Und nun das neben Slayer (hab ich allerdings noch nicht) wohl originellste Reviewthema dieses Monats - zumindest was Metal angeht...
IRON MAIDEN - The Book Of Souls (3LP) (2015)
Kommen wir gleich zur Sache: Neunzig Prozent der Fans sind sich ja eh so ziemlich einig, dass "The Book Of Souls" das beste Maiden-Album seit wahlweise "Brave New World" oder "Seventh Son Of A Seventh Son" ist, und ich reihe mich da ganz konformistisch und unrebellisch ein.
Wobei ich ja "The Final Frontier" auch nicht schlecht fand, genau wie überhaupt alle Alben seit "Brave New World".
Allerdings bin ich nicht der exzessivste Maiden-Fan, und irgendwann fällt jedes Album, so sehr ich es auch mag, aus der Rotation raus. Ich muss die Musik einfach nicht oft hören. Die einzige Ausnahme ist das Über-Werk "Seventh Son", welches wirklich immer geht.
Wie sich dies mit "The Book Of Souls" verhalten wird, kann ich jetzt natürlich noch nicht voraussagen. Doch ich habe das Gefühl, dass es sich deutlich länger in meiner Playlist halten dürfte als der auch schon fünf Jahre alte Vorgänger, da der Sound auf "The Final Frontier" auf Dauer doch einfach eine Nummer zu dumpf geraten ist.
Das neue Werk klingt zum Glück klarer. Die seltsam sture Klangphilosophie des Teams Steve Harris / Kevin Shirley, alles möglichst roh und unbehandelt zu lassen, ist zumindest ein wenig aufgeweicht und das ist auch gut so. Denn es ist zwar beeindruckend, dass Bruce Dickinson auch ohne gedoppelte Gesangsspuren und Halleffekte auskommen kann - aber warum soll er das?
Wir glauben es ja. Aber wenn man schon Iron die größte Metalband der Welt Maiden ist, dann darf man auch gerne Alben aufnehmen, die entsprechend groß klingen und auf den Putz hauen.
Und teilweise ist dies auf "The Book Of Souls" auch gelungen. Die Scheibe hat viel von dem gewünschten Live-Feeling, sie klingt sehr transparent, alle Instrumente sind klar herauszuhören und voneinander zu unterscheiden, aber... es mangelt leider gehörig an Wumms. Da das Dauerriffgewitter nicht zu den typischen Stilmerkmalen der Briten gehört, sind es vor allem die Drums, von denen die Power ausgehen sollte. Und denen fehlt einfach der Punch. Da hilft nur, mit dem Volumenregler nachzuhelfen.
Ist dies geschehen, lässt sich die Musik jedoch genießen. Und es ist eine Menge Musik!
"The Book Of Souls" ist das erste Studio-Doppelalbum (=drei Schallplatten) von Iron Maiden.
Es gibt sowohl kürzere Stücke um die fünf Minuten wie z.B. die Single "Speed Of Light" als auch Longtracks im zweistelligen Minutenbereich, darunter mit "Empire Of The Clouds" sogar der längste Track der Bandgeschichte, der nach stolzen 31 Jahren "Rime Of The Ancient Mariner" ablöst.
Wer Prog hört, für den sind dreizehn oder achtzehn Minuten lange Lieder natürlich nicht so eine riesige Sensation. Allerdings ist das Album längst nicht so progressiv, wie vielerorts behauptet wird.
Die Longtracks und insbesondere Bruce Dickinsons Neigung zur Erzählung großer Geschichten deuten zwar in die Richtung, aber tatsächlich sind es in erster Linie einfach epische Stücke mit langen Strophen, die in ihren Instrumentalpassagen mit vielen typischen Maiden-Riffläufen, Harmonien und Soli angereichert sind. Spielerisch ist das natürlich alles über jeden Zweifel erhaben, dafür sorgt ja schon Basslegende Steve Harris alleine, besonders frickelig oder mathematisch herausfordernd jenseits von vier Vierteln ist es allerdings nicht.
Nein, Iron Maiden hauen vor allem bewährte Trademarks raus. Das tun sie allerdings so ziel- und geschmackssicher wie schon sehr lange nicht mehr.
Die Songs sind einfach alle sehr stark, es gibt keinen Stinker. Nur der Whohohoo-Refrain im ansonsten wirklich gelungenen "The Red And The Black" nervt. Und damit erschöpft sich meine musikalische Negativkritik auch schon.
Dass "Shadows Of The Valley" zu Beginn den Anfang von "Wasted Years" recycelt, ist geschenkt und fällt in die Kategorie der liebgewonnenen Traditionen.
