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2022-07-20

EMMA RUTH RUNDLE und JO QUAIL im Uebel & Gefährlich, Hamburg (19. Juli 2022)


Ganz schön warm war's gestern für einen zwanzigsten Februar! Das war jedenfalls das Datum, welches noch auf meinem Ticket für Emma Ruth Rundle stand. Man fragt sich ja schon, ob man alle verschobenen Shows noch irgendwann nachholt - bis April 2023 ist bei mir derzeit der Plan -, oder ob im Herbst nicht eine Welle neuer Verschiebungen einsetzt.

Doch zurück zum Wetter: Es war eigentlich schon fast zu warm. Also so wie heute. Im Inneren des Hochbunkers am Heiligengeistfeld allerdings ließ es sich angenehm klimatisiert gut aushalten. Noch dazu hielt sich die persönliche Anstrengung generell im Rahmen, stand doch - für mich nun schon zum dritten Mal hintereinander ein Sitzkonzert auf dem Programm. Mein bequemer Arsch beginnt allmählich, sich daran als normal zu gewöhnen.
Musikalisch war die Bestuhlung aber durchaus gerechtfertigt, stand doch eher introspektive Gefühlsmusik zum stillen Einwirkenlassen an.



JO QUAIL

Ok, ich relativiere jetzt mal ein bisschen: Die zu meiner großen Freude als Opener präsente Jo Quail ist natürlich auch im Stehen bzw. in Bewegung ein Hörgenuss, so wie zuvor bereits im Dezember 2019 als Support von Mono erlebt. Und dann war da natürlich auch noch ihre gewaltige Premiere von "The Cartographer" mit großem Ensemble auf der Hauptbühne des Roadburn-Festivals. Doch hier stand die endlos sympathische Britin wieder alleine mit ihrem E-Cello und der Magie der Loop-Station auf der Bühne und entlockte ihrem Instrument in anspruchsvollen Kompositionen eine unglaubliche Fülle an atmosphärischen, harmonischen, melodischen und rhythmischen Klängen.

Obwohl es auch ein paar vielschichtige, mächtige Crescendi gab, die ich später auf der Heimfahrt gerne auf ihrem 2018er Album "Exsolve" nachgehört habe, merkte man schon, dass es sich im Schnitt um ein ruhigeres Set als während der Mono-Tour handelte. Das wunderbar entspannende, sehr klassisch orientierte Stück "Between Two Waves", welches einen tatsächlich sehr bildlich an ein zauberhafte Meeresküste entführte, ist nicht das Material, welches man einem betrunkenen Allweltsfestivalpublikum vorsetzen könnte.

Auch wenn Jo mit sich selbst ein paar Mal kritisch amüsiert ins Gericht ging und auf die Studioversion verwies, handelte es sich natürlich um eine großartige Performance einer tollen originären Künstlerin.

Nebenbei war heute nicht nur mein drittes Sitzkonzert in Folge, sondern Jo Quail war nach Björk und dem Quartet Berlin-Tokyo in Berlin ebenso das dritte Konzert hintereinander, welches instrumental nur von von Streichinstrumenten bestritten wurde. Das ist auch mal eine sehr unerwartete Statistik.  










EMMA RUTH RUNDLE

Dass Emma Ruth Rundles Fähigkeit, ihr Publikum komplett in den Bann zu schlagen, zunimmt, je weniger Mitmusiker sie begleiteten, ist ein Phänomen, welches mir bereits bekannt war. (obligatorischer Verweis auf Roadburn 2017 HIER!) Es bleibt dennoch beeindruckend, zu erleben, wie still ein mit hunderten Besuchern gefüllter Club an ihren Lippen hängen kann. Und so pur und unverstärkt wie hier, nur an akustischer (statt elektrischer) Gitarre oder Klavier, hatte ich sie bislang noch nicht gesehen.

Dieser Auftritt, den Emma in einem schwarz-weiß geteilten, an das Video von "Return" angelehnten Outfit begann, war tatsächlich maximal reduziert - nur ein einziger Spot Licht auf ihr (blöd für meine kleine Spielzeugkamera, der das zu wenig war) und der ganz große Mut zu leisen, beinahe schon geflüsterten, doch stets voll kontrollierten Tönen. Die Zuhörerschaft war so leise, dass der Dialog ihres manchmal knarrenden Klavierhockers mit den Sitzen des Publikums und dem gelegentlich umkippenden Leergut schon genauso als Teil der Performance zu werten waren, wie jedes kleine Quietschen ihrer Gitarrensaiten.

Emma Ruth Rundles Superpower - und auch dies sage ich nicht zum ersten Mal -, sind ihre Emotionen und wie direkt sie sie in ihrer Kunst teilen kann. Wen diese Stimme live unberührt lässt, der sollte sich beim Seelenklempner checken lassen! Dass sie daneben auch noch eine begabte Songwriterin ist, hilft natürlich auch.

Gespielt wurde wie erwartet das komplette letztjährige Album "Engine Of Hell". Dazu gab es als Zugabe noch "Living With The Black Dog".
Und für "Citadel", vorletzter Song des Albums und einziges Stück, vor welchem Emma nicht ihr Instrument wechselt, kam wie auch in der Studioversion Jo Quail am Cello zurück auf die Bühne. Das war nicht nur musikalisch schön anzuhören, sondern zeigte auch schnell, dass die menschliche Chemie auf dieser Tour hervorragend sein musste. Diese Konstellation passte schon von Humor und Bühnenverhalten her zusammen, noch bevor man überhaupt das stimmige musikalische Paket betrachtet. Und jenes war einfach magisch.

Was für ein wundervoller Sommerabend! Und das im Februar.








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