Ja moin!
Ich könnte jetzt vielleicht abenteuerliche Geschichten vom Chaoscampen mit knietief im Schlamm versunkenen Zelten, nicht mehr geleerten Dixies, Mudwrestling und meiner von oben bis unten tiefschwarz verdreckten Karre erzählen.
Aber ich bin ja Heimschläfer und habe im Dorf geparkt, also habe ich mir das ganz schlimme Elend auf den Campingplätzen ersparen können.
Doch auch auf dem Festivalgelände gab es spätestens Samstag Nacht Bodenverhältnisse, die jeder Beschreibung spotteten und die ich nach allen Maßnahmen der letzten Jahre so wirklich nicht mehr auf dem Wacken Open Air erwartet hatte. Die Inuit sollen ja unglaublich viele Worte für "Schnee" kennen. Für "Matsch" müsste es auch viel mehr abstufende Begriffe geben, um dieses glitschig suppige Geschmiere, das teilwiese nur im tapsigen Zeitlupenschritt sicher zu passieren war, auch nur annähernd adequat umschreiben zu können.
Dabei hatte es eigentlich gar nicht viel geregnet. Nur eben gewaltig große Mengen auf einmal.
Aber damit für's erste genug vom Wetter, das ist ja in diesem Sommer ohnehin kein erfreuliches Thema...
Zum Glück haben die meteorologischen Umstände es nicht geschafft, mir das Festival zu verderben.
Nein, es war wie schon in den vergangenen Jahren große klasse!
Dennoch beginne ich mal mit einem Schwall Negativkritik:
Kann bitte irgendwer den Herren Hübner und Jensen ein Lexikon mit der Definition von "Überraschung" schenken?
Da entpuppt sich doch der "Surprise Act" tatsächlich als Edguy, eine Band die im vergangenen Jahrzehnt nicht nur schon eins, zwei, drei, vier, fünf Mal in Wacken gespielt hat (zuletzt 2010), sondern deren Seitenprojekt Avantasia ja erst letztes Jahr auf uns losgelassen worden ist.
Mal ganz unabhängig davon wie wenig ich mit der Musik anfangen kann; eine Gruppe, die sowieso jedes zweite Mal dabei ist, als Überraschung anzukündigen, erfüllt meiner Meinung nach schon den Tatbestand grober Verarsche.
Und klar, für einen Festivalneuling mag es durchaus überraschend sein, dass das Programm auf den Hauptbühnen des größten Metalfestivals der Welt mit einer erschreckend mittelmäßigen Coverband, bei der einer der Veranstalter irgendwann zwischen Paläozoikum und Neoproterozoikum mal Bass gespielt hat, eröffnet wird. Wenn bei diesem komischen Ritual aber Doro Pesch aus der Ledertorte hüpft, um uns mit der von uns doch niemals verlangten Warlock-Gedenk Wacken-Hymne "We Are The Metalheads" fremdzubeschämen, dann ist sie definitiv kein Überraschungsgast.
Da könnte man mir ja genauso gut das übliche Frei.Wild-Merchandising in der Full Metal Bag als Sensation verkaufen.
Man werfe nur einen schnellen Blick auf das Program von True Metal Stage und Black Stage; immergleiche Nummer-Sicher-Auftritte von Hauptbühnen-Dauerabonnenten, wo man nur hinschaut: Saxon, U.D.O., Hammerfall, The Boss Hoss, Overkill, In Flames usw.... *gääähn*
Auch wenn ich selbst mit manchen dieser Dauerrotations-Bands ja tatsächlich persönlich etwas anfangen kann - als Kreativleistung der Bookingabteilung ist das ständige Auftischen desselben Breis einfach unterirdisch.
Und dann waren da ja noch die Scorpions, die doch neulich erst halbwegs versprochen hatten, dass ihr Night-to-Remember-Auftritt einer ihrer letzten sein sollte und die nun doch wieder auf der Matte standen. Zum Glück gingen dieses Ohrenzeugen zufolge äußerst magere Schauspiel vollkommen an mir vorbei.
Mit Deep Purple sind für 2013 immerhin schon hochkarätige Wacken-Debütanten angekündigt. Anderseits spielen aber auch "Sensationsgäste" wie Nightwish, Subway To Sally, Arch Enemy und Rage mit dem Lingua Mortis Orchestra. Leute, fällt euch wirklich so wenig neues ein?
Als am Samstag über die Videowände dann zu allem Überflüss auch noch die offensichtlich unvermeidliche 30-Jahres-Jubiläumsshow von Doro angekündigt wurde, brandete verständlicherweise ironischer Applaus auf.
Ist der Pool an möglichen Bands wirklich schon so erschöpft? Ich glaube nicht.
Zumal ja z.B. das Doom-Genre nur selten bedient oder der Progmetal-Sektor geradezu sträflich vernachlässigt wird.
Zum Glück treten ja insgesamt so viele Künstler auf, dass man am richtigen Ort zur richtigen Zeit immer noch etwas entdecken kann. Dennoch wäre meiner bescheidenen Meinung nach bei der Besetzung des Infields noch sehr viel mehr Abwechslung möglich.
Abwechslung gab es mal wieder bei einigen Hauptsponsoren, was gute und schlechte Auswirkungen hatte.
So wurde der Jägermeister-Hochsitz durch einen Turm von Captain Morgan ersetzt, welcher größer war, dadurch mehr Sicht versperrte, und auf den vor allem kaum irgendjemand überhaupt hochgelassen wurde. Macht man so Werbung?
Anderseits konnte die Fläche, auf der in den letzten Jahren der riesige Kran mit der ebenfalls sehr priviligierten orangen Schwebe-Bar stand, diesmal sinnvoller genutzt werden, u.a. durch einen Hochstand, der keinem die Sicht nahm oder ein Zelt, in dem mehrere Künstler ihre teilweise wacken-bezogenen Werke ausstellten, am prominentesten darunter wohl die großformatigen Gemälde von Jens Rusch.
Außerdem hat mich dieses Zelt vor dem ersten Wolkenbruch am Freitag bewahrt, was sich allerdings wenig später egalisierte...
