Dejan Knez aka Elk Eber aka Baron Reichenbach, Laibach-Gründungs-und-Ehrenmitgliedist zurück mit einem Album, welches ähnlich wie "Laibach Revisited" gar nicht so ganz taufrisch ist, sondern bereits vor etwa zwölf Jahren aufgenommen wurde (damit also tatsächlich deutlich älter ist als das letzte 300,000 V.K.-Werk "Peter Paradox") und dann verloren war - was auch immer das genau bedeuten mag.
Und wie es sich für ein derart verzögertes Projekt gehört, wurde dann auch die in alter Laibach-Tradition auf dem Cover verewigte Jahresangabe mit der tatsächlichen Veröffentlichung durch Corona und Presswerkstau noch knapp verfehlt. Aber wer liest schon römische Zahlen, nicht wahr? Hauptsache, "Der Sturm" bläst nun endlich!
In zwölf abwechslungsreichen Tracks bieten die dreihunderttausend verschiedenen Krawalle hier all dies im Überfluss. In Bezug auf Laibach lebt erneut der "Kapital"-Geist im moderneren - oder besser: im ebenso zeitlosen, jedoch fetter klingenden - Gewand neu auf. Insbesondere mit Kopfhörern genossen ist die detailverliebte Produktion von "Der Sturm" eine Wucht.
Optisch greift Knez sogar noch tiefer in die Kiste, indem er dem Album den 30x30 cm Print eines Portaitfotos im Wehrdienst-Chic aus den Achtziger Jahren beilegt - ja, nicht nur der passend großen Schallplatte, sondern auch wie hier zu sehen der CD-Variante:
Konzeptionell geht es dem Slowenen um interstellare Kommunikation und die Reise von Radiowellen, ein Ansatz der direkt in das dröhnende "Titan" (2006) anzuschließen scheint - was chronologisch natürlich nicht ganz korrekt ist -, hier jedoch in noch technoiderer Form fortgeführt wird und teilweise mit Themen wie Krieg und Vertreibung als Inspirationsquellen von den weiten des Alls auf die harte graue Erde zurückkehrt.
Musikalisch dominieren vor allem Beats und saucoole Basslinien, doch alles was an Texturen, Samples, Klavier und Keyboards auf diesem Fundament wächst und zerfällt, weiß mich restlos zu überzeugen. Der Baron pflegt alle Qualitäten, die man von seinem Projekt erwartet, auf höchstem Niveau. "Der Sturm" ist ein hypnotisierender Trip durch die Leere zwischen dem Dunkel der Geschichte und entrückter Weltflucht in die Unendlichkeit und empfiehlt 300,000 V.K. als die sozial verträgliche und künstlerisch wertvolle Alternative zur Verschwörungskasperei.
Oder es ist einfach nur ein Spitzenanwärter auf den Titel Elektro-Album des Jahres. Kann man halten, wie man möchte.
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