So, jetzt aber! Einmal bitte das größte Album von meiner aktuellen Rezensionswarteliste streichen!
SWANS - Birthing (2CD+DVD) (2025)
Nein, Michael Gira macht es mir nun schon seit einer Weile nicht wirklich leicht, über neue Swans-Studioalben zu schreiben. Dabei ist gerade dieser neue zweistündige Koloss durch seine durchweg grandiose Qualität eigentlich sehr entgegenkommend.
Es ist aus Schreibersicht halt nur komisch, wenn man schon mehrmals das Ende der lauten maximalistischen Inkarnation der Gruppe (weiter)verkündet hat - und dann kommt doch immer wieder doch noch ein gigantischer lauter überwältigender Brocken! Nicht, dass ich als Fan irgendetwas dagegen hätte, aber man kommt sich schon ein bisschen dumm vor.
Wie auch immer, schon der der über zwanzigminütige Opener "The Healers" mit seinem achtminütigem Aufbau, ehe der hypnotische Groove von Drummer Phil Puelo und Monsterbassist Christopher Pravdica einen rettungslos gefangen nimmt, macht einen spätestens in der absoluten Noise-Eskalation zu Beginn des himmlisch episch explosiven Finales klar, dass man es bei diesem Doppeltonträger mit einem hervorragenden Vertreter dieses Swans-Sounds zu tun hat.
Klar, das war auch nach dem direkten Liveerlebnis der aktuellen Konstellation und dem außerordentlich "Live Rope" bereits mehr als dezent zu ahnen, doch dieser erste Track zementiert bereits die Ahnung, dass die restlichen hundert Minuten das Niveau nur einigermaßen halten müssen, damit wir es mit einem diskographischen Highlight auf Stufe von "To be Kind" zu tun haben.
Und "I Am A Tower" bestätigt diese Ahnung nicht nur, indem es bekannte Stilmittel wie endloses An- und Abschwellen des perfekten Chaos zu Giras bedrohlich charismatischer Schamaenenpräsenz abruft, sondern überrascht auch noch mit einer nicht im geringsten um Subtilität bemühten musikalischen Hommage an David Bowie. Man nimmt schließlich in Berlin auf - und so kehrt der Song nach einer Meditation in harmonischen Chorgesängen und transzendent gehämmertem Dulcimer als die wirklich größmögliche Annäherung an "Heroes" zu vollem Volumen zurück. Das lässt einen kurz das Cover checken, ob man nicht in eine andere Dimension gesprungen ist - und dann ist es einfach nur cool.
Es folgt der Titeltrack, der in seiner mächtig ausladenden Erhabenheit und z.T. unerwartet positiv erbaulichen Energieen noch einmal eine Schippe obendrauf lädt.
Auf der zweiten Disc werden die Stücke dann zahlreicher (fünf Tracks) und kürzer (Durchschnittlich achteinhalb Minuten).
In "Red Yellow" kehren Swans mit einem gespenstischen männlich-weiblichen Post Punk-Duett in die Achtziger zurück, ehe ein unentrinnbarer Geradeausgrooven einen in den moderneren Post-"The Seer"-Sound inklusive im Hintergrund kreischenden Saxophon katapultiert.
"Guardian Spirit" führt diese Richtung mit mystischen und majestätischen Untertönen weiter, ehe der längste Track dieser CD komplett aus dem Rahmen fällt: Inklusive Maschinengewehrdrumming durch Tim Wyskida, Bandkollege von Lap-Steel-Gitarristin/Bassistin Dana Schechter in Insect Ark, entpuppt sich "The Merge" als komplett wahnsinnige unvorhersehbare Kollage aus durchaus nachvollziehbaren Passagen, aber auch wirren Samples und abstraktem Krach. Kaum als Song im herkömmlichen Sinn zu betwerten, ist der Track als komprimierte und in komplett neue Klangwelten überführte Weiterführung der Idee von "Soundtracks For The Blind" tatsächlich ein mutiges Highlight des Albums.
Danach lässt sich im Grunde gar nicht mehr vollständig zum Normalbetrieb zurückkehren, und so ist es dann auch der geradezu traumhafte instrumentale Longtrack "Rope" (deutlich kürzer als die bekannten offiziellen Liveversionen allerdings), der schließlich direkt in den balladesken Ausklang "Away" hineingleitet.
Ich glaube, es gab bisher kaum ein Swans-Album, welches über eine derartige Länge dramatisch so gut strukturiert worden ist wie "Birthing". Dank diverser unverlangt in die Länge gezogener Autofahrten habe ich das Album sicherlich schon häufiger ununterbrochen gehört, als unter normalen Umständen zu erwarten wäre - und ich entdecke einfach keinen Schwachpunkt.
Es ist aus Schreibersicht halt nur komisch, wenn man schon mehrmals das Ende der lauten maximalistischen Inkarnation der Gruppe (weiter)verkündet hat - und dann kommt doch immer wieder doch noch ein gigantischer lauter überwältigender Brocken! Nicht, dass ich als Fan irgendetwas dagegen hätte, aber man kommt sich schon ein bisschen dumm vor.
Wie auch immer, schon der der über zwanzigminütige Opener "The Healers" mit seinem achtminütigem Aufbau, ehe der hypnotische Groove von Drummer Phil Puelo und Monsterbassist Christopher Pravdica einen rettungslos gefangen nimmt, macht einen spätestens in der absoluten Noise-Eskalation zu Beginn des himmlisch episch explosiven Finales klar, dass man es bei diesem Doppeltonträger mit einem hervorragenden Vertreter dieses Swans-Sounds zu tun hat.
