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2022-11-07

BOHREN & DER CLUB OF GORE und BLURRED TWIN live auf dem Kampnagel, Hamburg (06. November 2022)

Eigentlich will man ja nicht an das quadratbeschissene Scheißjahr 2020 erinnert werden. Eine versöhnliche Erinnerung wie gestern lasse ich mir allerdings schon gerne gefallen!

Das letzte Konzert von Bohren & der Club of Gore in Hamburg hatte es ja nur auf Platz 6 meiner Top 7 abgesagten Shows 2020 geschafft. Zu mehr hatte es nicht gereicht, das das Ding tatsächlich trotz gerade anlaufender Pandemie gar nicht abgesagt worden war. Ich persönlich musste nur mein Ticket weitergeben, da ich mich - zum bisher einzigen Mal in meinem erwachsenen Leben - im Krankenhaus befand. Nein, nicht mit Covid, das ist mir nach wie vor bis heute erspart geblieben.

Anders als die meisten Termine der damaligen Tour erforderte das hamburger Gastspiel also keinen späteren Ersatztermin. Da damals allerdings sicherlich schon einige Zuschauer lieber zu Hause geblieben waren, kam die jetzige Wiederholung aber sicherlich nicht nur mir gelegen.
Diesen Monat locken sehr viele konkurrierende Konzerte und ich habe mir das Ticket relativ kurzfristig besorgt. Doch da nicht nur das betourte Album "Pachouli Blue" und die Location identisch waren, sondern sogar der Support eins zu eins gecopypastet waren, wäre es ja geradezu ein Affront gegen mein Karma gewesen, diese zweite Chance nicht zu ergreifen. Und ich bin froh, die genauso einfache wie richtige Entscheidung pro Bohren getroffen zu haben!




BLURRED TWIN

Zunächst allerdings stand Kristin Drechsler aka Blurred Twin alleine mit Harmonium und Mikro auf der Bühne. Und dieser Satz verrät schon, dass sie sich seit dem Dezember 2018, als ich sie zuletzt im Vorprogramm von Toby Driver gesehen hatte, fortentwickelt hat - nämlich hin zum aufrechten Gang. Damals an Bord der MS Stubnitz hatte sie ja noch ebenerdig hinter ihrem Instrument gesessen.
Am Konzept der Mischung des dröhnenden Blasebalgs mit mal zart emotionalen, mal artpoppigen Operettengesangs hat sich natürlich nichts grundlegend geändert. Ihr Set, welches ich aufgrund der schon ein bisschen begrenzten Möglichkeiten des Instruments auf Dauer als etwas zu gleichförmig in Erinnerung hatte, ist allerdings inzwischen abwechslungsreicher geworden. Dazu trug auch der Wechsel zwischen deutsch und englisch und das Einstreuen von reinen A-Capella-Sologesängen bei.
Klar, "anstrengend" ist diese sehr ernste Musik immer noch. In ihrer minimalistischen Natur war dies aber durchaus eine sehr passende Einleitung zu dieser Nacht der Langsamkeit.





BOHREN & DER CLUB OF GORE

Mehr als sechs Jahre war es tatsächlich schon her, seitdem ich das Trio aus Robin Rodenberg, Morten Gass und Christoph Clöser in einer anderen Halle des Kampnagel Kulturzentrums zuletzt erlebt hatte. Ok, in der Zeitrechnung von Bohren & der Club of Gore ist das im Grunde gerade erst vorgestern. Doch immerhin ist ja inzwischen ein anderes Album erschienen und wurde in maximaler Konsequenz räsentiert, schleichjazzten sich die drei doch komplett durch alle elf Tracks von "Patchouli Blue", ehe man sich danach in einem großzügigen Zugabenblock auch noch mit je einem Stück den vergangenen Werken "Piano Nights", "Black Earth" und "Sunset Mission" zuwandte.

Das Licht war diesmal mit weniger Quellen sogar noch gedimmter als damals (keine Chance, das Ding mit meiner gewohnten Harinezumi-Spielzeugkamera festzuhalten), das Instrumentarium songmaterialbedingt allerdings ein bisschen dämmerungsgraubunter, gesellten sich zu Bass, Orgel, Mellotron, Saxophon, Vibraphon und Minimalschlagzeugelementen inklusive der sich selbst drehenden Besen-Snaredrum doch diesmal noch mehr twinpeakstaugliche Elektronik und cool durch die Einsamkeit klingende Baritongitarre.

Auch wenn einige Elemente wie die nach kurzem Absatz mit laaaaaaaaaaangem Nebelhornklageton einsetzende Sehnsuchtströte bewusst darauf angelegt sind, einen im langsamen Lauf der Zeit allmählich immer weiter einzulullen, musste ich doch feststellen, dass diese Zeremonie der sexy Schläfrigkeit für den aufmerksamen Hörer doch erstaunlich viel Variation bereithielt.
Der Sound war irre gut, es dröhnte, vibrierte und schmeichelte alles genau im richtigen Verhältnis zueinander, und auch der gewohnt ultratrockene Humor von Clösers Ansagen zündete wie eine Rakete. Also wie das Standbild einer Rakete natürlich.

Kurzum: Es war ein absolut fabelhafter Musikabend!

Der Veranstalter hätte die Band übrigens lieber in die Elbphilharmie geschickt. [Zitat nahezu emotionslos und sehr geduldsam lesen!] "Wollten wir aber nicht. Wir sind Rocker."
Ok, dieses Umfeld war sicherlich auch passender. Und mein persönlicher Einstand in der Elphi steht trotzdem auch noch diesen Monat bevor. Stay tuned, Jazzfreunde!











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