical releases.

Or let's say almost, because there's one overlooked weak point in the whole packaging: The final item has a narrower size than the rest, which means it can move inside the poster jacket during transport and damage the surrounding cardboard with its corners.
So I had to fix a tear with tape, which while it didn't upset me that seriously, I still find it worth mentioning, just in case anyone working on similar packaging projects is reading this: Make sure that everything measures and is securely fixed in place!


The item itself may be of little practical use - at least for most listeners -, but it's undeniably interesting: It's the full orchestra score of "Requiem".

Already the overview of the orchestration gives away a couple of hints (for example the trumpet having an "airy, smooth Jazz-sound"), that this is not your standard metal band plays with orchestra show, which has kind of become a trope and bane of certain big festivals, whenever they feel the need to produce something "special".
Not saying that these things are generally bad, but there's definitely a trend to just combine the ready-made material of the band with some pleasing harmonies and that's most of it. It's sonically big and impressive, but it often lacks depths and character beyond that effect.

Further into the actual score the instructions make the picture even clearer:
"bowed cymbal (inverted) on timpano skin: bow, than move pedal up and down ad lib to play with the resulting metallic overtones"
"crashtone (continuous): drag bow slowly over dampened E-string with too much pressure"

Not that these examples taken by themselves actually prove anything, but the overall impression is that this obviously is not an another-day-in-the-office job, where the musicians just get the sheet and play through the notes, but where their individual expression is encouraged.

Which is further underlined by the fact that the composition refrains from constantly blasting with everything at its disposal at the the same time, but instead often uses minimalistic arrangements to spotlight certain instruments - and to create dynamics of tension and relief, which isn't exactly the strong suit of too many rock plus orchestra collaborations. 




I'm still amazed that particularly this piece exists at all. Not only for the costs and logistics, but also for the relative obscurity of its origin. "Rex Irae" was just one track on the almost ridiculously diverse Celtic Frost masterpiece "Into The Pandemonium" from 1987, "Winter" a short orchestral piece released 2006 on "Monotheist". Together they only clock in at about ten minutes.

If you had asked me about ideas for a special Triptykon / Celtic Frost show of this scale, my first one would have been to just play "Pandemonium" in its entirety, with all its orchestral, electronic and mexican radio quirks and facettes.
Or you could just collect all the pieces with classical influences and female lead vocals from both bands' whole discographies. Maybe plus a couple of new arrangements of some "greatest hits". Without a doubt there's enough material to create an overwhelming, epic show.

But to take the overture and epilogue of a back then not even existing centerpiece and compose that missing extra half hour of music from scratch, surely was the least safe, yet artistically most challenging option.


"Requiem" begins with "Rex Irae", which right from the beginning sounds noticably different to the album version. It has been transferred from the standard tuning of Frost to the lower doom / death sound of Triptykon, the details of the song and the pure musicianship of the band itself are both clearly refined.
The most notable of all the changes lies in the also deeper vocals, not only from Tom Warrior, whose half-spoken wailings are already established to be in lower registers in this millenium.
Above all the female lead vocals are interpreted in a new way. While the operatic touch of the original is still maintained in the background by the four alto and soprano singers of the Kobra Ensemble choir, the lead voice of Safa Heraghi transports much more warmth and emotion than Claudia-Maria Mokri's album approach.

None of these changes diminish the groundbreaking status of the original, but if you listen to both versions back to back, you can't deny that this new version is the superior one. Quite a good start in my book.




In the over thirty-two minutes of the following "Grave Eternal" band and orchestra are going full doom and slowly walk through various movements with shifting focus and intensity. From just cymbals and timpani playing a game of questions and answers, over sparse mantras grounded by the distinctivly snarling bass of Vanja Slajh, to breathtaking morbid bombast, when all strings, brass, vocals and tubular bells come together. Wave after wave this chapter of the "Requiem" sees Triptykon moving further into advantgarde territory than ever before. It may require some patience here and there, but it always rewards you afterwards.

As mentioned before the Metropole Orkest never comes over as an amorphic "classical music" blob, but gives its individual characters quite soom room for expression. As a result there is a lot of interaction beyond just the band playing here and the orchestra there. In this arrangement, which further develops the themes set in "Rex Irae", the connection between the multiple parts are substantial and go deep. You really feel like everyone on this stage has an equally important purpose, that there's nothing you could just take away.

