Sometimes German, sometimes English. • The title of this blog used to change from time to time. • Interested in me reviewing your music? Please read this! • I'm also a writer for VeilOfSound.com. • Please like and follow Audiovisual Ohlsen Overkill on Facebook!

2025-09-13

BerlinBerlinBerlin, Tag 3/3 • WOODEN ELEPHANT spielen BJÖRKs "Homogenic" live im Haus 20 des Ludwig-Hofmann-Quartiers am 31. August 2025


Ok, krank oder nicht - so schwer kann's doch nicht sein, dieses kleine Konzertchen noch abzufrühstücken, oder was? Es ist jetzt schon fast zwei Wochen her!

Ja, es sollte eigentlich einfach sein, aber dieser schmerzende Dauerhusten in unterschiedlichen Variation raubt einfach Energie und Motivation für alles. Mal ganz davon abgesehen, dass ich allmählich fürchten muss, evtl. neben der Arbeit auch noch eines meiner meisterwartesten Clubkonzerte des Jahres ausfallen lassen zu müssen... Aber wer weiß, vielleicht bricht ja doch noch kurz vor knapp die große Genesung aus. Ich habe echt keinen Bock mehr auf diesen Scheiß!

Am Sonntag nach dem Kilimanjaro Darkjazz Ensemble / Mount Fuji Doomjazz Corporation-Konzert im Lido und dem zweiten Tag des Morbid Catacombs Fest in der Neuen Zukunft hatte ich jedenfalls noch Bock, mit einem weiteren Event ein Schleifchen um mein Wochenende in Berlin zu machen.

Geplant war das ursprünglich gar nicht, doch wenn dir der Social-Media-Algorithmus eine Veranstaltung vorschlägt, die nicht nur nur ein paar Gehminuten von deinem P+R in Berlin-Buch entfernt stattfindet, sondern auch noch am späten Nachmittag beginnt, so dass Du noch bequem im Laufe desselben Tages nach Hause (=Schleswig-Holstein) fahren kannst, ist das schon sehr verlockend.

Und wenn es sich bei den auftretenden Künstlern dann auch noch um ein Streicherensemble handelt, welches des komplette Björk-Album "Homogenic" aufführt, gibt es für mich natürlich überhaupt keine Chance mehr nein zu sagen.

(Witzigerweise war Björk + Streicher ja auch der Anlass meines letzten Berlin-Trips vor ein paar Jahren.)


Zunächst einmal hieß es aber, maximal Zeit im Hotel zu schinden, auszuchecken, Gepäck zwischenzuparken und noch etwas in der Hauptstadt zu touristen. Dank meines Mangels an Souveränität in der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel habe ich durch die Schienenersatzverkehrssituation so viel Zeit verloren, dass ich am Ende - uiuiui, böse! - schwarz über den Ablauf meines 48h-Tickets hinaus unterwegs war. Was für ein Gangster-Move!

Ich wurde zum Glück nicht erwischt und eingeknastet, so dass ich jetzt - endlich - vom Konzert berichten kann:

Das Ludwig-Hofmann-Quartier ist ein denkmalgeschützer historischer Krankenhaus/Psychatrie-Komplex, der zu einem beschrankten Wohnquartier umgestaltet wurde. Im Zentrum der Anlage befindet sich Haus 20 mit seiner hohen barocken Eingangshalle, die mit ihrer hellhörigen Akustik wie für unverstärkte Musikveranstaltungen gemacht zu sein scheint. 








WOODEN ELEPHANT

Es gab keine Bühne, kein vorne und hinten. Wooden Elephant, ein Quartett* aus zwei Geigen. Cello, Kontrabass und jeder Menge anderem Geklöter, welches die Musiker(innen) außerdem benutzten, spielten einander zugewandt in der Mitte des Raums, mit dem Publikum rund um sie herum. Prall gefüllt wie die Shows der Vortage war dieses Konzert nicht, aber die meisten Stühle wurden genutzt, während einige Zuhörer auch einfach auf dem Boden saßen. Es war ein eher familiärer, für Kammermusik im Grunde genau passender Rahmen.

Die gebotene Kammermusik war natürlich speziell. Das Ensemble ist darauf spezialisiert, unter der Nutzung vieler unkonventioneller Ideen und experimenteller Techniken komplette Alben von so unterschiedlichen Künstlern wie Beyonce, Moor Mother, Aphex Twin oder Miles Davis zu reinterpretieren.
Einen kleinen Einblick in ihren Katalog gab es am Anfang, als das Konzert mit zwei Songs von Radiohead eröffnet wurde. Für mehr war leider keine Zeit, da man einen sehr engen Zeitplan und einen flight zu catchen hatte.

Und danach also "Homogenic", Art-Pop-Meisterwerk, mit Sicherheit Björks über Genregrenzen hinaus einflussreichstes Album. Es wird konventionell, aber auch "seltsam" gezupt, gestrichen, mit Tricks wie Alufolie um die Saiten präpariert. Mit Händen und Füßen werden nebenbei Percussioninstrumente bedient oder mit Wasser gefüllte Weingläser gespielt.

Das war alles interessant anzusehen, beeindruckte allerdings fast noch mehr, wenn man die Augen schloss und sich bewusst machte, dass jeder Trick wirklich nur dazu diente, den richtigen Sound zu finden.

Alles in allem war dies eine innovative, detailbesessene, aber nicht das Ganze aus dem Auge verlierende Interpretation des über alle Zweifel erhabenen Ausgangsmaterials. Viele Highlights kamen an den erwarteten Stellen der Tracklist wie "Jóga", "Bachelorette", "Immature", "All Is Full Of Love". Alle musikalischen Fragen, wie z.B. wie man in solch einer Konstellation den Umpffumpffumpff-Kracher "Pluto" angehen würde, wurden äußerst kreativ beantwortet. Davon hätte ich gerne ein Album mehr haben können - und damit war ich der Publikumsreaktion nach auch nicht alleine. Anderseits war ich natürlich froh, mich zeitig auf den Heimweg machen zu können. Trotzdem natürlich - gerade in diesem Rahmen - einfach ein wunderbares Konzert!

Die einzige Kritik, die ich hätte, qualifiziert mich wahrscheinlich als Boomer, aber wenn man weiß, dass man Teile der Show nur mit einem Schuh spielen wird, dann kann man sich vielleicht auch ein paar Socken ohne drölfzig Löcher einpacken, oder?


* Offensichtlich ist die Gruppe in voller Stärke ein Quintett, welches auch noch einen Violaspieler einschließt, der hier aber nicht dabei war.







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen