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2018-07-08

KING GIZZARD AND THE LIZARD WIZARD - Gumboot Soup

Moin Kinners! Was gibt es schöneres, als einen Sommersonntag mit einem kleinen musikalischen Marathon zu beginnen? Anlass und für die Auswahl der Musik verantwortlich war heute, dass ich hier noch unfinished gizzness zu erledigen hatte.

Eigentlich ist der spektakuläre Fünf-Alben-in-einem-Jahr-Lauf der australischen Psychedelicbekloppten King Gizzard And The Lizard Wizard ein 2017er Thema und fällt damit nicht mehr unter meine Richtlinie, Neuanschaffungen zu besprechen, die im laufenden Jahr erschienen sind. Doch da das letzte Album auf den allerletzten Drücker am 31. Dezember als Stream und Download ausgeworfen wurde und sich erst ein paar Monate später als physischer Tonträger auf meinem Plattenteller drehte, muss es hier natürlich noch abgefrühstückt werden. 




KING GIZZARD AND THE LIZARD WIZARD - Gumboot Soup (orange vinyl) (2018)


Seitdem ich im vergangenen November mit "Polygondwanaland" in den Gizzard-Kosmos eingetaucht bin, haben auch alle weiteren 2017er Alben den Weg in meine Sammlung gefunden. Seit Mai ist das Quintett nun vollständig.
Bevor ich zu "Gumboot Soup" selbst komme, will ich hier nochmal die Gelegenheit nutzen, auf das ganze Year of the Gizz zurückzuschauen und die vorigen Scheiben zu ranken.



Zunächst sei gesagt: Ich mag sie alle sehr. Doch mit einem muss man ja anfangen:

Platz 4: "Murder Of The Universe"

Musikalisch nah am 2016er Album "Nonagon Infinity" - und auch inhaltlich mit ein paar Referenzen - ist diese Drei-kleine-Konzeptalben-in-einem-LP das krachigste, metallischste Monstrum des Bündels. Und gleichzeitig wohl auch für die meisten Fans das anstrengendste, wird doch über den panischen Sound nur teilweise gesungen und vor allem in spoken words die Geschichte erzählt. Dass man diese in einem sehr schicken siebenzölligen Booklet mitlesen kann, gibt Extrapunkte für die Aufmachung. Und die irre Story von "Han-Tyumi & The Murder of the Universe" gehört zu den brilliantesten Ideen, die in der Geschichte des Konzeptalbums je realisiert wurden.


Platz 3: "Flying Microtonal Banana"

Benannt nach der eigens dafür gebauten mikrotonalen Gitarre Stu Mackenzies hat das erste Album der Reihe mit seiner Inspiration in arabischer Musik und deren erweiterter Tonleiter von allen den am klarsten umgesetzten Ansatz. Mit seinem komplett eigenwilligen, frischen Sound kratzen King Gizzard hier teilweise schon an der Perfektion, stellen sich allerdings mit ihrem Stilmittel x-facher Wiederholung, das hier manchmal zu weit getrieben wird und somit ein paar Längen erzeugt, selbst ein Bein. Trotzdem immer noch fantastisch.


Platz 2: "Polygondwanaland"  
 
Mit der Idee, dieses Album nicht nur zu verschenken, sondern jedem zu erlauben, es in welcher Form auch immer zu veröffentlichen, haben King Gizzard einen musikhistorischen Coup gelandet. Discogs listet aktuell 197 verschiedene Versionen, doch wer weiß, wie hoch die Dunkelziffer inklusive aller privaten Kleinstveröffentlichungen tatsächlich ist?
An meiner sehr preisgünstigen "Tri Colour Transparant Red / Mellow Yellow / Blue Monday"-Version von Stolen Body Records habe ich eigentlich nur auszusetzen, dass sie keine Texte enthält. Ansonsten ist sie optisch und akustisch aber großartig.
Musikalisch zeigt sich die Band hier von ihrer proggigsten Seite. Vor allem die A-Seite ist ein wilder, verrückter, aber stets ohrwurmiger Ritt.


