Letztes Mal hatte ich es noch ausgelassen, doch dieses Jahr entschloss ich mich kurzfristig, endlich wieder eines der
Pink Tank Records-Festivals zu besuchen, die diesmal in Hamburg, Lübeck und Kiel stattfanden. Fürs
Fundbureau am Donnerstag war ich zu müde - und Kiel liegt eigentlich ja eh näher von mir aus. Erstaunlich überhaupt, dass ich so ewig lange nicht mehr in der Landeshauptstadt gewesen bin. Lass mich nicht lügen, aber ich glaube gestern war meine erste Fahrt dorthin seit dem prä-pandemischen März 2019 zur
Abschiedssause von Bone Man - ebenfalls in der
Pumpe. Wow.
Und tatsächlich bin ich diesmal auch eine neue Route gefahren. Allerdings nur, um spontan einem Unfallstau zu entgehen. So schlimm, mich nicht an die Route erinnern zu können, alzheimere ich noch nicht.
|
ZQKMGDZ / 10.000 KM² GEGEN DIE ZEIT |
Da das Label jetzt nicht so einen gewaltig anschwellenden Roster hat, hatte ich alle fünf Bands des Abends natürlich schon (mindestens) einmal gesehen. Beim Opener war dies allerdings bereits sieben Jahre her. Damals spielten sie auf dem
Pink Tank Festival im Atzehoe (Wer erinnert sich an den Laden?) in Itzehoe (Wer erinnert sich an die Stadt?) und waren wenig bei mir hängengeblieben, so dass ich ihnen eine zu große Beliebigkeit attestierte.
Zwar finde ich den Bandnamen
10.000 km² gegen die Zeit (oder auch kurz
ZQKMGDZ) ja immer irgendwie noch ein bisschen besser als die Musik, aber so stehen lassen kann ich meine 2015er Betrachtung fairerweise auch nicht mehr. Denn die Mischung aus Stoner-Rock'n'Roll und Krautrockrobotikelementen ist schon ganz launig. Ich würde jetzt auch die eng aufeinander abgestimmte Rhythmussektion erwähnen, doch gnadenlos zu exzellentem Drumming groovende Bässe zogen sich eigentlich durch den ganzen Abend. Ist so ein
Pink Tank-Markenzeichen glaube ich.
|
LOST MOON |
An meine erste Begegnung mit den Italienern Trio
Lost Moon hatte ich damals nach dem überladenen itzehoer Festival auch nur eine ungefähre Erinnerung, doch anders als die Zeitplasmanauten habe ich sie seitdem noch zwei Mal mehr gesehen, zuletzt auf dem
Heidenlärm Festival 2018. Technisch kann man dem Stonerrockpowertrio kaum etwas vormachen, vor allem die Übungen des Drummers, einen 4/4-Takt möglichst interessant zu füllen sind nicht von schlechten Eltern. Aber auch, wie der Gitarrist mit vorher geloopten Sounds das Instrument hin und wieder alleine spielen lässt, während er singt, ist ein cooles Detail. Überhaupt gefällt mir die Gruppe jedes Mal ein bisschen besser. Geht ab!
|
LOW ORBIT |
Nach Italien ging es nun inklusive zweier italienischstämmiger Brüder and Gitarre/Gesang und Drums nach Kanada. Auch mit
Low Orbit hatte ich bislang nur eine Kollision, und zwar auf dem
Pink Tank Festival in Heide 2016. Was immer ich damals noch an
manchmal ein bisschen zu sehr die Treppe runterfallenden, stolperbremsenden Rhythmen zu bemängeln hatte, muss sich mittlerweile in der Erdumlaufbahn aufgelöst haben. Gebremst wird in diesem frei nach
Sleep doomigen Geranze aus dem rifferfüllten Land zwar gerne, aber auch immer geil. Wenn der Bass alleine einen Song eröffnet, fragt man sich mitunter, was die beiden anderen Klampfen dem fetten Monstrum überhaupt noch hinzufügen können, und die Antwort lautet:
ja. Zum intensiven
Conangedenkmitnicken. Fett.
|
BEES MADE HONEY IN THE VEIN TREE |
Es folgten nun noch die zwei deutsche Gruppen, die ich definitiv in diesem Line-Up am besten kenne und am meisten schätze - und die ich beide zuletzt im September 2021 auf Headlinershows im hamburger
Fundbureau gesehen hatte. Dass
Bees Made Honey In The Vein Tree die bislang stetig steigende Wummskurve der Nacht auf die Spitze treiben würden, dabei aber auch in Kategorien wie Weltflucht, Gefühlsüberwältigung und musikalischer Diversität glänzen würden, war von daher auch keine Überraschung.
Dabei hatten die Stuttgarter neben dem bisher nur
auf dem hervorragenden Livealbum "Harvestman" vorgestellten "Threatening" auch noch ein weiteres brandneues Stück im Gepäck.
Shoegazigen Dronedoom mit Postrockelementen hatte ich den entrückenden bis erdrückenden Sound der Band im Review genannt, im vollen Bewusstsein, dass dies noch nicht die Gesamtheit dieses ins Endlose verstärkten Bienengesummes ausdrückt. Der Auftritt ließ für mich erneut keinen Zweifel daran aufkommen, dass
Bees Made Honey In The Vein Tree sich zum goldenen Pferd im pinken Stall gemausert haben. Woraus auch immer ich mir diese Redewendung zusammengeklaubt habe.
|
CAMEL DRIVER |
Schon weit jenseits von Mitternacht war nun Heimspielparty angesagt, als die instrumentalen Stonerpsychprogpostmetallfusionisten Camel Driver - wie immer etwas fahriger und chaotischer im Auftreten als man aufgrund der Komplexität ihrer Musik annehmen würde. Für das Trio gibt es scheinbar kein Genre, welches sich nicht nach Bedarf wirkungsvoll einstreuen ließe, während parallel beinahe jeder Groove zielsicher der Erwartungshaltung des Hörers entrissen und in einem irgendwie anderen Wüstenschifffahrtsknoten vollendet wird.
Und auch wenn ich nicht glaube, dass dies bei oberarmverschränkter Musikerpolizeibetrachtung ihr allerbester Auftritt gewesen ist, haben Camel Driver wieder höckerfett abgeliefert.
Nur einen anschließenden 10.000 Bienen gegen das Kamel-Jam, hat die zur fortgeschrittenen Stunde müde Pumpe-Crew dann doch im Ansatz unterbunden. Nicht wirklich schlimm, denn der Abend war lang und allmählich brauchten Füße und Rücken auch mal ihren Feierabend.
Dass ich ganz schon durch war, zeigte sich wenig später als ich im parkenden Auto meinen Energydrink anbrach, mich dann aber von einem anderen Verkehrsteilnehmer, der offenbar irre scharf auf meinen Parkplatz war, zum Losfahren drängeln ließ. Als der mich dann jedoch abschnitt und ausstieg hatte ich einen Moment lang schon Bammel vor Krawall, eh ich kapierte, dass es sich nur um eine mangels Alkoholkonsum absolut harmlose Zivilstreifenkontrolle handelte. Puh.