Bandinfo (bzw. in diesem Fall Soloprojekt-Info) vor dem Rezensieren lesen oder nicht? Das ist so eine Frage, auf die es wohl keine richtige Antwort gibt. Im Falle des Ende des Monats (VÖ: 27.03.) auf Sulatron Records erscheinenden Albums von Davi Rodriguez De Lima ist ein wenig Hintergrund einerseits durchaus hilfreich, hat bei mir anderseits aber auch zu einer leicht verkehrten Erwartungshaltung geführt.
DAVI RODRIGUEZ DE LIMA - Fantasma (2020)
Als ich las, dass die Schlagzeugsounds aus Samples von Baustellengeräuschen, Milchkannen, zerbrochenen Fenstern etc. bestehen, habe ich mir die Musik nämlich irgendwie viel mehr um dieses Element zentriert vorgestellt. Tatsächlich kann man diesen Aspekt in manchen Stücken aber sogar komplett überhören.
Anderseits kann man natürlich im Infoblatt ignorieren, dass neben den unkonventionellen Field-recording-Drums, genauso deutlich von einem statt Bass benutzen Moog und wilden Gitarrenklängen auf einem extra dafür selbst gebauten Verstärker die Rede ist. Ähem.
De Lima, der auf seinem Debüt bis auf ein paar Trompeten wirklich alle Credits inklusive Produktion und Artwork auf sich selbst vereint, war ein in der Szene erfolgreicher Indie- und Punk-Schlagzeuger in Brasilien, ehe es ihn vor acht Jahren aus familiären Gründen nach Deutschland verschlug. Das Schweben zwischen den Welten wie ein Geist (fantasma = Gespenst) als Teil der Lebenswelt eines Ein-/Auswanderers, ist auch die zentrale Inspiration dieses Albums.
Und er versteht es gut, dieses Gefühl nicht nur textlich, sondern auch in Klang und Produktion zu vermitteln. Selbst wenn er im Grunde lupenreinen Blues spielt, kommt keine Intimität auf. Da ist immer etwas Fremdes, Verfremdendes, was einen auf Distanz hält.
Die spezielle, nicht ganz normale Instrumenten- und Equipmentsituation? Die bewusst schrägen Töne? Das Verzerrte und das durch viel Delay Verwaschene? Alles spielt in diese Wirkung mit hinein.
Auf jeden Fall ist die komplette Fassade dieses Albums riskant, denn man kann das Konzept dahinter im ersten Moment durchaus als Schwäche missverstehen. Auch wenn ein gewisses Maß an Unhörbarkeit bei Musik mit Industrial/Noise/Garagenrock-Einschlag ja nicht überraschen sollte, war mir "Fantasma" nämlich zunächst durchaus eine Ecke zu anstrengend, zu garagig. Es dauerte mehrere Durchläufe, ehe es irgendwannklick gemacht hat und ich das Album endlich jenseits seiner Ästhetik begreifen konnte. Und seitdem gefällt es mir auch bei jedem Hören besser.
Denn tatsächlich sind die Songs hinter dem experimentellen Filter alle ganz ordentlich bis ziemlich geil. Mein persönliches Highlight sind dabei im Grunde alle Passagen, in denen die schiefe Freejazz-Trompete Stücke wie "Banalized", "Off Track" oder "Grey Times" auf eine höhere Ebene hievt. Oder auch wenn die "Snare" so richtig schön im Stil klassischer "The Land Of Rape And Honey"/"The Mind Is A Terrible Thing To Taste"-Ministry auf der Eins scheppert.
Komisch, dass ich das Wort noch nicht gesagt habe, aber musikalisch kann man "Fantasma" trotz aller Ausflüge in andere musikalische Gefilde selbstverständlich zu hundert prozent unter Psychedelic Rock katalogisieren. Das Ding ist ja schließlich immer noch ein Sulatron-Release, nicht wahr?
Wie gesagt: Für mich war das Album zunächst schwierig, aber letztendlich lohnenswert. Andere Fans von Musik, die sich irgendwo im weiten Kreis zwischen White Hills, Gnod, Hey Colossus, Psych, hysterischem Punk, Industrial Metal, Blues und experimenteller Spielerei bewegt, kommen sicherlich auch auf Anhieb gut mit Davi Rodriguez de Lima klar.
Doch ganz egal, wie weit und wie schnell sich einem das Album erschließt: Eine spannende Geschichte ist es auf jeden Fall.
"Fantasma" erscheint in auf 300 Stück limitierter Auflage auf grünem Vinyl.
Anderseits kann man natürlich im Infoblatt ignorieren, dass neben den unkonventionellen Field-recording-Drums, genauso deutlich von einem statt Bass benutzen Moog und wilden Gitarrenklängen auf einem extra dafür selbst gebauten Verstärker die Rede ist. Ähem.
De Lima, der auf seinem Debüt bis auf ein paar Trompeten wirklich alle Credits inklusive Produktion und Artwork auf sich selbst vereint, war ein in der Szene erfolgreicher Indie- und Punk-Schlagzeuger in Brasilien, ehe es ihn vor acht Jahren aus familiären Gründen nach Deutschland verschlug. Das Schweben zwischen den Welten wie ein Geist (fantasma = Gespenst) als Teil der Lebenswelt eines Ein-/Auswanderers, ist auch die zentrale Inspiration dieses Albums.
Und er versteht es gut, dieses Gefühl nicht nur textlich, sondern auch in Klang und Produktion zu vermitteln. Selbst wenn er im Grunde lupenreinen Blues spielt, kommt keine Intimität auf. Da ist immer etwas Fremdes, Verfremdendes, was einen auf Distanz hält.
Die spezielle, nicht ganz normale Instrumenten- und Equipmentsituation? Die bewusst schrägen Töne? Das Verzerrte und das durch viel Delay Verwaschene? Alles spielt in diese Wirkung mit hinein.
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Komisch, dass ich das Wort noch nicht gesagt habe, aber musikalisch kann man "Fantasma" trotz aller Ausflüge in andere musikalische Gefilde selbstverständlich zu hundert prozent unter Psychedelic Rock katalogisieren. Das Ding ist ja schließlich immer noch ein Sulatron-Release, nicht wahr?
Wie gesagt: Für mich war das Album zunächst schwierig, aber letztendlich lohnenswert. Andere Fans von Musik, die sich irgendwo im weiten Kreis zwischen White Hills, Gnod, Hey Colossus, Psych, hysterischem Punk, Industrial Metal, Blues und experimenteller Spielerei bewegt, kommen sicherlich auch auf Anhieb gut mit Davi Rodriguez de Lima klar.
Doch ganz egal, wie weit und wie schnell sich einem das Album erschließt: Eine spannende Geschichte ist es auf jeden Fall.
"Fantasma" erscheint in auf 300 Stück limitierter Auflage auf grünem Vinyl.
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