Apropos Zelt: Die beste Neuerung des Jahres war eindeutig, dass das muffige W.E.T.-Stage-Zelt aus dem Infield ausgelagert wurde und auch das zu Stoßzeiten überlastete alte Bullhead City-Zelt das zeitliche gesegnet hat.
Stattdessen gab es nun ein gigantisches neues Zelt mit acht Pagoden, in dem man ein ganzes Dorf hätte errichten können und das mit einer stilvollen Doppelbühne fast ständig bespielt wurde.
Wet-T-Shirt-Contests gab es meines Wissens nach keine mehr, und auch Masters Of Comedy und Wrestlingzirkus befinden sich anscheinend wieder auf dem Rückzug.
Das neue Thrash Of The Titans Field, auf dem diverse Bastler ihre feuerspeienden Pferde, Drachen und Hyänen präsentiert haben, wird wohl auch eher eine temporäre Episode bleiben. Abgesehen davon, dass man jenseits der zweiten Reihe kaum etwas vom Geschehen sehen konnte, war es nach anfänglicher Faszination für die handwerkliche Kreativität dann doch nicht so spannend, dass man es als feste Institition bräuchte.
Dann doch lieber das Wackinger Village etwas umgestalten. Jenes war diesmal zu sehr Durchgang und längst nicht so gemütlich wie die letzten Jahre. Wo waren all die Sitzgelegenheiten hin? Außerdem haben wir die leckeren überbackenen Apfelringe vermisst.
Nun war die Beschaffenheit des Bodens nicht gerade zur Förderung von Gemütlichkeit gemacht. Bei Supersommersonnenschein wäre die Umgestaltung des Platzes vielleicht auch weniger unvorteilhaft gewesen, das vermag ich nicht zu beurteilen.
Schön ist, dass Wacken nach wie vor ein Festival relativ kurzer Wege ist. Innerhalb des eigentlichen Festivalbereiches (also Infield plus Vorplatz, Metalmarkt, Wackinger und Bullhead City) war selbst unter diesen Exremumständen jeder Ort relativ flott zu erreichen.
Am fiesesten fand ich den Weg vom Festivalgelände zum Dorf entlang des autofreien Zeltplatzes. Dass man auf einer so wichtigen Strecke schon von Anfang an einen Graben überklettern musste und direkt daneben einen der trügerischsten Tümpel des Areals durchqueren (die armen Schweine, der Zelte dort tief im Wasser standen, waren nur zu bedauern), das war schon ziemlich heavy, vor allem Samstag um drei Uhr nachts, als man eigentlich dachte, jede Form von aufgematschtem Katastrophenboden schon gesehen zu haben, nur um ganz zum Schluss noch einmal die Krönung serviert zu bekommen.
Aber ich will mich nicht beschweren. Trotz einiger knapper Situationen konnte ich mich immer auf den Beinen halten und bin oberhalb der Knie von porentiefer Verdreckung verschont geblieben. Das hat weiß der Teufel nun wirklich nicht jeder geschafft. *g*
Mittwoch
... konnte ich dieses Jahr noch nicht hin. Das finde ich im Nachhinein auch nicht weiter schlimm, weil das ja auch Kräfte geschont hat und ich mich so schneller vom Festival erholen konnte als in den Vorjahren.
Ein bisschen Wacken-Feeling gab's natürlich schon, als ich am itzehoer Bahnhof einen Anreisenden beobachten durfte, der gerade vollkommen dicht in seine Mütze gekotzt hatte. Lecker.
Donnerstag
... war es auf dem Platz zum Teil noch staubtrocken.
Dafür fehlte mir zur fortgeschrittenen Stunde etwas der einer Night To Remember würdige Headliner.
Bei Volbeat und U.D.O. kann ich schon dem Gesang nicht genug abgewinnen und Saxon waren auch einfach schon viel zu oft da.
Die Eröffnung mit Skyline hatte ich ja schon weiter oben angesprochen. Wahrscheinlich hat es System, nicht gleich mit einer Kracherband anzufangen, damit die Leute sich nach Öffnung der Eingänge noch etwas Zeit lassen, anstatt sich gleich alle auf einmal durchquetschen zu wollen.
Ein richtiges Highlight gab es auf der Black Stage mit Sepultura aber schon. Den größten Teil des Auftritts wurden die Brasilianer von der Ölfass-Trommlertruppe Les Tambours Du Bronx unterstützt, was super funktionierte und mal eine angenehme Abwechslung von den auch schon bald inflationären Orchester-Shows (dieses Jahr u.a. Dimmu Borgir) darstellte.
Beim letzten Stück, dem eigentlich ja ziemlich stumpfen "Roots Bloody Roots" hatte ich sogar ein bisschen Gänsehaut. Sehr guter und symphatischer Auftritt!
Danach ging es nach etwas Geländeerkundung in das Bullhead City-Zelt, um die belgische Thrash/Hardcore-Gruppe Channel Zero zu sehen, die ich von einem Auftritt im schenefelder "High Noon" (R.I.P.) im letzten Jahrtausend noch in guter Erinnerung hatte. Vom einzigen Album der Band, dass ich besitze ("Stigmatized For Life", 1993) habe ich zwar keinen Song erkennen können, aber trotzdem war das Konzert eine runde, mehr als einmal an Pantera erinnernde Sache.
Unmittelbar davor gab es auf der benachbarten Bühne mit Chthonic aus Taiwan noch ein ganz derbes Black/Folk-Metal-Brett. Nicht unbedingt mein Leib-und-Magen-Genre, aber schon ziemlich geil.
Zwischen den beiden Bühnen im Zelt hängt - ebenso wie draußen auf dem Vorplatz - auch ein Bildschirm. Die Bildregie dafür hing während der Chthonic-Show übrigens auffallend oft am Close-Up der Bassgitarre und somit auch der Strapsstrumpfklamotte der Bassistin fest. Als für die letzten beiden Stücke der Violinist von Turisas auf die Bühne kam, merkte man richtig, dass jemand mal froh war, ein anderes Motiv zeigen zu dürfen.
Insgesamt fand ich die Bildauswahl auf dem Festival allerdings besser als letztes Jahr. Nur dass Samstag Nachmittag offenbar mal wieder die Kameraleute aufgebraucht waren und man sich bei Six Feet Under auf der Black Stage nur mit einer Bühnentotalen zufrieden geben musste, war wie schon bei Sodom letztes Jahr etwas halbgar.
