Wackööön! Ein paar Tage später, ein paar Beine und Füße kaputter - es wird Zeit für ein paar Worte über das vergangene Open Air, welche über die Information hinausgehen,
dass ich Cynic gesehen habe:
Ich habe mir von
Cynic auch ein T-Shirt gekauft!
;-)
Ok, ein bisschen mehr war da schon noch.
Zunächst einmal hieß es am Donnerstagnachmittag, meine von weit her angereiste Festivalbegleitung vom itzehoer Bahnhof abzuholen. Auf dem Weg dorthin gab es keine Behinderungen und auch am Bahnhof selbst war bemerkenswert wenig los. Klare Anzeichen dafür, dass man mittlerweile nach Mittwoch schon zu den Nachzüglern zählt.
In Wacken selbst bestand daran dann überhaupt kein Zweifel mehr. Schon Kilometer vorher versuchten Fans noch, überschüssige Karten loszuwerden und hinter dem Ortsschild fand man sich bald in der ersten Verkaufsmeile des Festivals wieder. Die gewohnte erste Zufahrt zu den Campingplätzen war dicht, wir fuhren also weiter nach Gribbohm, durch Gribbohm, aus Gribbohm heraus, nach Holstenniendorf... und landeten dort irgendwo zwischen "Avantasia Avenue" und "Gorgoroth Road" (das Konzept mit den Straßennamen für den Campingplatz hat leider nur begrenzten Nutzen, wenn vor Ort die entsprechenden Schilder fehlen!) auf Platz V.
V steht dabei selbstverständlich nicht für die römische Ziffer 5, sondern für den Buchstaben im Alphabet, der Fußweg zum Festivalgelände wurde also ziemlich lang.
Deswegen und da das Camping nicht gerade bequem wurde, unsere norwegischen Nachbarn ihr Zelt halb über unseres drüber bauten und die generatorbetriebene superlaute Anlage, auf der gefühlte dreißigmal derselbe Manowar-Song gedudelt wurde, anscheinend keinen Power-Off-Schalter hatte, haben wir auch nur die erste Nacht gezeltet und uns für den Rest des Festivals auf die Heimvariante mit echtem Bett und echter Dusche entschieden.
Für Samstag bedeutete das dann Parken auf dem "Kiss & Ride"-Platz in Gribbohm, was von der Strecke her etwa genauso lang ist wie V, sich aber durch den geringeren Grip auf der durchweg asphaltierten Strecke schneller anfühlte. ;)
Nun aber zum wichtigsten, nämlich der Mucke. Für meine Verhältnisse habe ich relativ viele Bands gesehen. Allerdings erst ab Freitag, da wir ja erst Donnerstag abend das Festivalgelände betraten. Während Airborne die Gehörgänge kräftig freipusteten und auf der Party Stage Liv Kristine und Alex Krull, die Marianne und Michael des Metal, schon so weit vor Weihnachten Lametta aufs Publikum regnen ließen, was wohl auch das bemerkenswerteste am Leaves Eyes-Konzert gewesen sein dürfte, akklimatisierte man sich allmählich für den unbestrittenen Headliner des Festivals: Iron Maiden! - Häh, wer? - Iron Maiden!
Ja sie waren wirklich viel zu leise.
Da sieht man endlich zum ersten Mal Maiden live und kann die Band kaum noch hören, sobald die Fans anfangen, mitzusingen - und das nur knapp hinter dem Delay Tower! Bin dann weiter nach vorne gegangen, bis es einigermaßen ging, aber nachvollziehen kann ich's immer noch nicht. Verhält sich die Lautstärke der Band etwas umgekehrt proportional zu ihrer Beliebtheit? Slayer haben in Wacken 2003 ja auch kaum Zimmerlautstärke erreicht...
Abgesehen von diesem Makel war's aber genial. Ein aufwendige Bühnendeko, in der der agile Bruce Dickinson überall mal zu finden war, die obligatorischen Puppentheatereinlagen, ein geiles Oldschool-Set inkl. meiner Wunschlieder "Moonchild", "Rime Of The Ancient Mariner" und "Powerslave"... Hätte nur noch gefehlt, statt dem einzigen doofen Song "Heaven Can Wait" noch mehr von meinem Lieblingsmaidenalbum "Seventh Son Of A Seventh Son" zu spielen (am besten den Titelsong), dann wär's perfekt gewesen. ;)
Mir fehlt ja der Vergleich zum Vorjahr, aber das nach zwei Stunden Eiserne Jungfrauen folgende Gedränge auf dem Weg zum Campingplatz kam mir schon verdammt historisch vor.
Überhaupt, was für Menschenmassen - schon wenn man auf den zahlreichen Video Walls Kamerabilder aus Bühnenperspektive sah... Solche Bilder kannte ich bisher nur von Festivals der Größenordnung Rock am Ring. Faszinierend, aber auch beängstigend.
