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2022-07-30

THE LORD - Forest Nocturne

Preiset den Herrn! Sunn O)))-Dröhnmeister Greg Anderson hat sein erstes Soloalbum veröffentlicht. Es ist dunkel, böse, klerikal und hat ein old-school-todesmetallisches Coverartwork von Dan Seagrave. Was braucht man mehr?

Ich würde sagen: noch räudiger und brutaler klingende Demo-Bonustracks. Und dafür gibt es von dem ansonsten auf dem Heimlabel Southern Lord veröffentlichten "Forest Nocturne" die erweiterte japanische CD-Version von Daymare Recordings.


THE LORD - Forest Nocturne (Daymare CD) (2022)

Zwei starke Singles waren dem Album vorausgegangen. Das schamanistisch eindringliche "Needle Cast" überzeugte mit Sängerin Robin Wattie von Big|Brave,  "We Who Walk In Light" mit noch prominenterem Gastgesang durch William Duvall von Alice In Chains.




Besser kann man ein Album eigentlich nicht anteasen.

Tatsächlich jedoch befinden sich diese beiden Songs nun gar nicht auf "Forest Nocturne"! Das ist beinahe schon frech, macht aber anderseits auch gar nichts, da das wesentlich instrumentaler angelegte Album sie in dieser Form nicht einmal nötig hat.
Ich sage "in dieser Form", da ich durchaus das Gefühl habe, dass es immerhin abgewandelte Varianten ihrer Riffs auf den Longplayer geschafft haben.

Die acht Tracks teilen sich grob in zwei Kategorien auf. Zum einen haben wir riffzentrischen schlagzeuglosen Drone-Metal der "Black One"-Schule, wie wir ihn angesichts der Kombination von Künstler und Albumcover wohl auch als erstes erwarten.

Die zweite Kategorie ist eher an Horrorsoundtracks orientiert. Nervenzerrende Synthies und dröhnende Orgeln, die zwar dem vor allem durch seine Arbeiten für Alfred Hitchcock bekannten Komponisten Bernhard Herrmann huldigen, doch ausgerechnet in "Church Of Herrmann" auch unweigerlich an Anna von Hausswolff - und natürlich auch einige ähnlich orientierte Sunn O)))-Werke erinnern.

Oder die wie die allerminimalistischsten John Carpenter-Kompositionen wie "Deciduous" eigentlich nur aus atmosphärisch dröhnendem Geräusch bestehen.

Strikt trennen lassen sich diese Kategorien nicht. In "Left Hand Lullaby II" finden z.B. alle Arten des schaurigen und tonnenschweren Drones erstmals in geradezu symphonischem Maßstab zusammen.
In Kombination mit Dan Seagrave ist dieser Songtitel natürlich als Entombed-Referenz zu verstehen, zumal auch der Gitarrensound des nachfolgenden "Forest Wake" ganz klar die Sprache schwedischen Neunziger-Jahre-Death-Metals spricht.

Auch der epochale Doppelabschluss aus "Old Growth" und dem zum Finale noch den einzigen Gast des Albums, Extremvokalist Attila Csihar (Mayhem, Sunn O)))) obendrauf kredenzenden "Triumph Of The Oak" bedient sich wieder beider Kategorien, allerdings mit Übergewicht auf der Drone-Metal-Seite.
Csihars Performance ist vor allem auf Kopfhörern ein echter Hirnschmelzer, der einen vorsichtig mit dem Finger nachprüfen lässt, ob einem nicht kraniale Suppe aus den Ohren läuft. Brilliant!

Gewissermaßen kann man "Forest Nocturne" als sehr traditionalistisches Werk begreifen. Allerdings dürfte es schwer werden, Alben zu finden die gerade die hier zitierten Traditionen in ihrer spezifischen Kombination mit derartiger Wucht und Eindringlichkeit zusammenbringen. 


Im Miniatur-LP-Format gestaltet, also inklusive Hülle für den Tonträger und natürlich mit Obi-Streifen, gibt die japanische CD-Version optisch und haptisch schon ein hübsches Sammlerstück her. Sie enthält allerdings auch satte sieben Bonustracks.

