Laibach schaffen es ja immer wieder auf unterschiedlichen Ebenen, einem Wünsche zu erfüllen, von denen man vorher gar nicht wusste, dass man sie hatte. Insbesondere Grabesstimme Milan Fras ist regelmäßig in dieser Kategorie unterwegs, wenn er z.B. wie in jüngerer Vergangenheit live in "My Favorite Things" von "schnitzel with noodles" schwärmt oder in "Olav Tryggvason" auf norwegisch tiefsingspricht.
Auch auf dem neuen Album "Also Sprach Zarathustra" checkt das zum ersten Mal seit "Jesus Christ Superstars" (1996) auch auf dem Cover abgebildete Gesicht Laibachs diese Box, und zwar mit den simplen Worten "Wir haben das Glück erfunden".
Egal wie sehr sich einem dieses Album sonst erschließt (oder auch nicht) - spätestens nach diesem Satz weiß man, dass man mit seinem Erwerb mal wieder alles richtig gemacht hat.
Auch auf dem neuen Album "Also Sprach Zarathustra" checkt das zum ersten Mal seit "Jesus Christ Superstars" (1996) auch auf dem Cover abgebildete Gesicht Laibachs diese Box, und zwar mit den simplen Worten "Wir haben das Glück erfunden".
Egal wie sehr sich einem dieses Album sonst erschließt (oder auch nicht) - spätestens nach diesem Satz weiß man, dass man mit seinem Erwerb mal wieder alles richtig gemacht hat.
LAIBACH - Also Sprach Zarathustra (LP) (2017)
Ähnlich wie das Nationalhymnen-Konzeptalbum "Volk" ist "Also Sprach Zarathustra" ein viel subtileres Werk, als der Name vermuten lassen könnte.
Nietzsche und Laibach haben bereits eine lange gemeinsame Tradition, taucht der Philosoph doch seit jeher immer mal als Stichwortgeber in den Texten der Slowenen auf. Mitte der Neunziger veröffentlichte zudem das laibachnahe Projekt 300.00 V.K. mit "Also Sprach Johann Paul II" das vielleicht stumpfeste Album aus Laibach-Umfeld, ein von Kirmestechno-Umpfumpfumpf angetrieber Mashup aus Papstzitaten, Laibach-Remixen und Richard Strauss.
Es wäre also durchaus möglich gewesen, dass hier nun alles auf elf gedreht wird: eine Strauss-Interpretation mit den offensichtlich provokantesten "Zarathustra"-Schnipseln: Weiber, Peitsche, Übermensch, Gott ist tot.
Auf all dies verzichten Laibach jedoch.
"Also Sprach Zarathustra" ist kein reguläres Album wie zuletzt "Spectre", sondern aus einem Theatersoundtrack entstanden und sortiert sich damit in der langen Diskographie am ehesten neben den beiden Achtziger-Jahre-Werken "Krst Pod Triglavom - Baptism" und "Macbeth" ein, ohne jedoch den bruchstückhaften Charakter des ersten bzw. die stampfende Brachialität des zweiten zu kopieren.
Back to the roots gehen Laibach hier dennoch. Tanzbares oder Popappeal ist hier nicht zu finden und auch um Strophe-Refrain-Strukturen spielen eine sehr untergeordnete Rolle.
In seiner (relativen) advantgardistischen Sperrigkeit ist "Also Sprach Zarathustra" das erste Laibach-Studioalbum seit sehr langer Zeit, bei dem neben Neoklassik die Klassifizierung Industrial tatsächlich mal wieder zutrifft. Es ist aber - ähnlich wie im Werdegang der Einstürzenden Neubauten zu beobachten - ein sehr gereifter Industrial, der nicht nur den Krach, sondern auch den Umgang der Stille perfektioniert hat.
Nachdem zuletzt immer mit sehr offenen Karten gespielt wurde, ist den Credits mit wenigen Ausnahmen nicht zu entnehmen, welche Musiker beteiligt waren, und so bleibt es auch unklar, ob die Aufnahmen auf "Also Sprach Zarathustra" überwiegend eher digital oder mechanisch entstanden sind. Gerade die härteren Percussionsounds wirken zumindest sehr natürlich.
Die großräumige Produktion verleiht Milan Fras' Stimme eine besondere Gravitas. Dass die nicht eins zu eins aus Nietzsches Buch zitierten, sondern irgendwo zwischen kryptisch und parolenhaft verkürzten Texteinsätze vergleichsweise rar gesäht sind, verstärkt diesen Effekt noch.