Lead guitarist V. Santura tastefully channeling his inner David Gilmour early on remains the biggest case of rock stardom during the whole show, other than that Triptykon really blend in and let the music speak for itself. And boy, it has a lot to say!


Not that there would have been space for any circus shenanigans anyway. As you can see on the professionally filmed DVD, the stage was crammed like a can of sardines.

Speaking of the DVD: The concert footage just starts and plays indefinitely. There's no menu, no additional making of material or something like that, but that's totally fine with me, considering all the work and manpower which already went into everything here. And let's be honest: All possible bonus stuff apart from the show itself you would probably watch once and then never again.




After "Grave Eternal" Triptykon exits the stage and leaves the mournfully solemn conclusion "Winter" solely to the Metropole Orkest and the choir.

That the recording can allow itself to wait one and half minutes, before it slowly fades out the frenetic applause afterwards, says more than I can explain here. And remember that several audience members weren't even a hundred percent happy on the spot!

But now, eternalized on this audio and video recording, this is just perfect.


The only way you could improve this would be to travel back in time, boost the volume of the live sound in the 013 and persuade Fischer to add "Tristesses De La Lune" and "Oriental Masquerade" to the set as an encore.

Alright, I'll shut up now.






What Triptykon have achieved here is highly remarkable and should be the universally accepted benchmark for artistic integrity and adventurous courage in any future metal / orchestra production from whoever, regardless of budget or subgenre.

I know it won't be, just as there has never been a second album quite like "Into The Pandemonium", but one can dream and demand shit, right?



It's hard to imagine "Requiem (Live At Roadburn 2019)" not being my favorite live recording at the end of the year. I won't say never, because 2020 is kind of uhm... special, right? But it seems exremely unlikely.

Respect. I doff my hat!




2020-05-23

ELECTRIC MOON - You Can See The Sound Of... Electric Moon (extended version)

Wo man auch hinsieht, bröckeln in Zeiten von Covid-19 die Synapsen. Da beginnen irgendwann auch die spacerockenden Berufshippies, den inneren Mond anzuheulen und in den Chor des irren Geschwurbels einzustimmen.
Gebadet in esoterischem Hall wie die suggestive Hirnwäscherstimme eines Selbsthypnosevideos bläut die schlechteste Bassistin Deutschlands uns da ein, nicht auf "sie", nicht auf "die Lügner" zu hören und unsere eigene Wahrheit zu finden. Macht den irren Vegankoch zum Krautrockkönig!




Manchmal stelle ich mir vor, ich sei ein Riesenarschloch.

Dann wäre das gerade Geschriebene der Kern meiner Rezension.

Kann ich aber natürlich nicht machen. Nicht nur natürlich, weil die Dame und die Herren von Electric Moon feine Kerl(inn)e(n) sind, die sich nur maximal einmal im Monat Kinderblut injizieren, sondern auch weil es sachlich total falsch wäre, die vorliegende EP LP in Bezug zu irgendwelchen aktuellen Masken und Verstand verweigernden Hirnis zu bringen. Immerhin wurde die Musik ja bereits 2012 aufgenom... ... ... Moooooment!

Die wussten also damals schon bescheid.

Elon Musk, übernehmen Sie!




ELECTRIC MOON - You Can See The Sound Of... Electric Moon (extended version) (2013/2020)


"You Can See The Sound Of... Electric Moon" ist die Wiederveröffentlichung einer 10" EP, allerdings erweitert um drei bisher unveröffentlichte Tracks aus den selben Sessions. Durch den verdoppelten Inhalt hat sich die Schallplatte dann auch auf das erwachsene 12"-Format  und eine Dreiviertelstunde Spielzeit vergrößert.

Mit gelegentlichen Gesangstexturen zeigt sich das ansonsten wie gewohnt überwiegend instrumentale Krautrocktrio hier von sehr definierter und knackiger Seite, mit einem Basssound, der mich mehr als sonst an Ego Sensation (White Hills) erinnert, und einer durchgehend guten Balance zwischen Heaviness und Verspieltheit.

Electric Moon spielen ja immer Musik, die weitaus mehr über den Bauch als den Intellekt funktioniert, und beim Hören dieses kurzweiligen Albums fühle ich mich einfach wohl.