Bruchstückhafter, aber auch noch rauer und direkter als die endgültigen Albumtracks, sind die "VHSFNDEMOS" kein überflüssiges Beiwerk des Beiwerks wegen, sondern lassen sich auch gut für sich getrennt vom Album hören. "Höhlenmenschaufnahmen" nennt The Lord selbst diese Demos. Und damit beschreibt er den eigenen brutalen Charme dieser Songskelette eigentlich auch schon ganz treffend. Sehr sehr heavy. 

Tatsächlich wurden diese Demos nun auch separat aus Bandcamp veröffentlicht:



Ob zusammen oder getrennt und egal in welcher Version: Musikalisch stimmt's immer. Wenn es mit urgewaltiger Brummgitarren- Orgelmacht den Magen durchkneten soll, dann hat Anderson hier eine echte Messlatte hingelegt. Drone-Metal-Fans kommen an diesem Düsterwald im Grunde gar nicht vorbei. Aber in diesem schaurig schönen "Forest Nocturne" verläuft man sich auch liebend gerne.

Bereits im September erscheint übrigens bereits The Lords nächstes, komplett zusammen mit Sängerin/Geigerin Petra Haden eingespieltes Album "Devotional"!







2022-07-27

VIDEODRONES - After The Fall

Es ist bei mir ziemlich fest etablierte El Paraiso-Politik, dass ich selten ein Album alleine kaufe. Und so hat neben dem Debüt des London Odense Ensemble nun auch das bereits vierte Album von Videodrones seinen Weg zu mir gefunden.

I'VE ALREADY WRITTEN A LONGER ENGLISH REVIEW OF THIS ALBUM HERE ON VEILOFSOUND.COM!


VIDEODRONES - After The Fall (LP) (2022)

Das 70er-Ambient und Soundtrack huldigende Duo aus Kristoffer Ovesen und Jakob Skøtt gibt sich und uns diesmal einen zusätzlichen Tritt in den Hintern. Denn waren die vorigen drei Alben "Mondo Ferox", "Nattens Hævn" und "Atavistic Future" komplett elektronisch entstanden, so packt der Causa Sui-Drummer Skøtt diesmal für die Jams, welche die Grundlage bilden, seine Sticks aus. Zusätzlich sind außerdem auch erstmals hin und wieder Gitarren dabei.

Geschädigt durch King Gizzards "Butterfly 3000" erwarte ich hier nach jedem zweiten Songintro einen unlösbaren Knoten aus fröhlich verwirrender rhythmischer Mathematik, pupsende Einhörner und zuckersüße Falsettgesänge. Doch tatsächlich erwartet mich fett groovende, instrumentale Synthwavemusik, die im Grunde so klingt wie eine improvisierte Version von Zombi, die allerdings im Vergleich viel mehr von frühen Kraftwerk (vor "Autobahn") und Klaus Schulze als John Carpenter inspiriert klingt.

"Irgendwann - Irgendwo" (um hier auch einen der zehn Tracks namentlich zu erwähnen) bietet dieses Album zwar durchaus Weltuntergangsmusik für den Tag des Jüngsten Gerichts, doch Videodrones sehen jenem offensichtlich erstaunlich funky und gelassen entgegen. Und so könnte man glatt sagen, dass "After The Fall" der fröhlich Bruder von Blood Incantations Krautausflug "Timewave Zero" ist.

Kommt also  auf jeden Fall mit in den Prepper-Bunker. Gleich neben die eingelegten Elektrogurken.

Achtung, Suchtgefahr!






LONDON ODENSE ENSEMBLE - Jaiyede Sessions Volume I

Wenn sich bei dem aus dem Hause Causa Sui heraus geführten dänischen Label El Paraiso Record eine Tendenz abzeichnet, dann ist es wohl, mehr denn je unter dem Motto Fuck it, let's jam! zusammenzukommen und zu schauen, was passiert.

Und bei dem Mix aus improvisationserfahrenen und virtuosen Krautrock- und Jazzmusikern, die sich immer wieder versammeln, kann man sich diesen Luxus auch sehr gut leisten, wissen die Resultate einen doch stets wie eine magische Windhose wegzublasen.
 

