Soweit ich weiß, haben sich Disharmonic Orchestra niemals offiziell aufgelöst, obwohl sie wirklich lange Zeit sehr wenig getan haben und zwischendurch auch tatsächlich mal nicht komplett waren. Das ist mir grundsätzlich ja schon extrem sympathisch. So viele Gruppen künden mit großem Tamtam ihren Rückzug an, machen dann noch zwei Jahre Abschiedstour und "Das war's!"-Livealbum, nur um dann zwei Jahre später festzustellen, dass Musik ja schon Bock macht, und mit riesigem Zirkus ihre sensationelle Reunion zu feiern.
Ok, man mag einwenden, dass die möglicherweise kauzigste Band der großen Neunziger-Death-Metal-Welle ohnehin gar nicht über das mediale und kommerzielle Potential verfügt, um die ganz große Scorpions-Comebackparade zu schmeißen. Meine, Schenker & Co. mussten ja bisher auch noch kein Crowdfunding bemühen, um ein Album auf Tonträger zu bannen.
Die drei Österreicher hingegen haben angesichts ihres ersten Albums seit vierzehn Jahren eine Kickstarter-Kampagne gestartet, um in Eigenregie CDs, Schallplatten und T-Shirts herzustellen. Das Finanzierungsziel wurde nach wenigen Tagen erreicht und ich durfte mich auf eines von dreißig Früher-Vogel-Vinyl-Bündel freuen.
Ok, man mag einwenden, dass die möglicherweise kauzigste Band der großen Neunziger-Death-Metal-Welle ohnehin gar nicht über das mediale und kommerzielle Potential verfügt, um die ganz große Scorpions-Comebackparade zu schmeißen. Meine, Schenker & Co. mussten ja bisher auch noch kein Crowdfunding bemühen, um ein Album auf Tonträger zu bannen.
Die drei Österreicher hingegen haben angesichts ihres ersten Albums seit vierzehn Jahren eine Kickstarter-Kampagne gestartet, um in Eigenregie CDs, Schallplatten und T-Shirts herzustellen. Das Finanzierungsziel wurde nach wenigen Tagen erreicht und ich durfte mich auf eines von dreißig Früher-Vogel-Vinyl-Bündel freuen.
DISHARMONIC ORCHESTRA - Fear Of Angst (red vinyl) (2016)
Da ist sie nun also, die disharmonische Nummer 5.
Das Motiv des großartigen Coverartworks kann man als Fortsetzung vom Zweitwerk "Not To Be Undimensional Conscious" (1992) verstehen, übrigens auch das letzte Album, welches noch auf Vinyl erschienen ist. Das Bandlogo ist von "Ahead" (2002) übrig geblieben, welches ja ansonsten optisch eher ein Ausrutscher in der erlesenen Titelgemäldegalerie der Klagenfurter darstellte.
Musikalischer Hauptbezugspunkt ist allerdings der 1994er Geniestreich "Pleasuredome". Retrospektiv vielleicht schon als Post Death Metal zu bezeichnen, hat es in der damaligen Veröffentlichungsflut nur einen Bruchteil seiner verdienten Anerkennung gefunden.
Denn obwohl es voll progressiver Rhythmik war und Advantgarde geschrien hat, war die Scheibe tatsächlich gespickt mit Ohrwürmern, die als ewige Szenehits getaugt hätten. Es kam anders, wie auch die Erinnerung an ein dürftig besuchtes Konzert im Hamburger MarX bestätigt, doch für mich persönlich zählt "Pleasuredome" zu den wichtigsten Metalalben der gesamten Neunziger.
Ob "Fear Of Angst" einen entsprechenden Status überhaupt erreichen kann, sei mal dahingestellt. Dafür hat sich einfach schon in der Welt um sie herum die Tugend der abenteuerlichen Eigensinnigkeit quer durch alle Metalgenres zu sehr etabliert. (Was natürlich eine ganz wunderbare Entwicklung ist!)
Angesichts der langen Wartezeit und des Besetzungswechsels am Bass ist aber alleine die Tatsache, dass die Band mit ihrem neuen Material weiterhin ihr Niveau hält und nach wie vor unverkennbar klingt, eine Menge wert.
Es ist ein Nummer-sicher-Album geworden, welches auf den wesentlichen Stärken der Band basiert. Die neun Tracks sind allesamt vollwertige Songs, die jeder für sich auch auf "Pleasuredome" oder "Ahead" gepasst hätten. Es gibt keine bewusst trollenden Tracks oder Elektrospielereien wie auf letztem, anderseits dafür aber auch kein überragendes Instrumental wie z.B. den "Pleasuredome"-Titeltrack.