20.000 Besucher weniger würden dem Festival gewiss nicht schaden.
Erstaunlich, wie viele Bekannte ich dennoch (z.T. sogar mehrmals) zufällig getroffen habe.
Der Freitag begann für mich auf der Partystage mit meinem absoluten Höhepunkt, der Band, die mein mir niemals langweilig gewordenes Metal-Lieblingsalbum der 90er Jahre gezaubert hat und die ich 1994 kurz vor ihrer Auflösung wegen Staus nicht auf dem Dynamo Open Air gesehen hatte. Ich glaube, ich habe ihren Namen schon weiter oben erwähnt... Cynic natürlich!
Die vier Mannen um Paul Masvidal und Drumgott Sean Reinert spielen mit ihrer unvergleichlichen Mixtur aus progressivem Death Metal und Mahavishnu Orchestra natürlich den kompletten Gegenentwurf zum massentauglichen Mitgröhlmetal. Und während Maidens Nicko McBrain am Vortag noch als "the world's worst jazz drummer" vorgestellt worden war, hatten Cynic ihren größten Szenenapplaus ausgerechnet beim total jazzigen Bass-Solo im Instrumentalstück "Textures". Wie schon auf den Videos von der letztjährigen Reunionstour zu sehen, singt Masvidal durchgehend mit esoterisch verfremdeter Vocoderstimme. Die Death-Metal-Growls kamen aus Budgetgründen (eine Person mehr im Tourbus) damals noch vom Band, inzwischen hat der zweite Gitarrist sie übernommen. Sicherlich keine leichte Aufgabe bei einer Musik, die sich ständig oberhalb der normalsterblichen Spielbarkeit bewegt. ;) Allein schon, wie die Band sich manchmal quasi selbst ein- und aus- und sogar crossfaded (Schluss von "Textures") ist der Hammer! Und das alles präsentiert in einer sympathisch wortkargen, fast schüchternen Art, die man nur als absolutes Understatement bezeichnen kann.
Es gab logischerweise hauptsächlich Material von "Focus" zu hören, dazu noch ein paar unveröffentlichte neue Stücke, die Lust aufs kommende Album plus der dazugehörigen Tour im Vorprogramm von Opeth machten. Wer hat sich überhaupt dieses geile Package ausgedacht? :)
Danach hätte für mich meinetwegen auch nur noch Grütze kommen können, was aber zum Glück doch nicht geschah. ;)
Stattdessen kam Regen. Ich schaute mir noch die gar nicht üblen Unearth an, deren Fans im riesigen Circle Pit der Niederschlag scheinbar vollkommen egal war, dann musste ich mich zum Auto aufmachen, um Turnschuhe gegen Gummistiefel, kurze Hose gegen Jeans und meine eigene durchnässte Regenjacke gegen das durchaus zweckmäßige Teil aus der "Full Metal Bag", von der es dieses Jahr tatsächlich genügend gab, einzutauschen.
So ausgestattet sah ich mir neben kurzen Abstechern zur Zeltbühne und der für meinen Geschmack nicht mehr so gut besetzten True Metal Stage noch etwas Soilwork, aber vor allem die gewohnt genialen (und in ihren Ansagen immer wieder lustigen) Opeth und Corvus Corax mit der Welturaufführung ihres "Cantus Buranus II" an.
Der Auftritt der Mittelaltertruppe plus Chor und Orchester war nicht ganz so überwältigend wie 2005, was aber nur daran lag, dass ich dieses Jahr wesentlich weiter von der Bühne entfernt war und man ja schon ungefähr wusste, was einen erwartete.
Und das war vor allem Bombast, Bombast, Bombast. Fachkräfte für leise Töne waren die Spielleute ja eh nie. Das volle Dynamikspektrum, welches ein Orchester bieten könnte, wurde also nicht annähernd genutzt. Nicht schlimm, denn Wacken ist schließlich immer noch ein Metalfestival und anspruchsvoller als bei vielen Rock/Klassik-Kooperationen waren die Arrangements allemal. Ich fand's wieder einmal sehr beeindruckend. Vor allem beim zweiten Lied mit der Opernsängerin passierte musikalisch derartig viel, dass ich eine Gänsehaut bekam, welche dadurch, dass es allmählich kälter wurde, auch so schnell nicht wegging...
Sehr gutes Ding - ein dritter Teil 2011 muss aber nicht mehr sein. ;)
Nach etwas Erholung zu Hause ging mein Musikprogramm am Samstag in der ersten Reihe bei Holy Moses weiter. Zunächst war ich etwas geschockt, dass sie einen Keyboarder dabei hatten, doch es stellte sich schnell heraus, dass der Gastmusiker darauf hauptsächlich amtlichen Krach fabrizierte. ;) Auf Sabina Classen und ihre Jungs kann man sich eben verlassen. Das war mal wieder Thrashgewitter erster Güte. Allerdings finde ich auch, dass die Partystage der Band besser gestanden hätte. An den Gig auf eben jener im Jahr 2005 (zu etwa der gleichen Tageszeit und ebenfalls am Samstag) kam die Stimmung meiner Meinung nach nämlich nicht heran. Spaß gemacht hat's aber trotzdem.
