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2018-12-30

SONS OF KEMET - Your Queen Is A Reptile

"Our Queens walked among us. Our Queens led by action, by example, our Queens listened. Our Queens made bright futures out of cruel and unfair pasts. Our Queens cried and laughed with us. Our Queens knew that they were just like us from the beginning, not just when it suited them."




SONS OF KEMET - Your Queen Is A Reptile (CD) (2018)


In den Liner Notes zu "Your Queen Is A Reptile" teilen die Sons Of Kemet ordentlich gegen die imperialistische englische Monarchie aus. Im selben Atemzug zelebriert das britische Jazzquartett aber auch seine wahren Königinnen.
Und dieser kämpferisch positive Ansatz zieht sich dann auch durch das Album, auf dem jeder Track einer bedeutenden Frau der internationalen  Black History (sowie der barbadischen Urgroßmutter von Bandleader Shabaka Hutchings) gewidmet ist.

Damit liegt dieses Album konzeptionell ganz klar auf einer Linie mit gleich mehreren Werken, die es in meine Bestenliste 2018 geschafft haben.* Die Besinnung auf die Erfolge der Vorfahren und die damit verbundene Ergreifung der Erzählungshoheit über die eigene Geschichte findet sich sowohl bei Vodun als auch (erweitert auf eine fiktive Parallelhistorie) Zeal & Ardor. Zudem teilen Sons Of Kemet das Verständnis von Jazz als Sound der Schwarzen Bewegung mit diversen Zeitgenossen, am prominentesten darunter natürlich Saxophon-Maximalist Kamasi Washington.

Da Kunst immer eine Reaktion auf die Welt um den Künstler herum ist, kann man den Trend zu großen Statements bezüglich Schwarzer Identität und vor allem auch Geschlechtergerechtigkeit, natürlich unmöglich als Zufall betrachten. Die Zeiten erfordern die Botschaft.

Zwei Punkte machen jene Botschaft hier besonders kraftvoll: Zum einen handelt es sich - wie der Name schon sagt - bei Sons Of Kemet um eine rein männliche Band, die sehr deutlich und selbstbewusst unchauvinistisch auftritt.
Zum anderen hätte die Gruppe wahrscheinlich gar keinen konzeptionellen Überbau nötig, da ihre Musik alleine einfach schon saucool im Quadrat ist.


Die musikalische Grundformel der Söhne Kemets ist so brilliant simpel, dass man sich wundert, sie nicht schon viel häufiger umgesetzt zu sehen. (Ich meine, es gibt z.B. ein paar The Roots-Stücke, die zumindest ähnlich funktionieren.)
Die Gruppe ist reduziert auf Saxophon, Tuba und zwei Schlagzeuge. Zu dieser Konstellation gesellen sich z.T. noch ein zweites Saxophon und in den ersten beiden, sowie dem letzten Stück Rapgesang.

Und im Grunde ist das von Shabaka Hutchings gespielte Stakkato-Saxophon auch oft ein Rapper.

Bebop, Karibik, Hip Hop, Tribal, Funk. Was diese Konstellation hervorbringt, ist ein anspruchsvoller, aber super direkter und eingängiger, vor Bass und Groove strotzender, unwiderstehlicher Powersound. Moderner (und das ohne jeden Elektrofirlefanz) und kämpferischer kann Jazz wohl kaum klingen.

Ich denke, es ist keine exotische Ausnahmemeinung, wenn ich vermute, dass "Your Queen Is A Reptile" neben Kamasis "Heaven And Earth" wohl das wichtigste Jazzalbum des Jahres ist.
 




Highlights: My Queen Is Yaa Asantewaa, My Queen Is Doreen Lawrence, My Queen Is Ada Eastman, My Queen Is Anna Julie Cooper





*Sons Of Kemet kamen leider zu spät zur Party (sprich: in meine Sammlung), um in meinen Jahrescharts berücksichtigt zu werden.








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