Aber nun mal wieder schön der Reihe nach! Vor Samstag kommt schließlich immer noch... genau:
Dafür fehlte mir zur fortgeschrittenen Stunde etwas der einer Night To Remember würdige Headliner.
Bei Volbeat und U.D.O. kann ich schon dem Gesang nicht genug abgewinnen und Saxon waren auch einfach schon viel zu oft da.
Die Eröffnung mit Skyline hatte ich ja schon weiter oben angesprochen. Wahrscheinlich hat es System, nicht gleich mit einer Kracherband anzufangen, damit die Leute sich nach Öffnung der Eingänge noch etwas Zeit lassen, anstatt sich gleich alle auf einmal durchquetschen zu wollen.
Ein richtiges Highlight gab es auf der Black Stage mit Sepultura aber schon. Den größten Teil des Auftritts wurden die Brasilianer von der Ölfass-Trommlertruppe Les Tambours Du Bronx unterstützt, was super funktionierte und mal eine angenehme Abwechslung von den auch schon bald inflationären Orchester-Shows (dieses Jahr u.a. Dimmu Borgir) darstellte.
Beim letzten Stück, dem eigentlich ja ziemlich stumpfen "Roots Bloody Roots" hatte ich sogar ein bisschen Gänsehaut. Sehr guter und symphatischer Auftritt!
Danach ging es nach etwas Geländeerkundung in das Bullhead City-Zelt, um die belgische Thrash/Hardcore-Gruppe Channel Zero zu sehen, die ich von einem Auftritt im schenefelder "High Noon" (R.I.P.) im letzten Jahrtausend noch in guter Erinnerung hatte. Vom einzigen Album der Band, dass ich besitze ("Stigmatized For Life", 1993) habe ich zwar keinen Song erkennen können, aber trotzdem war das Konzert eine runde, mehr als einmal an Pantera erinnernde Sache.
Unmittelbar davor gab es auf der benachbarten Bühne mit Chthonic aus Taiwan noch ein ganz derbes Black/Folk-Metal-Brett. Nicht unbedingt mein Leib-und-Magen-Genre, aber schon ziemlich geil.
Zwischen den beiden Bühnen im Zelt hängt - ebenso wie draußen auf dem Vorplatz - auch ein Bildschirm. Die Bildregie dafür hing während der Chthonic-Show übrigens auffallend oft am Close-Up der Bassgitarre und somit auch der Strapsstrumpfklamotte der Bassistin fest. Als für die letzten beiden Stücke der Violinist von Turisas auf die Bühne kam, merkte man richtig, dass jemand mal froh war, ein anderes Motiv zeigen zu dürfen.
Insgesamt fand ich die Bildauswahl auf dem Festival allerdings besser als letztes Jahr. Nur dass Samstag Nachmittag offenbar mal wieder die Kameraleute aufgebraucht waren und man sich bei Six Feet Under auf der Black Stage nur mit einer Bühnentotalen zufrieden geben musste, war wie schon bei Sodom letztes Jahr etwas halbgar.
Aber nun mal wieder schön der Reihe nach! Vor Samstag kommt schließlich immer noch... genau:
Freitag:
Bei aller Kritik möchte ich noch einmal betonen, dass die Veranstalter - gerade angesichts der Umstände - das meiste richtig gemacht haben. Die größten Versager waren an diesem Wochenende andere, nämlich der Wetterbericht und jene, die ihm vertraut haben - also ich!
Das bisschen Regen? Da ziehe ich doch heute nur Turnschuhe an!
Tja, das war nicht ganz so schlau.
Den ersten Wolkenbruch überstanden mein Bruder und ich ja, wie schon weiter oben erwähnt, im W:O:Art-Zelt, wo - soviel Boulevardberichterstattung muss sein - auch Hans-Werner Olm und Dietmar Wischmeyer fest hingen. Der Mann hatte einen Artist-Pass. In welcher Band spielt er eigentlich?
Glück hatten nebenan die Pfahlsitzer, die ihre sechs Stunden nicht mehr voll aussitzen mussten und trotzdem an ihren V.I.P.-Pass kamen. Wesentlich unmatschiger dürfte es aber auch im Backstagebereich nicht gewesen sein...
Das bisschen Regen? Da ziehe ich doch heute nur Turnschuhe an!
Tja, das war nicht ganz so schlau.
Den ersten Wolkenbruch überstanden mein Bruder und ich ja, wie schon weiter oben erwähnt, im W:O:Art-Zelt, wo - soviel Boulevardberichterstattung muss sein - auch Hans-Werner Olm und Dietmar Wischmeyer fest hingen. Der Mann hatte einen Artist-Pass. In welcher Band spielt er eigentlich?
Glück hatten nebenan die Pfahlsitzer, die ihre sechs Stunden nicht mehr voll aussitzen mussten und trotzdem an ihren V.I.P.-Pass kamen. Wesentlich unmatschiger dürfte es aber auch im Backstagebereich nicht gewesen sein...
Der Musikgeschmack meiner erneut aus Helvetien angereisten Begleitung unterscheidet sich in einigen Punkten erheblich von meinem, so dass sie sich währenddessen in der ersten Reihe bei Kamelot für den Rest des Tages bis auf die Knochen durchnässte, was mir natürlich niemals hätte passieren können. Doch dasselbe Schicksal sollte mich noch am frühen Abend bei meinem persönlichen Headliner ereilen.
Dieser war ebenfalls aus der Schweiz angereist und hatte mich im April auf dem Roadburn Festival in Tilburg schon uneingeschränkt überzeugt; die Rede ist natürlich von den Ausnahme-Thrashern Coroner.
Nach etwas Overkill hier und ein bisschen The Boss Hoss dort ging es um 18:30 Uhr auf der Party Stage endlich los: Mit der Präziszion eines schweizer Uhrwerks, um mit dem wohl ausgelatschtesten aller Bilder zu sprechen, feuerten die Herren Broder, Vetterli und Edelmann (plus Gastkeyboarder) ihre unerreichten Riffs, Soli und Grooves in die Menge und hatten dabei einen so gnadenlos guten Sound, dass selbst Petrus der Mund offen stand und sich der Regen in Kübeln auf das tapfer ausharrende Publikum ergoss.
