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2008-11-17

LAIBACH - Kunst der Fuge

- real time review -



LAIBACH - Kunst der Fuge (2008)

Laibach
interpretieren Johann Sebastian Bach. Eigentlich ja höchste Zeit, zumal der Komponist ja sogar sogar im Namen der Slowenen enthalten ist.
Es gibt aber wohl auch andere Gemeinsamkeiten, wie z.B. einen oftmals sehr verkopften, akademischen Ansatz, welcher jedoch weder das Hörvergnügen trübt noch einen gewissen Humor vermissen lässt.

Als wichtiges Beispiel sei da Bachs Umgang mit seinem eigenen Namen genannt, welcher sich im häufigen Gebrauch der Tonfolge B-A-C-H, mit welchen er viele seiner Werke und Überarbeitungen von Werken anderer Komponisten sozusagen signiert hat.
In ihrer "Kunst der Fuge" persiflieren Laibach jene Unterschrift, indem sie im "Contrapunctus 7" eine Kraftwerk-Computerstimme ihren Bandnamen singen lassen.

Ich will mich hier gar nicht überweit aus dem Fenster lehnen und den Musiktheorie- und Klassikexperten mimen, also sei gleich gesagt, dass ich meine Information über Bach und die Fuge - ähnlich wie Laibach die Informationen über die Nationalhymnen im Booklet ihres Albums "Volk" ;) - lediglich aus der Wikipedia beziehe.
Obwohl ich mit dem Komponisten also ansonsten gar nichts am Hut habe, kommt mir gerade das B-A-C-H-Thema als Laibach-Fan jedoch sehr vertraut und typisch vor. Ich nehme an, es ist nicht das erste Mal, dass der gute Mann Einfluss auf ihre Musik genommen hat.

Die "Kunst der Fuge" besteht ausschließlich aus verschiedenen Variationen eines einzigen Themas, ein Ansatz den Laibach im Grunde ja auch schon verfolgt haben, z.B. auf dem Tonträger "Sympathy For The Devil", welcher acht verschiedene Versionen des Rolling-Stones-Hits enthält.

Musikalisch hat Laibachs Fuge mit jenem Werk aber kaum etwas gemeisam. Ebenso unterscheidet es sich deutlich von allen anderen regulären Alben. Weder die stampfenden Rhythmen der Achtziger noch die tanzbaren Beats von "NATO" oder "WAT" finden sich hier. Und vor allem fehlt bis auf die bereits erwähnte synthetische Stimme in "Contrapunctus 7" auch jeder Gesang. Das prägende Tiefgespreche von Milan Fras als Markenzeichen hat hier also komplett Sendepause.
Ebenso fehlt auch jedes echte Instrument. Da Bach keine feste Instrumentierung vorgeschrieben hat, nehmen Laibach sich die Freiheit, ihn als Pionier der Elektromusik zu inszenieren und komplett am PC zu arrangieren.
Im Digipak der CD stehen dazu folgende zwei Zitate:


"It's easy to play any musical instrument: all you have to do is touch the right key at the right time and the instrument will play itself." (Johann Sebastian Bach)

"It's easy to play Bach: all you have to do is open the right program on the right computer and Bach will play itself." (Laibach)

Dementsprechend war die Uraufführung des Werkes im Sommer 2006, im Rahmen des Bachfestes in Leipzig, auch eher eine Kunstperformance als ein Konzert. Während der Computer spielte, gab es die üblichen Filmchen zu sehen und Laibach spielten "Kreuzschach für vier Spieler".

Dieses Jahr folgten im Zuge der CD-Veröffentlichung jedoch noch ein paar Konzerte, auf denen die Fuge tatsächlich live gespielt wurde, auf vier Keyboards und elektronischen Drumpads. Die Bilder und qualitativ eher mauen Aufzeichnungsschnipsel, die davon im Netz kursieren, erinnern gewiss nicht zufällig ein wenig an Kraftwerk. Ich hoffe ja, dass es eine der Aufführungen irgendwann als DVD geben wird. Schließlich ist zwischen "Divided States Of America" (numeriert mit 3) und der Volk-DVD (Nr. 6) ja noch Platz im Regal...


Und was erwartet einen hier nun musikalisch?

Trotz der volldigitalen Adaption bleibt das Werk sehr dynamisch. Hier wabert es lange tief und bedrohlich, dort sprudelt es rhythmisch auf, es stolziert, tröpfelt, quietscht und ziept... dabei bewegt es sich aber immer irgendwie unstet voran. Es gibt keinen wirklich abgeschlossen wirkenden Melodiebogen, keine "Hookline" für den Popmusikkonsumenten. Die Tonfolgen verschieben sich, scheinen ständig auf der Suche nach ihrer Auflösung zu sein. Nein, ganz leichte Kost ist dies wahrlich nicht. Besonders gegen Ende, ab "Contrapunctus 11", wird es schwierig, als die Komposition wie eine Schallplatte zu knistern, aber auch zu springen beginnt. Das ist finster, das ist anstrengend. Zum Glück wird es danach zum Anschluss mit einigen recht lustigen Sounds wieder etwas leichtfüßiger.

Nein, die "Kunst der Fuge" ist wohl nichts, was man mal so nebenbei auf einer Party reinschmeißt. Wenn man sich jedoch ein wenig Zeit für sie nimmt, ist sie ein sehr erfüllendes - und vor allem bei jedem Hören wachsendes - Klangerlebnis.

Fazit: Laibach mal (wieder) ganz anders, aber (selbstverständlich) alles andere als schlecht.



So, damit hätte ich nun alle 2008 erschienen CDs meiner Sammlung besprochen. ;)

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