Ok, ich bin natürlich gesetzlich wie moralisch ohnehin dazu gezwungen, Fan dieser Scheibe zu sein, erinnert mich der Beginn des letzten neuen alten Bonustracks "Mushroom Cloud No. 4" doch irgendwie enorm an das Intro und Outro von "100 mi.", einem der ersten Songs einer gewissen Band, in der ich mal Schlagzeug und Mikrofon bedient habe. Sollte ich vielleicht auch beizeiten mal auf Bandcamp hochladen.


Doch ehe ich hier noch weiter von Electric Moon ablenke, erlaube man mir, off topic von dieser Reissue abzulenken und darauf hinzuweisen, dass die Band neulich im Vortex Surfer Musikclub in Siegen eines der bisher besten Geisterkonzerte der aktuellen endlosen Streamingsaison gespielt hat.

Zwar traten Sula Bassana und Komet Lulu nicht wie heute sonst gewohnt mit Pablo Carneval an den Drums auf, da dieser aus bekannten Gründen Österreich gerade schlecht verlassen kann, doch das erstmalige Zusammenspiel mit gleich zwei anderen Musikern gibt der Show auch ihre eigene spannend kreative Note, wie man auf YouTube immer noch nachschauen kann.

Es lohnt sich, diese 85 Minuten sind exzellent investierte Zeit:





"You Can See The Sound Of... Electric Moon" erscheint nächsten freitag (29. Mai 2020) und ist erhältlich auf Platte und CD über Sulatron Records und überall, wo es gepflegte psychepilzige Musik gibt.






CENTRE EL MUUSA - Centre El Muusa


"Maaamaaa, da kommen Geräusche aus der Garage!"

"Hast Du das Tor wieder beim Spielen offen gelassen, David? Das sind bestimmt die Schwalben, die sich einen Nistplatz suchen und dann wieder auf Papas Auto kacken!"

[Schritte; Tür zur Garage wird geöffnet]

"Nein Mama, das sind keine Schwalben! Das ist eine Musikgruppe!"

"Oh nein, scheuch die doch bitte gleich weg! Die machen sich sonst breit und Papa hat nachher gar keinen Platz mehr zum Parken!"

...

"Mama, die gehen nicht weg!"

"Hast Du denen gesagt, dass sie gehen sollen?"

"Ja, aber die verstehen mich nicht! Ich glaube das sind Letten! Oder Litauer!"




CENTRE EL MUUSA - Centre El Muusa (2020)

Ja, diese instrumentalen Rabauken aus Estland geben sich in der Tat sehr garagig. So ranzend und knisternd übersteuert dröhnt ihr kosmisches Gefuzze zunächst, dass ich sie nach den ersten paar Minuten des Openers "Turkeyfish" glatt noch unterschätzt habe.

Auch das eher funpunkige Spaßcover bereitet einen ja nicht unbedingt auf distinguierte Hochkultur vor.

Doch unter dem DIY-Gewand ihres Sounds schrammeln, orgeln und spacen sich Centre El Muusa tatsächlich eine saustarke Krautrockvollbedienung zusammen, die gegen Ende in "Mia" mit jazzigem Bass und schwebendem Synthieklavier sogar noch richtig stabil geerdete Tiefe und exosphärische Höhe entwickelt.

Was nicht heißt, dass die ruppigere Seite der Band keinen Spaß machen würde. Nein, das unterstreicht als letzter der sechs Tracks auch "Szolnok", der ein bisschen den kalifornischen Spirit der El Paraiso-Psychrocker Monarch atmet. Mit einem Schuss "Vana Tallinn" (örtliche Likörspezialität der estländischen Hauptstadt, wie ich Superalkoholexperte aus dem Effeff weiß) natürlich.

Erhältlich ist "Centre El Muusa" bei Sulatron Records auf CD und türkisem Vinyl.






2020-05-16

BILL LASWELL - Against Empire

Ich hatte da doch im letzten Review noch etwas offen im Raum stehen gelassen.

Also, das für mich neben den neuen Scheiben von Oranssi Pazuzu und Dool (naaa gut, eigentlich auch Bada) wirklich große Album des Aprils 2020 hat für mich Jazz/Dub/Funk/Advantgarde/usw.-Bass-Riese Bill Laswell veröffentlicht.



