Sechs Tracks in vierzehn Minuten und das Ding heißt "Cockschmerzen".
Worum es inhaltlich auf dieser EP geht, das weiß ich mangels Fremdsprachenkenntnis nicht, doch musikalisch hat es mit krudem Porngrind erstmal nichts zu tun. Also kein Cock And Ball Torture-Tribut-Act, sondern einfach ein Wortspiel.
NOKTI - Cockschmerzen (CD) (2021)
Eine gewisse spirituelle Nähe zu Teilen der Grindcoreszene kann man Nokti anderseits auch nicht absprechen, schon weil hier auch viel derbes Zeug in kurzer Zeit untergebracht wird. Und da auch ein Saxophon zum Ensemble gehört, ist der Weg zur Assoziation mit John Zorns Naked City und in diese Richtung weitergedacht Mr. Bungle (aber nicht deren relativ gesehen fast schon biedere, jetzt reaktivierte Osterhasenphase) natürlich nicht weit.
Die ersten Vergleiche, die mir beim Hören dieses herrlich bekloppten, aber durchaus mit Substanz daherkommenden Blitzachterbahnfahrt in den Sinn kamen, waren jedoch eine ganze Ecke obskurer. Die entfernte Ähnlichkeit des Coverartworks und die Tatsache, dass ich Nokti, von denen ich zuvor noch nie gehört hatte, geographisch ähnlich verortete, ließen mich schnell an das Anfang des Jahrtausends von der ungarischen Progmetalgruppe Varso veröffentlichte Album "Finding Deaf Ears" denken, obwohl sich bis auf die Vorliebe zum Grenztonalen und einige beinahe funky schräge Licks musikalisch an sich nicht all zu viele Überschneidungen finden. Außer dass das alles im durchweg guten Sinne sehr artsy und abgefahren ist natürlich.
Nicht zuletzt der (hier zwar nicht rekordreif, jedoch immer noch einigermaßen derbe) knarzende Bass brachte mich dann auch schnell auf das belgische Doomnoisejazztrio Gura. Vielleicht auch, weil ich gerade deren vor anderthalb Jahren auf der MS Stubnitz abgeerntetes T-Shirt trug.
Dabei sind andere Referenzen viel offensichtlicher. Gleich die allerersten Takte des Openers "Pijan Od Krvi" könnte unmöglich noch mehr nach Oranssi Pazuzu klingen. Und ist einem diese Ähnlichkeit erst einmal aufgefallen, bleibt sie auch für die nächsten beiden Stücke im Kopf hängen, bevor sich die EP in der zweiten Hälfte noch weiter öffnet und mehr als ein Mal die manische Seite von The Mars Volta und in parolenhaften Passagen ein bisschen auch System Of A Down beschwört. Dazwischen gibt es mit "Igrice" allerdings noch ein Old-School-Laibach-Zwischenspiel. Alles klar so weit?
Ja, dieses kleine Ding ist schon ein verrücktes Huhn von einer CD.
Als ich mich schließlich auf Discogs schlau machen wollte, woher diese in Österreich veröffentlichte, handwerklich ausgezeichnete Avantgardeplosion denn tatsächlich stammte, war ich nicht wirklich erstaunt, dass die Gruppe nicht in Ungarn, sondern in Kroatien beheimatet ist, und gleich mehrere Bandmitglieder auch in der ähnlich anstrengenden aber geilen, schwarzmetallisch angestrichenen Postmetalband Hesperian Death Horse zocken.
Ja, das passt alles.
Und in der Zeit, in der Du dies alles gelesen hast, kann man sich "Cockschmerzen" auch genauso gut vollständig auf Bandcamp reinpfeifen - oder zumindest die Videos auf YouTube anschauen, haha.
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