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2023-10-16

ARCHIVE und RUSSEL MARSDEN live in der Markthalle Hamburg (15. Oktober 2023)

Mein letzter Besuch in der Markthalle:

Mein letztes Archive-Konzert:

Beides, also Archive und Markthalle zusammen:
Noch nie.

Es war also mal wieder allerhöchste Zeit - eigentlich schon vor fast genau einem Jahr, doch das damalige Konzert wurde ja wegen der glücklicherweise rechtzeitig erfolgreich behandelten Krebserkrankung von Keyboarder Darius Keeler auf diesen neuen Termin verschoben.

Bis zur Show hatte ich allerdings noch ein Wechselbad der Gefühle zu überstehen. Dabei spielten zunächst autobahnvermeidende LKWs, das Ausweichen auf die längere A7-Strecke wegen gesperrter A23 und dann die Höhen und Tiefen des Stadtverkehrs eine Rolle - und natürlich die elende Parkplatzsuche. Ich habe lange nicht in dieser Gegend gestanden und war eingermaßen schockiert, als die Park-App mir vorrechnete, dass meine gewohnt kostenlose Straße nun ein Dutzend Euros für den Abend fressen sollte! Ich bin zwar dann noch auf einen kurzen Parkstreifen zwischen zwei Bezahlzonen gestoßen, doch da ich dort zunächst alleine stand, traute ich dem Braten nicht so recht und ging (letztendlich zum Glück unbegründet) mit einem super verunsicherten Gefühl zur Markthalle.
Dort angekommen setzte ich mich, da die Erstreihenplätze eh schon vergeben waren, zunächst auf die Stufen und wurde nur Minuten später dafür bestraft, als jemand sein Bier auf mich fallen ließ und meine Klamotten komplett im Aroma, welches man als Nichttrinker besonders innig liebt, einsaute. Wunderbar. Ich brauchte trotz Bemühen doch den kompletten unerwarteten Supportact, um Stress und Angepisstheit komplett abzustreifen. 





RUSSEL MARSDEN

Der mir bisher unbekannte Russel Marsden von der mir nur namentlich bekannten Band of Skulls spielte, ausgestattet mit Sampler, Mikro und Gitarre, ein Soloset. Der Mix von Rockgitarre, Elektrosamples inkl. sehr unverhohlen programmierten Drums war so ein bisschen wie die bluesigere Fußgängerzonenversion von Archive, zumal der Gesang stilistisch schon ziemlich ähnlich war.

Insgesamt nett - und in den gelungensten Passagen auch durchaus deutlich mehr als nett. Länger hätte das kompakte Set aber auch nicht sein müssen. Dass die folgende Umbaupause flott und ohne künstliche dramatische Herauszögerei vonstattenging, war auch sehr löblich.









ARCHIVE

Als Archive dann mit "Mr. Daisy" loslegten, war zunächst Headcount angesagt: Keyboard, Keyboard, Drums, Bass, Gitarre, Gitarre, Gitarre. Die übliche Grundformation also, natürlich inklusive der beiden Frontmänner Pollard Berrier und Dave Pen. Es war also nur die Frage, wie viele ihrer potentiellen Sängerinnen die Gruppe noch mit im Gepäck hatte. Dass gleich das zweite Stück "Numbers" nicht von Holly Martin, sondern von Berrier gesungen wurde, x-te dann gleich eine Kandidatin aus.
Tatsächlich war - was zur starken Konzentration auf Material vom aktuellen Album "Call To Arms & Angels" passte, auch Maria Q abwesend, also nur noch das Bandküken Lisa Mottram mit von der Partie. Doch das ist schon vorgegriffen, denn ehe ihr Akt eröffnet wurde, spielten Archive schon, was bei anderen Bands als volles Programm durchgehen würde.

Anderthalb Stunden plus klingt natürlich nach einer fetten Hausnummer von Showlänge, doch die Setlist zusammenzustellen ist sicherlich dennoch eine Herausforderung. So viele neue Stücke, so viel Backkatalog - und darin gleich zwei epische Longtracks, welche die Fans einfach jedesmal hören müssen. Ich bekenne mich hier ebenfalls schuldig. Und so war ich natürlich froh, als der erste dieser Epen, das genial langsam aufbauende "Lights", bereits im ersten Block zum Zuge kam, welcher u.a. auch noch die Uptempo-Hits "Bullets" und "Conflict" enthielt.

Doch Archive haben ja auch neue, stilistisch noch experimentellere Mammutstücke in petto. "Daytime Coma" war wie zu erwarten ein Großereignis, nach dessen Ausklang tatsäch endlich mit "Surrounded By Ghosts" die Sängerin auf die Bühne kam - und für mehrere Stücke mit ihr als Lead- oder Harmoniestimme blieb bzw. wiederkehrte. Darunter war auch der unerwartete, weil doch sehr kauzig-sperrige Riese "The Crown", welcher eine elektroschockend aggressive Energie ausstrahlte. Sehr geil.
Überhaupt brachte die irgendwo zwischen Postpunk und eleganter Mystik schwebende Stimmfarbe Mottrams eine interessante neue Facette in die Genre als Fremdwort behandelnde Archive-Formel.

Es folgte eine weitere Highlightparade inklusive "Fear There & Everywhere", "Enemy" und "The Empty Bottle", ehe die ausverkaufte Markthalle laut stampfend klatschend jubelnd kreischend das Zugaberitual einläuten durfte, während die endlose Synthschleife von "Gold" bereits von manischer Lichtshow begleitet die Bereitschaft der Band zur Wiederkehr signalisierte.

Als Zugabe gab es dann zwar "nur" einen Song, aber dieser war natürlich "Again", bei dem sich Dave Pen wieder einmal Gänsehaut erzeugend die Seele aus dem Leib quetschte. Einfach ein Meisterwerk - und als solches der würdige Abschluss eines wieder großartigen Auftritts.

Archive sind und bleiben einfach eine singuläre Gruppe, ihre Shows ein Gesamtkunstwerk irgendwo zwischen Post- und Prog Rock, Trip Hop und der Popmusik eines alterniven Universums. Ganz groß!






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