Nun haben sich Disharmonic Orchestra niemals übertrieben ernst genommen und dies neben nicht ganz so bösen Bandfotos ebenfalls mit dem einen oder anderen musikalischen Witz demonstriert. Ganz frei ist auch "Fear Of Angst" nicht davon, doch zeitaufwändige Mätzchen wie der berüchtigte Quatsch in "The Return Of The Living Beat" sind hier nicht zu finden.
Stattdessen ausschließlich knackige Metalstücke zwischen zwei und sechs Minuten Länge mit allen bekannten Trademarks: dominante catchy Riffs, gegenläufiger melodischer Bass, eigensinnig wirbelnde Drums und Patrick Klopfs kauziger Grummelräuspergesang, welcher poetische bis dadaistisch seltsame Texte transportiert.
Die Band baut dabei aber hörbar weniger Knoten ein als in den Vorgängeralben, bzw. sie verpackt die Knoten subtiler, so dass es zumindest gefühlt tendentiell schon etwas straighter zu Werke geht. Als Ausgleich zu dieser Entkernung gibt es ab und zu so richtig höhlenmenschenthrashig auf die Glocke, und für "Innamorato" entstaubt Martin Messner auch die derbe durchrollende Death-Metal-Doublebassdrum.
Disharmonic Orchestra haben hörbar Spaß am Rübeschütteln und dieser überträgt sich ohne Umwege auf den Hörer. Und reichlich kreative Ideen haben sie auch, so dass zwar jeder Song nach Sekunden ihnen zuzuordnen ist, aber doch immer wieder etwas anderes aufregendes passiert.
Hier haben wir die markanten, kurz und effektiv jaulenden "Pleasuredome"-Leadgitarren in "Flushing The Primary", dort in "Proton Radius" fette Grooves, die auch auf Coroners "Grin" gepasst hätten.
"Rascal In Me" beginnt in beinahe schon stumpfsinniger Motörheadseligkeit, hangelt sich dann aber über die Disharmonic-Entsprechung eines D.R.I.-Thrashers zu den epischsten Chuck-Schuldiner-Gedächtnismelodien des gesamten Albums.
Nein, trotz des gewohnten Stilmittels, die kurzen Strophen gerne zu wiederholen, kommt hier absolut keine Langeweile auf.
Fazit: "Fear Of Angst" ist ein absolut würdiges Comeback und für mich nach jetziger Einschätzung immerhin das zweitbeste Werk in der Diskographie von Disharmonic Orchestra.
Wer die Band nicht kennt und gerne die seltsame Abseitigkeit von Virus in einem Death-Metal-Setting hören möchte, der muss hier reinhören. Dies gilt allerdings darüber hinaus eigentlich für alle Freunde des Genres.
Für Fans ist dieses Auferstehungszeugnis ohnehin unumgängliches Pflichtprogramm.
Für meine Jahrescharts der 22 besten Alben 2016 kam "Fear Of Angst" etwas zu spät, aber es hat mich auf die Schnelle genügend beeindruckt, um es dort vorsichtshalber als Spezialnennung unterzubringen.
Mein vorbestelltes Bundle enthielt die Platte in transparentem Rot (Qualität so mittel, natürlich klingt schwarz sicherlich besser), dazu ein Download (wav-Dateien!), das komplette Covermotiv inklusive Bandportraits als sehr großformatiges Poster (Wer baut mir eine Wand?), ein doppelseitig bedrucktes T-Shirt, sowie eine signierte Postkarte (Ihr habt meinen Namen in der Widmung verkehrt geschrieben!!!drölf!!!). Egal, in den gedruckten Credits stimmt der Name ja. Und einen kleinen Disharmonic Orchestra-Ansteckbutton gab's auch noch oben drauf.
Value for money galore!
Das Motiv des großartigen Coverartworks kann man als Fortsetzung vom Zweitwerk "Not To Be Undimensional Conscious" (1992) verstehen, übrigens auch das letzte Album, welches noch auf Vinyl erschienen ist. Das Bandlogo ist von "Ahead" (2002) übrig geblieben, welches ja ansonsten optisch eher ein Ausrutscher in der erlesenen Titelgemäldegalerie der Klagenfurter darstellte.
Musikalischer Hauptbezugspunkt ist allerdings der 1994er Geniestreich "Pleasuredome". Retrospektiv vielleicht schon als Post Death Metal zu bezeichnen, hat es in der damaligen Veröffentlichungsflut nur einen Bruchteil seiner verdienten Anerkennung gefunden.
Denn obwohl es voll progressiver Rhythmik war und Advantgarde geschrien hat, war die Scheibe tatsächlich gespickt mit Ohrwürmern, die als ewige Szenehits getaugt hätten. Es kam anders, wie auch die Erinnerung an ein dürftig besuchtes Konzert im Hamburger MarX bestätigt, doch für mich persönlich zählt "Pleasuredome" zu den wichtigsten Metalalben der gesamten Neunziger.