Nur wenn aus "dem Verkündiger des Blitzes" ein "Verkundiger des Witzes" wird, muss man schon schmunzeln. Doch das ist kein bug, sondern ein feature. Auch musikalisch kommen Laibach nicht ohne Humor aus. So hat es in der Vergangenheit verschiedene Tracks gegeben, in denen Atemgeräusche zum Rhythmus gehörten. "Das Nachtlied II" setzt diese Tradition fort - allerdings mit lauten Schnarchgeräuschen. Naheliegend.
Überraschenderweise - und vielleicht ist es gerade dies, was "Also Sprach Zarathustra" am ehesten retro macht - ist Mina Spiler auf dem Album noch viel weniger als Fras zu hören. Erst ganz zum Schluss (zumindest der LP-Version) löst die Sängerin gemeinsam mit dem RTV Slowenischen Symphonie Orchester in "Vor Sonnen-Aufgang" das insgesamt sehr düstere Album in erhaben wunderschönes Wohlgefallen auf.
Jenes Stück kam mir nicht ohne Grund bekannt vor, hatte ich es doch vergangenes Jahr in Ljubljana schon live erlebt.
Nietzsche und Laibach haben bereits eine lange gemeinsame Tradition, taucht der Philosoph doch seit jeher immer mal als Stichwortgeber in den Texten der Slowenen auf. Mitte der Neunziger veröffentlichte zudem das laibachnahe Projekt 300.00 V.K. mit "Also Sprach Johann Paul II" das vielleicht stumpfeste Album aus Laibach-Umfeld, ein von Kirmestechno-Umpfumpfumpf angetrieber Mashup aus Papstzitaten, Laibach-Remixen und Richard Strauss.
Es wäre also durchaus möglich gewesen, dass hier nun alles auf elf gedreht wird: eine Strauss-Interpretation mit den offensichtlich provokantesten "Zarathustra"-Schnipseln: Weiber, Peitsche, Übermensch, Gott ist tot.
Auf all dies verzichten Laibach jedoch.
"Also Sprach Zarathustra" ist kein reguläres Album wie zuletzt "Spectre", sondern aus einem Theatersoundtrack entstanden und sortiert sich damit in der langen Diskographie am ehesten neben den beiden Achtziger-Jahre-Werken "Krst Pod Triglavom - Baptism" und "Macbeth" ein, ohne jedoch den bruchstückhaften Charakter des ersten bzw. die stampfende Brachialität des zweiten zu kopieren.
Back to the roots gehen Laibach hier dennoch. Tanzbares oder Popappeal ist hier nicht zu finden und auch um Strophe-Refrain-Strukturen spielen eine sehr untergeordnete Rolle.
In seiner (relativen) advantgardistischen Sperrigkeit ist "Also Sprach Zarathustra" das erste Laibach-Studioalbum seit sehr langer Zeit, bei dem neben Neoklassik die Klassifizierung Industrial tatsächlich mal wieder zutrifft. Es ist aber - ähnlich wie im Werdegang der Einstürzenden Neubauten zu beobachten - ein sehr gereifter Industrial, der nicht nur den Krach, sondern auch den Umgang der Stille perfektioniert hat.
Nachdem zuletzt immer mit sehr offenen Karten gespielt wurde, ist den Credits mit wenigen Ausnahmen nicht zu entnehmen, welche Musiker beteiligt waren, und so bleibt es auch unklar, ob die Aufnahmen auf "Also Sprach Zarathustra" überwiegend eher digital oder mechanisch entstanden sind. Gerade die härteren Percussionsounds wirken zumindest sehr natürlich.
Die großräumige Produktion verleiht Milan Fras' Stimme eine besondere Gravitas. Dass die nicht eins zu eins aus Nietzsches Buch zitierten, sondern irgendwo zwischen kryptisch und parolenhaft verkürzten Texteinsätze vergleichsweise rar gesäht sind, verstärkt diesen Effekt noch.
Nur wenn aus "dem Verkündiger des Blitzes" ein "Verkundiger des Witzes" wird, muss man schon schmunzeln. Doch das ist kein bug, sondern ein feature. Auch musikalisch kommen Laibach nicht ohne Humor aus. So hat es in der Vergangenheit verschiedene Tracks gegeben, in denen Atemgeräusche zum Rhythmus gehörten. "Das Nachtlied II" setzt diese Tradition fort - allerdings mit lauten Schnarchgeräuschen. Naheliegend.