Danach beeindruckten Exodus mit brachialer Mucke und der patriotischsten Hose des Festivals.
Es folgten Obituary, die sich leider lautstärketechnisch kaum gegen Hatebreed durchsetzen konnten und mir auf Dauer auch etwas zu eintönig und unkommunikativ waren, auch wenn's nett war, mal ein Celtic Frost-Cover zu hören.
Die mir bis dato völlig unbekannten As I Lay Dying ließen zünftig den Pit kreisen und waren dann der letzte Hauptbühnenact, den ich mir aus unmittelbarer Nähe angeschaut habe, da ich mittlerweile an beiden großen Zehen eine Blase hatte. Auch meine Aufmerksamkeitspanne war Schwankungen unterworfen, wie das eben so ist, wenn man den ganzen Tag Songs hört, von denen man die wenigsten von Tonträgern her schon kennt. So blieb von der auferstandenen Death-Metal-Legende Carcass leider weniger bei mir hängen als erhofft.
Um 20:00 Uhr war ich dann aber direkt vor der Biergartenbühne wieder da, als es die vierte und letzte Gelegenheit des Festivals gab, den König der Heimorgel,
Mambo Kurt, live zu erleben. Spätestens nachdem ich am Vortag noch die letzten paar Songs von ihm mitbekommen hatte, war klar, dass ich mir unbedingt einen ganzen Auftritt von ihm aus der ersten Reihe reinpfeifen musste. ;)
Von Slayer über Kiss und "Sambastruck" bis Scooter, Rage Against The Machine und "Musik ist Trumpf" war alles dabei, was die Welt des Rock und Pops so zu bieten hat. Nur geil, ein absolutes Tageshighlight und nächstes Jahr garantiert wieder auf meiner persönlichen Running Order! Hoffentliche schaffe ich es dann auch endlich mal, mir die W:O:A Firefighters zu geben.
Der musikalische Ausklang des Festivals war für mich der von gewohnt doofdenglischen Ansagen Milles durchzogene Auftritt von Kreator, bei dem ich merkte, dass es von meinen einstigen Thrashhelden Nr.1 mittlerweile scheinbar auch schon jede Menge Klassiker der Post-"Coma Of Souls"-Ära gibt, die mir nicht geläufig sind. Schon ein guter Auftritt, allein ich war zu fußwund und daher bald sitzenderweise so weit weg, dass der Sound nicht mehr störungsfrei bei mir ankam...
Aber was soll's - schon wegen Maiden, Cynic und Mambo Kurt war's eines der besseren, ein geiles Wacken Open Air.
(Ganz nebenbei habe ich übrigens zum ersten Mal in meinem Leben (!) ein Handy benutzt, um SMSen zu verschicken!)
Nach einer Nacht zu Hause und einer weiteren in einem ziemlich kultigen Hostel in Hamburg, einem leckeren Kuchen im Terminal 2 des Hamburger Flughafens sowie einen bitter nötigen Energydrink am Autohof Tornesch überlegte ich mir Montag nachmittags hier auf meinem PC-Sessel, ob ich mir nicht schon das X-Mas-Ticket für nächstes Jahr holen sollte. Das tat ich leider etwas zu lange, denn die Tickets waren tatsächlich nach knapp über 24h schon ausverkauft. Und das, obwohl noch gar keine Band bestätigt ist!
Dann hol ich mir eben die reguläre Karte ohne Extras. Und ich bin einfach mal für Metallica als Headliner. ;) Wenn's eh schon so riesig ist... und die habe ich ja abgesehen von Rock-am-Ring-Übertragungen auf MTV auch schon seit über 15 Jahren nicht mehr live gesehen.
Waaaah, so viel Text! Das ist ja gar nicht mehr mein Blog hier, also Schluss jetzt!
Nur eine Sache noch: Liebe jüngere Wacken-Jünger, glaubt bitte nicht die schwachsinnigen Zahlen, die z.T. auf dem "W:O:A History Card Game" (in der "Full Metal Bag") zu finden sind!
Da behaupten sie doch tatsächlich, dass es in den Jahren 1992/93 jeweils 150 Mobilklos gegeben haben soll!
Hallo? Der Campingplatz bestand damals aus einem Feld (heutiges Festivalgelände) und die Leute hätten sich gefreut, wenn 15 Klos vorhanden gewesen wären. Jeden Scheiß muss man sich ja auch nicht erzählen lassen. ;)
Demnächst gibt's hier noch einen Eintrag mit Fotos! Die sind gerade noch im Labor.
Bis dahin: Wackööön!