"And a plane pulled itself through the air
Slow as honey
The whole sky moved with it"
In diesen letzten Zeilen von "470 Nanometers" hat Toby Driver praktischerweise gleich eine Beschreibung des vorherrschenden Gefühls mitgeliefert, welches sein im September erschienenes aktuelles Album durchzieht.
Das ist schön, dann brauche ich hier ja kaum noch etwas tun.
TOBY DRIVER - They Are The Shield (CD) (2018)
Ambientsynthies. Berlin-Bowie. Brian Eno. Melancholisches Starren aus dem beschlagenen Diner-Fenster auf die nasse Straße. Kammermusik. Brent Oberlinsche Lyrik. Fernöstliches Dramakino. Hypnopazuzu. "Black Aria". Marvel? Nein. Aber ohne dieses eine YouTube-Video neulich wäre ich ja gar nicht die Idee gekommen, dass Chloe Bennet halb chinesisch ist. Barock. Als blutroter Ball brennt sich die Morgensonne durch den Nebel. "Exciter"-Depeche Mode. Dunkelbjörk. Croonende norwegische Wölfe.
Ok, ich unterbreche meinen Assoziationsfluss an dieser Stelle mal für eine Rezension.
"They Are The Shield", welches ich mir neulich nach dem beeindruckenden Konzert auf der MS Stubnitz mitgenommen habe, ist eine logische Fortführung von Drivers letztem Soloalbum "Madonnawhore" und genau wie jenes ein geduldig atmendes, sphärisches Modern Gothic-Album, welches mit im Vergleich zu seiner Band Kayo Dot relativ sparsamen Mitteln eine maximale Wirkung entfaltet.
Das deutlichste Alleinstellungsmerkmal des neuen Werks ist ähnlich wie bei "The Alone Rush" von Wrekmeister Harmonies der Einsatz der ausdrucksstarken Violinen als zum zum Gesang gleichwertiger Stimme. Und natürlich erinnert das kammermusikalische Element auch ein wenig an die Zeit der exzessiven Line-Ups am Anfang von Kayo Dot und der advantgardemetallischklassischen Vorgängergruppe Maudlin Of The Well.
Rhythmisch geht es tendentiell wieder ein wenig mehr zurück zum synaptisch Herausfordernden, selbst wenn unter Gitarre, Streichern und flächigen Synthesizern gar kein Beat zu hören ist. So weit wie auf dem letzten Kayo Dot-Longplayer "Plastic House On Base Of Sky" treibt Toby Driver es zwar längst nicht, aber es genügt, um einen effektiven Gegenpol zur Ruhe der restlichen Instrumente zu schaffen, was das Ganze noch traumhaft entrückter im Raum schweben lässt.
Wie die meisten Werke aus der Diskographie des Meisters verlangt "They Are The Shield" eine erklärte Grundbereitschaft, sich auf die Musik einlassen zu wollen und tut sich schwer, wenn man innerlich eher auf Krawall oder Party gebügelt ist.
Doch selbst wenn man die sechs Stücke tatsächlich eher nebenbei laufen lässt, verlieren sie sich trotz sich langsam schlängelnder Instrumentalpassagen und weitgehendem Verzicht auf griffige Hooklines oder schnell erfassbare Zählweisen nicht in vom Hörer abgeschottete Selbstverliebtheit.
Klar, das ist alles sehr ambient und introspektiv, doch es bleibt dabei eben auch stets interessant, so dass man ihm auf diesem gleichsam verkopften wie gefühligen Pfad gerne folgt.
Tendentiell finde ich die erste Hälfte des Albums zwar leicht stärker, doch gerade mit dem weiblichen Gastgesang von Bridget Bellavia auf "Scaffold Of Digital Snow" und dem Klavier im Abschluss "The Knot" spielt Toby Driver auch im weiteren Verlauf noch einige Trümpfe aus.
Insgesamt ist "We Are The Shield" ein ausgesprochen reifes, ambitioniertes, aber in sich ruhendes Werk eines einzigartige Stimmungen mit intelligenten Konzepten kombinierenden Musikers.
Das ganz gute Gothic eben. Im Ernst: dieses Album ist enorm!
Ok, ich unterbreche meinen Assoziationsfluss an dieser Stelle mal für eine Rezension.
"They Are The Shield", welches ich mir neulich nach dem beeindruckenden Konzert auf der MS Stubnitz mitgenommen habe, ist eine logische Fortführung von Drivers letztem Soloalbum "Madonnawhore" und genau wie jenes ein geduldig atmendes, sphärisches Modern Gothic-Album, welches mit im Vergleich zu seiner Band Kayo Dot relativ sparsamen Mitteln eine maximale Wirkung entfaltet.
Das deutlichste Alleinstellungsmerkmal des neuen Werks ist ähnlich wie bei "The Alone Rush" von Wrekmeister Harmonies der Einsatz der ausdrucksstarken Violinen als zum zum Gesang gleichwertiger Stimme. Und natürlich erinnert das kammermusikalische Element auch ein wenig an die Zeit der exzessiven Line-Ups am Anfang von Kayo Dot und der advantgardemetallischklassischen Vorgängergruppe Maudlin Of The Well.
Rhythmisch geht es tendentiell wieder ein wenig mehr zurück zum synaptisch Herausfordernden, selbst wenn unter Gitarre, Streichern und flächigen Synthesizern gar kein Beat zu hören ist. So weit wie auf dem letzten Kayo Dot-Longplayer "Plastic House On Base Of Sky" treibt Toby Driver es zwar längst nicht, aber es genügt, um einen effektiven Gegenpol zur Ruhe der restlichen Instrumente zu schaffen, was das Ganze noch traumhaft entrückter im Raum schweben lässt.
Toby Driver live auf der MS Stubnitz |
Doch selbst wenn man die sechs Stücke tatsächlich eher nebenbei laufen lässt, verlieren sie sich trotz sich langsam schlängelnder Instrumentalpassagen und weitgehendem Verzicht auf griffige Hooklines oder schnell erfassbare Zählweisen nicht in vom Hörer abgeschottete Selbstverliebtheit.
Klar, das ist alles sehr ambient und introspektiv, doch es bleibt dabei eben auch stets interessant, so dass man ihm auf diesem gleichsam verkopften wie gefühligen Pfad gerne folgt.
Tendentiell finde ich die erste Hälfte des Albums zwar leicht stärker, doch gerade mit dem weiblichen Gastgesang von Bridget Bellavia auf "Scaffold Of Digital Snow" und dem Klavier im Abschluss "The Knot" spielt Toby Driver auch im weiteren Verlauf noch einige Trümpfe aus.
Insgesamt ist "We Are The Shield" ein ausgesprochen reifes, ambitioniertes, aber in sich ruhendes Werk eines einzigartige Stimmungen mit intelligenten Konzepten kombinierenden Musikers.
Das ganz gute Gothic eben. Im Ernst: dieses Album ist enorm!
Highlights: Anamnesis Park, 470 Nanometers, Scaffold Of Digital Snow
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