Heute möchte ich mal eine für mich ganz frische Platte besprechen. Ich hatte vor ein paar Wochen nur einen Song auf einem Sampler der Zeitschrift eclipsed gehört, in der sie auch zum Album des Monats gekürt worden war, und sie sogleich auf meinen amazon-Wunschzettel gesetzt.
Und wie das manchmal so ist mit Wünschen zu Weihnachten...
LIS ER STILLE - The Collibro (2010)
Besonders schön zum Fest ist, dass man die CD ruhig mit fettigen oder leicht dreckigen Fingern auspacken kann, wurde die Hülle doch einem alten Buch nachempfunden, inkl. leichter Schmutz- und Gilbspuren.
Daneben verrät uns die Aufmachung schon, dass die Dänen nicht nur ein paar gefällige Liedchen trällern, sondern uns eine Geschichte erzählen wollen.
Nun möchte ich nicht behaupten, diese Geschichte zu verstehen (mich würde nicht überraschen, wenn es sich bei den Texten um reine Stimmungsmalerei handelt, ohne dass ich dies unterstellen möchte), ihre Form aber gefällt mir sehr. Diese verzichtet fast vollständig auf Strophe-Refrain-Schemata, vielmehr stellt sich "The Collibro" als in mehreren Akten inszenierte, sich ständig wild in neue Richtungen entwickelnde Gesamtkomposition dar.
Stilistisch lassen sich Lis Er Stille kaum unmissverständlich festmachen. Sehr düsteren, ungezügelten, advantgardistischen, laut/leise-dynamischen Progrock höre ich, in dem Piano und lärmende Gitarren um die Führungsrolle streiten und gehöriges Maß an Chaos in ihrem Kampf durchaus in Kauf nehmen, der in seiner auf Hörgewohnheiten pfeifenden Ungestümheit viel Aufmerksamkeit verlangt und einen nur für kurze Zwischenspiele in trügerischer Ruhe durchatmen lässt.
Ich öffne jetzt mal den Sack mit den mir in den Sinn kommenden, aber doch nie hundertprozentig treffenden Vergleichen:
Der Falsettgesang lässt an Muse oder Sigur Rós denken, in den tieferen Passagen scheint sich Sänger/Keyboarder Martin Byrialsen stimmlich eher an David Bowie und Nick Cave zu orientieren. Im Gesamtzusammenhang mit der wichtigende Rolle des Klaviers, der schwer fassbaren dunklen Atmosphäre und der Art und Weise, wie die einzelnen Stücke zueinander stehen, kommen mir auch das zweite Album von Queen oder an das mit seinen Death/Black-Metal-Elementen noch extremere "Choirs Of the Eye" von Kayo Dot in den Sinn. Wenn es mal geordnet läuft, klingen mehr als einmal Archive an, und ganz unvermeidlich drängt sich, je ekstatischer die Musik des Vierers wird, auch der Gedanke an The Mars Volta auf.
Letztendlich ist es aber doch eine ganz eigene, spannende Geschichte.
Anspieltipps: Send In The Scouts, Through The Quests Of Your Designs, Shards Of The Ending
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