Ob "Fear Of Angst" einen entsprechenden Status überhaupt erreichen kann, sei mal dahingestellt. Dafür hat sich einfach schon in der Welt um sie herum die Tugend der abenteuerlichen Eigensinnigkeit quer durch alle Metalgenres zu sehr etabliert. (Was natürlich eine ganz wunderbare Entwicklung ist!)
Angesichts der langen Wartezeit und des Besetzungswechsels am Bass ist aber alleine die Tatsache, dass die Band mit ihrem neuen Material weiterhin ihr Niveau hält und nach wie vor unverkennbar klingt, eine Menge wert.
Es ist ein Nummer-sicher-Album geworden, welches auf den wesentlichen Stärken der Band basiert. Die neun Tracks sind allesamt vollwertige Songs, die jeder für sich auch auf "Pleasuredome" oder "Ahead" gepasst hätten. Es gibt keine bewusst trollenden Tracks oder Elektrospielereien wie auf letztem, anderseits dafür aber auch kein überragendes Instrumental wie z.B. den "Pleasuredome"-Titeltrack.
Nun haben sich Disharmonic Orchestra niemals übertrieben ernst genommen und dies neben nicht ganz so bösen Bandfotos ebenfalls mit dem einen oder anderen musikalischen Witz demonstriert. Ganz frei ist auch "Fear Of Angst" nicht davon, doch zeitaufwändige Mätzchen wie der berüchtigte Quatsch in "The Return Of The Living Beat" sind hier nicht zu finden.
Stattdessen ausschließlich knackige Metalstücke zwischen zwei und sechs Minuten Länge mit allen bekannten Trademarks: dominante catchy Riffs, gegenläufiger melodischer Bass, eigensinnig wirbelnde Drums und Patrick Klopfs kauziger Grummelräuspergesang, welcher poetische bis dadaistisch seltsame Texte transportiert.
Die Band baut dabei aber hörbar weniger Knoten ein als in den Vorgängeralben, bzw. sie verpackt die Knoten subtiler, so dass es zumindest gefühlt tendentiell schon etwas straighter zu Werke geht. Als Ausgleich zu dieser Entkernung gibt es ab und zu so richtig höhlenmenschenthrashig auf die Glocke, und für "Innamorato" entstaubt Martin Messner auch die derbe durchrollende Death-Metal-Doublebassdrum.
Disharmonic Orchestra haben hörbar Spaß am Rübeschütteln und dieser überträgt sich ohne Umwege auf den Hörer. Und reichlich kreative Ideen haben sie auch, so dass zwar jeder Song nach Sekunden ihnen zuzuordnen ist, aber doch immer wieder etwas anderes aufregendes passiert.
Hier haben wir die markanten, kurz und effektiv jaulenden "Pleasuredome"-Leadgitarren in "Flushing The Primary", dort in "Proton Radius" fette Grooves, die auch auf Coroners "Grin" gepasst hätten.
"Rascal In Me" beginnt in beinahe schon stumpfsinniger Motörheadseligkeit, hangelt sich dann aber über die Disharmonic-Entsprechung eines D.R.I.-Thrashers zu den epischsten Chuck-Schuldiner-Gedächtnismelodien des gesamten Albums.
Nein, trotz des gewohnten Stilmittels, die kurzen Strophen gerne zu wiederholen, kommt hier absolut keine Langeweile auf.
Fazit: "Fear Of Angst" ist ein absolut würdiges Comeback und für mich nach jetziger Einschätzung immerhin das zweitbeste Werk in der Diskographie von Disharmonic Orchestra.
Wer die Band nicht kennt und gerne die seltsame Abseitigkeit von Virus in einem Death-Metal-Setting hören möchte, der muss hier reinhören. Dies gilt allerdings darüber hinaus eigentlich für alle Freunde des Genres.
Für Fans ist dieses Auferstehungszeugnis ohnehin unumgängliches Pflichtprogramm.
Für meine Jahrescharts der 22 besten Alben 2016 kam "Fear Of Angst" etwas zu spät, aber es hat mich auf die Schnelle genügend beeindruckt, um es dort vorsichtshalber als Spezialnennung unterzubringen.
Mein vorbestelltes Bundle enthielt die Platte in transparentem Rot (Qualität so mittel, natürlich klingt schwarz sicherlich besser), dazu ein Download (wav-Dateien!), das komplette Covermotiv inklusive Bandportraits als sehr großformatiges Poster (Wer baut mir eine Wand?), ein doppelseitig bedrucktes T-Shirt, sowie eine signierte Postkarte (Ihr habt meinen Namen in der Widmung verkehrt geschrieben!!!drölf!!!). Egal, in den gedruckten Credits stimmt der Name ja. Und einen kleinen Disharmonic Orchestra-Ansteckbutton gab's auch noch oben drauf.
Value for money galore!
Highlights: Flushing The Primary, Rascal In Me, Down To Earth, The Venus Between Us
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