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2019-03-23

Es hitlert wieder: IRON SKY 2 ist da!

Dieses Jahr werde ich wohl einen langjährigen persönlichen Rekord aufstellen: Ich war nämlich schon satte zwei Mal im Kino. Dabei ist doch erst März!

Neulich habe ich den (unter vielen cineastischen Gesichtspunkten sicherlich besseren) Film "Der Goldene Handschuh" gesehen, der hier an und für sich eine gesonderte Lobhudelei verdient hätte. Was für eine wunderschön widerlichere Milieustudie rund um den hamburger Frauenmörder Fritz Honka. Selten habe ich mich von der allerersten unappetitlichen und qualvoll langen Szene an so über die Eis- und Popcorn-Esser im Saal amüsiert, haha.


Mittwoch ging es dann zur Vorpremiere eines Films, an den man zwischenzeitlich u.a. wegen einjährigem Komplettstillstand aufgrund eines bekloppten Gerichtsverfahrens schon gar nicht mehr geglaubt hatte:

Iron Sky 2: The Coming Race


[Ich denke zwar, dass das hier keine besonders tiefgehende Rezension wird, aber damit hinterher niemand meckert sicherheitshalber: SPOILER-Warnung!]




Das finnisch-internationale Team um Regisseur Timo Vuorensola ist sich treu geblieben. Der Film ist wie sein Vorgänger krudeste Verschwörungstheorien konsequent weiterspinnender Trash mit erstaunlich guten Spezialeffekten und erstaunlich hölzern vorgetragenen Dialogen. Genau genommen stellt er in beiden Kategorien eine Steigerung dar, er ist also - und hier lasse man mich ein Wort benutzen, zu welchem mich die "Sharknado"-Reihe inspiriert hat - eindeutig schlesser als "Iron Sky 1".

"The Coming Race" spielt drölfzig Jahre später. Die Erde ist - was in gewissen Sequenzen des Films ein wenig zu oft erwähnt wird - ein postapokalyptisches, nukleares Ödland, der klägliche Rest der Menschheit hat sich zusammen mit dem ehemaligen Feind in der immer weiter verfallenden Zentrale der Mondnazis eingerichtet. Die Gesellschaft ist zwar inzwischen erfolgreich entnazifiziert, doch dafür konnte sich der dem geschlossenen System huldigende Jobismus (nach dem Heiland Steve Jobs) als Staatsreligion durchsetzen.

Hauptfigur des Films ist Obi Washington, die durchaus glaubwürdig gecastete Tochter von James Washington (zwischenzeitlich verstorben) und Renate Richter. Zwar ist Julia Dietzes Old-age-Makeup in der Rolle nicht so schlimm wie das von Guy Pierce in "Prometheus", aber man wünscht sich doch sofort ein verjüngendes plot device, welches man später auch wirklich bekommt, haha.

Ansonsten geht es im Film um die Hohlerde, den in der von Echsenmenschen und Dinosauriern bewohnten Stadt Agartha (nicht verwechseln mit dem fabulösen Miles Davis-Livealbum "Agharta") verborgenen Heiligen Gral, die Gebrüder Hitler (Doppelrolle Udo Kier), Adam und Eva, all that jazz eben.





Nachdem ja schon im ersten Teil die Präsidentin der Vereinigten Staaten primär als Karikatur von Sarah Palin angesehen wurde, was sie ursprünglich gar nicht war, hatte ich auch bei "The Coming Race" die Befürchtung, dass Gags und Themen durch die unendlich lange Produktionszeit veraltet sein könnten. Mal ganz abgesehen von dem allgemeinen Problem, dass kaum eine früher als bizarr empfundene Fiktion im Zeitalter von Brexit, Trump und globaler Maximaldummheitsrenaissance noch ihre volle Wirkung erzielen kann.

Steve Jobs? Ist der noch ein Thema? Ja, denn seine Sekte erntete tatsächlich einige der besten Lacher im Kino. Auch ansonsten waren meine Bedenken diesbezüglich unnötig, da der Film durch sein Setting in fernerer Zukunft einen weniger direkten gesellschaftssatirischen Anstrich hat.


