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2023-11-20

BRUTUS und SONS live in Hamburg (19. November 2023)


Über achteinhalb Jahre bin ich schon nicht mehr in diesem Laden gewesen. Eigentlich würde der schätzungsweise um und bei tausendzweihundert Leute fassende Saal ein prima Location abgeben, wenn nicht so einige Kleinigkeiten im Ablauf eines Konzertabends dort komisch laufen würden, die sich zum mittleren Ärgernis addieren... Doch hier auf all dies einzugehen würde ja bedeuten zu riskieren, dass mir doch irgendwann der Name herausrutscht. Und nein, das wollen wir nicht.
Der norddeutsche Konzertgänger weiß ohnehin, dass es in Kiel und Hamburg diverse Kulturstätten beherbergende  Immobilien gibt, die sich zu Pandemiezeiten nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sondern vielmehr mit rechtsdrehend paranoidem Verschwörungsgeschwurbel besudelt haben.

Inzwischen bemüht man sich zwar offensichtlich von verschiedenen Seiten um Reintegration in das hamburger Clubleben, doch auch bei Wechsel der Organisatoren haben sich die Besitzverhältnisse ja nicht geändert, so dass eine derbe Skepsis bleibt. Ich würde nach wie vor kein Ticket für Veranstaltungen in einem dieser Läden kaufen. Klar, im Fall von Brutus ist dies natürlich leicht gesagt, da ich sie ja wenigstens schon im April in Tilburg hatte erleben können.

Moment! brüllt der Leser jetzt, Du bist doch dort gewesen, Du Heuchler!
Ja, das stimmt. Aber auf meinem Ticket steht noch das Logo. Es war also ohnehin schon gekauft, noch bevor die Show in die größere Räumlichkeit hochverlegt wurde. Und da die Künstler ja auch nur dort hinfahren können, wo ihre Booker Ihnen eine Bühne besorgt haben, ist ihnen ja auch nichts vorzuwerfen. Von daher wäre es herzlich sinnlos gewesen, dem belgischen Tourpackage meine vorzügliche Anwesenheit zu verwehren. 


Doch von diesem unschönen Beigeschmack zu einer positiveren Nebensächlichkeit: Meine neulich auf dem Pink Tank Festival verstorbene Spielzeugdigitalkamera, welche die große Mehrheit meiner Konzertberichte der letzten Jahre bebilderte, hat bereits eine Nachfolgerin gefunden, welche blitzschnell zu mir über den großen Teich einflog. Da die Digital Harinezumi allerdings zu einem ziemlich kostbaren Sammlerstück avanciert ist, habe ich notgedrungen vom Modell 3.0 auf den Vorgänger 2.0 downgegradet. Bye bye, zehn verschiedene Farbmodi! Jetzt stehen mir nur noch Farbe oder keine Farbe zur Verfügung. Mag also sein, dass ich zukünftig ein bisschen mehr nachbearbeiten werde, falls ich z.B. verschiedene Auftritte eines Festivals optisch voneinander differenzieren möchte. Für den Moment bin ich allerdings froh, wie gut der Einstand mit ihr funktioniert hat. (Siehe alle quer- oder hochformatigen Bilder; die beiden Quadrate kommen natürlich aus dem Handy.)

Und jetzt hoffe ich, dass mir zur Musik des Abends wenigstens halb so viel einfällt, wie ich jetzt schon geschwafelt habe.. 






SONS
Es ja nicht ganz leicht, sich auf die Musik einer bisher unvertrauten Vorband zu konzentrieren, wenn einem anhand des knapp unter Kinnhöhe gespielten Basses ständig Bela B.s Forderung "Mach die Gitarre runter! Wir wollen deinen Sack nicht sehen." durch den Kopf jagt.

Zum Glück referierten Sons aber keine hirnschmelzenden musikwissenschaftlichen Dissertationen, sondern servierten dem Publikum eingängige, leicht nachvollziehbare Kost. So ganz einfach in eine Schublade zu stecken war das Quartett dabei allerdings auch nicht. Da fanden sich durchaus Spuren von traditionellem Rockstartum und Blues in einem Grundsound zwischen Alternative und Post Punk, zumeist im stimmungsorientierten Uptempo, welcher hier und dort ebenso recht psotrocktypische Leadgitarren beherbergte.