Platz 1: "Sketches From Brunswick East"

Gemeinsam mit dem Mild High Club, der King Gizzard auch auf der letzten Europa-Clubtour als Support begleitete, zitiert der Albumtitel nicht umsonst einen Miles Davis-Klassiker. Denn entspannter Jazz ist neben bubblegumigstem Sixties-Psychedelic eine der Hauptzutaten dieses locker zusammengejammten, chilligen Werks. Doch keine Sorge, ohne subtil eingeflochtene dunkle und humorvolle Brüche, geht es natürlich nicht. Ein wenig drauf achten muss man allerdings, denn die "Sketches" sind ungewöhnlich unaufdringlich und holzhammerfrei geraten. Dafür aber einfach verdammt gut!



Und wo sortiert sich "Gumboot Soup" nun in diese Reihe ein?

Orthografisch belegt es wohl den letzten Platz. Die Typos auf dem Backcover der ansonsten wunderhübschen Heavenly recordings-Version mit orangem Vinyl sind jedenfalls so drastisch (Albumtitel "Gum T Soup"), dass ich sie mir nur als schräghumorige Absicht erklären kann.




Credits wie "Tracks 3, 6 recorded by Cooky on his phone" oder "Track 5 recorded by Joey in his bedroom" lässt eine in bestem Garagenrock-Ethos produzierte musikalische Resterampe aus den nicht verwendeten Ideen zu den vorigen Alben erwarten.

Und so ganz verkehrt liegt man damit nicht. Denn tatsächlich ist hier von allen Vorgängern ein bisschen zu hören. Allerdings gibt es auch Stücke, die auf jenen Alben nicht gepasst hätten. Ein ziemlich bunter Strauß also.

Im Gesamteindruck ist "Gumboot Soup" überwiegend relaxt bis leichtfüßig rockend, mit viel Keyboards, Mellotron, Flöten und Saxophon.
Der Opener "Beginner's Luck" hätte ebensogut auf "Sketches" gepasst, ebenso wie weitere laid back poppig psychedelische Momente wie "The Last Oasis", "I'm Sleepin' In" oder das gesanglich sehr an The Mars Volta erinnernde "Barefoot Desert".
"Superposition" geht tendentiell in eine ähnliche Richtung, bietet aber eine alternative, synthielastigere Interpretation dieses Sounds. Und vor allem das Unisono von Flöte und Gesang ist fantastisch.

Songs wie "Muddy Water" oder "Greenhouse Heat Death" orientieren sich eher an dem gleichzeitig verspielten und nach vorne treibenden Stil von "Polygondwanaland" oder "Flying Microtonal Banana". Einen Härtegrad höher geschraubt wird dies in "All Is Known", welches auch textlich sehr nach einem "Murder Of The Universe"-Outtake klingt.

Die größten stilistischen Überraschungen sind am Ende der A- und Anfang der B-Seite plaziert.
"Down The Sink" ist astreiner Jungle Boogie Funk. Bobby Womack hat das Leben "Across 110th Street" erkundet, King Gizzard And The Lizard Wizard folgen ihm - allerdings durch den Küchenabfluss auf dem Flusspfad des Abwasserkanals. Großartiger Track!

Ein noch größerer Ausreißer ist allerdings "The Great Chain Of Being", ein mit drei Gitarren und zwei Drumkits ungewohnt heavy hingestampfter, fuzziger Stonerrocker. Auch der rauhere, tiefere Gesang lässt einen beinahe glauben, sich vorübergehend auf einem anderen Album zu befinden.

Mit dem von wildem Jazzfusiondrumming angetriebenen "The Wheel" schließt einer der stärksten Songs ein Album ab, welches ganz ohne Lückenfüller auskommt.
Man könnte unendlich weiter hören. Und auf Schallplatte ist dies sogar möglich, da der letzte Takt in Endlosrille wiederholt wird.


"Gumboot Soup" ist wahrscheinlich das am leichtesten zugänglichste und durch die wirklich starke Songauswahl vielleicht sogar das beste Album des Gizzard-Jahres.

Ich bin aber mal vorsichtig und lasse zumindest den "Sketches Of Brunswick East" weiterhin den Vortritt, sortiere es aber noch dem auf der B-Seite leicht abfallenden "Polygondwanaland" auf Platz 2 ein.




Highlights: Down The Sink, The Wheel, Superposition, The Last Oasis, Muddy Water



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