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2022-09-25

Weltuntergang revisited: Reissues von KONSTRUKT & PETER BRÖTZMANN und ELECTRIC MOON


Ich dachte mir, ich müsste doch mal wieder ein langes Sammelreview zu aktuellen Wiederveröffentlichungen in meiner Sammlung schreiben. Aber da Kassetten hier ja ihre eigene Rubrik haben, habe ich jetzt tatsächlich nur zwei davon zusammengezählt. Macht aber nichts, denn diese beiden Doppelalben schaffen zusammen ja schon so einiges.







KONSTRUKT & PETER BRÖTZMANN - Dolunay (2LP) (2008/2022)

Es ist schon wieder eine gute Weile her, dass ich mir eine kollaborative Scheibe der türkischen Freejazzer Konstrukt gegönnt habe. Da kommt mir dieser Zeitsprung von Karlrecords ins Jahr 2008 gerade recht. Im Vergleich zu den späteren mir bekannten Alben mit Keiji Haino, Ken Vandermark und Otomo Yoshihide ist das Instrumentarium auf den sechs Improvisationsexplosionen von "Dolunay" noch etwas sparsamer, was zusammen mit Saxophonriesen Peter Brötzmann zu einer Konstellation führt, in welcher der Bassfrequenzbereich nicht gezielt einer Verantwortung überlassen wird, sondern von allen fünf Spielern an Drums, Percussion, Gitarre und zwei mal Chaotengebläse irgendwie gemeinsam nebenbei erledigt werden muss.
Die meiste Zeit über finden hier parallel gleich zwei wilde Tänze oder Schlachten statt: zum einen wirbeln Özün Ueta und Korhan Argüden um- und durcheinander als ob es kein Morgen gibt, und natürlich ist das Zusammenspeil der Bläser von Korhan Futaci und Brötzmann alles andere als eine sanfte Bootsfahrt in den Sonnenuntergang, sondern ein herrlich manisches Inferno.
Dass dabei mitunter tatsächlich auch mal tiefe, dichte Atmosphäre entstehen kann, ist rational kaum zu erklären und muss wohl einfach hingenommen werden. Besonders im minimalistischen Abgang der D-Seite "Nokta" entstehen hier interessante Spannungsfelder. Im Schnitt regiert in diesem Treffen allerdings die hirnschüttelnde Achterbahn. So macht Jazz Spaß! - Natürlich nicht nur so, aber so halt besonders.








ELECTRIC MOON - Doomsday Machine (remastered 11 years anniversary edition 2LP) (2011/2022)

Songtitel sind Schall und Rauch. Das gilt zumindest für einige Genres, zu denen jamorientierte Rauschmusik sicherlich zu zählen ist, relativ häufig. Von daher würde mich nicht wundern, wenn die Tracknamen auf der elfjährigen Jubiläumsausgabe von Electric Moons "The Doomsday Machine" absichtlich weggelassen wurden. Und falls ihre Abstinenz doch der Tagträumerei beim Layouten geschuldet sein sollte - egal. Vor allem wenn dadurch noch mehr Raum für das tolle Artwork des Gatefolds entstanden sein sollte. Dass die hierfür verwendeten Kohle-Gemälde in den 1970er Jahren von Bassistin/Effektspielerin/Gelegenheitssängerin Komet Lulus Vater Ulrich Mahn geschaffen wurden, ist natürlich auch eine schöne Geschichte.

Und was ist mit der Musik? Ja, die ist auch da.
Bis auf den Opener und Titelsong (Drums: Alex) alle in der klassischen SulaPabloLulu-Besetzung entstanden, taugt dieses Album zweifellos als Blaupause für vieles, was die Band ausmacht und gehört nicht umsonst zum gefragtesten Rillengold in ihrer Diskographie. Vor allem gehört es aber auch zum heaviesten und düstersten Material der Band. Nix verträumtes Weltraumyoga! Nein, einen derart dreckigen Basston packt Madame Neudeck nicht alle Tage aus. Selbst im streckenweise etwas runtergeschalteten längsten Stück "Stardust Service", welches auch auf der Compilation "Phase" vertreten war, ranzt es noch gehörig. Zusammen mit der effektbesessenen Gitarre entsteht hier mitunter eine durchdringend dröhnende Melange, welche das Remaster aus dem Institut für angewandten Krach hervorragend zur Geltung bringt.

Wenn Weltuntergang sich so anhört, dann Hachgottchen, was warten wir überhaupt noch groß? Doomsday olé!






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