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2012-07-01

OPETH - Heritage

Ich hätte zwar noch einige aktuellere und - soviel sei vorweg genommen - auch bessere Scheiben zu rezensieren, aber heute befasse ich mich mal mit einem Album aus dem Vorjahr.

Da es zeitgleich mit den letzten Veröffentlichungen von Dream Theater und Arch/Matheos rauskam und ich Progbereich somit schon reichlich versorgt war, habe ich mich damals mit der Live-CD vom RockHard-Festival begnügt und es mir erst einige Monate später zugelegt:

OPETH - Heritage (2011)

Opeth fand ich schon immer etwas rätselhaft, gehören die Schweden doch zu jenen Bands, die live stets überzeugen, dazu super Alben rausbringen und mit ihrem Stilmix aus Death Metal, Progrock, Jazz etc. im Grunde alles richtig machen, um in der Theorie zu meinen absoluten Lieblingsgruppen zu zählen.
In der Praxis finde ich ich sie aber dennoch lange nicht so genial, wie ich es eigentlich müsste. Das mag vielleicht an wenig an ihren Fans liegen, die einerseits Bandleader Mikael Åkerfeldt zum Erfinder von Feuer, aufrechtem Gang und Musik hochstilisieren, die anderseits aber auch gerne alle ruhigen Passagen live niedergröhlen. Aber das ist ja nicht der Band anzulasten.

Anderseits klangen sie aber auch oftmals eine Spur zu sauber und perfekt, um noch spannend zu sein und haben gerade die death-metal-lastigeren Kompositionen immer mal wieder ihre Längen gehabt.

Mit der im Vorfeld schon bekannt gewordenen Abwendung von Metal und Growls versprach sich dieses Problem ja auf "Heritage" zu erledigen. Und tatsächlich ist das Werk in vielerlei Hinsicht erfrischend geworden.
Nicht in dem Sinne, dass hier irgendein Ton Musik neu erfunden worden wäre, nein. Aber das war ja bei Opeth auch niemals wirklich der Fall. Und selbst für jemanden, der nicht alle Vorgängeralben hoch und runter gehört hat, kommt die stilistische Entwicklung hin zum 70er-Jahre-Retrosound alles andere als überraschend. So sind ja vor allem die King Crimson-Einflüsse nicht erst seit gestern vorhanden.
Die spielerische Umsetzung jedoch ist es, die aufhorchen lässt, insbesondere das Schlagzeug spielt einen lockerflockigen Jazzrock, der weit von dem entfernt ist, was einem gewöhnlichen Metaldrummer zum Thema einfallen würde und einfach Freude macht. Aber auch die Keyboards, Gitarren... instrumental ist "Heritage" wirklich gar nichts anzuhaben.

Neulich hatte ich die CD nebenbei bei der Arbeit an, d.h. ich hörte mit wechselnder Aufmerksamkeit hin und musste sie zwischendurch auch mal unterbrechen. Und in einem Moment nach einer Pause, als mir gerade gar nicht bewusst war, was ich da eigentlich im Player hatte, dachte ich doch tatsächlich da liefe ein ruhiges Stück vom Mahavishnu Orchestra. Es war dann aber doch nicht "You Know, You Know", sondern "Nepenthe". Allein das ist ja schon eine Auszeichnung an sich und sagt schon einiges über die Qualität des Albums aus.
Allerdings zeigt es auch, dass alles irgendwie schon einmal dagewesen ist. Dies gilt auch für weniger proggige Stücke wie "Slither", in dem dafür halt mehr Rainbow und Deep Purple Tribut gezollt wird.

Da aber alle Gruppen, die als Inspiration herhalten mussten, von gutem Geschmack zeugen, ist das auch nicht weiter schlimm. Es ist nur merkwürdig, wie sehr das Album von einigen Befürwortern (zu denen ich mich ja auch zähle) als etwas absolut neues gefeiert wird. Das ist es nicht, aber es ist gut.

Vom Cover, seiner Symbolik und Umsetzung habe ich indes bereits mehrfach gelesen, dass es geklaut sein soll. Sicherlich mögen Status Quo und The Moody Blues den Zeichner inspiriert haben, aber wenn die Idee gestohlen sein soll, dann fällt mir wirklich in sämtlichen künstlerischen Ausdrucksformen nichts mehr ein, was man ruhigen Gewissens genießen dürfte.

Eine Schwäche offenbart das Album aber schon. Das ist nicht das Retro-Konzept und auch nicht die Tatsache, dass den ruhigen Passagen sehr viel Raum gelassen wird (wozu man natürlich schon in der Stimmung sein muss).
Der sehr entspannte Gesang ist es, bei dem ich mir manchmal mehr wünschen würde. Und damit meine ich nicht Death-Metal-Grunzen, was nun wirklich nicht ins Klangbild passen würde. Etwas kräftiger, höher, mutiger, dreckiger könnte es manchmal allerdings schon sein. So hat man manchmal den Eindruck, Åkerfeldt sei gegenüber der musikalischen Action um ihn herum etwas gleichgültig.

Unterm Strich bleibt "Heritage" ein zwar nicht essentielles, aber dennoch sehr gutes Album.

Gegen vom ersten Moment an mitreißende Kracher wie die neue Lis Er Stille oder die (von mir noch nicht rezensierte) Motorpsycho kann sie in meiner Sammlung dann aber doch nicht anstinken.


Anpieltipps: The Devil's Orchard, Nepenthe, The Lines In My Hand

4 Kommentare:

  1. ich liebe deine rezensionen. Die sind wirklich gut und beinhalten vor allem ausschliesslich konstruktive kritik, anstatt zu sagen "die sind doof/gut"...Lob an Dich!:) weiter so:)

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  2. Danke sehr!

    "Die sind doof." ist auch recht unwahrscheinlich, denn ich versuche ja, mir nur Alben zu kaufen, die mir grundsötzlich auch gefallen. ;)

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  3. oh ja..das stimmt schon:) dann halt diese stumpfen Begründungen "ey..das ist Iron Maiden..die muss man gut finden"...:D

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  4. Ach, manche Leute wollen aber auch nur so etwas lesen.

    Siehe auch der grandiose Fan-Kommentar unter diesem Review:
    http://derohlsen.blogspot.de/2009/12/dream-theater-black-clouds-silver.html

    ;)

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