Insgesamt hat mich der Film gut und flach unterhalten. Klar, die Dialoge holzen teilweise wie blöde und einige Charaktere sind arg dick aufgetragene Stereotypen.

Die eindeutig schlimmste Szene war eindeutig die, in der die - allesamt als historische Figuren der Erdgeschichte mehr oder weniger erkennbaren - Vril (so heißen die gestaltwandelnden Echsen-Aliens) unter sich sind und sich selbst in qualvoller Länge ihre eigene Geschichte erzählen. Willkommen in der Erklär-Hölle! Brrrr.

Anderseits verbuchen die Vril mit ihrer Ankunft auf der Erde auch eine der besten Szenen von "The Coming Race". Ich liebe außerdem das stumpfsinnige Backgroundacting in Agartha, welches mir fast eine bewusste Anspielung auf Unsinnsklassiker wie "Barbarella" zu sein scheint.





Nun aber Butter bei die Dinosaurier und zu dem Hauptgrund, warum ich mir nicht verkneifen konnte, den Film hier überhaupt zu thematisieren:

Natürlich habe ich den Film auch als überlanges Musikvideo geschaut. Schließlich haben bis auf den Abspannsong von ausgerechnet Sunrise Avenue erneut Laibach den kompletten Soundtrack komponiert.

Jener ist im Prinzip ähnlich zusammengesetzt wie beim ersten Teil: es gibt ein paar brandneue Songs, die wie ich schon neulich in der Zugabe des "The Sound Of Music"-Konzerts in Hamburg erleben durfte, mit ihrem überzeichneten Blues- und Country selbst für die vielgestaltige Gruppe sehr, ähm... untypisch daherkommen. Also die Dinger gehören eindeutig in die Kategorie mal sehen, wie viele Fans jetzt wieder Das ist kein Laibach! jammern. Also im Grunde eine Übung, an der die Slowenen schon seit den frühen Achtzigern ihren Spaß haben.

Daneben wurde bereits bekanntes Laibach-Material verwendet, allerdings diesmal in weit geringerem Umfang. Direkt erinnern kann ich mich jetzt tatsächlich nur, dass "Vor Sonnen-Aufgang" von "Also Sprach Zarathustra" gleich in zwei Szenen eingesetzt wurde. Mag aber durchaus sein, dass da noch mehr war.

Ansonsten war das meiste wieder originaler Filmscore mit einigen Anspielungen an Film- und Klassik-Klassikern, allerdings selten so dick aufgetragen wie bspw. in der "Space Battle Suite" vom ersten Teil. Überhaupt gibt es ein wenig mehr Elektronik statt orchestralen Arrangements. Damit ebenso ein bisschen mehr "echte" Laibach statt Abarbeiten an gängigen Klischees.

Hat mir beim Schauen jedenfalls wieder sehr gut gefallen und ich bin mal gespannt, wie der Soundtrack losgelöst vom Bild wirkt. Und hoffentlich bringen sie gleich den real deal raus und nicht wieder eine Version voller Dialogschnipsel. Denn die Dialoge sind wie gesagt ziemlich hölzern, auch wenn ich zugegebenermaßen noch nicht den O-Ton gehört habe.


Fazit:


Man kann sich neunzig Minuten lang YouTube-Videos zu "Star Trek: Discovery" ankucken und sich wundern, was für ein wunderlicher Haufen sich in ihrer weißen Männlichkeit bedroht fühlende Verschwörungstheoretiker sich Trek-Fans schimpfen.

Man kann auch neunzig Minuten lang duschen, dabei irre viel Wasser verschwenden und super schrumpelige Finger und Zehen bekommen.

Oder man schaut neunzig Minuten lang "Iron Sky 2: The Coming Race", weil das auch angezogen, trocken und ohne Verzweiflung über die Dummheit des Internets geht. Also: Ins Kino, Mutterfickers!





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