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2023-03-13

WANG WEN - Painful Clown & Ninja Tiger

Wow. Allerspätestens jetzt, wo ich die CD in Händen halte, kann ich mir kaum noch vorstellen, dass mich der erste Teaser vom neuen Album meiner Lieblingspostrockchinesen Wang Wen zunächst tatsächlich abgeschreckt hatte!

Vielleicht hat es damit zu tun, dass mit zwischenzeitlich die Taiwanesen Cold Dew wesentlich "schlimmeren" Gesang schmackhaft gemacht haben. Oder - und das ist evtl. sogar noch wahrscheinlicher - ich bin einfach manchmal ein ignoranter Idiot.

WANG WEN - Painful Clown & Ninja Tiger (CD) (2023)

Ja, ein Novum - welches eigentlich keines ist - heißt Gesang. Wobei es auf früheren Alben tatsächlich ja durchaus den einen oder anderen Track mit Stimmeinsatz gegeben hat. Und auch nun sind es nur ein paar Stücke, in denen gesungen wird. Es ist allerdings diesmal weder Gebrüll noch Magma-Hommage oder verfremdeter Robotergesang, sondern naja... ganz normaler cleaner Gesang in Strophe-Refrain-Schemata eigentlich - an den ich mich zugegebenermaßen z.B. in "回声图书馆 Gone Library" erst einmal gewöhnen musste. In Wirklichkeit ist das was Gitarrist Xie Yugang hier abliefert aber sehr solide und stimmig geraten. So richtig unverzichtbar finde ich dieses Element allerdings nur im (zweiten) Titelsong "壬寅 Ninja Tiger" und dem balladesken Albumabschluss "野火 Wild Fire".

Der Hauptdarsteller in dieser Band bleibt aber ganz klar die erneut sensationell klar und kraftvoll produzierte Musik, welche wie immer auf erhabenem Postrock basiert, welcher sich allein durch Horn und Trompete und natürlich den Einfluss fernöstlicher Melodieführungen vom Einerlei absetzt. Die schiere spielerische Klasse und die Bereitschaft, jederzeit subtile Abstecher in andere Klangwelten wie Blues, Progrock, Achtziger Synthpop zu unternehmen, katapultiert die Gruppe aber auch auf diesem Werk wie gewohnt in noch höhere Sphären.
Schon der den Hörer mit seinem langen spannungsgeladenem Aufbau einsaugende Opener "凿壁寻光 Light Behind the Wall" lässt dies deutlich erahnen und ist doch nur buchstäblich der Anfang.
Was gegen Ende zwischen Jazz Fusion, Ambient, hymnischen Bläsern und Doom-Metal-Heaviness alles in das Highlight "奥林匹克广场 There's a Walmart Underneath the Olympic Square" hineinspielt, muss man sich im Grunde schon aktiv bewusst machen, weil Wang Wen diese stilistischen Metamorphosen mit solcher songdienlichen Selbstverständlichkeit vollziehen.

Alles in allem bleibt im Grunde alles bei Alten. Dazu gehört wohl auch der in der Übersetzung etwas kauzig klingende Albumtitel mit erklärungsbedürftigen chinesischem Kulturbezug.
Aber im Ernst: Wang Wen sind körperlich wie kreativ scheinbar einfach nicht in der Lage zu enttäuschen und liefern wieder einmal wunderbar erhebende, zugängliche und entrückende Musik zwischen zivilisatorischer Melancholie und elementarer Weltflucht auf meisterlichen Niveau ab. Traumhaft!








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