BILL LASWELL - Against Empire (CD) (2020)

Ob Klassiker oder Zeitgenössisches, die vier durchschnittlich viertelstündigen Stücke von "Against Empire" zwingen einen allesamt dazu, die ganz großen Namen als Vergleich heranzuziehen.

So beginnt der Opener sogleich mit einem Saxophon, welches ganz tief den Geist von John Coltranes "A Love Supreme" atmet, um kurz darauf in eine Bläserharmonie zu wechseln, welche sich so auch als typisches Element auf einem Album von Kamasi Washington wiederfinden könnte. Der Urheber ist jedoch noch eine ganze Spur legendärer, ist doch Spiritual-Jazz-Gigant Pharoah Sanders selbst hier an der Seelentröte zu hören.

Die weltmusikalische und funkige Note des Stücks lässt mich schnell an Herbie Hancocks "Sextant" denken, und wessen Name ist hier als weiterer Kollaborateur aufgeführt? Genau!



Namen sind überhaupt das einzige, was das CD-Digipack in Bezug auf die Musiker hergibt. Welches Instrument auf welchem Track? Das zählt wohl als Information, die bereits von der Musik an sich ablenkt. Dabei hätte man es durchaus zum Konzept erheben können, dass Laswell die rhythmische Basis jedes Songs mit jeweils einem anderen Rockdrummer eingespielt hat.
Der populärste - und doch in diesem Zusammenhang etwas überraschende - Name darunter ist sicherlich Red Hot Chili Pepper Chad Smith, der - so nehme ich es doch jedenfalls stark an - den zweiten Track "Tabu" markant bestimmt.



Komplettiert wird die insgesamt neunköpfige Besetzung des Album durch Multiinstrumentalist Peter Apfelbaum an Saxofon, Flöte und Keyboards, sowie Perkussionist Adam Rudolph, der sich vor allem im langen Ambient-Mittelteil von "Tabu" als großer Freund der Triangel herausstellt. So auffällig hört man das Instrument nicht alle Tage.

Eingeleitet mit minutenlanger Schlagzeugeskalation durch Hideo Yamaki und ständig in neue rhythmische Richtungen umschwenkend ist "Shadowline" der am offensivsten freejazzende Titel  von "Against Empire". Laswell bleibt hier am Bass sozusagen als Kontrapunkt mit seinem typisch blubbernden Dub-Sound betont entspannt.

Ach ja - und das Ding hat ein Zwischenspiel und einen Epilog, die für sich in ganz anderem Zusammenhang glatt als - haha, festhalten! - Dungeon Synth durchgehen könnten.



"The Seven Holy Mountains" schließlich ist ein weiterer Jazz-Fusion-Wirbelwind, der den Geist von sowohl John als auch Alice Coltrane mit jeder Menge Percussiongewusel durch unterschiedliche Spielarten inklusive in später elektrischer Phase orgelndem Miles Davis bläst.



Überhaupt hat Bill Laswell hier ein Album abgeliefert, welches in seinem Mix aus Studiokomposition und Improvisation in ganz direkter Tradition von Davis-Klassikern wie "Bitches Brew" steht.
Wer Weather Report und Konsorten mag, aber auch für neuere Einflüsse aus weiteren Genres die Ohren offen hat, für den gibt es auf "Against Empire" unendlich viel zu entdecken.

Dies gilt natürlich auch für alle Fans der hier beteiligten Protagonisten, deren Namen "Against Empire" vollends gerecht wird. Die alten Meister beweisen hier, dass sie nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt haben.

Ein wahrhaft reiches, viel Liebe zur Musik an sich verströmendes Werk.







ORANSSI PAZUZU - Mestarin Kynsi

Dools "Summerland" im betreffenden Review zum Album des Monats April zu küren, war an sich eine ziemlich einfache Übung. Dennoch gibt es in meinem Besitz bereits mindestens zwei weitere Werke, die ihm im Kampf um diesen Titel so gut wie ebenbürtig - und je nach Tageslaune sogar überlegen - sind.

Eines davon kommt aus Finnland und stammt von einer der eigenständigsten Extremmetalbands der Gegenwart, den vor allem auch live (siehe ihr "Live At Roadburn") sensationellen Oranssi Pazuzu.