Unter diesen Bedingungen - und mit Opeth parallel auf der größeren Bühne - versammelte sich natürlich keine rekordverdächtige Menge vor der Party Stage, doch die Band blieb von all dem unbeeindruckt und man hatte das Gefühl, dass Erlebniswert und Exklusivität des Konzerts dadurch sogar gesteigert wurden.
Der Schwerpunkt des Sets lag wie erwartet auf dem 1993er Meisterwerk "Grin", welches damals seiner Zeit gnadenlos voraus war und bis heute nichts von seiner Relevanz eingebüßt hat. Als der Auftritt schließlich mit dessen Titeltrack endete, zollte sogar der Himmel Coroner Respekt und goldener Sonnenschein begann unsere durchsuppte Kleidung wieder zu trocknen.
Dummerweise konnte ich sie ihre Arbeit leider nicht beenden lassen, denn ich musste ja gleich rüber auf die komplett andere Seite des Festivalareals, wo im Zelt auf der Headbanger Stage die Hardcore-Veteranen Dirty Rotten Imbeciles (oder auch kurz D.R.I.) zockten.
Nach Coroner waren die Texaner natürlich im Vergleich eine ganze Ecke gröber, so dass ich mich schon kurz mit dem Sound akklimatisieren musste. Stücke wie "Five Year Plan" oder "Beneath The Wheel" machten dann aber ordentlich Laune.
Direkt im Anschluss spielte die krudeste Gruppe, die ich dieses Jahr erlebt habe, welche die Hälfte ihres Publikums vermutlich aus jenen Interessierten rekrutiert, die einfach mal wissen wollen, was sich hinter diesem bekloppten Bandnamen We Butter The Bread With Butter verbirgt.
Also richtige Songs sind es kaum, aber da macht eigentlich nichts. Stattdessen gab es einen ziemlich extremen Mix aus Death und anderem Metal, Kirmestechno und hastenichtgesehen und scheinbar ohne Rücksicht auf Verluste zufällig zusammengewürfelt.
Und irgendwie ist das so bekloppt, dass es funktioniert. Die Stulle eben fett mit Fett beschmiert! Noch ein Deichkind-Cover, welches Mambo Kurt allerdings auch schon x-mal in Wacken performed hat, dazu und die junge Fanschar flippt fachgerecht aus.
Wieder im Freien hatte die Sonne sich inzwischen fast verabschiedet und es wurde im Verlauf der nächsten Stunden dann ohne Wechselklamotten doch unangenehm klamm und kalt. Die Regenjacke aus der Full Metal Bag hätte da sicherlich helfen können, aber ich Opimist wollte sie mir ja aufsparen für den Moment, in dem sie wirklich nötig sein würde. Haha.
Wir wollten nun eigentlich alle drei nach Hause unter die warme Dusche, konnte dies nur dummerweise dank des überlasteten Handynetzes untereinander nur mit ewiger Verspätung kommunizieren, so dass die letzten Stunden noch recht hart wurden und wir für den Moment so gar nicht wussten, ab wann und wie gesund wir uns am nächsten Tag ins Getümmel stürzen würden.
Dieser war ebenfalls aus der Schweiz angereist und hatte mich im April auf dem Roadburn Festival in Tilburg schon uneingeschränkt überzeugt; die Rede ist natürlich von den Ausnahme-Thrashern Coroner.
Nach etwas Overkill hier und ein bisschen The Boss Hoss dort ging es um 18:30 Uhr auf der Party Stage endlich los: Mit der Präziszion eines schweizer Uhrwerks, um mit dem wohl ausgelatschtesten aller Bilder zu sprechen, feuerten die Herren Broder, Vetterli und Edelmann (plus Gastkeyboarder) ihre unerreichten Riffs, Soli und Grooves in die Menge und hatten dabei einen so gnadenlos guten Sound, dass selbst Petrus der Mund offen stand und sich der Regen in Kübeln auf das tapfer ausharrende Publikum ergoss.
Unter diesen Bedingungen - und mit Opeth parallel auf der größeren Bühne - versammelte sich natürlich keine rekordverdächtige Menge vor der Party Stage, doch die Band blieb von all dem unbeeindruckt und man hatte das Gefühl, dass Erlebniswert und Exklusivität des Konzerts dadurch sogar gesteigert wurden.
Der Schwerpunkt des Sets lag wie erwartet auf dem 1993er Meisterwerk "Grin", welches damals seiner Zeit gnadenlos voraus war und bis heute nichts von seiner Relevanz eingebüßt hat. Als der Auftritt schließlich mit dessen Titeltrack endete, zollte sogar der Himmel Coroner Respekt und goldener Sonnenschein begann unsere durchsuppte Kleidung wieder zu trocknen.
Dummerweise konnte ich sie ihre Arbeit leider nicht beenden lassen, denn ich musste ja gleich rüber auf die komplett andere Seite des Festivalareals, wo im Zelt auf der Headbanger Stage die Hardcore-Veteranen Dirty Rotten Imbeciles (oder auch kurz D.R.I.) zockten.
Nach Coroner waren die Texaner natürlich im Vergleich eine ganze Ecke gröber, so dass ich mich schon kurz mit dem Sound akklimatisieren musste. Stücke wie "Five Year Plan" oder "Beneath The Wheel" machten dann aber ordentlich Laune.
Direkt im Anschluss spielte die krudeste Gruppe, die ich dieses Jahr erlebt habe, welche die Hälfte ihres Publikums vermutlich aus jenen Interessierten rekrutiert, die einfach mal wissen wollen, was sich hinter diesem bekloppten Bandnamen We Butter The Bread With Butter verbirgt.
Also richtige Songs sind es kaum, aber da macht eigentlich nichts. Stattdessen gab es einen ziemlich extremen Mix aus Death und anderem Metal, Kirmestechno und hastenichtgesehen und scheinbar ohne Rücksicht auf Verluste zufällig zusammengewürfelt.