Ich muss aber zugeben, dass ich mich hier insgesamt nicht als Teil der Zielgruppe empfand. Die Gruppe war zwar nicht schlecht und störte nicht, aber ich würde mir auch kein Bein ausreißen, um sie noch einmal zu sehen. Ein etwas härterer und kantigerer Support - gerne auch im Kontrast zu Brutus' unschlagbaren Ohrwürmern - hätte mir hier wahrscheinlich besser gefallen.








BRUTUS
Ok, Brutus! Was soll ich zu euch noch schreiben, was ich nicht schon anderorts ausgeführt habe? Und das Trio tut mir ja auch nicht Gefallen, mich derbe zu enttäuschen, damit ich mal etwas Abwechslung hier herein bekomme. Nö, die bekräftigen einfach nur immer wieder und immer stärker meine Begeisterung.

Mit nur drei Alben auf dem Buckel scheint es bereits, als wäre jede beliebige Auswahl von Songs ein Best of. Ok, beinahe jede Auswahl. Ein paar Eckpfeiler wie der Opener der Show "War", mein persönlicher Topfavoritenkandidat "Chainlife" oder die das Finale bildenden Hits "Sugar Dragon" und "Victoria" erscheinen schon ziemlich unverzichtbar.
Dabei hatte ich es bis gestern am Merchstand ja sogar noch verschoben und verschlafen, mir die 2019er diskographische Mitte "Nest" überhaupt zuzulegen.

Vielleicht würden Brutus aber auch schon einigermaßen funktionieren, wenn sie das örtliche Telefonbuch (gibt's das überhaupt noch?) interpretieren würden. Solange Sängerdrummerin  Stefanie Manaerts es mit genügend Inbrunst verkauft, scheint es bei dieser immer überzeugender ihre ganz eigene lautleise Nische zimmernden Post-Allesmögliche-Band keine Grenzen zu geben. Wie sehr das aktuell betourte letztjährige Album "Unison Life" enthusiastischen Anklang quer über alle Genre-/Szenegrenzen hinweg findet, ist nur ein Indiz hierfür.
 
Natürlich läuft man immer Gefahr, den immensen Beitrag von Gitarre und Bass, die Arrangements und die Chemie der gesamten Band etwas zu gering zu würdigen, doch es ist ja, wie es ist:
Die Bühnenrand-rechts-vorne-Frontfrau ist in ihrer nach wie vor selten gesehenen Rolle bereits jetzt eine Ikone. Wie viele andere Bands verkaufen T-Shirts, auf den die Drummerin von hinten zu sehen ist und jeder weiß bescheid?
Wer schreit so ehrlich rau und schön? Wer zündet mit so viel Seele Dynamit über den Trommelfellen? Die ganze Performance scheint um Manaerts's aufbrausende und abflauende Gefühlsflut herum aufgebaut zu sein, vom sanften Ambient-Fluss zum gnadenlosen Hardcoresturzbach läuft alles irgendwie wieder bei ihr zusammen.

Nein, dass der Saal proppevoll war, kommt keinesfalls von ungefähr. Brutus zählen zu Recht zu den relelvantesten Bands der Stunde. Und tatsächlich fällt es mir trotz des locationbedingten Beigeschmacks schwer, mir das ganze Spektakel inklusive des mitgebrachten Illuminationsgeschirrs in der flachdachigen Logo-Sauna vorzustellen. Das wäre auf jeden Fall nicht nur ein Gefühls- sondern auch ein unfassbar müffelndes, glitschiges Schweißbad geworden.

Eins, zwei Stücke mehr hätte die Menge durchaus noch vertragen können, zumal die Band auch auf das übliche Wir-sind-dann-mal-weg-und-huch-da-sind-wir-wieder-Theater vor der Zugabe verzichtet hat. Doch typisch für Konzerte rund um die Reeperbahn wäre das wohl gar nicht drin gewesen. Das Publikum muss schließlich so schnell wie möglich rausgekehrt werden...

Aber ich sagte ja, dass ich diese Art Ärgerlichkeiten in diesem Bericht eigentlich außen vor lassen wollte. Also Klappe zu! Muss ja auch ein bisschen Pause haben. Denn bereits morgen steht bei mir das größte Konzert des Jahres auf dem Programm. Die Künstlerin beginnt auch mit einem B.






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