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2023-04-10

GEOFF TATE • 35 Jahre "Operation: Mindcrime" live im Hademarschener Hof (09. April 2023)


Queensrÿche und ihr ehemaliger Sänger Geoff Tate haben einen Deal, der u.a. einschließt, dass die Band zwar Songs des Klassikers "Operation: Mindcrime" spielen darf, ihm allerdings das Recht der kompletten Albumdarbietung vorbehalten bleibt. Und davon macht der Mann natürlich in passenden Jubiläumsjahren gerne Gebrauch.
Dass der letzte Termin seiner Europatour ihn nun ausgerechnet in die schleswig-holsteinische Provinz nach Hanerau-Hademarschen verschlug, war natürlich eine Versuchung, der ich trotz bereits vieler Konzertpläne in den kommenden Wochen gerne nachgab. Ein Künstler dieser Größenordnung nur fünfzehn Minuten von zu Hause entfernt, das gibt's ja sonst nur auf dem Wacken Open Air, das ich aus Gründen seit 2016 nicht mehr besucht habe. 

Eine Musikshow in Hademarschen, das ist für mich allerdings noch viel länger her. In dem Landgasthof mit Veranstaltungshalle bin ich bisher nur ein einziges Mal im Jahre 2005 gewesen. Da hieß das Ding noch Struves Gasthof, meine Band hieß Das Rote Universum und wir spielten tief in der Nacht als letzte von acht Bands auf dem unvorteilhaft benannten Trash Festival. Ein ziemlich geiler Auftritt, der als letzten Song die Premiere von "A Friend Of Mine Just Killed Me (And She Did It With A Smile)"  enthielt.

Warum ich dies hier so lang ausführe, möchtest Du wissen? Naja, ich muss ja irgendwie ausgleichen, dass ich nicht viel über die beiden Vorgruppen des Abends zu sagen habe, oder?

Ich hätte auch noch ein Bonmot zur unnötig umständlichsten Cola-Light-Bestellung seit es Bargeld gibt parat. Wie, Du bist nicht interessiert? Ok, also weiter im Text:

Dass mir gleich zwei Support-Acts so phänomenal am Allerwertesten vorbeigingen, dass ich nicht einmal ein Handy- oder Spielzeugkamerafoto gemacht habe und mich lieber nach draußen in die Frische verabschiedete, gehört auch zu den Dingen, die so ewig lange her sind, dass ich sie zeitaufwendig recherchieren müsste.
Witzigerweise handelte es sich beim Opener Leksi, der mich sofort schlagartig langweilte, auch in beinahe kompletter Personalunion um die Musiker (und Soundtechniker) von Geoff Tate. Ein schlechtes Omen?

Nein, die Sache stellt sich anders dar. "Operation: Mindcrime" ist in vielerlei Hinsicht ein Wenn-schon-denn-schon-Werk. Es gibt wohl kaum ein Metalalbum, welches berüchtigter für seinen klinischen Achtziger-Jahre-Sound inklusive schlimmer großer Elektro-Snaredrum ist. Die Produktion bietet eigentlich perfekte Grundvoraussetzungen für einen fürchterlichen Poserrock-Albtraum. Doch da das Songmaterial natürlich unsterblich großartig ist, wird paradoxerweise auch der eigentlich sehr spezifisch seiner Zeit entsprungene Sound in diesem Zusammenhang zeitlos.

Auftritt Leksi und die Italiener Headless, die beide von der queensrÿchschen Klangästhetik beeinflusst sind, allerdings - soweit ich das überhaupt anhand meines kurzen Eindrucks beurteilen kann - wenig von deren songwriterischer Oberklasse mitbringen, wodurch am Ende eigentlich nur sehr bemüht rockende, aber durch den keimfreien Sauberklang viel zu handzahme Schlafpillenshows übrigblieben.

[Disclaimer: Ich war hier auch echt nicht target audience. Also steinige mich bitte nicht, wer vielleicht doch darauf abgefahren ist!]


GEOFF TATE

Und was war nun mit Geoff Tates "Operation: Mindcrime"?

Wie ich bereits erwähnte: Wenn schon, denn schon. Das Drumkit war komplett elektronisch bzw. getriggert, inklusive Roboterbecken, um den Originalsound perfekt nachzustellen. Passend dazu war die Bühne rekordverdächtig aufgeräumt (kein Verstärker- und Boxengedöns; alles lief direkt über die PA) und der Bühnenteppich so samtweich sauber gesaugt, dass man von ihm Fünf-Sterne-Gourmetspeisen essen wollte. Rockfaktor null. Was die Band in Hollywood-sagt-dass-Rockstars-so-aussehen-Bühnenoutfits mit zahlreichen einstudierten Posierroutinen zu konterkarieren versuchte. Eigentlich schlimm.

Aber was soll ich sagen: Wenn man derart perfektes Prog-Metal-Material zockt und obendrauf ein stimmlich absolut exzellenter Geoff Tate der Show die Krone aufsetzt, dann darf man sich diesen ganzen Quatsch halt auch leisten. Auf der Rückfahrt habe ich zu jeder noch so unpassenden Musik, die der Zufallsplayer ausgeworfen hat, den Ohrwurm des Titelsongrefrains verarbeitet. Und das war selbstverständlich nicht der einzige Kracher. Ob "Revolution Calling", "Spreading The Disease", "The Mission", "I Don't Believe In Love"... erwartungsgemäß war hier jeder Song ein Hit. Ebenso verfehlten auch Interludes wie "Electric Requiem" und "Waitimg for 22" nicht ihre Wirkung. Und ganz nach Plan war natürlich die epochale "Suite Sister Mary" mit angemessen übertrieben catsuitig-hochhackig auftretender Gastsängerin der grandiose Höhepunkt das Ganzen. Drama, Baby!

Ein paar Zugaben inklusive humorvoller Ansagen gab es nach dem Album noch - und einen kleinen Anflug Spinal Tap würdigen Divaverhaltens. Verstehe ich, dass Tate nach dem Auftritt keine Lust hat, sich dem Gespräch mit jedem enthusiastischen Besoffski zu stellen? Klar. Aber dafür den kompletten Saal minutenlang einsperren und erst rauslassen, wenn man sich in den Nightliner verkrümelt hat? Junge, bei allem Respekt: Das geht so nicht. Aber was soll's: Diesen einen Fauxpas haste gut bei mir, denn diese Show war echt fett.






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