Klar, das war auch nach dem direkten Liveerlebnis der aktuellen Konstellation und dem außerordentlich "Live Rope" bereits mehr als dezent zu ahnen, doch dieser erste Track zementiert bereits die Ahnung, dass die restlichen hundert Minuten das Niveau nur einigermaßen halten müssen, damit wir es mit einem diskographischen Highlight auf Stufe von "To be Kind" zu tun haben.
Und "I Am A Tower" bestätigt diese Ahnung nicht nur, indem es bekannte Stilmittel wie endloses An- und Abschwellen des perfekten Chaos zu Giras bedrohlich charismatischer Schamaenenpräsenz abruft, sondern überrascht auch noch mit einer nicht im geringsten um Subtilität bemühten musikalischen Hommage an David Bowie. Man nimmt schließlich in Berlin auf - und so kehrt der Song nach einer Meditation in harmonischen Chorgesängen und transzendent gehämmertem Dulcimer als die wirklich größmögliche Annäherung an "Heroes" zu vollem Volumen zurück. Das lässt einen kurz das Cover checken, ob man nicht in eine andere Dimension gesprungen ist - und dann ist es einfach nur cool.
Es folgt der Titeltrack, der in seiner mächtig ausladenden Erhabenheit und z.T. unerwartet positiv erbaulichen Energieen noch einmal eine Schippe obendrauf lädt.
Auf der zweiten Disc werden die Stücke dann zahlreicher (fünf Tracks) und kürzer (Durchschnittlich achteinhalb Minuten).
In "Red Yellow" kehren Swans mit einem gespenstischen männlich-weiblichen Post Punk-Duett in die Achtziger zurück, ehe ein unentrinnbarer Geradeausgrooven einen in den moderneren Post-"The Seer"-Sound inklusive im Hintergrund kreischenden Saxophon katapultiert.
"Guardian Spirit" führt diese Richtung mit mystischen und majestätischen Untertönen weiter, ehe der längste Track dieser CD komplett aus dem Rahmen fällt: Inklusive Maschinengewehrdrumming durch Tim Wyskida, Bandkollege von Lap-Steel-Gitarristin/Bassistin Dana Schechter in Insect Ark, entpuppt sich "The Merge" als komplett wahnsinnige unvorhersehbare Kollage aus durchaus nachvollziehbaren Passagen, aber auch wirren Samples und abstraktem Krach. Kaum als Song im herkömmlichen Sinn zu betwerten, ist der Track als komprimierte und in komplett neue Klangwelten überführte Weiterführung der Idee von "Soundtracks For The Blind" tatsächlich ein mutiges Highlight des Albums.
Danach lässt sich im Grunde gar nicht mehr vollständig zum Normalbetrieb zurückkehren, und so ist es dann auch der geradezu traumhafte instrumentale Longtrack "Rope" (deutlich kürzer als die bekannten offiziellen Liveversionen allerdings), der schließlich direkt in den balladesken Ausklang "Away" hineingleitet.
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Swans live in Hamburg 2023 |
Das einzige, was mir an "Birthing" missfällt ist tatsächlich die Verpackung. Nicht das Artwork oder Design, welches sich komplett innerhalb der gewohnten Parameter von Young God Records bewegt. Aber warum zum Henker wurde für das Digipak für die beiliegende DVD nicht einfach - wie in der Vergangenheit auch schon geschehen - einfach um ein Panel erweitert? Stattdessen dachte ich - und damit war ich keinesfalls alleine! - zunächst einmal, dass meine Version gar keine Bonusdisc enthalten würde, da diese hinter einem der Plastiktrays versteckt war, was eine super schlechte, einen bei jeder Herausnahme verunsichernde Lösung ist. Nein, nicht gut.
Der Inhalt der DVD kann sich aber immerhin sehen lassen. Zusammengestellt aus zwei 2024 in Brooklyn gespielten Konzerten (mit zusätzlichem Bildmaterial aus LA), bekommen wir hier noch eine raue "Rope"-Performance auf die Ohren, die ehrlicherweise nicht so großartig wie das letzte Livealbum ist, aber durch ihre Andersartigkeit - jede Swans-Show hat halt ihren eigenen Charakter - definitv anschauenswert.
Das echte Highlight ist jedoch "I Wonder If I'm Singing What You're Thinking Me To Sing", eine 2023 kunstvoll gefilmte und geschnittene Soloperformance von Michael Gira in einer Kirche in Oslo. Absolut ergreifend, wie auch die Reaktionen des Publikums zeigen - und dankenswerterweise ohne die toxische Spannung, die seinem Duo mit Michael Hahn dieses Jahr seine ähm... besondere, zwiespältige Spannung gab.
Insgesamt addieren sich diese beiden Shows zu satten zweieinhalb Stunden Bonusmaterial. Wenn man die Investition bedenkt, die beim Import von Swans-Tonträgern inklusive Versand, Zoll und Gebühren stets zusammenkommt, ist dies wirklich eine sehr faire Geste vom Künstler.
Da ich spät dran bin, weiß ja ohnehin schon jeder, den es betrifft, ohne meine Hilfe bescheid, aber für den Fan führt an "Birthing" im Grunde kein Weg vorbei.
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