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2016-06-05

KARL BARTOS - Communication

Auf amazon habe ich einen Wunschzettel mit dem Namen "Bescheidenheit ist mein zweiter Vorname". Die ersten Positionen darauf fülle ich vor Weihnachten und meinem Geburtstag immer mit kleinen Scherzwünschen wie z.B. tausend Euro günstigen Fotobüchern oder Kukls "Söngull"-Single.

Nicht ganz in dieser Investitionsklasse, aber durchaus schon mondpreisig befand sich auf dieser Liste vor wenigen Monaten auch noch die 2003 erschienene LP "Communication" von Ex-Kraftwerker Karl Bartos.

Nachdem mich wider Erwarten niemand mit diesem Schatz beglückt hat, tröstete ich mich zunächst mit dem noch zum Normalpreis erhältlichen 2013er Nachfolgewerk "Off The Record" und stieß dann bald auf die gute Nachricht, dass von "Communication" bald eine überarbeitete Neupressung erscheinen sollte.




KARL BARTOS - Communication (LP+CD) (2003/2016)

Hier es nun also in doppelter Ausführung (kleine und große Scheibe), das Album mit dem genial simplen Piktogramm-Cover. Man kann es sich kaum vorstellen, aber diese Grafiken wurden tatsächlich erst für dieses Artwork entworfen.

Das Album erst nach "Off The Record" kennenzulernen, kann ich direkt weiterempfehlen, denn tatsächlich klingt "Communication" wie das neuere Werk, obwohl es zehn Jahre älter ist.

Der Grund dafür ist einfach, dass auf "Off The Record" komplett neue Musik präsentiert wurde, die den pragmatischen Zweck hatte, das Liveprogramm von Karl Bartos aufzufüllen, ohne dabei gegen die von ihm (co-)komponierten Kraftwerk-Klassiker abzustinken.
"Off The Record" hingegen basiert auf über die Jahrzehnte angesammelten Fetzen und Demos, in denen z.T. ganz klare Anleihen an bestimmte Bandphasen (z.B. "Computerwelt") zu erkennen sind. Und auch inhaltlich bewegt es sich nahe am zur Kraftwerk-Zeit von Bartos gepflegten zeitgemäßen Themenradius und Retro-Futurismus.

"Communication" hingegen beobachtet mit Stücken wie "Cyberspace", "Electronic Apeman", vor allem aber "15 Minutes Of Fame" und "The Camera", den Anfang der 2000er zu beobachtenden Stand der Technolgie und wagt den ziemlich treffenden Ausblick auf die Auswirkungen von schneller und permantenter Internetverbindung, Smartphonetechnologie und sozialen Netzwerken, wie sie sich heute darstellen.

Sprachlich ist dies alles natürlich in bester Kraftwerk-Tradition extrem verknappt und schwankt zwischer maschineller Analyse und kindlicher Naivität.

Die überträgt sich auch auf die Musik. Zum einen finden sich hier von zart schmeichelnde bis knallhart genau richtig akzentuierte Sounds und Beats, die in ihrer sofort mitreißenden und ins Ohr gehenden, und die in dieser Qualität von der Stammband wohl leider niemand mehr erwarten würde. (Zumindest auf Kraftwerks "Chinese Democracy"; live fand ich sie ja schon ziemlich beeindruckend.)

Gewöhnungsbedürftig sind allein zwei Dinge: "Communication" hat sehr viel Gesang, und davon wird ein großer Anteil im vollkommen unapologetischen Computerstimmen/Vocoder-Modus bestritten. Das ist einerseits etwas anstrengend, anderseits hat Karl Bartos natürlich das Recht des "Wer hat's erfunden?" auf seiner Seite.

Ansonsten sind ein paar Tracks sehr auf Pop und Dancetauglichkeit gebügelt. Vor allem "15 Minutes Of Fame" hat mich in den ersten Durchläufen durchaus genervt. Nach einer weile habe ich allerdings eingesehen, dass die etwas flache Oberfläche hier durchaus zum Thema des Tracks passt.
Und auch in dieser vergleichsweise eher schwächeren Nummer erinnert Bartos doch mal eben im Vorbeigehen daran, wem die Welt eigentlich den Klang der ersten großen Hits von Depeche Mode zu verdanken hat.

Und das waren auch schon die etwas schwierigeren Hürden, für deren Überwindung ich etwas gebraucht habe. Den ganzen goßen Rest allerdings fand ich sofort großartig.


Das Fazit fällt letztendlich also sehr leicht:

"Communication" ist für Kraftwerk-Fans (ebenso wie "Off The Record") eine vollkommen risikolose Anschaffung, und darüber hinaus einfach ein fabelhaftes Elektroalbum und instant classic des Genres. Macht Laune.


Anspieltipps: I`m The Message, The Camera, Reality, Cyberspace

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