Und irgendwie ist das so bekloppt, dass es funktioniert. Die Stulle eben fett mit Fett beschmiert! Noch ein Deichkind-Cover, welches Mambo Kurt allerdings auch schon x-mal in Wacken performed hat, dazu und die junge Fanschar flippt fachgerecht aus.
Wieder im Freien hatte die Sonne sich inzwischen fast verabschiedet und es wurde im Verlauf der nächsten Stunden dann ohne Wechselklamotten doch unangenehm klamm und kalt. Die Regenjacke aus der Full Metal Bag hätte da sicherlich helfen können, aber ich Opimist wollte sie mir ja aufsparen für den Moment, in dem sie wirklich nötig sein würde. Haha.
Wir wollten nun eigentlich alle drei nach Hause unter die warme Dusche, konnte dies nur dummerweise dank des überlasteten Handynetzes untereinander nur mit ewiger Verspätung kommunizieren, so dass die letzten Stunden noch recht hart wurden und wir für den Moment so gar nicht wussten, ab wann und wie gesund wir uns am nächsten Tag ins Getümmel stürzen würden.
Zu Hause aus den glitschigen schwarzen Turnschuhen rauszukommen war dann allerdings die finale schwerste Prüfung des Tages. Und Junge, was waren unter den Socken auch meine Füße tiefenverdreckt! Das hätte ich eigentlich dokumentieren sollen.
Dokumentationstechnisch lief bei mir sowieso nicht viel. Ich hatte die gleiche unkonventionelle Kamerapaarung aus Adox Golf und Pingo-Spielzeugkamera wie letztes Jahr dabei, doch ich war irgendwie mehr damit beschäftigt, mich auf den Untergrund zu konzentrieren, als Bilder machen zu wollen, so dass ich nicht mal meine zwei Filme gefüllt bekommen habe, dafür aber lästig oft an misstrauische Ordner geriet. Einem musste ich sogar erst erzählen, dass sein Kollege sich im Vorjahr zur Lachnummer gemacht hatte, als er mich mit meinem "Zoom" abweisen wollte, um durchgelassen zu werden.
Beim Thema alte Geschichten fällt mir ein, dass uns Henry Rollins zum Auftakt des Freitags ja auch eben solche erzählt hat. Das hätte ich doch beinahe unterschlagen.
Manchmal wirkte es zwar ein bisschen, als sei er im Wahlkampf zum Präsidenten der globalen Metal-Gemeinde, insgesamt waren seine Anekdoten von diversen Extremsituationen auf Tour mit Black Flag oder einem Rattenbarbeque in Indien aber durchaus sehr unterhaltsam. So ein Spoken Word-Auftritt von jemandem, der wirklich etwas zu sagen hat, ist mir dann im Grunde auch lieber als die etwas bemühten Versuche, Comedy auf dem Festival zu etablieren.
Die eigentliche Comedy, so zeigte auch dem Letzten das Licht des neuen Tages, lag ja ohnehin unter unseren Füßen...
Dokumentationstechnisch lief bei mir sowieso nicht viel. Ich hatte die gleiche unkonventionelle Kamerapaarung aus Adox Golf und Pingo-Spielzeugkamera wie letztes Jahr dabei, doch ich war irgendwie mehr damit beschäftigt, mich auf den Untergrund zu konzentrieren, als Bilder machen zu wollen, so dass ich nicht mal meine zwei Filme gefüllt bekommen habe, dafür aber lästig oft an misstrauische Ordner geriet. Einem musste ich sogar erst erzählen, dass sein Kollege sich im Vorjahr zur Lachnummer gemacht hatte, als er mich mit meinem "Zoom" abweisen wollte, um durchgelassen zu werden.
Beim Thema alte Geschichten fällt mir ein, dass uns Henry Rollins zum Auftakt des Freitags ja auch eben solche erzählt hat. Das hätte ich doch beinahe unterschlagen.
Manchmal wirkte es zwar ein bisschen, als sei er im Wahlkampf zum Präsidenten der globalen Metal-Gemeinde, insgesamt waren seine Anekdoten von diversen Extremsituationen auf Tour mit Black Flag oder einem Rattenbarbeque in Indien aber durchaus sehr unterhaltsam. So ein Spoken Word-Auftritt von jemandem, der wirklich etwas zu sagen hat, ist mir dann im Grunde auch lieber als die etwas bemühten Versuche, Comedy auf dem Festival zu etablieren.
Die eigentliche Comedy, so zeigte auch dem Letzten das Licht des neuen Tages, lag ja ohnehin unter unseren Füßen...
Samstag:
Spät sind wir aus dem Bett gekommen, und ich hätte gut noch ein paar weitere Stunden dranhängen können.
Doch die Running Order war gnadenlos und brüllte schon um 14:00 Uhr Napalm Death!
Die britischen Grindcore-Veteranen habe ich mit ihrem aktuellen Album "Utilitarian", welches für mich bisher heißester Anwärter auf den Titel Metalalbum des Jahres des Jahres ist, auch wenn ich mich bislang nicht zu einem Review bequemt habe, ja gerade erst diesen Februar wiederentdeckt, und so stand ich begleitet von den letzten Kinderliederklängen von Gamma Ray dann auch rechtzeitig auf der Matte, um mir von Tanzbär Barney und Co. die Welt des gepflegten Geknüppels erklären zu lassen.
Und gerade die neuen Stücke wie der Opener "Errors In The Signals", "Analysis Paralysis" oder der Ohrwurm "The Wolf I Feed" mit Leadvocals von Mitch Harris wussten mich auch besonders zu begeistern. Und ein paar Sekundenbruchteil-Epen durften natürlich auch nicht fehlen. Daumen nach oben für Napalm Death.
Als nächstes wollte ich dann gerne im Zelt Electric Wizard sehen, von denen ich einiges Gutes gelesen hatte, doch die Band stand leider im Stau und fiel deswegen aus. Als Überbrückung zu diesem nicht stattgefundenen Auftritt spielten vorher aber noch die Stoner-Metaller von Kylesa, die mit Trademarks wie zwei Drummern, männlichem und weiblichem hingerotzten Scheißegal-Gesang und einem letzten Stück, dass ein bisschen wie eine Black Sabbath-Interpretation von "Set The Controls For The Heart Of The Sun" klang, einen schönen, kurzweiligen Gig hinlegten.
