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2020-01-31

BOHREN & DER CLUB OF GORE - Patchouli Blue

Bohren & der Club of Gore sind eine besondere Band.

"Ach was!" empört sich der Kenner darüber, dass nun offenbar Captain Obvious hier als Gastautor eingestiegen ist.

Die Besonderheiten beginnen schon beim seltsamen Namen inklusive Bezug zu einer anderen Instrumentalband (Gore). Interessanter ist allerdings, dass es sich hier um eine Gruppe handelt, deren Gründungsmythos bis zum heutigen Tage die Musik zusätzlich aufwertet. Da entscheidet eine Traube von Musikern aus dem extremen Metalspektrum der frühen 1990er Jahre einfach, dass sie von nun an ereignislose Musik aka Doomjazz spielen wollen - und tun es dann auch, inklusive Umstieg auf die passenden Instrumente.
Und Jahrzehnte später hört man ihre Musik und wundert sich, dass es einfach so so einfach geschehen ist und zu diesem Sound geführt hat.

Die ganz zentrale Leistung von Bohren & der Club of Gore ist aber selbstverständlich, den vorher doch eher negativ besetzten Zustand der Schlafmützigkeit zu einer Tugend erhoben zu haben.


Da passt es auch gut ins Bild, dass es nach den "Piano Nights" knapp sieben Jahre gebraucht hat, um uns mit dem neuen Doppelalbum "Patchouli Blue" zu beglücken.





BOHREN & DER CLUB OF GORE - Patchouli Blue (2LP) (2020)


Eine weitere respektable Leistung habe ich vorhin noch unterschlagen: das Trio (bzw. bis vor wenigen Jahren noch Quartett) hat einen Klang entwickelt, der nach wie vor unverkennbar ist - und dabei im Grunde ganz tief in Traditionen steckt und uns gar nichts wirklich neues präsentieren möchte.

Für das neue Album gilt dies vielleicht mehr denn je, hat sich doch alle Ahnung der Rock- oder gar Metalwurzeln, die z.B. auf der EP "Beileid" noch gepflegt wurde, indem man die Doro/Warlock-Metalballadensuperschnulze "Catch My Heart" mit Gastsänger Mike Patton coverte, komplett verflüchtigt.

Was bleibt, ist purer Jazz, wie er sich schon in den 1950er und 60er Jahren aus einem Slow Jam geschält haben kann (Ich empfehle ansonsten vielleicht nicht so jazzorientierten Bohristen dringend, sich John Coltranes "Stardust" anzuhören!), gekreuzt mit sehnsüchtigem Ambient, zu dem gewiss schon Audrey Horne mit dem Geist von Laura Palmer im Roadhouse engtanzte.

Dabei geben sich Bohren zugänglicher denn je; nur drei der elf Stücke fallen überhaupt in die Kategorie Longtrack, und selbst die Langsamkeit an sich scheint gar nicht mehr so sehr im Zentrum zu stehen. Vielleicht liegt dies daran, dass es sich um das erste Album ohne Schlagzeuger handelt. Dadurch, dass sich die Drumfragmente auf mehrere Musiker verteilen, ist das Tempo paradoxerweise natürlicher, da es nicht mehr durch einen unfassbar unmenschlich langsamen Drummer vorgegeben wird.

"Patchouli Blue" ist ein wunderbar warmes, einen in den Arm nehmendes Album geworden. Kontrabass, Orgeln, Klavier, die gelegentlichen Gitarre bilden ein sanftes Bett, auf denen das butterweiche Saxophon die Seele zum Schmelzen bringt und man dem Vibrafon Schritt für Schritt immer tiefer in einen Traum folgt, aus dem man nie wieder aufwachen möchte. Und daran ändern auch mysteriöse Gruselpassagen wie im Titelsong nichts.

Wäre ich FBI-Agent, dann tränke ich zu diesem perfekten Wohlklang wohl einen heißen schwarzen Kaffee. Da ich mit jenem Getränk aber gar nichts anfangen kann, sinke ich stattdessen lieber in seligem Schlaf dahin.

Weckt mich nicht auf!








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