Ansonsten wecken natürlich einzelne Details oder die generelle Stimmung mancher Songs Erinnerungen. So hat mich das Keyboard-Intro des Openers "If Eternity Should Fail" gleich in "7th Son"-Zeiten versetzt oder der Titelsong ein wenig den Geist von "Powerslave" heraufbeschworen.
Sich selbst irgendwo regelrecht plagiiert hat die Band aber nicht.
Die Songs sind allesamt aus sich selbst heraus überzeugend, und man könnte - wie es wahrscheinlich auch schon aberhunderte Rezensenten getan haben - noch über jedes der elf Stücke gesondert einen Aufsatz schreiben.
Für die Seiten A bis E spare ich mir das allerdings. Nur den letzten Track, den schon erwähnten neuen Längenrekordhalter "Empire Of The Clouds", muss man einfach hervorheben, schon weil er über weite Strecken von Bruce Dickinson nicht nur am Mikrofon, sondern auch am Klavier geprägt wird. Iron Maiden goes Savatage sozusagen und damit tatsächlich mal was ganz Neues.
Live wird er sicherlich nicht selbst in die Tasten hauen, doch was er hier komponiert hat, ist schon ganz großes Kino. Durch seinen Epos und seine Andersartigkeit hat sich "Empire" bei mir sofort als Herz des Albums etabliert.
Das Herz eines Albums, welches ich mittelfristig wohl selten komplett am Stück hören werde, einfach wegen der schieren Länge, welches einen jedoch überall gut zu unterhalten weiß, egal wo man die Nadel aufsetzt.
Das Frontcover ist schlicht, direkt und schön im klassischen Derek Riggs-Stil, umgesetzt allerdings von Mark Wilkinson. Deutlich besser als so einige Bilder der letzten zwanzig Jahre.
Im Triple-Gatefold und auf den LP-Hüllen wird es detailreicher und es gibt für Eddie-Enthusiasten schon so einiges zu entdecken. Sehr schön!
Fazit: Iron Maiden zeigen sich 2014 (die Aufnahmen liegen ja schon etwas zurück) immer noch ambitioniert und wesentlich frischer, als ich es erwartet hätte. Trotz des unantastbar heiligen Frühschaffens der Band ist "The Book Of Souls" ein echtes Highlight in der Diskographie.
Und man kann tatsächlich ein komplettes Maiden-Review verfassen, ohne auch nur ein einziges Mal einen der drei Gitarristen namentlich zu erwähnen.
Wobei ich ja "The Final Frontier" auch nicht schlecht fand, genau wie überhaupt alle Alben seit "Brave New World".
Allerdings bin ich nicht der exzessivste Maiden-Fan, und irgendwann fällt jedes Album, so sehr ich es auch mag, aus der Rotation raus. Ich muss die Musik einfach nicht oft hören. Die einzige Ausnahme ist das Über-Werk "Seventh Son", welches wirklich immer geht.
Wie sich dies mit "The Book Of Souls" verhalten wird, kann ich jetzt natürlich noch nicht voraussagen. Doch ich habe das Gefühl, dass es sich deutlich länger in meiner Playlist halten dürfte als der auch schon fünf Jahre alte Vorgänger, da der Sound auf "The Final Frontier" auf Dauer doch einfach eine Nummer zu dumpf geraten ist.
Das neue Werk klingt zum Glück klarer. Die seltsam sture Klangphilosophie des Teams Steve Harris / Kevin Shirley, alles möglichst roh und unbehandelt zu lassen, ist zumindest ein wenig aufgeweicht und das ist auch gut so. Denn es ist zwar beeindruckend, dass Bruce Dickinson auch ohne gedoppelte Gesangsspuren und Halleffekte auskommen kann - aber warum soll er das?
Wir glauben es ja. Aber wenn man schon Iron die größte Metalband der Welt Maiden ist, dann darf man auch gerne Alben aufnehmen, die entsprechend groß klingen und auf den Putz hauen.
Und teilweise ist dies auf "The Book Of Souls" auch gelungen. Die Scheibe hat viel von dem gewünschten Live-Feeling, sie klingt sehr transparent, alle Instrumente sind klar herauszuhören und voneinander zu unterscheiden, aber... es mangelt leider gehörig an Wumms. Da das Dauerriffgewitter nicht zu den typischen Stilmerkmalen der Briten gehört, sind es vor allem die Drums, von denen die Power ausgehen sollte. Und denen fehlt einfach der Punch. Da hilft nur, mit dem Volumenregler nachzuhelfen.