Zurück vor den Hauptbühnen waren nach einer Dosis Six Feet Under-Death Metal als Thrash-Highlight des Tages Testament am Start. Ob ich von der Band jemals einen Tonträger brauche? Keine Ahnung, aber live sind sie zweifellos eine Macht. Vor allem Frontmann Chuck Billy beeindruckt nicht nur mit seiner powervollen Stimme, sondern auch durch das unermüdliche Air Guitar-Spiel auf seinem eigens dafür optimierten Mikrofonständer. Meine Theorie ist ja, dass die Gitarristen bei Testament nur Playback spielen und der gesamten Saitensound in Wahrheit von seinem Mikroständer erzeugt wird. Hoffen wir also, dass dieser live nie ausfällt!
Am frühen Abend kam wieder eines dieser heavy Regenbänder vorbei und trieb uns rasch mal wieder in den Bullhead City -Dom. Im hinteren Bereich des Zeltes gab es tatsächlich eine noch trockene, mit echtem Gras bewachsene Liegewiese! Da traf es sich hervorragend, dass Moonspell ein semiakustisches Set mit Kammerorchester spielten, bei dem es sich hervorragend mal vierzig Minuten lang entspannen ließ.
Im Anschluss machte der mächtig abgehende melodische bis deaththrashige Alles-mögliche-Metal von Sylosis dann jedoch wieder schnell munter. Gleich im Anschluss gab es mit Nasum eine Vollbedienung Grindcore mit einigen fiesen Breaks und amtlicher Groovefestigkeit zwischen den dominierenden Blastbeats.
Und sofort wartete der nächste Programmpunkt, die Scorp... nein Quatsch, auf der Wackinger Stage gab das mittlerweile anscheinend auch festangestellte Partykollektiv Russkaja seine letzte Wacken-Vorstellung für dieses Jahr. Die Öster-Russen haben sich im Vergleich zum Vorjahr nochmal gesteigert und spielten das Gute-Laune-Konzert des Festivals. In Sachen Publikumsanimation und Spaß auf der Bühne konnte ihnen niemand das Wasser reichen. Zu geil, muss man mal gesehen haben!
Der nächste Wolkenbruch kam zum Glück genau pünktlich nach Russkaja, als ich mich gerade unter dem Vordach einer Crêpe-Bude befand. Im Schutze der inzwischen dann doch mal ausgepackten und schon halb eingerissenen offiziellen Full Metal Regenjacke ging es ein letztes Mal ins Zelt, wo Suicide Silence der abtropfenden Meute abermals eine kräfte Deathgrind-Abreibung verpassten, dessen Kernkompetenz dank korneskem Tuning vor allem im ganz tiefen Erdrutschbassbereich lag.
Als krönender Abschluss waren um 00:45 Uhr Ministry angedacht, von denen ich beim W:O:A 2006 kaum etwas mitbekommen hatte, weil ich damals ja mein Auto auf einem weder gekennzeichneten noch beleuchteten Campingplatz suchen musste.
Da die Herren Meine und Schenker allerdings zu spät auf die Bühne gekommen waren, hatte sich das Programm um eine Viertelstunde nach hinten verschoben, was für den Wacken-Zeitplan mittlerweile eine halbe Ewigkeit darstellt, so dass ich auch noch ein paar Songs von Machine Head mitbekam. Ist ja alles super gespielt, aber irgendwie erreicht mich deren Musik einfach nicht. Und vor einem vieltausendfachem Publikum einen Besucher in der ersten Reihe aufzuziehen, weil die Mädels neben ihm mehr headbangen als er, finde ich eher peinlich als cool. Das könnte man im Grunde auch als Mobbing verstehen.
Ministry waren da sehr viel distanzierter. Da über die Bildschirme nur Videos, aber keine Livebilder liefen, musste man schon näher rankommen, um etwas von der Stageaction zu sehen. Und selbst die Gestalten auf der Bühne waren sehr, ich sag mal anonym ausgeleuchtet.
Das hat natürlich Methode, will der hochpolitische Industrialmetal der Mannen um Oberhäuptling Al Jourgensen doch kalt und brutal serviert werden. In seiner (sicherlich berechtigten) extrem anti-republikanischen Haltung mit den zahlreichen Sprachsamples und Filmschnipseln der Herren Bush senior wie junior und ihrer Kader wirken Ministry phasenweise erstaunlich retro, aber die Songs stammen ja nunmal aus jenen Zeiten, und wenn man bedenkt, in welchen Drachentöter-Äonen viele andere Bands steckengeblieben sind... also drauf geschissen!
Was hier abgeliefert wurde, das kann so sonst keiner. Obwohl ich die zahlreichen Alben nach "Filth Pig" nicht kenne, und somit die meisten Songs neu für mich waren, fühlte ich mich allerbestens unterhalten. Dennoch war das Trio aus den Klassikern "N.W.O.", "Just One Fix" und "Thieves" am Schluss natürlich das Highlight eines insgesamt viel zu kurzen Auftritts. Wollte / müsste ich eine Rangfolge aufstellen, dann kämen vor Ministry bei diesem 23. Wacken Open Air wohl nur Coroner.
Als letzte musikalische Notiz sei fairerweise bemerkt, dass die vor einer tapfer ausharrenden Traube den Rausschmeißer machenden Edguy dann gar nicht so schlimm waren, wie ich sie in Erinnerung hatte. Verglichen mit ihrem Ableger Avantasia sind sie ja quasi schon cool wie Slayer. Ok, alles ist relativ...
Ich war relativ glücklich, mich auf dem Weg aus dem Infield mit drei, vier Ausfallschritten vor einem späten Sturz in den tiefschwarzen Modder retten zu können, und auch auf dem berüchtigten Weg zum Dorf mit dem fiesen Graben, welcher alles vorher an Schlamm Gesehene noch einmal in den Schatten stellte, nicht zu Fall zu kommen, z.B. als sich an sehr kritischer Stelle plötzlich ein Betrunkener auf mir abstützte.
