"New waves of ignorance
We've never seen
Unholy fires of lunacy
Reach out for a new sense
In the great strength and presence
of Ancestry"
Vodun widmen ihr aktuelles Album ganz dem Ahnenkult, ein Begriff, der in diesen Zeiten durchaus auch sehr völkisch vereinnahmt und ranzig riechen kann. Aber wir sind ja nicht blöd. Ein Blick auf ein beliebiges Artwork oder Foto rund um das Trio aus Sängerin Oya, Gitarrist Marassa und Drummerin Ogoun zeigt uns, dass die Gruppe nur für die positivere Besetzung des Begriffs stehen kann.
Und so bedanken sie sich in den Credits auch bei ihren Ahnen, "jenen, die für die Freiheit und Gleichheit gekämpft haben, welche uns in Vodun dahin geführt haben, wo wir heute sind - insbesondere als Stamm gemischter Geschlechter, Ethnie und Sexualität."
"You stand now,
On the shoulders of the women that have come before you
Rising and conspiring to change the course of history
Let our sisterhood of ancestors inspire you
A thousand women standing strong in victory"
Nein, für Leute, die social justice warriors bzw. "Gutmenschen" verachten und das Geschick von Frauen, andersfarbigen, anders denkenden Mitmenschen und marginalisierten Minderheiten am besten in den Händen von Typen wie Trump und Gauland aufgehoben sähen, ist das hier mal gar nichts.
VODUN - Ascend (blue/white vinyl + CD) (2018)
Ok, es gibt natürlich viele Künstler, bei denen man Musik und Botschaft durchaus trennen kann, wenn einem eines von beiden ideolofgisch nicht in den Kram passt. Und das gilt dann ja auch für Arschlöcher.
Bei Vodun ist diese Trennung allerdings echt knifflig, da Band, Botschaft und Musik so eine stimmige, perfekte Symbiose eingehen. Das kämpferische, rebellische Element wird in jedem Aspekt genau so repräsentiert wie das optimistische, verbindende.
Instrumental haben wir es ja zunächst einmal mit der klassisch minimalistischen White Stripes-Konstellation zu tun. Anders als bei vielen modernen Rock- und Metal-Duos greift der Gitarrist hier allerdings nicht allzu tief in die Effektkiste, um einen spektakulären Larger-than-life-Sound zu erzeugen.
Klar, die Basis ist hier schon ein durchaus sehr fetter Stoner-Rock-Klang, doch dieser schiebt die Gitarre nicht unmittelbar ins Zentrum der Wahrnehmung. Nein, man hört hier nicht in erster Linie eine riesige Pedalsammlung, sondern einfach einen fähigen Gitarristen, der ein exaktes Zusammenspiel mit dem Schlagzeug pflegt und dabei stilistisch so flexibel sein kann, dass man Vodun zu fast keinem Zeitpunkt in eine vorschreinerte Genreschublade packen kann.
Klar, die Basis ist hier schon ein durchaus sehr fetter Stoner-Rock-Klang, doch dieser schiebt die Gitarre nicht unmittelbar ins Zentrum der Wahrnehmung. Nein, man hört hier nicht in erster Linie eine riesige Pedalsammlung, sondern einfach einen fähigen Gitarristen, der ein exaktes Zusammenspiel mit dem Schlagzeug pflegt und dabei stilistisch so flexibel sein kann, dass man Vodun zu fast keinem Zeitpunkt in eine vorschreinerte Genreschublade packen kann.
Stoner/Sludge Metal. Psychedelic Rock. Prog. Indie. Thrash Metal.
Und in allem stecken immer auch Afro/Tribal-Einflüsse, die gar nicht primär von zusätzlichen Percussions eingebracht werden, sondern vor allem durch den exzessiven Einsatz der Kuhglocke durch die Schlagzeugerin entstehen. Ich habe noch kein Rockalbum gehört, welches sich den "More cowbell"-Sketch von Saturday Night Live derart zu Herzen genommen hat wie "Ascend".
Nun muss man natürlich zugeben, dass bei den meisten Bands der erste "Don't Fear The Reaper"-Verschnitt auch schon einer zu viel ist. Doch was hier gekuhglockt wird, das ergibt Sinn und ist wirklich aufregend, vergleichbar am ehesten mit dem irren Drumming von Coady Willis von Big Business.
Verpackt in zehn knackigen Kompositionen vollbringen Vodun auf "Ascend" einen wilden, fast durchgend groovenden und treibenden Ritt, der als reines Instrumentalwerk wahrscheinlich schon ein kurzweiliges Abenteuer sein könnte.
Was kann da besseres passieren, als wenn man das Ganze mit einer Sängerin komplettiert, die den Laden mit ihrer charismatischen Präsenz im Grunde auch alleine schmeißen könnte?
Der naheliegendste Vergleich, den ein Soul-Powerhouse wie Oya als Frontfrau einer Rockband impliziert, ist wohl Skin von Skunk Anansie. Und ja, darf man auch tatsächlich gerne so stehenlassen.
Ob es die von einem afrofuturistischen Video begleitete Lead-Single "Spirits Past" ist, das Duett mit Turbowolf-Sänger Chris Georgiadis auf "New Doom" oder der ergreifende Ausklang "For Your Kin": Die Sängerin verwandelt jeden Track dieses Albums in einen unwiderstehlichen Ohrwurm.
Abgerundet mit viel Liebe zum Detail, dezenten Saxophongastspielen und eindringlichen spoken words zwischen einigen Tracks, wird "Ascend" zu einem blitzschnell vorübergehenden, beinahe wunschlos glücklich machenden Paket. So viel eigene Identität, Sturm und Drang und glaubhaft verkaufte Botschaft findet man nicht jeden Tag in einer Band.
Mit seiner Hitdichte und Haltung gehört "Ascend" bei jedem, der nicht alphabetisch, sondern annuell/thematisch sortiert, eigentlich direkt neben "Stranger Fruit" von Zeal & Ardor ins Plattenregal.
Das Vinyl ist in schwarz oder (natürlich limitiert) in wohl nicht bayrisch gemeintem blau/weiß erhältlich, und es liegt erfreulicherweise immer eine CD-Version bei.
Die CD endet mit einer etwas anders produzierten und irgendwo fünfzehn Sekunden längeren Version des Openers. Eigentlich Quatsch, das da mit rauf zu packen. Das könnte sich auch glatt um ein Versehen handeln. Aber was soll's? Ist ja ein geiler Song, den höre ich auch gerne noch einmal.
Highlights: Spirits Past, Acend, New Doom, Time Honoured, Started From
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