Überraschenderweise - und vielleicht ist es gerade dies, was "Also Sprach Zarathustra" am ehesten retro macht - ist Mina Spiler auf dem Album noch viel weniger als Fras zu hören. Erst ganz zum Schluss (zumindest der LP-Version) löst die Sängerin gemeinsam mit dem RTV Slowenischen Symphonie Orchester in "Vor Sonnen-Aufgang" das insgesamt sehr düstere Album in erhaben wunderschönes Wohlgefallen auf.
Jenes Stück kam mir nicht ohne Grund bekannt vor, hatte ich es doch vergangenes Jahr in Ljubljana schon live erlebt.
"Vor Sonnen-Aufgang" live in Ljubljana |
Ob ich es auch auf die Tour zu "Also Sprach Zarathustra" schaffe, für die eine neue Bandbesetzung angekündigt ist, weiß ich noch nicht, da es bisher leider keinen Termin in Norddeutschland gibt.
Es wäre jedenfalls sehr schade, dies verpassen zu müssen, denn auch wenn ich noch keinen Schimmer habe, wo ich es am Jahresende im Ranking mit anderen Bands und Künstlern einsortieren werde, überzeugt mich dieses Album doch zu hundert Prozent!
Auf den nichtmusikalischen Inhalt einzugehen, erspare ich mir in dieser Rezension lieber. Es ist schließlich Friedrich Nietzsche, bzw. bereits die Interpretation einer Interpretation von Nietzsche. Darüber haben sich schon genügend Leute den Schädel zerbrochen.
Wobei ich, was ja nicht unbedingt die gängigste Kritikermeinung ist, dem Autor durchaus zustimme, dass es sich bei "Also Sprach Zarathustra" um sein Hauptwerk handelt. Allerdings wohl weniger aufgrund seines philosophischen, sondern eher wegen seines philologischen Gehalts.
Mich fasziniert das Buch als überlanges fieberwahnsinniges Gedicht, welches vor wilder Sprachrhythmik, Neologismen und später alltäglichen Redewendungen (vgl. "Flasche leer" oder "leider geil") nur so überschäumt. Die Form ist derart überwältigend und prägend, dass der Inhalt im Grunde zum vernachlässigbaren Beiwerk gerät. (Ja, man kann natürlich argumentieren, dass die Nazis vielleicht doch lieber mal genauer gelesen hätten. Das hätte die Rosinenpickerei für ihre Zwecke aber auch nicht aufgehalten...)
Oder zumindest zu einem Aspekt, dessen Diskussion mir optional erscheint. Was man durchaus auch auf einige Laibach-Veröffentlichungen so anwenden kann... und damit zurück zum Album!
Es gibt ein paar Stücke, die man weglassen kann, ohne dass es allzu sehr schmerzt. Und die Vinyl-Version, drei Tracks kürzer als die CD, tut genau dies.
Es fehlen auf Seite A der Opener "Vor Sonnen-Untergang" und Track 3 "Die Unschuld I", beides Instrumentalstücke, welche die Themen späterer Tracks vorwegnehmen.
Auf Seite B ist ganz am Ende kein Platz mehr für "Von Den Drei Verwandlungen", ein sehr fieser Lärmdröhntrack, der die immerhin als Download enthaltene Digitalversion auf einer ganz anderen, finsteren Note ausklingen lässt, als "Song" aber durchaus entbehrt werden kann.
Und so ist die CD-Version zwar kompletter und abgerundeter, entzieht der anfangs gezielter zum Punkt kommenden und einen am Ende leichtherziger zurücklassenden LP-Version jedoch keinesfalls die Existenzberechtigung.
Ich glaube, mir gefällt die straffere Version sogar besser, abwohl ich sonst eher der Freund der Extended Cuts bin.
Laibach haben das Glück erfunden
Laibach haben das Glück erfunden
Sage ich
Laibach haben das Glück erfunden.
Highlights: Von Gipfel Zu Gipfel, Das Glück, Vor Sonnen-Aufgang, Als Geist, Das Nachtlied I
Auch bei mehrmaligem Hören mit Kopfhörer kann ich kein "Witzes" raushören. Es hört sich eher nach einem "Litzes" an.
AntwortenLöschenWürde mir auch nicht einleuchten warum er da Witzes( auch wenn´s gewollt ist) singen sollte?!
Weil es einfach witziger ist, "Witz" zu verstehen. ;)
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