So schnell kann ein Monat um sein! Es ist (noch) Freitag, der 5. Juni und schon wieder Bandcamp-Tag, d.h. die Seite verzichtet auf Gebühren, so dass alle Einnahmen zu hundert Prozent an die Künstler gehen.
Nicht alle Musiker nehmen diesen Covid 19-Bonus in Anspruch und locken entweder mit Rabattaktionen oder spenden ihren Gewinn wiederum an einen guten Zweck.
Mein Vorsatz, das muss ich ganz ehrlich zugeben, war eigentlich, mich komplett fernzuhalten, um mein für diesen Zeitpunkt innerhalb des Monats schon genug strapaziertes Portemonaie zu entlasten.
So ganz geklappt hat dies natürlich nicht.
Hier also meine Einkäufe:
THE YAZZ AHMED QUINTET - When We Were Live (download) (2020)
Genau wie letzten Monat eröffnet Yazz Ahmed den Reigen und steht aus Dringlichkeitsgründen hier an erster Stelle, da sie uns wieder die Pistole Trompete auf die Brust setzt und ihren aktuellen Download exklusiv nur dieses Wochenende anbietet.
Dies ist an sich schon beinahe aberwitzig, denn Liveaufnahmen der "Hohepriesterin des psychedelischen Arabischen Jazz" (Bandcamp-Profiltext) und ihrer exzellenten Band verdienen generell größtmögliche Verbreitung und Beachtung.
Bei dem zusammen fünfzig Minuten langem Material handelt es sich um im Sommer 2018 aufgenommene Darbietungen von fünf Stücken. Drei stammen vom damals aktuellen Album "La Saboteuse". Dazu gibt es "Lahan Al-Mansour" vom letztjährigen Meisterwerk "Polyhymnia" zu hören, sowie einen bisher unveröffentlichten Song namens "Whispering Gallery".
Mein Eindruck aus eigenem Erleben auf dem Überjazz Festival 2018 bestätigt sich hier: Ahmeds Mix aus Orient und Okzident, aus Jazz(fusion)-Tradition und elektronischer Moderne ist besonders live ein magisches Ereignis. Fantastisch!
GOLD - The Bedroom Sessions (download) (2020)
Auch die Niederländer Gold reiten nicht ihr erstes Bandcamp-Day-Rodeo und bieten erneut eine EP, wahlweise auch im Bündel mit physischen Extras wie T-Shirts, Postkarten oder den wieder blitzschnell ausverkauften handgeschriebenen Texten und Filmfotografien an.
Nach den "Isolation Sessions" nun also die "Bedroom Sessions". Nach der Beschreibung könnte es sich hierbei auch um die schlimmere Variante des Pandemie-Entertainments handeln; Sängerin Milena Eva und Gitarrist Thomas Sciarone interpretieren im Schlafzimmer entkernte Versionen vier eigener Songs plus - und das ist die größte Bedrohung - ausgerechnet ein Cover von Bob Dylans "Blowin' In The Wing". Auweia.
Doch gerade jenes Stück entpuppt sich mit aktualisiertem Text und vergoldeter Melodieführung als ein echtes Highlight dieser kleinen, feinen und durchaus auch in einem Studio zur Welt gekommen sein könnenden Veröffentlichung. Eine wunderschöne EP im getragen geduldigen Rhythmus ganz langsamer Dead Can Dance-Stücke. Und gegen Ende in "Teenage Lust" sogar mit einer Spur von Drone.
Normalerweise sowohl alleine mit Loops und Pedalen, als auch als Gast wild in der Welt der anspruchsvolleren Metal/Postrock/Folk/usw.-Szene herumgeigend (Gibt es eigentlich ein entsprechendes Verb für das Cello?), zeigt sich Jo Quail auf diesem etwas über sieben Minuten langem Track mal von einer anderen Seite, nämlich als Arrangeurin und Massenkollaborateurin aus Quarantänelangeweile. "The Parodos Cairn" besteht nämlich aus 167 Musik-, Geräusch und Sprachsamplefetzen, die ihr von 124 Mitwirkenden aus allen Ecken des Globus zugeschickt wurden.
Und man muss sagen, dass sie aus dem Material eine naturgemäß ziemlich vielfältige, aber dabei auch durchaus stimmige Ambient-Reise zusammengestellt hat, die mich atmosphärisch bisweilen an den Stachelgeiger Saba Alizadeh erinnert.
Der Track ist umsonst, kann aber nach eigenem Ermessen mit einer Spende belohnt werden, welche direkt an die britische Clubrettungsinitiave Save Our Venues geht.
Apropos Jo Quail allein zu Hause: Gerade erst Anfang der Woche hat sie im Rahmen des Slay At Home Festivals von Metal Injection in ihrem gewohnten Element ein paar ihrer geloopten Cello-Kompositionen zum Besten gegeben:
DOOLHOF - Doolhof (download) (2020)
Ok. Wem alles vorherige hier noch zu gefällig und hörbar war, für den gibt es nun abschließend noch eine Entwarnung: Macht euch keine Sorgen, ich bleibe dem kranken Scheiß natürlich als Hörer erhalten! Insbesondere natürlich, wenn mir mit einem Album wie in diesem Fall ein Herzenswunsch erfüllt wird, schrieb ich in meinem letzten Roadburn Festival-Review doch: "Concerning wishes for future live at Roadburn releases Doolhof are my absolute number one."
Und genau die dort einmalig aufgeführte, ultraexperimentell improvisierte Advantgardeambientnoisedroneperformance der Herren Turner (Sumac), Brooks (Dälek) und Dennis Tyfus gibt es hier nun auf die Ohren.
Was sogar großen Teilen des abenteuerlustigen tilburger Publikums vor Ort zu viel war, das bleibt auch in der Aufzeichnung großartig. Der Mix aus geräuschender Gitarre, Samples, superbassiger Elektronik und vollkommen irrem äh... Gesang ist einfach ganz gewaltige Tonkunst.
Was sogar großen Teilen des abenteuerlustigen tilburger Publikums vor Ort zu viel war, das bleibt auch in der Aufzeichnung großartig. Der Mix aus geräuschender Gitarre, Samples, superbassiger Elektronik und vollkommen irrem äh... Gesang ist einfach ganz gewaltige Tonkunst.
Nur darüber, ob das hastig dahingekritzelte Cover nicht evtl. noch steigerungsfähig gewesen wäre, lässt sich natürlich noch diskutieren.
Der Erlös des Albums geht - wie alle diesen Monat erschienenen Bandcamp-Releases von Aaron Turners Label SIGE Records - an diverse nordamerikanische Bürgerrechts- und Hilfsorganisationen, die sich u.a. der Lage der Schwarzen, Opfern von Polizeigewalt, aber auch der Covid-19-Vorsorge der indigenen Navajo Nation widmen.
Der Erlös des Albums geht - wie alle diesen Monat erschienenen Bandcamp-Releases von Aaron Turners Label SIGE Records - an diverse nordamerikanische Bürgerrechts- und Hilfsorganisationen, die sich u.a. der Lage der Schwarzen, Opfern von Polizeigewalt, aber auch der Covid-19-Vorsorge der indigenen Navajo Nation widmen.
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