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2013-03-25

YOUN SUN NAH - Lento

Schnauze auf den billigen Plätzen!
Hier spricht der Jazzperte!

Ich weiß quasi alles über Jazz, schließlich habe ich mich schon ab und zu bei Konzerten im Fernsehen festgekuckt. Außerdem mag ich das extreme Advantgardezeugs von John Zorn, wie z.B. Naked City oder PainKiller - und aus dem Fusionbereich den Jazzrock von Colosseum und Mahavishnu Orchestra - und die krautigeren Niagara und Passport - und den Jazz-Metal von Exivious. Und Helge Schneider sowieso.

Und dann habe ich ja auch noch diese großartige La Discotheque Ideale-Box mit 25 Album-Klassikern von Künstlern wie Sarah Vaughan, Art Tatum, Jaco Pistorius und  Herbie Hancock, in der ich immer noch viele Schätze entdecke, bei der mich allerdings auch ein wenig ernüchtert hat, wie ewig lange diese Musik im 4/4-Takt festhing, ehe Befreier wie Dave Brubeck zur Tat schritten...

Soweit der Überblick. Wie ihr Ahnungslosen seht, bin ich also Fachmann durch und durch.

Ich rieche, schmecke und atme Jazz.

Kein Wunder also, dass ich neulich im Jazzperten-Fachblatt Spiegel Online auf den Stream des neuen Albums einer in Paris lebenden Koreanerin gestoßen bin, welches mir so gut gefiel, dass ich umgehend in mein Jazzman-Kostüm geschlüpft bin und mit dem Jazzmobil das nächste amazon-Lager zerstört, alle Sklaven befreit und mir ein Exemplar erplündert habe.



YOUN SUN NAH - Lento (2013)

Besengewische, walking Kontrabass, Klavier *klimperklimper*, Trompete *trööt*... Davon ist Youn Sun Nah Welten entfernt.

Ehrlich gesagt kann man bei einigen Tracks auf "Lento" sogar die berechtigte Frage stellen, ob es sich hier überhaupt um Jazz handelt. Zumal hier z.B. auch koreanische Folklore ("Arirang") oder ein Cover der Johnny Cash-Version des Nine Inch Nails-Songs "Hurt" zu hören sind.

Beim Scat von "Momento Magico" hingegen ist die Frage überflüssig. Und für mich persönlich ist sie - egal, wie man sie beantworten möchte -  einfach insgesamt nicht von Belang. Gut ist einfach gut.

Fakt ist, dass es sich bei Youn Sun Nah um eine hervorragend ausgebildete, extrem vielseitige und ausdrucksstarke Sängerin handelt, die nicht nur bei sehr ruhigen, spartisch instrumentierten Stücken glänzt, sondern auch in ihren überraschend energischen aber niemals geknödelten Ausbrüchen stets die volle Kontrolle über ihre Stimmbänder behält.

Bis auf wenige Ausnahmen wie "Lament" oder das böse "Ghost Riders In The Sky" ist "Lento" überwiegend ein eher ruhiges, aber deswegen nicht weniger spannendes Album, welches auf jeden Fall auch außerhalb elitärer Jazzpolizeizirkel seine Hörer verdient hat. Wer mit offenen Ohren durch die Welt geht, sollte auch ohne entsprechende Sozialisation mal mindestens eines davon riskieren.

Mich packt Youn Sun Nah hier beispielsweise weit mehr als das etwas zu verkonzeptionalisierte verkopfte letzte Album von Björk.

Aber wie gesagt - ich bin ja auch Jazzperte durch und durch.


Anspieltipps: Ghost Riders In The Sky, Momento Magico, Lament

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