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2016-09-17

RUSSIAN CIRCLES - Guidance

Ich befürchte ja fast, dass das Wort "Post" (im Sinne von lateinisch "nach") bei mir allmählich zum beliebig besetzbaren Füllwort gerät, aber es führt ja nunmal kein Weg drumherum: Russian Circles spielen Post Metal.

Und auch wenn das Instrumentaltrio aus Chicago die komplette Palette elegischer Dynamik beherrscht, verrät schon das Cover - die historische Fotografie, die einen Verurteilten auf dem Weg zur Hinrichtung zeigt -, dass es sich dabei nicht um die vollkommen verträumte Variante zum Elfenmelken handelt.



RUSSIAN CIRCLES - Guidance (translucent brown / burgundy splatter LP) (2016)

Zwar gibt es mit "Overboard" oder dem Opener "Asa" auch Stücke auf diesem Album, die komplett von ruhigen Tönen geprägt werden, unterm Strich bleiben Russian Circles aber auch auf diesem neuen Tonträger vor allem eine riff- und groovebasierte Gruppe, die auf maximale Wirkung bei Einsatz weniger Mittel setzt.

Es werden also nicht im großen Stil zusätzliche Geigen, Chöre und Einhörner aufgefahren, sondern sich die meiste Zeit auf die Bass/Gitarre/Drums-Stammbesetzung konzentriert. Die Produktion klingt natürlich und ist absolut firlefanzfrei gehalten, ganz so als stünde die Band im Club direkt vor einem.

Man orientiert sich also soundphilosophisch am 2008er Werk "Station", setzt es diesmal allerdings noch wuchtiger um. So entwickelt "Guidance", auch wenn es atmosphärisch nicht so dicht und dunkel wie der schwarzmetallisch beeinflusste Vorgänger "Memorial" ist, dafür eine mitunter noch größere, an Neurosis anklingende Heaviness.

Doch egal, ob es gerade eher kracht, im ruhigeren Ton herumharmoniert oder mich im letzten Track "Lisboa" für einen Moment an Prince' "Purple Rain" denken lässt; die vielleicht wichtigste Post-Musik-Klischeequalität eines hypnotischen Flusses, in dem man sich fallen und von den Wellen tragen lassen kann, ist zu jedem Zeitpunkt gegeben.

"Guidance" lässt also weder Wumms noch Gefühl zu kurz kommen, ist spielerich über jeden Zweifel erhaben und lässt bei recht kompakten sechs Minuten durchschnittlicher Songlänge auch nie die Gefahr von Langeweile aufkommen.

Ob das für einen Klassiker in der eigenen Diskografie oder gar im Genre reicht, sei mal dahingestellt. Das können wohl nur Zeit und Liveumsetzung zeigen.
Es ist auf jeden Fall ein sicherer Blindkauf (bzw. Taubkauf) für jeden Freund gesangslosen Post Metals, ein gutes Album auf wie gewohnt stets hohem Russian Circles-Niveau. Und für mich wächst es momentan auch immer noch.

Das farbige Vinyl ist schön anzuschauen und klingt ordentlich, Bandcamp-Download ist wie immer bei Sargent House auch dabei.


Highlights: Mota, Lisboa, Vorel


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