ORANSSI PAZUZU - Mestarin Kynsi (CD) (2020)

Sobald dieses Album richtig losgeht, braucht man wohl nur wenige Augenblicke, um zu erkennen, um wen es sich hier handelt, denn die Trademarks des Quintetts werden alle massiv gepflegt. Wir haben es also mit hemmungslos überschäumendem, immer an der Grenze zum kakophonischen Chaos brodelnden, mit halluzinogenem Krautrock vermengten Black Metal zu tun, der sich ausdrücklich zum Ziel gesetzt hat, dem mürbe gekneteten Zuhörerverstand eine bleibende Psychose zu verpassen.

Ein zentrales Mittel, um sich durch die Großhirnrinde zu bohren, ist zweifellos das oft in krummen Takten ritualistisch hämmernde Drumming, welches in "Taivaan Portti" selbst einem Blastbeat durch geschickt akzentuierte Breaks eine Trance heraufbeschwörende Note verleiht.

Sänger Jun-His bleibt der Andy Serkis des Black Metal. So vielfältig und ausdrucksstark krächzen kann nicht jeder. In der Trat bringt seine Kehle bisweilen gleichzeitig jaulende und gurgelnde Laute hervor, die ich so noch bei keinem anderen Vokalisten vernommen habe. Dass die Texte wie immer komplett auf Finnisch ausgeworfen werden, bestärkt diesen Eindruck sicherlich auch ein bisschen. Absolut krank und beeindruckend.

Man merkt allerdings an der Selbstsicherheit, mit der Oranssi Pazuzu ihre Formel auf "Mestarin Kynsi" dann doch im Vergleich zum vorigen Schaffen verschieben, dass der Erfolg der waghalsigen Waste Of Space Orchestra-Kooperation mit Dark Buddha Rising (aka mein Album des Jahres 2019) sich irgendwo im Verständnis der Gruppe niedergeschlagen hat.

Das Inferno aus Keyboard- und Gitarrenklängen ertönt diesmal weniger aus den mythischen skandinavischen Wäldern, sondern hat oft ein viel technologischeres, retrofuturistisches Flair.

Damit rückt der gesamte Sound der Band ein Stück in Richtung urbaner Dystopie, was sie in ihrer Wirkung deutlich den New Yorker Advantgarde-Jazz-Schwarzmetallern Imperial Triumphant annähert. Eine Karte, die Oranssi mit dem - wie eben jenes Trio - stark Fritz Langs Stummfilmklassiker "Metropolis" huldigendem Video zu "Uusi Teknokratia" im Grunde selbst ganz offen auf den Tisch legt.





"Mestarin Kynsi" ist Lärm gewordener Superlativ und zeigt die innovative Gruppe in Höchstform. (Ok, schwache Form gibt es bei Oranssi Pazuzu auch nicht wirklich.)

Ganz klar, und unabhängig vom Subgenre, ist dies Metal der besten Sorte. So viel kompromisslos radikale, singuläre Klangvision ohne unnötigen Imagequatsch oder peinlichen Kitschballast wird einem einfach nicht jeden Tag geboten.

Und wen ich alleine nicht überzeugen kann, in das Ding reinzuhören, der sollte sich mal den sehr professionell umgesetzten gestrigen Livestream anschauen, in dem die Band - wie eigentlich dieses Jahr in Tilburg geplant - das Album in ganzer Länge gespielt hat:




(Hoffen wir mal, dass der Stream noch länger online bleibt, damit ich diesen Text nicht später noch editieren muss.)




2020-05-15

CARPENTER BRUT - Maniac

Leggins angezogen und Ohren tiefer gelegt! Franck Hueso haut den Soundtrack für die wochenendliche Oberkörperaerobic beim Highwaycruisen im Cadillac-Cabrio raus!


CARPENTER BRUT - Maniac (download) (2020)

Naja, was soll ich hier groß sagen?

Der Tanzbefehl "Maniac" von Michael Sembello ist seit langem siedender Eskalationspunkt unzähliger ... *seufz* ... Liveshows von Carpenter Brut.

Da ist es ganz im Sinne der gerade stark verbreiteten Bemühungen, den nicht zur Party kommen könnenden Menschen zumindest etwas Party in den Cyber cyber cyber space space space zu pumpen, dass der französische Synthwaver nun endlich eine Studioversion seines Coverhits veröffentlicht.

