Schmidtchen, nun werden Sie mal nicht frech!
Mit der Ankunft einer lange erwarteten Lieferung voller Balkan-Folk, Krautrock, Metal, Hip Hop plus weiterer relativ frisch eingetroffener Ohrenfutterrationen war mein Wochenende musikalisch doch eigentlich schon einigermaßen fest verplant.
Doch am Vortag kam ja Herr Bassana mit ein paar neuen Sulatron Records-Promos um die Ecke, bei deren Entpacken auf meiner Festplatte ich doch glatt etwas von "Drone Jazz" lese. Je nee, scheiße, jetzt richtet der seine Veröffentlichungen schon gezielt nach meinen aktuellen Präferenzen, oder was? Musste ich dann natürlich doch gleich reinhören, um mich zu vergewissern, dass der Mann keinen Quatsch erzählt, nicht wahr.
ESTRADA ORCHESTRA - Playground (crystal clear vinyl LP)(2021)
Das Estrada Orchestra ist ein estländisches Kollektiv, dem auch Musiker von Centre El Muusa angehören, und welches sich seit einigen Jahren inklusive Erfolgen wie dem Auftritt beim Elbjazz Festival und beginnend mit eher funkigen Tönen durch diverse Formen der psychedelischen Jazz Fusion jammt.
Flotte Grooves allerdings sind auf "Playground" eher nicht an der Tagesordnung. Nein, als Fan des Kilimanjaro Darkjazz Ensembles und von Bohren & der Club of Gore, aber auch dem aktuellen Werk von Neptunian Maximalism besteht zumindest auf der A-Seite, welche den ersten von drei Teilen dieser Live-Improvisation enthält, kein Zweifel, dass es sich hier um Doom Jazz handelt - allerdings in Space!
Meditatives Schweben, spirituelle Dronesounds, Saxophon und Flöte, welche die Brücke zu Alice Coltrane schlagen... Doch von Beginn an eben auch sehr prominente Synthesizer der Marke Tangerine Dream oder Prä-"Autobahn"-Kraftwerk, die den Gesamteindruck als extraplanetaren Zwischenstopp der Krautkarawane auf ihrem Weg von Indien nach Düsseldorf erscheinen lassen.
Während dem eher fühl- als hörbaren langsamen Aufbau der Stücke verlagert sich der Schwerpunkt dabei mehrmals von Ambient zu Jazz zu Psychedelic Rock, je nachdem, wie zurückhaltend oder ausschweifend die Band gerade zu Werke geht, und ob gerade eher spacende, mitunter an Gitarre erinnernde Keyboards oder gefühlvolle Bläser die Führung übernehmen.
Die A-Seite ist letztendlich aber, wie bereits angedeutet, durchaus als konsequenter Doomjazz zu werten, der gegen Ende der zweiundzwanzig Minuten sogar mit twin-peaks-artigen Tönen zu höchster Roadhouse-Glückseligkeit aufsteigt.
Der Beginn der B-Seite hat mich zunächst nicht so unmittelbar gepackt, da es doch konventionell psych-jammiger beginnt. Doch allerspätestens sobald der "Love Supreme"-Bass das Orchesterschiff wieder stärker in Jazzgewässer steuert, nur um bald darauf zur Halbzeit der science-fiction-artigsten Begegnung-der-dritten-Art-Passage des gesamten Albums Platz zu machen... ja, spätestens dann ist auch der kleinste Anflug von Skepsis dahin.
Augen schließen. Treiben lassen.
#entschleunigendeSeelenheilmusik
Vorbestellbar auf kristallklarem Vinyl bei Sulatron Records.
[EDIT 03.07.2021]
Und so sieht sie aus:
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