I'VE ALREADY WRITTEN AN ENGLISH REVIEW FOR THE ZAÄAR ALBUM WAY BACK IN NOVEMBER FOR VEILOFSOUND.COM! Yes, the mills of the pressing plants grind slowly...
Mittlerweile gibt es wohl keinen Zweifel mehr daran, wer bei der Wahl meiner aktuellen Lieblings-Plattenfirma gewinnen würde. Der experimentelle, genreübergreifende asiatisch-europäische Kulturaustausch, den das französisch-chinesische Label WV Sorcerer Productions zelebriert, resultiert einfach in derart interessanten Veröffentlichungen, dass ich am liebsten beinahe jede (zumindest der bezahlbaren) davon haben möchte. Dass die Alben, egal ob im LP-, CD- oder Tape-Format stets qualitativ hochwertig und künstlerisch liebevoll gestaltet daherkommen, macht es nicht gerade einfacher, zu widerstehen.
Und so haben sich - noch während ich bereits auf die nächsten kommenden Schätze warte -, aktuell wieder einmal genügend Veröffentlichungen hier angefunden, um neben diversen regulären Einzelreviews ihnen bereits zum zweiten Mal ein Sammelposting zu widmen.
Im Vergleich ist das nur mit Gitarre, Bass und Keyboards eingespielte "Orientations" allerdings durchaus handfester und von konventionellerem Songwriting geprägt als der von Samples und Loops bestimmte Collagensound den das taiwanesische Duo vorher fabrizierte.
Ein mystisch-spiritueller Schleier umgibt die um die sanft voran oder auf der Stelle schreitenden Basslinien flatternden und fließenden Saiten- und Tastenklänge allerdings nach wie vor. Es ist wunderschön entspannende, dabei aber niemals ins Belanglose abdriftende Musik; der ideale Soundtrack, wenn man zu den aufwachenden Sonnenstrahlen ganz langsam den Sonntagmorgen begrüßen möchte.
Und nennen wir es zur Einordnung jetzt einfach mal psychedelisch-experimentellen Fernost-Ambient-Folk!
Das einzige, was ich hier vermisse, ist der in der Bezeichnung der Edition versprochene Rosé-Schimmer der klar transparenten Schallplatte. Ich glaube, die Farbe war gerade alle, als mein Exemplar durchging. Ansehnlich ist das Ding natürlich trotzdem. Dies gilt vor allem für die drei beiliegenden Postkarten in edler matter Druckqualität.
SHENG JIE 盛潔 & SHEN JING 沈靜 - Parallel Weaving 聲比成音 (white vinyl LP) (2022)
Es ist schwer, eine zufriedenstellende Beschreibung für das zu geben, was ich hier höre. Einfach das Label experimenteller Free Jazz draufzuklatschen wäre faul und fühlt sich außerdem eh nicht richtig an. Dies ist eher eine Erkundung von Klangmöglichkeiten sowohl auf dem Cello als auch mit allen rhythmischen Instrumenten, sowie der Herausforderung diese Ideen in möglichst interessanter und lebhafter Weise zusammenzuschmelzen. Diesem Ansatz folgend ist die Produktion von "Parallel Weaving" auch sehr darauf ausgerichtet, schon jedes einzelne Klangelement für sich sehr ansprechend, aber dabei auch eigenständig klingen zu lassen.
Ich mache mir wie immer keine Illusionen: Für gänzlich in experimentelle Musik Uneingeweihte bleibt dies bei aller Mühe mit hoher Wahrscheinlichkeit einfach mal mehr, mal weniger lauter Krach. Ich persönlich kann hier allerdings sowohl in den Performances als auch ihrer Präsentation erstaunlich viele inspirierende Details entdecken.
Das Artwork der einen Kunstdruck beinhaltenden Gatefold-Hülle, die das weiße Vinyl umschließt, gibt sich beinahe ausgleichend minimalistisch. Der Raum, den es als weiße Leinwand der Fantasie überlässt, spiegelt den musikalischen Inhalt allerdings schon ganz passend.
ZAÄAR - Magická Džungl’a (transparent green 2LP) (2022)
In einem wahrhaft ungezügelten Rausch aus mit Drone, Tribal und fernöstlichen Einflüssen getränkten Freejazz lässt das belgische Kollektiv das ganze bedrohlich wilde, schöpferische Chaos des Dschungels vor dem inneren Auge entstehen. Da wo Neptunian Maximalism Parallelen zum Sun Ra Arkestra offenbart, deutet der spezielle, kompromisslose Geist von Zaäar allerdings noch mehr auf die damals von vielen überforderten Zeitgenossen als unhörbar empfundene Spätphase John Coltranes. "Ascension", "Meditations", "Africa", "Kulu Sé Mama" sind die Alben, deren Atem durch den Raum geweht zu sein scheint, während "Magická Džungl’a" entstand.
Natürlich wird die Virtuosität des Jahrhundertgenies hier nicht erreicht - was ja auch kein Mensch verlangen kann, doch der Griff nach dem großen Überweltlichen, diese direkte Übersetzung schöpferischer Urkraft in Musik, und der selbstbewusst gigantisch aufgeblasene Maßstab, in dem dies geschieht, dürften den Großmeister sanft herablächeln lassen.
Letztendlich hätte ich kein Problem damit gehabt, wäre dieses Album unter dem bereits etablierten neptunianischen Banner erschienen, zumal die Gemeinsamkeiten der Projekte gegenüber den Unterschieden ganz klar überwiegen. Seien es z.B. die beinahe komplette Personalunion der Besetzung oder dasselbe goldene Händchen bei der Auswahl großartig passender Gemälde als Coverartwork, welches schon "Éons" und "Solar Drone Ceremony" zu beeindrucken Gesamtkunstwerken veredelte.
Endlich auf transparentem grünen (auch in gelb erhältlich) Vinyl gepresst, lässt es sich nun auch in angemessenster Form in diesen Behemoth versenken. Ein wenig aktiver Einsatz ist hier durchaus gefordert, denn je mehr man sich auf die Magie des Albums einlässt, desto eher findet man Glückseligkeit. Also sprach Zaäar!
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