Es war mein drittes Konzert in der altehrwürdigen Laeiszhalle, allerdings das erste im Kleinen Saal, der mich vom holzvertäfelten Ambiente her etwas an den "Kleinen" Saal der Elbphilharmonie erinnerte. Meine persönliche Perpektive ähnelte auf jeden Fall der vom Erland Cooper / Henrik Lindstrand-Konzert im November, da ich auch hier wieder sehr früh im Vorverkauf zugeschlagen und mir einen Sitzplatz in der Mitte der ersten Reihe gesichert hatte.
Heute erwartete mich allerdings kein beinahe rein instrumentaler Abend, sondern eine Sängerin, die schon lange auf meiner Wunschliste stand, auch wenn ich die letzten paar, mir teilweise etwas zu glattgebügelten Alben nicht mehr so nahe verfolgt hatte.
Die Südkoreanerin Youn Sun Nah trat zunächst ein Kalimba spielend alleine ans Mikrofon und begann den Auftritt mit einer sanften Version vom vor allem durch Nina Simone bekannten Hit "Feeling Good", in dessen Verlauf sie aber bald vom serbischen Pianisten Bojan Zulfikarpašić begleitet wurde, der sich übrigens offziell zum Glück - und sicherlich nicht grundlos - gerne einfach Bojan Z. abkürzt.
Als zweites wurde es dann textlich auf seltene Weise emotional und explizit intim, da ihre Interpretation von Björks "Cocoon" auf der Setliste stand. Tatsächlich wurde das komplette neue Album "Elles" gespielt, welches ganz anderen Künstlerinnen aus unterschiedlichsten Musikrichtungen gewidmet ist. Für das Duo hieß dies, dass es sich zwischen französischem Chanson, verrückter Jazz-Hexerei, Jefferson Airplanes "White Rabbit" und dem Spritual "Sometimes I Feel Like A Motherless Child" vielfältig kreativ austoben konnte.
Bojan Z. glänzte mal am Rhodes Piano, mal am Flügel, loopte und effekte auch mal, spielte auf dem Klavier Schlagzeug oder schlug direkt auf die Saiten. Fast alle Stücke enthielten außerdem Solo-Passagen, in denen sich der unkonventionelle Tastenmann reichlich Szenenapplaus abholen konnte. Keine Frage, der Mann hätte hier schon alleine eine denkwürdige Performance feiern können.
Die Sängerin jedoch hob den Auftritt auf vollkommen außerirdisches Level. Youn Sun Nah betrat die Bühne mit einem mitreißend freundlichen Charisma, welches reine unverfälschte Freude am Gesang ausstrahlte - und unterstrich diese Attitüde mit unfassbaren Fähigkeiten.
Egal, ob sie im Flüsterton mit geschlossenem Mund und mir rätselhafter Technik eine ewig lange Note hielt, ob sie zusammen mit Z. in wahnsinnig schnellen Scats abenteurliche Tonsprungakrobatik vollführte, in stets beeindruckender Kontrolle rauere oder grandiosere Stimmfarben malte oder vom Croonen zur Oper wechselte - dieser Ausnahmemusikerin bei ihrer persönlichen Grenzverschiebung des Begriffs Jazz zuzuschauen, war eine magische Erfahrung.
Alle Highlights kann man nach dieser Show eigentlich gar nicht aufzählen. Klar, "Killing Me Softly With His Song", ganz minimalsitisch nur mit Handdrehleier, durch die man den Song als Lochkarte durchlaufen sah, bleibt natürlich auch visuell sehr deutlich hängen.
Ganz anders, aber ebenso unterhaltsam war ihr dreckiger, mit zugedrückter Nase rausgepresster Mummenschanz als Tom Waits am Ende der mit Standing Ovations abgefeierten Zugabe.
Ich könnte noch weiter schwärmen, aber ich glaube meine Begeisterung für Youn Sun Nah ist deutlich genug geworden. Keine Frage: Ich hatte mir hier und heute mit dem Ticket selbst ein exzellentes Geburtstagsgeschenk gemacht!
Und nach dem Konzert hat die Künstlerin sich dann auch noch überraschend als Konditorin betätigt und mir eine kleine Torte spendiert:
Hach!
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