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2016-03-25

NEW KEEPERS OF THE WATER TOWERS' Infernal Machine

"Ein uneingeschränkt empfehlenswertes episches Metal-und-drüber-hinaus-Album" nannte ich das 2013er Album "The Cosmic Child" der New Keepers Of The Water Towers im Fazit meiner Kurzrezension.

Vieles was ich damals - oder auch zu ihrem Auftritt auf dem Roadburn 2014 - geschrieben habe, lässt sich auch auf ihr neues Werk übertragen. Nur ausgerechnet den Begriff "Metal" finde ich diesmal nur partiell zutreffend, denn genretypisch gerifft wird hier nur noch sehr selten. Im Grunde ist dies dennoch rein definitorische Formsache, denn auch ohne dieses Merkmal ist "Infernal Machine" ganz klar ein dunkleres Werk als der Vorgänger.




NEW KEEPERS OF THE WATER TOWERS' Infernal Machine (LP) (2016)

New Keepers Of The Water Towers spielen weiterhin intensiven, atmosphärisch sehr dichten, spacigen Progrock, jetzt noch deutlicher als zuvor in den halluzinogenen Siebzigern (und späten Sechzigern) verwurzelt. Das Klangspektrum der klassischen Rockbesetzung Gitarre, Gitarre, Bass, Drums wird durch allerlei weitere Klänge aus Synthesizern, Rhodes Piano, Lap-Steel-Gitarre, Moog-Pedalen usw. erweitert. Der daraus resultierende Sound ist stilistisch irgendwie immer im Fluss, letztendlich jedoch ziemlich eigenständig und klar wiedererkennbar.

Bemerkenswert ist dies vor allem, wenn man mal unter die Lupe nimmt, wie sehr die Schweden tatsächlich in jedem Lied etwas anderes ausprobieren:  

"Infernal Machine" beginnt gleich mit seinem längsten und vielleicht auch herausfordernsten Track. "The Forever War" ist ein elfminütiger, bedrohlicher Stampfer, dessen Finsternis und Brachialität direkt von den noch radiounfreundlichen Pink Floyd inspiriert zu sein scheint. Musikalisch gäbe es sicherlich noch naheliegendere Vergleiche, aber die Stimmung hier und auch auf weiteren der sieben Stücke des Albums hat durchaus was von den Engländern "live at Pompeji".

Das Instrumental "Tracks Over Carcosa" stellt danach den oft soundtrackartigen Charakter des gesamten Albums erstmals deutlich heraus. Ein von Goblin stammen könnender Lauf verbindet sich in diesem flott pumpenden Progstück mit cool surfendem kosmischen Wüstenrock.
Gesang spielt auf dem Album insgesamt eine eher untergeordnete Rolle. Er kommt nur in wenigen Stücken vor, entfernt und verfremdet, und dient vor allem als weitere, gleichwertig mit Gitarren und analogen Keyboards auftretende Klangtextur. Wer auf Sing-along-Rock und große Hooks steht, wird bei den Wasserturmwärtern 2016 also nicht bedient.

Roadburn 2014
"Tachyon Deep" zwingt einem mit seinem übermächtigen, schleichenden Mellotron zunächst natürlich den Namen King Crimson auf. Bald setzt ein hypnotischer Tribal-Rhythmus ein, über dem das Stück immer stärker brodelt und schließlich kocht. Kurz bevor der Topf überläuft, man würde schon noch ein oder zwei Steigerungsstufen erwarten, setzen die Keepers ihn jedoch ab. Mehrere Tracks des Albums enden gefühlt etwas zu früh, was aber gar nicht unbefriedigend ist, sondern eher wieder etwas von einem Filmscore hat, der relativ unvermittelt stoppt, um der Handlung des Streifens Platz zu machen.

Seite B beginnt mit dem zweieinhalbminütigen Intro "Misantropin Kallar", welches zwar nur das Potential zu einem vollwertigen Song andeutet, dabei jedoch die unerwarteste Referenz des Albums ins Spiel bringt. Kompositorisch könnte dies nämlich durchaus ein Fragment von Kraftwerk sein. Man bedenke, dass die Elektropioniere ihre Wurzeln ja im experimentell jammenden Krautrock hatten. Soweit liegen die Welten hier also im Prinzip gar nicht auseinander.

"Escape Aleph Minor" ist wohl der konventionellste psychedelische Spacerocksong hier. Der Kenner wippt vergnügt lässig im Progbeat mit. Locker machen ist auch wichtig, den nun kommt wie zu Anfang wieder schwerere Kost....

"Jorden" ist dunkel, langsam und erhaben. Ein Trauermarsch. Ein ganzes Album in diesem Stil und schon hätten wir es hier mit einer Funeral Doom-Band zu tun. Mit ganz leichtem Swans-Einschlag gegen Ende vielleicht.

Tatsächlich entpuppt sich "Jorden" als Overtüre zum folgenden Finale. Der Titeltrack "This Infernal Machine" beginnt zunächst ähnlich schwermütig, schwingt sich aber bald in epische und theatralische Höhen auf, ohne seinen infernalischen Kern zu vernachlässigen. Das Instrumental würde tatsächlich auch problemlos auf jedes Album der Dänen Liserstille passen.


Die New Keepers Of The Water Towers präsentieren sich auf "Infernal Machine" noch eigensinniger als zuvor und schicken den Hörer auch ohne Metalexzess und Ohrwurmrefrains auf einen packenden bedrohlichen Trip, der mit erstaunlicher Lässigkeit und exzellentem stilistischen Geschmackssinn serviert wird.

Und das Beste ist: In nicht einmal vierundzwanzig Stunden spielen sie als Support von Hexvessel in Hamburg. Also ich hab Bock.  


Anspieltipps: Tracks Over Carcosa, This Infernal Machine, The Forever War

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