Am Ende war alles gut, wir sind dreckfüßig, aber wohlbehalten zu Hause angekommen, und letztendlich muss ich sagen, dass unter den insgesamt siebzehn Wacken-Besuchen, die ich seit 1992 hinter mir habe, doch eine ganze Reihe war, nach denen ich mich wesentlich geräderter gefühlt habe. Und dass obwohl ich eine Woche vorher noch unter einer Mörder-Sommergrippe gelitten hatte.
Fazit: Trotz Kreativitätsmangel bei den Headlinern und Sommermangel zwischen Frühling und Herbst ein tolles Wacken Open Air mit hervorragender Stimmung, auf der ich mal wieder viel mehr gute Bands als erwartet gesehen habe.
Ganz ehrlich: ich glaube, schlecht kann das W:O:A mittlerweile gar nicht mehr, auch wenn sich die Veranstalter noch so Mühe geben würden.
Das X-Mas-Ticket (Kann man das nicht mal anders nennen, jetzt wo es schon immer knapp fünf Monate vor Weihnachten ausverkauft ist?) für 2013 ist schon geordert!
Und als Bonus zum Fazit noch eine kleine Randnotiz:
Eine positive Nebenwirkung des Wetters war, dass es so gut wie gar keine Crowdsurfer gab, man sich also niemals vor Stiefeln im Nacken fürchten musste und die Anzahl der Verletzungen dadurch auch im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken ist - und das obwohl es sicherlich sehr viele Stürze gab.
Nein, ihr Security-Graben-Touristen, wir haben euch nicht einen Moment lang vermisst! :)
Doch die Running Order war gnadenlos und brüllte schon um 14:00 Uhr Napalm Death!
Die britischen Grindcore-Veteranen habe ich mit ihrem aktuellen Album "Utilitarian", welches für mich bisher heißester Anwärter auf den Titel Metalalbum des Jahres des Jahres ist, auch wenn ich mich bislang nicht zu einem Review bequemt habe, ja gerade erst diesen Februar wiederentdeckt, und so stand ich begleitet von den letzten Kinderliederklängen von Gamma Ray dann auch rechtzeitig auf der Matte, um mir von Tanzbär Barney und Co. die Welt des gepflegten Geknüppels erklären zu lassen.
Und gerade die neuen Stücke wie der Opener "Errors In The Signals", "Analysis Paralysis" oder der Ohrwurm "The Wolf I Feed" mit Leadvocals von Mitch Harris wussten mich auch besonders zu begeistern. Und ein paar Sekundenbruchteil-Epen durften natürlich auch nicht fehlen. Daumen nach oben für Napalm Death.
Als nächstes wollte ich dann gerne im Zelt Electric Wizard sehen, von denen ich einiges Gutes gelesen hatte, doch die Band stand leider im Stau und fiel deswegen aus. Als Überbrückung zu diesem nicht stattgefundenen Auftritt spielten vorher aber noch die Stoner-Metaller von Kylesa, die mit Trademarks wie zwei Drummern, männlichem und weiblichem hingerotzten Scheißegal-Gesang und einem letzten Stück, dass ein bisschen wie eine Black Sabbath-Interpretation von "Set The Controls For The Heart Of The Sun" klang, einen schönen, kurzweiligen Gig hinlegten.
Zurück vor den Hauptbühnen waren nach einer Dosis Six Feet Under-Death Metal als Thrash-Highlight des Tages Testament am Start. Ob ich von der Band jemals einen Tonträger brauche? Keine Ahnung, aber live sind sie zweifellos eine Macht. Vor allem Frontmann Chuck Billy beeindruckt nicht nur mit seiner powervollen Stimme, sondern auch durch das unermüdliche Air Guitar-Spiel auf seinem eigens dafür optimierten Mikrofonständer. Meine Theorie ist ja, dass die Gitarristen bei Testament nur Playback spielen und der gesamten Saitensound in Wahrheit von seinem Mikroständer erzeugt wird. Hoffen wir also, dass dieser live nie ausfällt!
Am frühen Abend kam wieder eines dieser heavy Regenbänder vorbei und trieb uns rasch mal wieder in den Bullhead City -Dom. Im hinteren Bereich des Zeltes gab es tatsächlich eine noch trockene, mit echtem Gras bewachsene Liegewiese! Da traf es sich hervorragend, dass Moonspell ein semiakustisches Set mit Kammerorchester spielten, bei dem es sich hervorragend mal vierzig Minuten lang entspannen ließ.
Im Anschluss machte der mächtig abgehende melodische bis deaththrashige Alles-mögliche-Metal von Sylosis dann jedoch wieder schnell munter. Gleich im Anschluss gab es mit Nasum eine Vollbedienung Grindcore mit einigen fiesen Breaks und amtlicher Groovefestigkeit zwischen den dominierenden Blastbeats.
Und sofort wartete der nächste Programmpunkt, die Scorp... nein Quatsch, auf der Wackinger Stage gab das mittlerweile anscheinend auch festangestellte Partykollektiv Russkaja seine letzte Wacken-Vorstellung für dieses Jahr. Die Öster-Russen haben sich im Vergleich zum Vorjahr nochmal gesteigert und spielten das Gute-Laune-Konzert des Festivals. In Sachen Publikumsanimation und Spaß auf der Bühne konnte ihnen niemand das Wasser reichen. Zu geil, muss man mal gesehen haben!
Der nächste Wolkenbruch kam zum Glück genau pünktlich nach Russkaja, als ich mich gerade unter dem Vordach einer Crêpe-Bude befand. Im Schutze der inzwischen dann doch mal ausgepackten und schon halb eingerissenen offiziellen Full Metal Regenjacke ging es ein letztes Mal ins Zelt, wo Suicide Silence der abtropfenden Meute abermals eine kräfte Deathgrind-Abreibung verpassten, dessen Kernkompetenz dank korneskem Tuning vor allem im ganz tiefen Erdrutschbassbereich lag.
Als krönender Abschluss waren um 00:45 Uhr Ministry angedacht, von denen ich beim W:O:A 2006 kaum etwas mitbekommen hatte, weil ich damals ja mein Auto auf einem weder gekennzeichneten noch beleuchteten Campingplatz suchen musste.
