Sometimes German, sometimes English. • The title of this blog used to change from time to time. • Interested in me reviewing your music? Please read this! • I'm also a writer for VeilOfSound.com. • Please like and follow Audiovisual Ohlsen Overkill on Facebook!

2014-02-26

SUNN O))) & ULVER - Terrestrials

Das Runde muss ins Eckige. Es geht um Fußball.

Nur sind die Spieler schwerfällig durch den Kosmos treibende Titanen und das Spielgerät ist die Sonne.

Willkommen auf dem irreführenderweise "Erdlinge" betitelten Gemeinschaftsalbum der us-amerikanischen Drone-Doom-Band Sunn O))) und den norwegischen Sich-immer-wieder-neu-Erfindern Ulver:


SUNN O))) & ULVER - Terrestrials (2014)

"Terrestrials" besteht aus drei zwischen neuneinhalb und vierzehn Minuten lang düster vor sich hinwabernden Klanggebilden, die sich stilistisch irgendwo zwischen Ambient, orchestraler Advantgarde, zeitlupigstem Brummdoom und zu Eastern oder Spaghetti-Western kompatiblem Soundtrack verorten lassen.

Samba, Funk und Rhythmus generell gibt es wenig bis gar nicht, Atmosphäre dafür tonnenweise. Und gegen Ende kommt sogar ein wenig (unpeinlicher) Gothik-Gesang dazu.

Aufmerksamkeit und  hohe Lautstärke sind zum Ausmachen aller Details hilfreich.

Für den normalen Radiohörer, den Musik eigentlich gar nicht interessiert, ist diese Scheibe also die Hölle. Für alle anderen gilt: "Terrestrials" ist keine ganz einfache Kost, aber stets schön und niemals in die Gefilde anstrengender Krachexperimente der Marke Throbbing Gristle o.ä. abdriftend. Durch die übersichtliche Gesamtspielzeit kann man sich sogar leicht bequem zurücklehnen und in einem Rutsch von dem auch dramaturgisch sehr gelungen aufgebauten Werk umspülen lassen.

Die beiden Ursprungsbands mal außen vor lassend, fallen mir als Vergleiche an dieser Stelle Toby Driver (Maudlin Of The Well und Kayo Dot), John Zorn, Michael Gira / Swans und The Mount Fuji Doomjazz Corporation ein.

Gute Kunst also!

Ich kaufte diese CD übrigens zusammen mit "Pain Is Beauty" von Chelsea Wolfe. Passt auch zusammen.

Anspieltipps: Eternal Return, Let There Be Light, Western Horn

2014-02-11

CYNIC - Kindly Bent To Free Us

Es lohnt sich mitunter, neue Alben direkt beim Label zu vorzubestellen. In diesem Fall konnte ich nicht nur einige auf jeweils zwei Euro herabgesetzte Ausverkaufsschnäppchen u.a. von Kosmos und Jarboe / Justin Broadrick mit in den Einkaufswagen packen, sondern habe die CD bereits mehr als eine Woche vor der offiziellen Veröffentlichung am kommenden Freitag aus Frankreich zugestellt bekommen.

Und nun ist es nicht einmal Mitte Februar und kurz nach der neuen Transatlantic rotiert auch schon die zweite, aus einer vollkommen anderen Ecke des Genres stammende, für mich essentielle Prog-Neuerscheinung 2014 in meinem Player.


CYNIC - Kindly Bent To Free Us (2014)

Auch wenn es mich in den Fingern gejuckt hat, diesmal habe ich mir die Superdeluxewieauchimmersieheißt-Ausgabe des Albums verkniffen und mich mit dem CD-Digipack begnügt. Die Luxusvariante enthält zwar einige schöne Extras (z.B. ein Notenbüchlein für alle Instrumente), für mich wirklich interessant gewesen wären allerdings nur das Poster des wieder einmal wie direkt zu dieser Musik gemalten Covergemäldes von Robert Venosa und ein exklusiver Bonustrack. Aber dafür fast dreißig Ocken mehr ausgeben?

Der Werbesticker auf dem Album sagt: "For fans of Anathema, Porcupine Tree, Opeth."
Das ist zur Orientierung für Neuhörer durchaus in Ordnung, aber die Hörerfahrung von Cynic funktionierte schon immer anders als über den Vergleich zu anderen Bands oder die Zuordnung zu Musikstilen.

Im Fall von "Kindly Bent To Free Us" lief der Prozess bei mir so ab, dass ich mich zunächst einmal über die mir etwas schwammig vorkommende Produktion gewundert habe und ein, zwei Durchläufe brauchte, um mich an den Sound zu gewöhnen. Cynic haben das Album wie schon die letzte EP "Carbon-Based Anatomy" als Trio aus Paul Masvidal, Drummer Sean Reinert und Studio-Bassist Sean Malone aufgenommen und sich mit Gitarrenspuren so weit zurückgehalten, dass die Songs im Gegensatz zur bisherigen Diskographie auch live zu dritt funktionieren würden. Demnach tritt der Bass bzw. Chapman Stick viel weiter in den Vordergrund als bisher, während der Gesang oft relativ weit hinten ätherisch herumfliegt.
Der Sound ist in sich durchaus schlüssig, aber man muss sich evtl. etwas hineinhören.

Kaum war dies bei mir geschehen, merkte ich, dass ich nicht nur an den Klang gewöhnt, sondern auch schon das Album als Ganzes in mein Herz geschlossen hatte. Auch wenn es sich in vielerlei Belangen deutlich vom letzten Album "Traced in Air" unterscheidet, hat Paul Masvidal es doch schon wieder geschafft, Songs zu komponieren, die mich einfach auf einer beinahe - und diese für Esoterik anfällige Vokabel kommt in meinem Wortschatz eigentlich überhaupt nicht vor - spirituellen Ebene berühren. Ich kenne "Kindly Bent To Free Us" erst knapp eine Woche, aber die meisten Lieder fühlen sich an, als wären sie - wie das legendäre Debütalbum "Focus" - schon seit Ewigkeiten als guter Freund bei mir.

Was will ich mehr? Dass da stilistisch irgendwie Metal-Wurzeln mit Progrock, Jazz und Weltmusik vermengt werden, dass da schon wieder niemand grunzt, aber dafür mehr "klassische" Gitarrensoli vorkommen, dass das es kein köstlicheres musikalisches Sahnehäubchen gibt als das Drumming von Sean Reinert, oder dass der Schluss von "Holy Fallout" beweist, dass die scheinbar einfachsten Arrangements manchmal auch die schönsten sind... das alles sind bei diesem durchgehend melancholischen, dabei aber immer positiv aufbauenden Werk im Grunde nur Randnotizen.

Um das Haar in der Suppe nicht zu vernachlässigen: Mit dem letzten Track, dem mantraartigen "Endlessly Bountiful" bin ich bisher noch nicht ganz warm geworden, da er mir in seiner Funktion zu sehr an "Nunc Stans" von "Traced In Air" angelehnt ist, an dessen Klasse aber nicht ganz heranreicht.

An den restlichen sieben Stücke finde ich allerdings auch auf höchstem Niveau noch absolut gar nichts zu meckern. Es ist eben Cynic. Und mit einer Gesamtlänge von 42 Minuten ist "Kindly Bent To Free Us" für diese Band, die in zwei Minuten mitunter mehr ausdrücken kann als manche andere Künstler in ihrem ganzen Leben, ja fast schon ein Doppelalbum.


Anspieltipps: Kindly Bent To Free Us, Holy Fallout, Infinite Shapes, Moon Heart Sun Head

2014-02-09