LONDON ODENSE ENSEMBLE - Jaiyede Sessions Volume I (LP) (2022)

Der erste Teil der "Jaiyede Sessions" ist im Grunde schon eine Kulmination all dessen, was El Paraiso-Sessions so großartig macht. Der Projektname erinnert an vergangene Kollektivaufnahmen unter den Bannern Ellis/Munk Ensemble ("San Diego Sessions") oder natürlich noch deutlicher Chicago Odense Ensemble.
Insgesamt steht das Line-Up dieser Aufnahmen allerdings in direkter Nachfolge der beiden Alben des Martin Rude & Jakob Skøtt Duos, sowie dessen Erweiterung zum Rude Skøtt Osborn Trio auf "The Virtue Of Temperance".

Doch während die Londoner Multiinstrumentalistin Tamar Osborn damals nur aus der pandemischen Ferne Overdubs einspielen konnte, trafen sich die drei nun leibhaftig in Dänemark. Osborn brachte auch noch den in Latin, Elektro und weltmusikalischem Allerlei heimischen Keyboarder Al MacSween mit. Und wenn man eh schon in der Causa Sui-Kreativzentrale abhängt, kann neben Drummer Jakob Skøtt und Teilzeitbassist Martin Rude selbstverständlich auch Gitarrist Jonas Munk vom Mischpult an die Saiten wechseln.

Das Resultat ist - wenn man es nicht kaputtsezieren möchte - das organische Zusammenrühren all dieser Elemente und Erfahrungen. Hippie-Prog/Psych-Rock trifft Latin-Jazz-Fusion trifft analoge Elektroeinsprengsel in einer geradezu rauschhaften, zeitvergessenen und zeitlosen Miles-, Coltrane- und Hancock-Messe für die Götter.
Munks gewohnt warme, dynamische und einfach perfekt für Schallplatte prädestinierte Produktion setzt dem Ganze die Krone auf.

Klar, das ist irgendwie alles schon einmal da gewesen. Aber halt nicht in genau dieser Konstellation, mit dieser spezifischen Chemie und Kreativität des Augenblicks. Und diese Zusammenkunft klingt einfach irre gut.

Einzig der Ausklang des letzten Jams "Celestial Navigation" kommt mir irgendwie etwas zu schnell und unerwartet. Doch das ist vielleicht ja Absicht, um uns bereits Hunger auf "Volume II" zu machen. Sollte dies als derartiger Trick gemeint sein, dann funktioniert er auf jeden Fall ausgezeichnet.

Gesamturteil zu "Jaiyede Sessions Volume I":

Jaiyede Jaiyippieh Jai-Yay!






2022-07-25

InstaBerlin


It took me an extra round to get the analogue pictures from my June trip to Berlin (where I saw Kikagaku Moyo, Mong Tong, Björk and the Quartet Berlin-Tokyo live and also shot a lot of Digital Harinezumi picures) to a laboratory that would develop them. Not many of those are working with Instamatic film anymore, which shouldn't come as a huge surprise, since noone has  been producing this material for years now. Which is a shame, since I really love these primitive Kodak cameras and the small square format.

I don't even know how old this cartridge of Kodacolor VR CL 126 was, but it must have expired in the 1990s, if not even 1980s for sure.


The photo service which ultimately ended up developing my film ironically has its store in Berlin, not far from Alexanderplatz - just where I shot my last frame. So in hindsight I really could have saved myself some time and trouble here.

At least I now know what do do once I decide to fill my other 126 film - which only has twelve black and white frames. But back to this one: I probably could have been a little more creative or at least picky with some subjects, but overall I'm quite happy with the results, since where the photographer was lacking, the expired colours and shit of course saved the day.


After that last shot I switched to medium format and my Adox Golf filled with Orwo NP 15 (expired 05/1991). I only took one picture with it in Berlin though, so here is that one as a bonus:






MWWB - The Harvest

Und der erste Preis in der Kategorie Rezensier mich endlich, Du fauler Sack! geht in dieser Saison an das neue Album von der Band formerly known unter dem Namen, den man immer noch überall in ihrer Social-Media-Präsenz, auf Bandcamp und in ihrer Diskographie etc. findet, der mittlerweile aber doch etwas unzureichend und auch ein wenig peinlich geworden ist und deswegen nun einfach als MWWB abgekürzt wird

Die Lektion: Es mag vielleicht witzig sein, bei der Namensgebung deiner Musikgruppe tief in die Klischeekiste zu greifen, doch scheißegal, wie ironisch auch immer Du es gemeint hast, irgendwann wird dich dein Einfall "Mammoth Weed Wizard Bastard" evtl. nicht nur nerven, sondern sich durch die falsche Erwartungshaltung, die er hervorruft, sogar regelrecht als hinderlich herausstellen.
  