Das ist natürlich fickefantastisch heavy danceable abgehende Scheiße mit der Extraprise Gitarrenheldentum, allerdings nach knapp fünf Minuten auch schon vorbei. Deswegen empfehle ich dringend, sich danach auch einfach mal die an sich ja schon geile Fassung des originalen Interpreten reinzupfeifen:


Und danach natürlich wieder Carpenter Brut!

Und danach Sembello ...  und danach Carpenter Brut ... und danach Sembello ... usw.usf.

#synthwavekollaps #freitagnacht #totgetanzt




2020-05-14

KANAAN - Double Sun

Doppelt hält besser, sagt der Volksmund. Und auch wenn das Volk oft blödes Zeug von sich gibt, kann man in diesem Fall wohl kaum etwas verkehrt machen, wenn man seinem Ratschlag folgt. Das jedenfalls dachten sich auch Kanaan und beglücken uns bereits im ersten Quartal des Jahres mit zwei neuen Alben.

Nach den spontan gemeinsam mit Jonas Munk eingejammten "Odense Sessions" im Februar folgte im April mit "Double Sun" das zweite reguläre Studioalbum der Norweger.




KANAAN - Double Sun (LP) (2020)


Das auf dem Cover mit zwei unterschiedlichen grafischen Darstellungen der Sonne begonnene Pärchenspiel setzt das Trio auch in der Tracklist noch fort. So beginnen beide Schallplattenseiten jeweils mit einem vergleichsweise kurzen Track. "Worlds Together" und "Worlds Apart" beruhen  beide auf derselben Melodie, aber das muss man schon wissen, da die Spielweisen der Stücke wirklich komplett unterschiedlich sind.

Ein weiteres Doppel bildet der in zwei aufeinander folgenden Teilen präsentierte Titeltrack, auf dem die Band zudem von einem zweiten Gastgitarristen unterstützt wird.

Stilistisch ist "Double Sun" zwar wieder geplanter / komponierter als die "Sessions", doch von einer kompletten Rückkehr zur vorigen Formel kann nicht die Rede sein.
Wenn man - was an sich schon grob vereinfacht ist -, die Instrumentalmusik von Kanaan in die drei Komponenten Powertrio-Rock, Psychedelia und Jazz Fusion aufteilt, dann kann man z.B. feststellen, dass der letztgenannte Aspekt zwar über die gesamte Albumlänge an Bedeutung verloren hat, sich allerdings wenn er - wie im wilden Mahavishnu-Freakout von "Worlds Apart" - in den Vordergrund tritt, dies umso imposanter tut.

Das Psychedelische ist auf jeden Fall - dem Trend des Februar-Albums folgend - wichtiger geworden, sei es auf floydsche, mit Orgel unterlegter, getragene Art wie im Opener, in Form des langsam gitarrenblubbernden (und sich später zu Black Sabbath-Heaviness steigernden) Jam von "Double Sun Pt. 1" oder als mechanisch treibender Krautrock wie in "Double Sun Pt. 2".

Bleiben noch der über zwölfminütige längste Track "Mountain", welcher als treibender Fuzzrock beginnt, sich zwischendurch verträumt absenkt und durchweg von ausdrucksstarken Leadgitarren bestimmt wird, welche auch aus den Fingern der El Paraiso-Labelkollegen Monarch stammen könnten.

"Öresund" schließlich ist mit wüstenrockenden, melodischen und ätherisch schwebenden Gitarren über nimmermüden Zappelrhythmus wohl die Nummer, welche das Spektrum des Albums am meisten in sich zusammenfasst.

Ich gebe zu, dass Kanaan im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals für mich immer noch am meisten Kanaan sind, wenn Ingvald André Vassbø seine Superjazzpillen nimmt und an den Drums so richtig ungezügelt durchdreht, was nur in einer Minderzahl der Stücke geschieht.

Aber es ist ja nicht Aufgabe der Band, genau den Zirkusäffchentanz aufzuführen, den ich bestellt habe. Und nicht dass wir uns falsch verstehen: Das Songwriting der Gruppe ist hörbar (weiter) gereift und "Double Sun" ist ohne Zweifel von Aufgang bis Untergang ein durchgehend schweinegutes, mitreißendes Album.

Die Entwicklung von Kanaan schreitet also weiter voran. Und ich liebe es!


