MANSUR - Minotaurus (red clear vinyl LP) (2021)
So unzweifelhaft gut "Temple" und "Karma" auch waren - als Rezensent hatte ich ja ein wenig Sorge, dass es nichts zu berichten geben könnte, außer dass die erfolgreiche Formal noch einmal angewandt wurde und noch mehr gleichwertige Tracks hervorgebracht hat.
Doch tatsächlich probieren Köhnen, Dimitry El Demerdashi und Martina Horváth auf dem neuen, unter vierzig Minuten kurzen Album einen etwas anderen Ansatz aus.
Statt sorgfältig auskomponierter und übereinander geschichteter Arrangements sind die sechs Stücke auf "Minotaurus" allesamt freie Improvisationen. Die Grundlage bilden Bass/Elektronik, die an das Köhnen Pandi Duo erinnert, ein flüsternder bis dröhnender Fluss, der selten aus einem klaren Anfang entspringt oder in ein erkennbares Ende mündet, sondern einfach in wechselnder Intensität da ist, fließt und gleitet.
Darüber mystizieren Oud und in der Ferne schwebender Gesang, uns auf eine außerkörperliche Seelenreise zwischen Schwarzem Meer, Mittelmeer und Persischem Golf versetzend.
"Minotaurus" ist mehr Landschaft, Reise und Gefühl als strukturierte Liedersammlung. Nennt es orientalisch folkloristischen Darkjazz, antiken Ambient oder mythologischen Drone... letztendlich geht es auch auf diesem Album wieder um den Griff nach seit prähistorischer Zeit präsenter, alle unsere Kulturen und Konditionierungen vorausgehender Ursprünglichkeit.
Eine Übung, welche die beiden Herren und die Dame in Mansur meisterhaft beherrschen.
Einzig, dass ein paar Tracks mir etwas zu plötzlich in die Leere ausfaden, wirft mich ein klein wenig aus der Stimmung heraus. Vielleicht wären nahtlos ineinander greifende Überblendungen hier die bessere Wahl gewesen. Trotzdem bleibt dies wunderbare Klangkunst.
Auf ähnlich kräftig roten, leicht transparent Vinyl gepresst wie "Temple" macht "Minotaurus" auch optisch wieder etwas her. Erneut also ein rundum stimmiger Release aus dem Hause Denovali.
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