Da die Herren Meine und Schenker allerdings zu spät auf die Bühne gekommen waren, hatte sich das Programm um eine Viertelstunde nach hinten verschoben, was für den Wacken-Zeitplan mittlerweile eine halbe Ewigkeit darstellt, so dass ich auch noch ein paar Songs von Machine Head mitbekam. Ist ja alles super gespielt, aber irgendwie erreicht mich deren Musik einfach nicht. Und vor einem vieltausendfachem Publikum einen Besucher in der ersten Reihe aufzuziehen, weil die Mädels neben ihm mehr headbangen als er, finde ich eher peinlich als cool. Das könnte man im Grunde auch als Mobbing verstehen.
Ministry waren da sehr viel distanzierter. Da über die Bildschirme nur Videos, aber keine Livebilder liefen, musste man schon näher rankommen, um etwas von der Stageaction zu sehen. Und selbst die Gestalten auf der Bühne waren sehr, ich sag mal anonym ausgeleuchtet.
Das hat natürlich Methode, will der hochpolitische Industrialmetal der Mannen um Oberhäuptling Al Jourgensen doch kalt und brutal serviert werden. In seiner (sicherlich berechtigten) extrem anti-republikanischen Haltung mit den zahlreichen Sprachsamples und Filmschnipseln der Herren Bush senior wie junior und ihrer Kader wirken Ministry phasenweise erstaunlich retro, aber die Songs stammen ja nunmal aus jenen Zeiten, und wenn man bedenkt, in welchen Drachentöter-Äonen viele andere Bands steckengeblieben sind... also drauf geschissen!
Was hier abgeliefert wurde, das kann so sonst keiner. Obwohl ich die zahlreichen Alben nach "Filth Pig" nicht kenne, und somit die meisten Songs neu für mich waren, fühlte ich mich allerbestens unterhalten. Dennoch war das Trio aus den Klassikern "N.W.O.", "Just One Fix" und "Thieves" am Schluss natürlich das Highlight eines insgesamt viel zu kurzen Auftritts. Wollte / müsste ich eine Rangfolge aufstellen, dann kämen vor Ministry bei diesem 23. Wacken Open Air wohl nur Coroner.
Als letzte musikalische Notiz sei fairerweise bemerkt, dass die vor einer tapfer ausharrenden Traube den Rausschmeißer machenden Edguy dann gar nicht so schlimm waren, wie ich sie in Erinnerung hatte. Verglichen mit ihrem Ableger Avantasia sind sie ja quasi schon cool wie Slayer. Ok, alles ist relativ...
Ich war relativ glücklich, mich auf dem Weg aus dem Infield mit drei, vier Ausfallschritten vor einem späten Sturz in den tiefschwarzen Modder retten zu können, und auch auf dem berüchtigten Weg zum Dorf mit dem fiesen Graben, welcher alles vorher an Schlamm Gesehene noch einmal in den Schatten stellte, nicht zu Fall zu kommen, z.B. als sich an sehr kritischer Stelle plötzlich ein Betrunkener auf mir abstützte.
Am Ende war alles gut, wir sind dreckfüßig, aber wohlbehalten zu Hause angekommen, und letztendlich muss ich sagen, dass unter den insgesamt siebzehn Wacken-Besuchen, die ich seit 1992 hinter mir habe, doch eine ganze Reihe war, nach denen ich mich wesentlich geräderter gefühlt habe. Und dass obwohl ich eine Woche vorher noch unter einer Mörder-Sommergrippe gelitten hatte.
Die Ohlsen-Twins sammeln ihre letzten Kräfte vor dem Heimweg |
Fazit: Trotz Kreativitätsmangel bei den Headlinern und Sommermangel zwischen Frühling und Herbst ein tolles Wacken Open Air mit hervorragender Stimmung, auf der ich mal wieder viel mehr gute Bands als erwartet gesehen habe.
Ganz ehrlich: ich glaube, schlecht kann das W:O:A mittlerweile gar nicht mehr, auch wenn sich die Veranstalter noch so Mühe geben würden.
Das X-Mas-Ticket (Kann man das nicht mal anders nennen, jetzt wo es schon immer knapp fünf Monate vor Weihnachten ausverkauft ist?) für 2013 ist schon geordert!
Und als Bonus zum Fazit noch eine kleine Randnotiz:
Eine positive Nebenwirkung des Wetters war, dass es so gut wie gar keine Crowdsurfer gab, man sich also niemals vor Stiefeln im Nacken fürchten musste und die Anzahl der Verletzungen dadurch auch im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken ist - und das obwohl es sicherlich sehr viele Stürze gab.
Nein, ihr Security-Graben-Touristen, wir haben euch nicht einen Moment lang vermisst! :)
Interessanter Post. Trotz des weitter wars auch für mich ein gelungenes Festival! Opeth haben mich zwar live sehr enttäuscht, dafür haben mich kleinere Bands wie Russkaja, Santiano und Vogelfrey sehr überrascht und dass sie einfach eine klasse Show abliefern. Machine Head in der 2. Reihe war trotz Springern und Matsch aufm Kopf echt super. Schade fand ich wirklich, dass die WET-Stage umgelegt wurde, denn wo sie letztes Jahr stand, war sehr optimal, falls Bands gleichzeitig spielen und man etwas "hin- und herhuschen" wollte^^
AntwortenLöschenIch bin froh, dass das Zelt da endlich weg ist. Das ist die letzten fünfzehn Jahre ja immer wieder auf dem Infield hin- und her gewandert (ähnlich wie die Party Stage), aber der Eingangsbereich war fast immer verstopft und der Innenraum bei Hitze muffig. Etliche Bands, die mich eigentlich interessiert hätten, habe ich deswegen nicht gesehen. Dieses Jahr war ich zeitweise fast mehr im Zelt als vor den Hauptbühnen.
AntwortenLöschenOpeth konnte ich ja nicht sehen, und was Coroner zu der Zeit im Regen gemacht haben, das rangiert auf jeden Fall im oberen Bereich meiner ewigen Best-of-Wacken-Liste. ;)
So richtigen Schrott habe ich diesmal zum Glück gar nicht gesehen.
Naja...wir waren gerade bei Amon und haben die Scorpions über uns ergehen lassen, damit wir bei MH ganz vorne stehen konnten^^
AntwortenLöschenHoffen wir mal, dass es diesmal wirklich wie versprochen der letzte Festivalauftritt war. ;)
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