Ist dies geschehen, lässt sich die Musik jedoch genießen. Und es ist eine Menge Musik!
"The Book Of Souls" ist das erste Studio-Doppelalbum (=drei Schallplatten) von Iron Maiden.
Es gibt sowohl kürzere Stücke um die fünf Minuten wie z.B. die Single "Speed Of Light" als auch Longtracks im zweistelligen Minutenbereich, darunter mit "Empire Of The Clouds" sogar der längste Track der Bandgeschichte, der nach stolzen 31 Jahren "Rime Of The Ancient Mariner" ablöst.
Wer Prog hört, für den sind dreizehn oder achtzehn Minuten lange Lieder natürlich nicht so eine riesige Sensation. Allerdings ist das Album längst nicht so progressiv, wie vielerorts behauptet wird.
Die Longtracks und insbesondere Bruce Dickinsons Neigung zur Erzählung großer Geschichten deuten zwar in die Richtung, aber tatsächlich sind es in erster Linie einfach epische Stücke mit langen Strophen, die in ihren Instrumentalpassagen mit vielen typischen Maiden-Riffläufen, Harmonien und Soli angereichert sind. Spielerisch ist das natürlich alles über jeden Zweifel erhaben, dafür sorgt ja schon Basslegende Steve Harris alleine, besonders frickelig oder mathematisch herausfordernd jenseits von vier Vierteln ist es allerdings nicht.
Nein, Iron Maiden hauen vor allem bewährte Trademarks raus. Das tun sie allerdings so ziel- und geschmackssicher wie schon sehr lange nicht mehr.
Die Songs sind einfach alle sehr stark, es gibt keinen Stinker. Nur der Whohohoo-Refrain im ansonsten wirklich gelungenen "The Red And The Black" nervt. Und damit erschöpft sich meine musikalische Negativkritik auch schon.
Dass "Shadows Of The Valley" zu Beginn den Anfang von "Wasted Years" recycelt, ist geschenkt und fällt in die Kategorie der liebgewonnenen Traditionen.
Ansonsten wecken natürlich einzelne Details oder die generelle Stimmung mancher Songs Erinnerungen. So hat mich das Keyboard-Intro des Openers "If Eternity Should Fail" gleich in "7th Son"-Zeiten versetzt oder der Titelsong ein wenig den Geist von "Powerslave" heraufbeschworen.
Sich selbst irgendwo regelrecht plagiiert hat die Band aber nicht.
Die Songs sind allesamt aus sich selbst heraus überzeugend, und man könnte - wie es wahrscheinlich auch schon aberhunderte Rezensenten getan haben - noch über jedes der elf Stücke gesondert einen Aufsatz schreiben.
Für die Seiten A bis E spare ich mir das allerdings. Nur den letzten Track, den schon erwähnten neuen Längenrekordhalter "Empire Of The Clouds", muss man einfach hervorheben, schon weil er über weite Strecken von Bruce Dickinson nicht nur am Mikrofon, sondern auch am Klavier geprägt wird. Iron Maiden goes Savatage sozusagen und damit tatsächlich mal was ganz Neues.
Live wird er sicherlich nicht selbst in die Tasten hauen, doch was er hier komponiert hat, ist schon ganz großes Kino. Durch seinen Epos und seine Andersartigkeit hat sich "Empire" bei mir sofort als Herz des Albums etabliert.
Das Herz eines Albums, welches ich mittelfristig wohl selten komplett am Stück hören werde, einfach wegen der schieren Länge, welches einen jedoch überall gut zu unterhalten weiß, egal wo man die Nadel aufsetzt.
Das Frontcover ist schlicht, direkt und schön im klassischen Derek Riggs-Stil, umgesetzt allerdings von Mark Wilkinson. Deutlich besser als so einige Bilder der letzten zwanzig Jahre.
Im Triple-Gatefold und auf den LP-Hüllen wird es detailreicher und es gibt für Eddie-Enthusiasten schon so einiges zu entdecken. Sehr schön!
Fazit: Iron Maiden zeigen sich 2014 (die Aufnahmen liegen ja schon etwas zurück) immer noch ambitioniert und wesentlich frischer, als ich es erwartet hätte. Trotz des unantastbar heiligen Frühschaffens der Band ist "The Book Of Souls" ein echtes Highlight in der Diskographie.
Und man kann tatsächlich ein komplettes Maiden-Review verfassen, ohne auch nur ein einziges Mal einen der drei Gitarristen namentlich zu erwähnen.
Anspieltipps: Empire Of The Clouds, The Book Of Souls, If Eternity Should Fail, Shadows Of The Valley
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