Gar nicht auszumalen, wie viele Sprünge und Veröffentlichungen die Drei weiter sein werden, wenn man endlich wieder unter normalen Umständen live spielen kann. Mein Verstand explodiert vorsorglich jetzt schon.








2020-05-13

THE END - Nedresa

THE END IS HERE!


And it has nothing to do with Covid-19, chemtrails and Bill Gates' colossal motherchipping mother of all conspiracies.

It's still very much worth mentioning though. The Swedish avantgarde jazz quintet The End featuring relentless sax work animal Mats Gustafsson has released a neat little ten inch EP.




THE END - Nedresa (blue vinyl 10") (2020)


"Nedresa" consists of two songs, both written by baritone guitarist Anders Hana and are pretty straightforward and accessible - in comparison to their debut "Svärmod Och Vemod Är Värdesinnen" that is. Which will probably mean exactly nothing for the regular uninitiated listener of "normal music", who misses a socialisation in the arts of advanced twisted jazz and noisy shenanigans.

Even though in comparison to most material of said album the almost nine minutes long A-side "The Prayer, The Prey" has a pretty understandable structure with a slow and steady increase, a repeated change of verses and sax solos and a rewarding final climax - all presented in a gripping groove -, there are of course still elements which will never in this world and lifetime be everyone's cup of tea.

First and foremost there's of course Sofia Jernberg, whose part in this already extremely adventurous two-saxophones+guitar+drums band is the most blatantly daring.
Take Mike Patton's cultivated insanity, the shrillest shrieks of Kristeen Young, the most experimental flute-like Björk whispers, the energetic confidence of Janelle Monáe and the precise jazz vocal techniques of Youn Sun Nah - then you'll find yourself in the place where this astonishing singer's voice operates. So out there and just so crazy good.

On side B (being the six-minutes track "With A Gesture, Will You Hurt Me?") the instrumental section then catches up with the lunacy big time and everything spirals into a hard-hitting, weird wild ride, a desperately excessive, exhausting hard rock math jazz hybrid.

So, what's not to love?

This band still amazes the fuck out of me.

The icing on the cake is that "Nedresa" is again graced by a beautifully disturbing Edward Jarvis painting. The strong blue vinyl colour also looks good - even though my personal copy has been visibly warped in transport. But it's within my tolerance range, so everything's fine.

If this is a representative preview of the forthcoming next full length album, I am definitely curious and my body is ready.






2020-05-09

MYRKUR - Folkesange

Wenn Amalie Bruun aka Myrkur alle schwarzmetallische oder sonstige Düsternis links liegen lässt und komplett auf schönen Wohlklang setzt, ja dann aber auch richtig. Das war auf der magischen "Mausoleum"-EP schon so und setzte sich mit ihrem letztjährigen "Folkesange"-Auftritt beim Roadburn Festival fort. Dessen Material ist seit März nun auch auf dem gleichnamigen Studioalbum zu genießen.




MYRKUR - Folkesange (LP) (2020)


Was der Titel und das Cover (welches übrigens von einem in Bruuns Wohnzimmer hängenden Familienerbstück abfotografiert und in mattem Druck wunderbar auf die Schallplattenhülle transferiert wurde) versprechen, das hält "Folkesange" auch ohne irgendwelche Ablenkungen ein.

Dieses Album widmet sich voll und ganz skandinavischen Volksliedern.
Und wo es dies dann doch nicht voll und ganz tut, ist es im Fall von Myrkurs im ähnlichen Stil geschriebenen Eigenkompositionen kaum zu bemerken, oder es fügt sich wie der kurioserweise hundertprozentig als Laibach-Track neuerer melancholischer Prägung verkaufbare Piano/Chor-Ausklang "Vinter" einfach perfekt in den Fluss des Albums ein.

Dies gilt auch für den schon durch die englische Sprache größten konzeptionellen Ausreißer, das durch Joan Baez bekannt gewordene (und auch schon sehr überzeugend von SubRosa interpretierte) Traditional "House Carpenter".




Genau wie "Mausoleum" ist "Folkesange" ein Album, welches seine mystische Kraft vor allem dadurch entfaltet, dass es die wandelbare Feenstimme Bruuns und ihrer exzellenten Chorsängerinnen in den Vordergrund stellt und instrumental oft gar nicht mehr viel auffahren muss, um eine maximalmonumental eskapistische Wirkung zu erreichen.