MWWB - The Harvest (transparent blue and cherry vinyl LP) (2022)

Schon vorher, sei es z.B. auf dem Vorgängeralbum "Yn Ol I Annwn" oder auf der fabelhaften Split mit den Slomatics "Totems" hatten MWWB bewiesen, dass ihr Sound weit über stumpfe Stonerdoomklischees hinausgeht. Die fuzzig dröhnenden Gitarren und das groovende Powerdrumming passten zwar komplett in diese Kategorie, doch der sich auch musikalisch niederschlagende konzeptionelle Spagat zwischen keltischer Mythologie und Science-Fiction und nicht zuletzt die ungewöhnliche Stimme von Bassistin/Sängerin Jessica Ball, die eher in den geisterhaften Sphären von Undersmile und Ex-Sinistro-Vokalistin Patricia Andrade als im dreckigen Bongwasser schwebten, gaben der Gruppe schon immer eine ureigene Identität, welche mit größerer Sorgfalt bei der Namenswahl sicherlich besser nach außen hätte verkauft werden können.

Aber nun ist das Kind ja längst in den Brunnen gefallen und hat es sich dort gemütlich eingerichtet. Und jetzt klingt von dort wie eine Botschaft aus einer anderen Welt "The Harvest" zu uns herauf.

Die Basis der meisten Stücke bleibt weiterhin Doom Metal. Sowohl kantige als auch epochaler angelegte Riffs erinnern oft an Yob, mit grungigerem Anstrich an King Woman, oder auch in klassischster aller Traditioten an Black Sabbath. Darüber wird allerdings mit Cello, Keyboards, Sequenzern und Space FX (bei drei von vier Bandmitgliedern so in den Credits gelistet) nicht gegeizt, ja teilweise geradezu übertrieben. Und das ist auch gut so, zumal das Songwriting immer stark genug ist, um sich durch Zirpen, Fiepen, Laserduelle und das kosmische Rauschen des sich ausbreitenden Universums nicht überschatten zu lassen.
Einige instrumentale Stücke widmen sich vollkommen dem Retrofuturismus der Siebziger und fesseln gekonnt mit Soundtrackanleien und tangerineverträumten Synthwaveexzessen, während andere Songs sich das Hineinsteigern in die analog-elekronische Ekstase zum ausgiebigen Finale aufheben.

Beinahe immer, wenn Gesang im Spiel ist, ist ein hartnäckiger Ohrwurm nicht weit. "Logic Bomb", "Altamira" oder das übergewaltige "Strontium" sind unschlagbare Genre-Hits. Und ganz am Ende dieses zwar nicht übermäßig langen, aber doch kolossalen und kreativen Albums steht die Quasi-Ballade "Moon Rise"- ein simpler, dem Hörer Ruhe zur Reflektion über die bestrittene Reise bietender Ausklang, der "The Harvest" perfekt abschließt.

Fazit: Glückseligkeit. MWWB haben noch sehr gute Chancen, sich hiermit zu meinen Genrelieblingen des Jahres krönen zu lassen.

Ich wollte das Ding eigentlich ja über Bandcamp auf Kassette ordern, habe mich allerdings irgendwie doof versmartphont und nur die digitale Variante ausgewählt. Zum Glück lief mir dann aber noch überraschend erschwinglich die transparent blau-rote Schallplatte über den Weg. Natürlich macht sich dieses Future Doom-Meisterwerk auch in dieser Form nicht schlecht.





2022-07-24

harineweekly 29/52


This week's Digital Harinezumi 3.0 pictures, rural and urban stuff, all taken on Tuesday, July 19th, mostly before the mesmerizing show of Emma Ruth Rundle and Jo Quail, which took place in that cute little building on the last photo.