Hexvessel |
In zweieinhalb Wochen geht ja schon wieder das Roadburn-Festival los. Der lächerlichste Teil in der Vorbereitung darauf ist, wenn man sich zunächst einmal im Line-Up alle Bands markiert, von denen man glaubt, dass sie sich lohnen könnten, und dann auf fünf Bühnen nur eine handvoll Konzerte übrig bleiben, welche man nicht markiert hat. So ist fast jeder Slot in der persönlichen Running Order mit einer schweren Entscheidung verbunden.
Zumindest die Planung für den ersten Festivaltag konnte ich mir nun ein wenig erleichtern, da gleich zwei Bands auf ihrer Road to Roadburn für wenig Eintrittsgeld in Hamburg gastierten, wo der gesetzlich vergnügungsfreie Karfreitag zum Glück in der Praxis eher ignoriert wird.
Hexvessel waren bis auf ein paar Videos neu für mich, und wegen der Personalüberschneidung mit Beastmilk, die ich live recht unspannend fand (bzw. jetzt deren Nachfolgeband Grave Pleasures) konnte ich die Gefahr von möglicher Langeweile nicht hundertprozentig ausschließen.
Die New Keepers Of The Water Towers hatte ich allerdings 2014 ihrwisstschonwo bereits gesehen und war deswegen auf einen exzellenten kosmischen Trip vorbereitet.
New Keepers Of The water Towers |
Die kleine Bühne des Rock Café St. Pauli war mit Instrumenten und Bodeneffekten erwartungsgemäß vollkommen zugekleistert. Dabei haben die Schweden das parallel zur Gitarre gespielte Moog-Pedal sogar ausgemustert. Dafür musste als Ersatz aber ein weiteres Keyboard her. Und die neue, viel benutzte Lap-Steel-Gitarre musste ja auch untergebracht werden. Und weil das noch nicht genug Gedrängel ergibt, hat sich die eigentlich fünfköpfige Band noch um ein Livemitglied erweitert, um allerhand Percussions - natürlich inklusive dickem Gong - zu bedienen.
Im der Supportrolle geschuldet etwas zu kurzen Set wurden ausschließlich aktuelle Stücke des frisch veröffentlichten Albums "Infernal Machine" gespielt. Die Band hatte die LPs auch gerade rechtzeitig bekommen und ich ärgere mich ein wenig, dass ich mir das Ding schon vorher besorgt, da die Tourversion auf weißes Vinyl gepresst wurde, was ich ja immer sehr sexy finde.
Analog zur Entwicklung der Studioalben unterschied sich natürlich auch die Livedarbietung merklich von der zu "The Cosmic Child". Sehr wenig Gesang, dafür noch viel mehr verspielte bis düstere Klangfarben. Kauziger ist die Musik durchaus geworden, und für einige Hörer sicherlich schwerer zugänglich als der riffbasiertere Sound der Vergangenheit. Wie ich schon in meiner Plattenkritik schrieb, atmet dieses Zeug viel vom Geist der frühen Pink Floyd ("Live at Pompeji" oder auch "Meddle"), gerade auch in seinem kindlichen multiinstrumentalen Klangforschungsdrang. Ich bin sehr begeistert.
Eigentlich war ja der Plan, die Gruppe hier abzufrühstücken, aber die Chancen, dass ich sie mir nun in Tilburg, wo sie ein etwas längeres Set spielen werden, doch noch einmal anschaue, sind nun klar gestiegen. Vor allem interessiert mich ja, wie scheiße eng es dort auf der noch kleineren Bühne des Cul de Sac werden wird. Die Entscheidung wird letztendlich wohl an meiner musikalischen Tageslaune hängen.
Hexvessel |
Bei Hexvessel herrschte dann ganz klar mehr Bewegungsfreiheit auf der Bühne. Dazu verhielt man sich auch personell gegenteilig zum Support-Act. Während die fünf New Keepers sich ja zu sechs Personen aufgestockt hatten, blieb bei den eigentlich sechs Finnen eine Sängerin/Perkussionistin des "When We Are Death"-Albums zu Hause.
"Psychedelischer 60er/70er Jahre-Folkrock" ist in diesem Blog aktuell ein Trendbegriff, der auch für Hexvessel rausgeholt werden muss. Mit vielen Ohrwürmern kommt er daher, aber auch mit ein paar rhythmisch fröhlich verdrehten Spielereien, und mit einem Keyboarder, der ab und zu zur Geige und für die bemerkenswertesten Highlights zur Trompete greift.
Konnten die Finnen für mich mit den Schweden mithalten? Nein, denn irgendwie kickt mich wie schon bei Beastmilk der Gesang auf Dauer nicht genug, und auch musikalisch dürfte es mir manchmal gerne noch etwas kantiger sein oder auch mal noch verrückter eskalieren.
Auf meine Gesamtwertung für Hexvessel-Konzert drücken diese Punkte aber kaum. Das war unterm Strich nämlich eine sehr gute Show, die auch ausgereicht hat, mich die neue LP mit nach Hause nehmen zu lassen.
Den regulären Auftritt der Band auf dem Roadburn werde ich mir wohl schenken, da ich nicht glaube, dass diese Musik auf der großen Hauptbühne des 013 besser als im kleinen Club zur Geltung kommt. Allerdings gibt es am Freitag eine spezielle Show zusammen mit Arktau Eos, die dafür schon sehr sicher bei mir eingeplant ist.
Wie auch immer - der Besuch im Rock Café hat sich ganz klar gelohnt: tolle Bands, volles Haus. So geht Karfreitag richtig. Denn wie ein weiser facebook-Freund heute morgen postete:
Jesus hätte Karfreitag sicher auch gerne getanzt, wenn er es nicht so mit dem Kreuz gehabt hätte.
New Keepers Of the Water Towers:
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