"Folkesange" live at Roadburn 2019
Klasse statt Masse könnte man auch sagen. Denn das im instrumentalen Anteil keine Liebe steckt, kann man wahrlich nicht behaupten. Die Auswahl der Instrumente, von denen die Sängerin einen großen Anteil wie gewohnt selbst eingespielt hat, ist schon sehr genre- fundamentalistisch. Das bedeutet, dass Klavier und Akustikgitarre hier noch zu den modernsten eingesetzten Mitteln gehören. Ansonsten bestimmen neben Perkussion u.a. Schlüsselfiedel, Leier, Mandoline, Streichharfe und ein Trio aus Geige, Viola und Cello das Bild.

An letzter ist sicherlich die wunderbare Jo Quail als Gastmusikerin unbedingt erwähnenswert. Zusammen mit den anderen Streichern schafft sie ein ausdrucksvolles emotionales Spiegelbild zu den Gesangsperformances, die ich zumeist nur als einfach überweltlich bezaubernd beschreiben kann.

Ich weiß ja, dass es ein wenig billig ist, unreflektiert solche anhimmelnden Begriffe in den Raum zu stellen. Doch was soll ich machen?
"Folkesange" will in erster Linie nun einmal wunderschöner, einen magisch aus dieser Welt entführender Wohlklang sein. Und so sehr tiefenentspannt die Seele auf Durchzug stellen wie zu diesem Album erlauben einen in diesem Jahr bisher höchstens - und auf vollkommen andere Weise - Bohren & der Club of Gore oder Chris Dingman.

Myrkur hat hier wieder einmal - und auf voller Albumlänge stringenter denn je - ganz groß abgeliefert.

Traumhaft!





Das einzige, was ich zu bemängeln habe, ist dass die weiter oben noch gelobte Hülle bei aller schönen Optik und Haptik leider sehr eng geraten ist. Ich habe die Papier-Innenhülle jedenfalls durch eine leichtgängigere Hülle mit Kunststofffütterung ersetzen müssen, um den Tonträger einigermaßen hinein und heraus bewegen zu können.





WOORMS - Twitching, As Prey

Der Ausnahmezustand bringt die zu Hause hockenden Künstler in Download-Spendierlaune. Und so habe ich dann auch das neue Album der Sludger Woorms aus Louisiana dankbar abgegriffen.


WOORMS - Twitching, As Prey (download) (2020)


Die trocken bratenden Midtemporiffs und der Brüllgesang der ersten paar Tracks sprechen gleich eine ganz klare Sprache: klassische Melvins. Und da Woorms diese Sprache außerordentlich gut beherrschen, hätte ich kein Problem damit, mir ein komplettes Album in diesem Stil reinzupfeifen. Abwechslungreich genug ist die Band innerhalb dieses Rahmens auch.

Mit fortschreitender Spieldauer bricht das Trio dennoch immer mal wieder aus ihm heraus und sprenkelt andere Sounds ein.  So gibt uns "Fire Is A Good Servant" Sprachsamples über einem gepflegten Bell Witch-Bass, überhaupt wird es hier und da etwas an die Slomatics erinnernd doomiger, und in "Fire Is A Bad Master" noisig experimentell.

Ganz am Ende in "God Botherer" überraschen Woorms sogar noch einmal richtig mit einer von alicecoltranigen Streichern unterlegten Postrockballade inklusive Harmoniegesang.

Alles richtig gutes Zeug, von daher: super Band, super Album.

Ein bisschen länger könnte "Twitching, As Prey" gerne noch sein, also zwölf bis dreizehn statt zehn Tracks. Das wäre vielleicht noch das Sahnehäubchen. Muss aber nicht zwingend sein.

Das Album gibt es auch auf CD und in schicken, zum Cover passenden Vinylvarianten - allerdings ist Import aus Übersee im Moment ja ein bisschen schwierig.




2020-05-08

i t z e p a k



I shot my first black and white pocket film (a Lomography Orca 100, expired June 2014) in my Minolta Autopak 460 TX - and here's the whole thing.

The pictures were all taken on January 26th, so this is all pre-Corona, no lockdown or whatever. Just a regular mild winter Sunday in the sleepy town of Itzehoe.